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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.05.2018

Rührende Geschichte aus Sicht eines Kindes

Ein fauler Gott
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Mit elf Jahren muss Ben einen schlimmen Schicksalsschlag einstecken: sein kleiner Bruder stirbt vollkommen unerwartet. Von nun an versucht Ben mit seiner Trauer zurechtzukommen und gleichzeitig seiner ...

Mit elf Jahren muss Ben einen schlimmen Schicksalsschlag einstecken: sein kleiner Bruder stirbt vollkommen unerwartet. Von nun an versucht Ben mit seiner Trauer zurechtzukommen und gleichzeitig seiner Mutter Trost zu spenden, die sich jede Nacht in den Schlaf weint.
Aber Ben hat nebenher noch viel zu tun. Seine Freunde treffen, Fußball spielen und über seinen ersten Kuss nachgrübeln...

Stephan Lohses rührenden Buch über einen Jungen, der mit einem schrecklichen Verlust zurechtkommen muss, gleichzeitig aber eine wunderschöne positive Energie ausstrahlt, ist wirklich kein Roman für zwischendurch.
Wer dieses Buch zur Hand nimmt, sollte sich Zeit nehmen, um sich Gedanken über die Geschichte zu machen.
Der Schreibstil ist, dem Protagonisten entsprechend, eher einfach und kindlich gehalten, macht aber Spaß beim Lesen. Trotz des traurigen Themas und der nachdenklichen Stimmung, die das Buch verbreitet, muss man immer wieder Lächeln, wenn man von Bens Erlebnissen liest.
Während die Passagen, die Bens Unternehmungen und Überlegungen wiedergeben, teilweise zum Schmunzeln anregen, spiegeln die Abschnitte, in denen es um Bens Mutter geht, die Trauer und Tragik der Situation wieder. Hier musste ich beim Lesen doch ab und an schlucken.

Der Roman liest sich zwar schnell, aber wie oben schon erwähnt, sollte man sich ruhig Zeit für die Gedanken nehmen, die einem während des Lesens durch den Kopf gehen.
Die handelnden Personen, besonders natürlich Ben und seine Mutter, sind wunderbar charakterisiert, tiefgründig und emotional. Sie sind definitiv gelungen und geben der Handlung Unmengen an Gefühl.

Aber trotzdem habe ich einen Kritikpunkt. Stellenweise bin ich stutzig geworden, über Bens Ansichten und Gedankengänge. Natürlich ist er ein Junge von elf Jahren, der noch nicht mit dem rationalen und teils zynischen Blick eines Erwachsenen an das Leben herangeht, aber manchenteils wirkte er mir fast zu kindisch und naiv. Wenn ich an meinen zehnjährigen Neffen denke, ist der deutlich abgeklärter. Vielleicht liege ich hier auch falsch, das sollten vielleicht Mütter eher einschätzen können. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Handlung 1972 spielt und sich die Kinder noch nicht mit der heutigen Flut von Nachrichten, Handys und Tablets konfrontiert sahen. Aber auch hier möchte ich keine Schlüsse ziehen, da dies weit vor meiner Zeit ist.
Dieser Kritikpunkt kostet den Roman aber trotz allem einen Stern. Deswegen vergebe ich drei Sterne und damit in meiner Bewertung ein "Gut".

Veröffentlicht am 03.05.2018

Mischung aus Fantasy & Krimi, ohne das gewisse Etwas.

Der Bund der Zwölf
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Paris 1926: Die sogenannte Methusalem-Seuche versetzt die reiche Bevölkerung der Stadt in Angst und Schrecken. Die Betroffenen altern innerhalb weniger Minuten und sterben. Als der Clubbesitzer Vincent ...

Paris 1926: Die sogenannte Methusalem-Seuche versetzt die reiche Bevölkerung der Stadt in Angst und Schrecken. Die Betroffenen altern innerhalb weniger Minuten und sterben. Als der Clubbesitzer Vincent seine Kunden verliert, versucht er mit Hilfe der schönen Magali der mysteriösen Krankheit auf den Grund zu gehen und stößt dabei auf einen lange verschleierten und mächtigen Fluch...

"Der Bund der Zwölf" ist eine Mischung aus Kriminalroman und Fantasyabenteuer, dem aber leider das gewisse Etwas fehlt.
Zwar hat die Autorin, die mir bis dato noch unbekannt war, eine schöne Kulisse erschaffen und die Handlung mit netten Charakteren gefüllt, die einem beim Lesen ans Herz wachsen, aber trotzdem hat mir persönlich noch ein kleiner Funke gefehlt, der mich für die Geschichte hätte begeistern können.

Der Schreibstil ist recht simpel und daher sehr schnell zu lesen, nur bei der Beschreibung von musikalischen Darbietungen wird die Autorin regelrecht poetisch. Hier merkt man, was sie schriftstellerisch eigentlich auf's Papier bringen könnte.
Was die Handlung betrifft, die aus mehreren Zeitsprüngen und Perspektivwechseln zusammengesetzt ist, kann ich leider nur sagen, dass hier keine richtige oder gar atemlose Spannung aufgebaut wurde. Der Leser wird in eine Situation hineinversetzt, die spannend werden könnte, aber ehe es soweit ist, ist dieser Augenblick auch schon wieder vorbei und die Geschichte geht einfach weiter, ja plätschert fast vor sich hin. Hier hätte ich mir mehr gewünscht. Es wirkte etwas unfertig und unbefriedigend.
Punkten konnten allerdings die Protagonisten, die mit viel Charme dargestellt wurden und mir von Beginn an sehr sympathisch waren. Auch der Handlungsort, Paris, hat mich sehr angesprochen und passte zur Geschichte.

