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Veröffentlicht am 23.04.2024

Glück ist vergänglich

Die Halbwertszeit von Glück
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Der Roman beginnt mit einer kurzen Einführung in den November 1938. In der Progromnacht oder Reichskristallnacht ist die junge Margarthe unterwegs zu ihrem Verlobten Max Goldberg, als sie mitten in die ...

Der Roman beginnt mit einer kurzen Einführung in den November 1938. In der Progromnacht oder Reichskristallnacht ist die junge Margarthe unterwegs zu ihrem Verlobten Max Goldberg, als sie mitten in die gewaltsamen Ausschreitungen gerät.....

Danach begleiten wir drei Frauen auf drei Zeitebenen.
In Paris 2019 steht Mylène kurz vor ihrer Hochzeit mit den Sunnyboy Frédéric. Sie ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die Lippenstifte aus Naturmaterialien herstellt und ihre eigene Firma besitzt. Ihre Zukunft ist rosig, als sie eines Tages Besuch von einem Anwalt bekommt. Sie erfährt, dass sie eine Wohnung in Amsterdam geerbt hat. Als sie ihren Eltern davon erzählt, hört sie Unglaubliches. Von einem Tag auf den anderen wird ihre Welt total auf den Kopf gestellt und sie beginnt ihr ganzes Leben und ihre eigene Person in Frage zu stellen.

DDR 1987. Johanna lebt in einer einsamen Hütte im Wald an der deutsch-deutschen Grenze. Sie hat nach einem schlimmen persönlichen Ereignis Dresden verlassen und lebt seitdem als Einsiedlerin in der Datscha ihrer Eltern. Als sie in der Nähe ein junges verletztes Mädchen findet, welches nach Westdeutschland flüchten und angeschossen wurde, versteckt sie sie in ihrer Hütte.

Los Angeles 2003. Holly träumt von einer Karriere als Drehbuchautorin. Doch die Wirklichkeit sieht anderes aus. Sie lebt gemeinsam mit einer Freundin in einer kleinen WG und arbeitet als besseres Laufmädchen in einer Produktionsfirma. Als eine berühmte Regisseurin mit ihr über ihr Drehbuch sprechen möchte, kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch ihre launische Chefin hat vergessen, dass sie deswegen eine längere Mittagspause macht und verweigert ihr diese. Jay, eine Kollegin springt für Holly ein und zahlt mit dem Leben. Holly ist entsetzt und untröstlich. Sie fühlt sich schuldig und macht sich auf die Suche nach Jays Familie, um diese ein bisschen glücklich zu machen.

Louise Pelt erzählt abwechselnd aus der Sicht der drei Frauen, die durch ein großes Unglück oder einem Geheimnis aus ihrer momentanen Lebensphase gerissen wurden. Das Glück hat sie verlassen und alle drei müssen feststellen, wie flüchtig diese Momente sein können.

Johanna ist die unnahbarste der drei Frauen. Sie ist die Älteste und hat sich nach einem schmerzlichen Ereignis vollkommen zurückgezogen. Die ehemalige Physikerin erkennt auch die „Halbwertszeit von Glück“, die titelgebend ist und bereits einiges über den roten Faden des Romans aussagt.
Durch die Hilfe, die sie dem Mädchen gewährt, öffnet sich ihr Herz ein klein bisschen und lässt sie über ihr momentanes Leben nachdenken. Nach langer Zeit offenbart sie sich ihrem Gast, den sie Fluchthilfe geben möchte.

Mylène ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, doch die Neuigkeit, die sie erfährt bringt ihre gesamte Welt ins Schwanken. Als toughe Erfolgsfrau war sie mir manchmal privat etwas zu naiv. Doch für sie ist nichts mehr, wie es war und ihr bleibt nichts anderes übrig, als die Vergangenheit ans Licht zu bringen und sich selbst zu finden.

