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Veröffentlicht am 26.04.2017

Es geht um Hundertstelsekunden

Abfahrt in den Tod
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Als ich sah, dass ein Buch von Marc Girardelli veröffentlicht wurde, musste ich als Österreicherin und Fan des Alpinen Schilaufes natürlich sofort zuschlagen und es kaufen. So lag es auch schon lesebereit ...

Als ich sah, dass ein Buch von Marc Girardelli veröffentlicht wurde, musste ich als Österreicherin und Fan des Alpinen Schilaufes natürlich sofort zuschlagen und es kaufen. So lag es auch schon lesebereit bei mir zuhause, als es zu diesem Krimi aus dem Emons Verlag eine Leserunde bei Lovelybooks gab und mich dort anschloss. Denn die beiden Autoren begleiteten die Leserunde und hey....wann kann ich mal mit einem fünffachen Weltmeister plaudern? Zu Beginn gab es auch noch ein Grußwort von Hansi Hinterseer :) ....wer es nicht weiß...Hansi war früher Schirennläufer, bevor er zu singen begann!

Michaela Grünig und Marc Girardelli gewähren mit ihrem Krimi "Abfahrt in den Tod" dem Leser einen Blick hinter die Kulissen des Schiweltcup. Die wirklich atemberaubende Beschreibung der letzten Sekunden vor dem Start und während eines Abfahrtslaufes auf den schwierigsten Hängen der Welt, wie Wengen und Kitzbühel, haben mich von Beginn an gefesselt.
Marc Gassmann, ein erfolgreicher Rennläufer, hat nach einer schweren Verletzung sein Ziel nicht aus den Augen verloren und will noch einmal die große Kristallkugel holen. Der sympathische Schweizer liegt am Lauberhorn bereits in Führung, als ihm etwas am Nacken und Rücken streift und er ganz knapp das Rennen verliert. Entsetzen macht sich breit, als man eine Drohne findet, die nur Sekunden hinter Marc auf die Piste gestürzt ist. Zuerst wird von einem Unfall ausgegangen, doch dann wird ein Sprengsatz an der Drohne gefunden und die Kantonspolizei wird hinzugezogen. Ausgerechnet Kantonspolizistin Andrea Brunner, Marcs Exfreundin, soll den Fall leiten. Da Andrea unbedingt zur Kripo wechseln möchte, kann sie den ihr befohlenen Personenschutz an Marc nicht ablehnen, auch wenn Ehemann Daniel, Marcs ehemaliger Freund aus Kindertagen, alles andere als begeistert ist.....

Mit viel Spannung und rasanten Einblicken in die Welt des Schisports erzählt das Autorenpaar nicht nur von bedrohlichen Dohnenangriffen, sondern auch von Sportwetten, Sponsorenkämpfe und Doping. Außerdem erhielt Marc Drohbriefe, von denen die Polizei erst nach dem Vorfall bei der Abfahrt erfährt. Wer bedroht den erfolgreichen Sportler und wer hat es auf Marcs Leben abgesehen?
Das habe ich mich auch gefragt und Seite um Seite verschlungen! So schnell wie möglich wollte ich des Rätsels Lösung finden.....
Der Plot rund um den Alpinen Schiweltcup ist auch für Wintersport-Uninteressierte sehr kurzweilig geschrieben und die Geschichte rundherum sehr vielschichtig. Auch die Ermittlungsarbeit nimmt einen wichtigen Teil davon ein und lässt auch einen Blick auf Andrea's Privatleben werfen.
Gekonnt haben Grünig und Girardelli noch einige überraschende Wendungen, die den Leser auf falsche Spuren führen, eingebaut. Und dann gibt es auch noch kurze Einschübe eines Unbekannten, der seine Gedanken in sehr düsteren Worten mit dem Leser teilt. Der Spannungsbogen beginnt langsam zu steigen und endet mit einen logischen Finale, das mich zufrieden die letzte Seite zuklappen ließ.