Mit Holly konnte ich mich am wenigstens identifizieren, auch wenn ich ihre anfänglichen Schuldgefühle verstehen konnte. Sie wirkte jedoch etwas unreif auf mich und mit der Zeit nervte ihr Selbstmitleid. Dennoch ist auch sie eine Frau, die sich dem Leben stellen muss. Lange Zeit war nicht ersichtlich, in welcher Beziehung Holly zu den beiden anderen Frauen steht.

Mich hat der Roman von Beginn an mitgenommen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe vorallem mit Johanna am meisten mitgefühlt. Ihre Abschnitte habe ich besonders gerne gelesen.
Der Schreibstil ist einnehmend und bildhaft. Über jedem Kapitel steht der Name, Monat und Jahr, damit wir als Leser wissen, wessen Geschichte wir gerade lesen werden. Meistens endet der Abschnitt mit einen kleinen Cliffhanger und man möchte sofort weiterlesen, um mehr zu erfahren.
Lange habe ich gerätselt, wie diese drei Frauen in Verbindung stehen können. Louise Pelt hat die einzelnen Puzzlesteinchen nach und nach zusammengeführt und am Ende ein Gesamtbild erschaffen, das mich sehr berührt hat.

Fazit:
Eine wunderschöne Geschichte um die Vergänglichkeit des Glücks und um Neuanfänge - von der Autorin gefühlvoll erzählt. Ihren Namen muss ich mir merken, denn mit "Die Halbwertszeit von Glück" hat sie für mich ein fünf Sterne Buch geschrieben, welches ich sehr gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Fünffachmord auf Föhr

Föhr in Flammen
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Auf der Insel Föhr werden in einem Ferienhaus fünf Mitglieder einer Familie erschossen aufgefunden. Jan Andretta von der Mordkommission Flensburg wird für den Fall vom Festland angefordert. Vor kurzem ...

Auf der Insel Föhr werden in einem Ferienhaus fünf Mitglieder einer Familie erschossen aufgefunden. Jan Andretta von der Mordkommission Flensburg wird für den Fall vom Festland angefordert. Vor kurzem ist er der Vormund seiner Nichte Lisa geworden, nachdem seine Schwester verstorben ist. Gleichzeitig ist er auch Anwärter auf den Chefposten in Flensburg, um den er mit einem Kollegen kämpft. Als plötzlicher Alleinerzieher stellt ihm diese, wie auch seine neue "Vaterrolle", vor eine große Herausforderung. Deshalb mietet er sich mit Lisa auf Föhr ein, um beide Aufgaben besser verbinden zu können.

Zum selben Zeitpunkt sind fünf, frisch von der Polizeischule kommende Polizeianwärter:innen zum sogenannten "Bäderdienst" auf der Insel. Mit dabei ist Polizeianwärterin Maja Storm. Sie wurde strafversetzt, nachdem sie einen Kollegen wegen sexuellen Übergriffes angezeigt hat. Ihre neuen männlichen Kollegen verhalten sich dementsprechend und grenzen Maja aus. Jan erkennt jedoch sofort ihren Scharfsinn und ihren Ehrgeiz und nimmt sie in sein Team auf. Als Ermittler Duo ergänzen sich die Beiden perfekt. Außerdem war Maja diejenige, die die Leichen gefunden hat.
Vorallem aber fragen sich Jan und Maja, wer von den fünf Toten eigentlich das Ziel des Täters war. Der Fall ist ziemlich verzwickt und man muss sich bei den Familienverhältnissen der Opfer und Verdächtigen ordentlich konzentrieren. Als nach einem Brand ein weiterer Tote gefunden wird, setzen sich die Puzzleteilchen nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen....

Eva-Maria Silber hat einen sehr spannenden Regionalkrimi geschrieben, den man von der ersten Seite an kaum weglegen kann. Man rätselt mit und wird immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Die Beschreibung der Landschaft und den Einwohnern der Insel ist ebenfalls sehr gelungen. Man bekommt Einblicke in das Leben und in die Gemeinschaft der Inselbewohner.Generell sind alle Figuren sind sehr lebendig gezeichnt.