Schreibstil:
Hier hat sich ein tolles Team gefunden! Das Buch lässt sich richtig flüssig lesen und man ist mitten im Geschehen. Die Beschreibungen sind sehr anschaulich und man hat das Gefühl gemeinsam mit dem Rennläufer auf der Abfahrtsstrecke zu sein. Die Charaktere sind alle sehr authentisch und mitten aus dem Leben gegriffen.

Fazit:
Ein faszinierender und unblutiger Krimi aus der Welt des Alpinen Schizirkus, der mich fesselte und überzeugen konnte. Hier hat sich ein neues Dreamteam gefunden! Ich hoffe sehr auf weitere Fälle mit Andrea Brunner und empfehle "Abfahrt in den Tod" gerne weiter.

Veröffentlicht am 20.04.2017

Spieglein, Spieglein an der wand...wer ist die nächste Tote im Land?

Mord in Schönbrunn
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Im bereits sechsten Band der Reihe rund um die Journalistin Sarah Pauli haben wir es diesmal mit einem märchenhaften Thema zu tun.
Im Schlosspark von Schönbrunn wird die drapierte Leiche einer Frau gefunden, ...

Im bereits sechsten Band der Reihe rund um die Journalistin Sarah Pauli haben wir es diesmal mit einem märchenhaften Thema zu tun.
Im Schlosspark von Schönbrunn wird die drapierte Leiche einer Frau gefunden, die vor fünf Jahren als vermisst gemeldet wurde. Es ist Daniela Müller, die ehemalige Verlobte des prominenten Wiener Hoteliers Felix Beermann, der neuerlich vor seiner Hochzeit steht. Die Tote wurde wie Schneewittchen zurecht gemacht und liegt im Brautkleid auf Rosen gebettet. Ausgerechnet Beermans aktuelle Verlobte, die Hochzeitsmanagerin Valentina, findet die Tote bei ihrer morgendlichen Joggerrunde im Schlosspark.

Sarah Pauli, die Journalistin des "Wiener Boten", die gerade für eine Reihe über Hochzeitsbräuche recherchiert, wird bei diesem außergewöhnlichen Mord hellhörig. Vor wenigen Tagen hat sie einen Strauß aus 108 roten Rosen bekommen, dem weitere Sträuße folgten. Die Kollegen denken an einen heimlichen Verehrer, doch Sarah ist sich einer geheimnisvollen Verbindung zum Mord in Schönbrunn sicher. Es werden Vermutungen und Theorien aufgestellt und vorallem fragt sich auch der Leser: Wo wurde Daniela Müller die letzten fünf Jahre versteckt gehalten? Und warum wurde sie gerade jetzt ermordet? Und ist auch Valentina in Gefahr?

Wer bereits die Bücher der Autorin kennt weiß, dass Beate Maxian immer mystische und spirituelle Themen in ihre Wien-Krimis miteinbringt. Durch ihre Protagonistin Sarah Pauli, die für den "Wiener Boten" in ihrer Rubrik über Aberglauben, Spiritualismus, geheime Zeichen usw. schreibt, bleibt das Mystische der rote Faden in allen Büchern der Reihe. Denn Sarah steckt ihre neugierige Nase zu oft in Dinge, die sie in gefährliche Situationen bringen. Genau diese Mischung macht die Krimis von Beate Maxian einzigartig.

Das Privatleben von Sarah bleibt diesmal dezent im Hintergrund und der Fall rund um die Tote ist das Hauptthema. Die Charaktere sind charismatisch und lebendig. Als Reihenleser freut man sich Altbekannte wiederzutreffen, aber wie in jedem Fall gibt es in der Krimihandlung natürlich auch neue Figuren.
Der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an und wir begleiten Sarah wieder in die Welt des Journalismuses und lesen von vielen verschiedenen Bräuchen und Ritualen. Im sechsten Band der Reihe spielt allerdings auch die Märchenwelt der Gebrüder Grimm eine große Rolle. Die Autorin greift ebenfalls Themen wie Freundschaft, Solidarität und die Scheinwelt der Reichen und Schönen auf.

Wie immer sind auch die bildhaften Beschreibungen von Wien sehr gelungen. Man besucht diverse Schauplätze und Sehenswürdigkeiten der österreichischen Hauptstadt, aber manche doch in einer anderen Form? ....zum Beispiel wandert man mit Sarah Pauli nicht zwischen Rosenstöcken und Springbrunnen im Schönbrunner Schlossgarten, sondern zwischen geheimnisvollen Pentagonen.

Für mich war "Mord in Schönbrunn" der bisher beste Teil der Reihe und ich kann den Krimi wirklich weiterempfehlen!

Schreibstil:
Der Schreibstil ist angenehem zu lesen, flüssig und bildhaft. Man spürt den Charme von Wien und hat beim Lesen jede Menge Bilder im Kopf. Auch der Spannungsbogen ist gut aufgebaut und steigert sich kontinuierlich. Die Kapitel sind kurz gehalten und enden oft mit einem kleinen Cliffhanger, der den Leser anspornt weiterzulesen.

Fazit:
Für mich der beste Krimi der Reihe, die mit ihren einzigartigen mystischen Themen und mit Wiener Flair punkten kann. Auch der bildhafte Schreibstil und der kontinuierlich ansteigende Spannungsbogen runden die Geschichte perfekt ab. Ich freue mich schon auf das nächste Abenteuer von Sarah Pauli!

Veröffentlicht am 08.04.2017

Blutfährte

Blutfährte
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Silvia Stolzenburg ist für mich ein Garant für spannende und absolut gut recherchierte Geschichten, egal ob im historischen Bereich oder im Krimi-Genre. Nun hat sie sich an ihrem ersten Thriller gewagt ...

Silvia Stolzenburg ist für mich ein Garant für spannende und absolut gut recherchierte Geschichten, egal ob im historischen Bereich oder im Krimi-Genre. Nun hat sie sich an ihrem ersten Thriller gewagt und ich bin wieder absolut begeistert.

Bereits der Prolog macht unheimlich neugierig und man fragt sich, was hier eigentlich abgeht. Das Fragezeichen in meinem Gesicht wurde immer größer.... Danach folgt im ersten Kapitel ein Schwenk zur Bundeswehr und Sanitätsfeldwebel Tim Bergmann. Dieser beobachtet einige ungewöhnliche Vorkommnisse während seines Dienstes, die ihn neugierig machen. Als er beim Schnüffeln in den Unterlagen seines Vorgesetzten erwischt wird, ergreift er die Flucht und wird prompt verfolgt. Tim taucht unter und Oberleutnant Max Becker erhält den Auftrag ihn aufzuspüren, da er unerlaubt vom Dienst ferngeblieben ist. Becker ahnt nicht, worauf er sich einlässt, als er den Auftrag annimmt.
Als kurze Zeit später eine Leiche in einem Hotel gefunden wird und alle Spuren zu Tim führen, schaltet sich auch die Polizei ein. Oberkommissarin Lisa Schäfer beginnt zu ermitteln und zieht Max Becker hinzu. Doch die Zusammenarbeit zwischen Kripo und Bundeswehr ist nicht so einfach. Während sich Lisa auf Tim als Täter einschießt, hat Max Bedenken und glaubt nicht an seine Schuld.....