Der Mordfall und die persönliche Belange von Jan, Maja und Jans Konkurrent Adickes sind gut aufgeteilt und überlappen nicht zu viel. So erfahren wir genug über deren Privatleben, aber auch über den Fall, der doch komplexer ist, als gedacht.
Jan Andretta ist eine sehr sympathischer und menschlicher Ermittler, der versucht seinen Job mit seiner neuen Familie unter einem Hut zu bringen. Maja ist intelligent und zieht schnell die richtigen Schlüsse. Sie ist die perfekte kriminalistische Ergänzung.
Auch Lisa bekommt ihre Seiten und wir erhalten das Bild eines sehr traurigen Mädchens, die ihre Mutter vermisst. Andretta bemüht sich jedoch wirklich sehr um sie und schleicht sich schnell in das Herz des Lesers.

Ich hoffe, es wird noch weitere Bände rund um dieses sympathische neue Team geben.

Fazit:
Ein sehr atmosphärischer und dichter Krimi mit Inselflair, der komplexer ist, als gedacht. Spannung von der ersten Seite und ein sympathisches Ermittlerteam. Ich empfehle diesen Inselkrimi sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 28.03.2024

Der Bunker

The Fort
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Nach einem verheerenden Hurrican, der über die amerikanische Stadt Canaan fegt, entdecken die fünf Freunde Evan, C.J., Mitchell, Jason und Ricky einen versteckten Bunker im Wald. Er wird zu ihrem Rückzugsort ...

Nach einem verheerenden Hurrican, der über die amerikanische Stadt Canaan fegt, entdecken die fünf Freunde Evan, C.J., Mitchell, Jason und Ricky einen versteckten Bunker im Wald. Er wird zu ihrem Rückzugsort vor den Erwachsenen und ihren Problemen, die sie als Teenager haben. Diese sind weit ernster, als man denkt.
Dieser Bunker wurde während des Kaltes Kriegen in den Achziger Jahren von einem reichen Bewohner der Stadt gebaut und ist mit allen notwendigen Dingen ausgestattet....natürlich aus dieser Zeit. Während die Jungs lernen einen Plattenspieler zu bedienen, die Musik von damals kennenlernen, sich alte Videokassetten reinziehen und dazu vierzig Jahre altes Dosengulasch essen, erleben sie einen aufregenden Sommer. Doch dieser wird jäh gestört....

Die Kapitel sind jeweils aus der Sicht der fünf Freunde geschrieben und lassen tief in die Gefühlswelt der Teenager blicken.
Evan lebt mit seinem älteren Bruder Luke bei seinen Großeltern, nachdem seine Eltern den Entzug geschafft haben, aber sich danach aus dem Staub gemacht haben. Während Evan Halt bei den strengen Großeltern findet, gerät Luke in den schlechten Einfluss seines Kumpels Jaeger und rutscht immer mehr ab.
Mitchell ist Autist, hat Zwangsstörungen und geht in die Sonderklasse. Die Zahl 13 und Ricky, der Neue in der Gruppe, sind seine Achillesferse.
C.J. hat ein Geheimnis, welches er vor den Anderen verbirgt. Er wirkt auf seine Freunde als Draufgänger, der keiner Gefahr aus dem Weg geht. Dahinter steckt jedoch eine tragische Geschichte.
Jason leidet unter der Trennung seiner Eltern, die gerade die Scheidung einreichen wollen. Er fühlt sich zwischen beiden Elternteilen aufgerieben. Als Einziger der Jungs hat er bereits eine Freundin, Janelle.
Ricky stößt zur Gruppe, nachdem das Haus seiner Familie, die erst zugezogen sind, durch den Hurrican zerstört wurde. Evan soll sich laut seiner Großmutter dem Neuling annehmen. Ricky wird derjenige sein, der den Bunker entdeckt.