Die Beschreibungen und die Arbeitsweise der Bundeswehr, den Feldjäger und der Polizei wurden von der Autorin wieder hervorragend recherchiert.
Mit Max Becker hat Silvia Stolzenburg einen außergewöhnlichen "Ermittler" erschaffen. Dieser schnüffelt im Alleingang weiter, nachdem Lisa ihm den Fall wieder entzogen hat. Dabei entdeckt er wesentlich schneller die Hintergründe von Tims Verschwinden, als Lisa und ihr Team.
Die Handlung nimmt immer mehr Fahrt auf und der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an. Man fühlt sich beim Lesen mittendrin im Geschehen. Durch die wechselnden Schauplätze und Personen, die sich oft kapitelweise ablösen, steigt die Spannung noch weiter an und man kann nicht aufhören zu lesen. Silvia Stolzenburg gelingt es wieder großartig falsche Spuren zu legen und den Leser in die Irre zu führen. Bis zum großartigen und dramatischen Finale, bei dem mich die Autorin absolut überraschen konnte, tappt man völlig im Dunkeln....und trotzdem fügt sich alles logisch und glaubwürdig zusammen. Ich freue mich, dass es eine Fortsetzung mit Feldjäger Max Becker geben wird.

Schreibstil:
Egal ob historischer Roman, Krimi oder Thriller...die Autorin beherrscht jedes Genre! Ihr Schreibstil ist wunderbar flüssig, mitreißend und angenehm zu lesen. Die Kapitel sind eher kurz gehalten und der Spannungsaufbau steigt stetig. Die Figuren sind lebendig und mitten aus dem Leben gegriffen. Durch den Perspektivenwechsel erhält man gute Einblicke in die Gedankengänger einzelner Figuren. Als Leser hat man einen kleinen Vorsprung an Wissen gegenüber den Ermittlern und rätselt gerne mit.

Fazit:
Auch im Thriller-Genre ist Silvia Stolzenburg eine Klasse für sich. Toller Plot, konstante Spannungskurve und ein Ende, das absolut überrascht und überzeugt. Eine Leseempfehlung für Krimi- und Thrillerfans!

Veröffentlicht am 17.03.2017

Das Glas ist immer halb voll

Das Glück der kleinen Augenblicke
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Marietta ist Lektorin im kleinen Literaturverlag „Millefeuille“ in London. Sie liebt ihre Arbeit und vertieft sich in jede Niederschrift, die ihr zugeschickt wird. Zuhause hat sie sogar eine eigene Sammlung ...

Marietta ist Lektorin im kleinen Literaturverlag „Millefeuille“ in London. Sie liebt ihre Arbeit und vertieft sich in jede Niederschrift, die ihr zugeschickt wird. Zuhause hat sie sogar eine eigene Sammlung aller unveröffentlichter Manuskripte. Durch Zufall fällt ihr eine unvollendete Geschichte in die Hände, deren Autor ihr unbekannt ist. Alle Personen, die das Manuskript lesen, sind vom Roman begeistert und ihr Chef, John Thornton, hat endlich wieder eine Geschichte gefunden, die zum Bestseller werden könnte. Doch wer steckt hinter den Zeilen? Marietta macht sich auf die Suche, was sich schwieriger erweist, als sie dachte. Außerdem hat sie das Gefühl, dass hinter dem Pechvogel Paul aus dem Manuskript der Autor selbst stecken könnte.....

Was für ein poetisches und zu Herzen gehendes Buch - ein echter Lesegenus! Für bibliophile Menschen wie mich, ist das genau der Stoff, der uns zum Träumen bringt, denn der Fokus liegt eindeutig beim Thema Literatur. Mit wenigen Sätzen nahm mich die Geschichte gefangen. Interessant ist es, dass es hier eine Geschichte in der Geschichte gibt. Beide sind farblich voneinander getrennt, was zum besseren Verständnis führt. Ich hatte auf jeden Fall keinerlei Schwierigkeiten diese auseinanderzuhalten und mochte die beiden Settings sehr.
Unser Protagonist aus dem Manuskript ist ein wahrer Pechvogel, der aber immer wieder etwas Positives aus seinen Erlebnissen mitnimmt. Er sieht das Gute, was mir bei manchen Begebenheiten wirklich schwer gefallen wäre.... Hier erlernt man Gelassenheit!

Während Marietta versucht den Autor zu finden, wandelt auch sie sich, denn eigentlich hat sie kaum die sogenannten "typischen Eigenschaften", die man den Italienern so nachsagt. Sie ist introvertiert und schüchtern und verbringt ihre Freizeit mit der Nase in den Manuskripten. Sie hat kaum Freunde und kennt auch London noch immer nicht wirklich. Das ändert sich vollkommen, als sie sich auf die Spuren von Paul Swift macht, dem Alter Ego aus dem Roman. Sie fährt Bus und lernt so Teile Londons kennen, die sie noch nicht kennengelernt hat. Ebenso macht sie sich Gedanken, wer der Schriftsteller sein könnte....
Natürlich spekuliert man als Leser die ganze Zeit wie die Geschichte in der Geschichte ausgehen könnte und ob Marietta den Unbekannten findet...... mehr kann und will dazu nicht sagen ;)

Es geht um Rückschläge, die jeder Mensch in seinem Leben erfahren muss. Der Roman zieht aber den Leser nicht nach unten, sondern erinnert immer wieder an die kleinen Augenblicke des Glücks....an die Dinge, die man positiv aus dem Geschehen mitnehmen kann. Vorallem die kleinen Weisheiten, die sich im Buch verstecken, sind einfach zauberhaft. Obwohl die Geschichte in London spielt hat sie etwas französisches.....mich erinnert es an die Romane von Nicolas Barreau.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Thomas Montasser ist sehr poetisch und ruhig. Auch seine Figuren sind verträumte und eher realitätsferne Menschen, die sich der Kunst der Worte widmen. Ich fand die Geschichte und den Schreibstil sehr charmant. Er erinnerte mich an die typischen französischen Romane mit diesem speziellem Flair.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Beide Handlungen werden in der 3. Person und in der Gegenwart erzählt.

Fazit:
Eine bezaubernde und sehr poetische Geschichte, die uns zeigen will, dass das Glas immer halb voll ist und man erstärkt aus Niederschlägen hervorgehen kann. Das Thema Literatur ist dabei das Tüpfelchen auf dem i, das jedem Büchersüchtigen das Herz erwärmt. Ein Roman zum Abtauchen mit Charme und Laissez-faire.

Veröffentlicht am 11.03.2017

Die ersten Kriegsjahre

Sturmwolken am Horizont
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*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****

Berlin/St.Petersburg 1914:
Band 2 der Meindorff Trilogie beginnt sechs Jahre nach dem Ende von Teil eins. Wir begegnen einer mittlerweile erwachsenen Demy van ...

*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****

Berlin/St.Petersburg 1914:
Band 2 der Meindorff Trilogie beginnt sechs Jahre nach dem Ende von Teil eins. Wir begegnen einer mittlerweile erwachsenen Demy van Campen, die noch immer kein richtiges Zuhause in Berlin bei den Meindorffs gefunden hat. Allerdings hat sich das Haus seit Kriegsbeginn eher zu einem Frauenhaushalt gewandelt, denn die Söhne des Fabriksbesitzers Jospeh Meindorff sind in den Krieg gezogen und Tilla entflieht der Familie durch Auslandsreisen, solange es die Umstände noch zulassen. So fällt es mehr und mehr Demy zu, sich um den Haushalt zu kümmern, ein Auge auf den alten und kranken Meindorff zu werfen und alles so gut es geht zusammenzuhalten. Sie bittet Philippe um Hilfe, den sie zufällig in Paris wiedertrifft und der beim niederländischen Flugzeugbauer Fokker als Pilot und Auszubildender arbeitet.
Doch auch Philippe, der nie von Meindorff senior geduldet wurde, sieht sich nicht im Stande Demy mehr zu helfen.....