Ich hätte nie gedacht, dass in diesem Jugendbuch und der Abenteuergeschichte so viel mehr drinnen steckt! Nachdem man die einzelnen Charaktere kennengelernt hat, die ich zu Beginn ein bisschen schwer unterscheiden konnte, kommt so richtig Spannung auf. Man lernt die Jungs auch sehr bald auseinanderzuhalten und fiebert mit ihnen mit. Man erkennt, wie wichtig ihnen ihre Freundschaft ist und wie sie füreinander da sind.

Der Autor beschreibt die Jugendlichen authentisch und spricht auch sprachlich diese Altersgruppe an. Als Erwachsener genießt man die Geschichte aber genauso und wird gedanklich wieder zum Kind.
Das Setting und die bildhafte Beschreibung sind zusätzlich Pluspunkte. Der Spannungsbogen steigert sich kontinuierlich und endet in einem spannenden Finale.
Ich habe das Lesen genossen und mochte die Botschaft, die der Autor vermittelt. Meine Altersempfehlung für dieses Buch ist jedoch eher bei 14 Jahren angesiedelt, anstatt bei 11 Jahren.


Fazit:
Trotz der behandelten, wirklich ernsten Themen, ein tolles Buch mit wichtigen Werten. Es erzählt über starke Freundschaften, Selbstzweifel, Gewalt und den alltäglichen Gedanken von Heranwachsenden. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung für Kinder ab 14 Jahren und ebenso für Erwachsene, die im Herzen jung geblieben sind.

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Veröffentlicht am 20.03.2024

Die Lücken des Rechtssystems

Zeit der Schuldigen
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Markus Thiele hat mich bisher immer mit seinen Justizromanen begeistert. Auch sein neues Buch "Zeit der Schuldigen", welches diesmal nicht bei Benevento, sondern bei Lübbe erschienen ist, hat wieder die ...

Markus Thiele hat mich bisher immer mit seinen Justizromanen begeistert. Auch sein neues Buch "Zeit der Schuldigen", welches diesmal nicht bei Benevento, sondern bei Lübbe erschienen ist, hat wieder die fünf Sterne geschafft.
Der Autor orientiert sich bei seinen Handlungen immer wieder an wahren Kriminalfällen. Man erkennt als Leser sehr schnell, dass er selbst promovierter Rechtsanwalt ist und genau weiß, wovon er schreibt.

Auch diesmal hat er wieder ein präkeres Thema aufgegriffen: Selbstjustiz und die Lücken des Rechtssystems. Dies hat er wieder in einem spannenden Justizroman verarbeitet, der an den Fall Frederike Möhlmann angelehnt ist.

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Vergangenheit sind wir im Jahr 1981 und lernen die 17jährige Nina kennen. Sie ist ein typischer Teenager mit Träumen und Wünschen für die Zukunft. Doch diese wird ihr brutal genommen. Nach einer Chorprobe verpasst Nina den Bus und steigt in das Auto eines Bekannten. Vier Tage später wird ihre Leiche gefunden: vergewaltigt und brutalst ermordet. Verdächtig wird Volker März, der sich mit Nina vor einiger Zeit angefreundet hat. Der um vieles ältere Mann hat sich Chancen erhofft, doch Nina hat sich in ihren neuen Klassenkameraden verliebt und ging auf Abstand.
März wird aufgrund der Indizien für schuldig gesprochen, jedoch wird einige Monatespäter das Urteil vom Bundesgerichthshof aufgehoben und März wird freigesprochen. Jahre später wird seine Schuld eindeutig via DNA Test bewiesen, doch in Deutschland kann niemand für ein- und dieselbe Tat ein zweites Mal verurteilt werden....

In der Gegenwart begleiten wir Kommissarin Anna Paulsen. Sie möchte Jahrzehnte nach der Tat ein Geständnis von Volker März erzwingen, welches er auch bei seiner ersten Verurteilung nicht abgelegt hat.
Auch Ninas Vater Hans Larsen versucht über Jahrzehnte hinweg, Gerechtigkeit für seine tote Tochter zu erhalten. Gemeinsam mit Kriminalhauptkommissar Klaus Margraf, der damals in der Mordsache ermittelt hat und nicht vergessen kann, dass er den Fall nicht aufklären konnte, kämpfen sie gegen die Mühlen der Justiz.

Markus Thiele beschreibt die einzelnen Charakter derart lebendig, dass man sich als Leser direkt im Geschehen glaubt. Ich habe mitgefiebert und war emotional sehr stark involviert. Ich konnte Anna verstehen, die endlich Gerechtigkeit möchte, auch wenn sie zu illegalen Mitteln greift. Die Verzweiflung von Ninas Vater ist in jeder Zeile greifbar, genauso wie den Wunsch von Klaus Margraf endlich seinen einzigen unaufgeklärten Fall abzuschließen.

Mit seiner Art, das Gesetz auch für Laien verständlich zu machen, kann Markus Thiele immer wieder mit seinen Romanen bei mir punkten. Auch diesmal fragt man sich nach der Lektüre, ob Recht immer gerecht ist.
Der Autor beleuchtet in "Zeit der Schuldigen" diese Grauzonen des Rechts, die einem nach dieser Geschichte sprachlos machen.
Meine erste Reaktion war ebenfalls, dass man für eine Tat nicht zweinmal verurteilt werden kann, doch nach der Lektüre bin ich nicht mehr dieser Meinung und bin entsetzt über die Gesetzeslücken, die in diesem Fall (und sicher noch bei vielen anderen dieser Art), auftreten.

Im Nachwort geht der Autor auf den Fall Frederike von Möhlmann ein, der ihn zu diesem Buch inspiriert hat. Dabei erklärt er, was Fiktion ist und welche Sachverhalte tatsächlich so passiert sind.

Wieder einmal fällt es mir unheimlich schwer die richtigen Worte für diesen eindringlichen und großartigen Roman zu finden. Die Geschichte emotionalisiert sehr stark und lässt einem tagelang nachdenklich zurück.

Fazit:
Markus Thiele schreibt über Themen, die aufwühlen und den Leser nachdenklich zurücklassen. Besonders True Crime Leser dürften eine Freude an seinen Büchern haben. Für mich war auch "Zeit der Schuldigen" wieder ein richtiges Highlight! Ich gebe hier eine eindeutige Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.12.2023

Ein richtiger Pageturner

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Auf den neuen Fall von Pia Sander und Oliver von Bodenstein war ich schon sehr neugierig! Ich liebe diese Reihe, auch wenn ich zugeben muss, dass sie erst nach und nach richtig gut geworden ist. Die ersten ...

Auf den neuen Fall von Pia Sander und Oliver von Bodenstein war ich schon sehr neugierig! Ich liebe diese Reihe, auch wenn ich zugeben muss, dass sie erst nach und nach richtig gut geworden ist. Die ersten Bände der Krimireihe haben noch Schwächen und was bei Nele Neuhaus immer vorkommt, sind eine Menge an Figuren.