Der Russlandteil ist diesmal viel ausgeprägter und nimmt einen großen Teil des Romans ein. Wir treffen wieder auf Rasputin, der eine "ungesunde Ausstrahlung" auf die Bevölkerung und die Zarenfamilie hat und der Anki und ihre Freundinnen in Schwierigkeiten bringt. Durch den Krieg schlägt den deutschen Familien in St.Petersburg immer mehr Hass entgegen und Anki fühlt sich nicht mehr sicher. Doch die Liebe zu Robert Busch und die Loyalität ihren Arbeitgebern, dem Fürstenpaar Chabenski, gegenüber, lässt sie in der russischen Metropole bleiben. Doch dann muss auch Robert das Land verlassen....

Die vielen Perspektivwechsel, die wir bereits aus Band 1 kennen, machen die Familiengeschichte um einiges spannender. Einige offene Fragen aus "Himmel über fremden Land" werden beantwortet, doch gibt es auch wieder angefangene Themen und Handlungsstränge, dessen Antworten wir hoffentlich in Band 3 von der Autorin aufgelöst bekommen. Auch einige Personen, die mir leichtes Bauchweh verursacht haben, rückten noch nicht in den Mittelpunkt und ich hoffe, dass diese auch im letzten Teil wieder auftauchen und es zu einem "Grande Finale" kommt.

Im Gegensatz zum ersten Teil kann man hier eine Charakterentwicklung vieler Figuren erkennen. Während Philippe nach seinem großen Verlust endlich ein Ziel im Leben hat und sich bei Fokker ausgesprochen wohl fühlt, Demy mehr und mehr Stärke zeigt und Anki ihre liebevolle Art ihrer "Ersatzfamilie" entgegen bringt, erlebt Hannes den Schrecken an der Front, wo er ein furchtbares Gemetzel an jungen Männern hautnah miterlebt. Joseph junior wird hier kaum mehr erwähnt und Tilla hat erst gegen Ende des Romans ihren großen Auftritt. Aber auch Nebencharaktere aus Band 1 treten wieder in Erscheinung, wobei Hauptmann Theodor Birk diesmal einen größeren Part bekommt.

Die Unterschiede zwischen der einfachen Bevölkerung, die sowohl in Deutschland als auch in Russland hungert, und der Dekadenz der Adeligen wird sehr gut dargestellt. Elisabeth Büchle gelingt es hervorragend die Stimmung des ersten Kriegsjahres einzufangen. Dachten doch alle Soldaten der Krieg wäre spätestens zu Weihnachten beendet, erlebt der Leser hautnah mit, wie sich die Lage immer mehr zuspitzt und mehr und mehr Länder in den Krieg eingreifen. Hier begleiten wir Hannes an die Front und später Robert ins Lazarett, wo er als Arzt an seine Grenzen gehen muss. Mit Demy bleiben wir in Berlin, die die Augen vor den Nöten der armen Bevölkerung nicht verschließt und Straßenkinder mit dem nötigen Essen versorgt.

Mir hat der Mittelteil der Trilogie besser gefallen als Band 1 und ich hoffe auf einen spannenden Abschluss der Geschichte, die wir wieder gemeinsam im Mai in einer Leserunde lesen werden.

Schreibstil:
Nachdem dies hier nicht mein erstes Buch der Autorin ist und ich wirklich sehr gerne ihre gut recherchierten und auf den Punkt gebrachten Geschichten lese, war ich wieder begeistert von ihrem einfühlsamen und lebendigen Schreibstil. Ihre Romane besitzen Atmosphäre und lassen uns an damaligen Zeiten teilhaben.
Der Wechsel der Schauplätze wird am Beginn des jeweiligen Kapitels angezeigt, ebenso Monat und Jahr.
Im Anhang befindet sich ein Glossar über die wichtigsten historischen Persönlichkeiten.

Fazit:
Im Gegensatz zu vielen Trilogien, wo der Mittelband der Schwächste ist, hat Elisabeth Büchle hier einen bewegenden zweiten Band geschrieben, der uns in die ersten Kriegsjahre des Ersten Weltkrieges entführt. Hervorragend recherchiert hat diese Familiengeschichte nun mein Herz erobert. Ich freue mich schon auf Band 3.