Bei vorablesen habe ich in die Leseprobe gelesen und war begeistert. Leider hatte ich kein Glück, aber meine Bücherei hatte das Buch bereits für mich reserviert und ich konnte endlich weiterlesen.
Auf den ersten Seiten erleben wir hautnah mit, wie eine Mutter vergeblich versucht ihre 16jährige Tochter zu erreichen, die mit Freundinnen zum Eislaufen gehen und danach bei ihrer besten Freundin übernachten wollte. Doch Lissy hat sich mit den Mädels zerstritten und sich auf dem Heimweg gemacht. Zuhause ist sie jedoch nie angekommen. Am nächsten Tag wird die Leiche des Mädchens hinter einer Marienkapelle gefunden.
Pia und Oliver bekommen den Fall zugeteilt. Durch eine DNA-Analyse wird der abgelehnte afghanische Asylwerber Farwad M. verdächtigt. Der junge Mann ist jedoch wie vom Erdboden verschwunden und kann nicht vernommen werden. Die Öffentlichkeit hat jedoch bereits einen Schuldigen gefunden, obwohl ihn die Polizei erstmals nur als Zeugen vernehmen wollten. Damit beginnt eine furchtbare Hetztjagd...

In einem zweiten Handlungsstrang wird ein Mann überfahren, der am Körper schreckliche Bisswunden aufweist. Er scheint vor jemanden geflüchtet zu sein, denn er lief planlos auf die Fahrbahn. Was ist mit ihm passiert, bevor er überfahren wurde? Der seltsame Todesfall lässt Oliver und Pia rätseln. Bald finden sie heraus, dass es bereits ähnliche Fälle gab, die diesem ähneln. Der Fall wird immer komplexer, denn es scheint sich um Fälle von Selbstjustiz zu handeln.
Oliver und sein Team geraten immer tiefer in ein Geflecht aus Gewalt, welches sie in ihren Grundansichten über Moral und Menschlichkeit tief erschüttert.

"Monster" ist der elfte Band der Bodenstein und Kirchhoff/Sander Reihe und trotz der 560 Seiten ein Pageturner. Die Spannung bleibt die ganze Zeit über sehr hoch. Die Atmosphäre ist großteils düster. Der eigentliche Hauptfall um Larissas Mord tritt immer mehr in den Hintergrund, denn die Fälle rund um ziemlich ungewöhnliche Todesfälle mehren sich. Dazu kommt immer mehr der Verdacht auf, dass sich ein Maulwurf im Team befindet.
Die privaten Entwicklungen der beiden Hauptermittler sind präsent, fügen sich aber gut in die Geschichte ein. Sowohl Pia, als auch Oliver haben einiges Privates unter einem Hut zu bringen, wobei Pia vorallem wegen ihrer dementen Mutter überfordert ist. Für mich gehört das Privatleben der Beiden genauso zur Reihe, wie der oder die Mordfälle, denn ich habe das Ermittlerpärchen wirklich sehr ins Herz geschlossen.

In diesem elften Fall hat sich Nele Neuhaus an heikle Themen gewagt, was bei manchen Leser:innnen nicht so gut angekommen ist. Es geht um Vorverurteilung durch soziale Medien, Fremdenhass, Selbstjustiz, jugendliches Geltungsbedürfnis und Hetze. Ich habe die Themen so empfunden, dass uns ein Spiegel vorgehalten wird und empfand den Krimi nicht als rassistisch geprägt, sondern als Mahnung an die Gesellschaft. Die Szenen sind oftmals direkt aus dem Leben gegriffen, wie blinde Agression und Vorverurteilung durch die sozialen Medien.
Wie schnell wird jemand durch eine Anschuldigung zu Unrecht beschuldigt? Und wie schnell wird er von den Menschen im Umkreis bereits vorverurteilt? Es erinnert oftmals an die Hexenverfolgungen im Mittelalter, wo die Leute sensationslüstern zusahen, als die vermeintliche Hexe am Pranger oder Scheiterhaufen steht. Die heutige moderne Gesellschaft ist keineswegs besser.

Mein einziger Kritikpunkt ist die Auflösung des Todes von Lissy. Für mich waren einige Dinge daran nicht nachvollziehbar und das Ende wurde etwas zu schnell abgehandelt. Trotzdem hat mich dieser elfte Fall wirklich gefesselt und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Deshalb vergebe ich trotz des kleinen Kritikpunktes zum Schluss ganze 5 Sterne.

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