Was das Gesamtkonzept des Buches angeht, bin ich sehr angetan. Die Verknüpfung aus Magie und einer Art Kriminalfall ist mir so bisher noch nicht untergekommen, war aber sehr vielversprechend und interessant.
Deswegen möchte ich drei Sterne vergeben. Das Buch ist zwar durchschnittlich und eigentlich eher eine Unterhaltung für Zwischendurch, im Großen und Ganzen aber gut.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Einfühlsam, dennoch durchschnittlich

Bäume reisen nachts
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Der Rentner Anatole beobachtet seit einiger Zeit ein kleines Mädchen, das im Garten unter einer großen Birke sitzt und mit Ameisen und Katzen darüber spricht, dass ihre Mutter sie und ihren Vater verlassen ...

Der Rentner Anatole beobachtet seit einiger Zeit ein kleines Mädchen, das im Garten unter einer großen Birke sitzt und mit Ameisen und Katzen darüber spricht, dass ihre Mutter sie und ihren Vater verlassen hat.
Er beschließt Manon den Kleinen Prinzen vorzulesen. Zwischen den beiden entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft und schließlich machen sich die beiden, gemeinsam mit Manons Vater und Tante auf den Weg, um ihre Mutter zurückzuholen...

"Bäume reisen nachts" war für mich fast schon ein modernes Märchen.
Durch einen sehr poetischen Schreibstil und vielen Zitaten von Antoine de Saint-Exupéry und anderen bekannten Schriftstellern, ist dieses Buch zu etwas Besonderem geworden, das ich so bisher noch nicht gelesen habe.
Der Leser wird mit dem traurigen Schicksal einer Achtjährigen konfrontiert, erfährt von einer wunderbaren Freundschaft und wird schließlich mit auf eine Reise genommen, die alle Protagonisten für immer zusammenschweißt.

Doch leider gab es für mich auch Kritikpunkte. Zum einen fand ich das Ende sehr kitschig und fast wie in einem Disney-Märchen. Es kam mir sehr unrealistisch vor, dass ein Ehepaar, welches seit Jahren solche Probleme hat, dass die Frau die Familie im Stich lässt, sich plötzlich und innerhalb weniger Augenblicke wieder zusammenraufen kann und alles ein gutes Ende nimmt. Hier wären vielleicht ein paar Seiten mehr angebracht gewesen, um die Situation gänzlich zu klären.
Auf der anderen Seite gab es im Verlauf des Romans einige Längen, in denen meine Gedanken schweiften und ich mich nicht mehr richtig auf die Handlung konzentrieren konnte.
Auch gab es Abschnitte, in denen ich an der geistigen Gesundheit einiger Protagonisten gezweifelt habe...

Zu loben ist aber die wunderbare Art, wie dem Leser die Landschaften und Orte nähergebracht werden, durch welche die Protagonisten reisen. Diese Passagen wirkten auf mich sehr plastisch und so, als würde man durch einen Reiseführer blättern.
Gefallen hat mir auch die Darstellung der einzelnen Charaktere, mit viel Tiefe und Feingefühl wurden die Personen gezeichnet.

Alles in allem ist "Bäume reisen nachts" ein Roman, den man entspannt an einem Wochenende oder als Überbrückung zwischen zwei anderen Büchern lesen kann. Mehr aber leider auch nicht.
Daher vergebe ich drei Sterne und ein Gut.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Ich weiß nicht, was ich hiervon halten soll.

Ein Kind Gottes
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Tennessee in den 60er Jahren: Lester Ballard ist ein gewalttätiger, einsamer Outcast. Er wird vom Eremiten und Überlebenskämpfer zum Serienmörder, schließlich sogar zum Nekrophilen. Trotzdem gelingt es ...

Tennessee in den 60er Jahren: Lester Ballard ist ein gewalttätiger, einsamer Outcast. Er wird vom Eremiten und Überlebenskämpfer zum Serienmörder, schließlich sogar zum Nekrophilen. Trotzdem gelingt es der überragenden Erzählkunst McCarthys, Ballard auch als Opfer darzustellen. Er gerät in Haft, in die Gewalt rachsüchtiger Männer, in die Psychiatrie. Die Geschichte einer Entmenschlichung von einem Meister der amerikanischen Literatur.

"Ein Kind Gottes" ist ein Roman, der mich hin- und hergerissen zurücklässt. Einerseits kann ich für den Protagonisten einen Hauch Mitleid aufbringen, gleichzeitig bin ich von seiner Persönlichkeit abgestoßen.
Das Buch ist mein erstes von McCarthy, sodass ich unvoreingenommen an die Lektüre gegangen bin.
Der Autor hat einen sehr gewöhnungsbedürftigen Schreibstil. Beispielsweise lässt er im ganzen Buch Satzzeichen wie Anführungsstriche weg, sodass es manchmal schwerfällt herauszufinden, welche Person gerade spricht. Zwar werden hier direkte Gespräche eher selten eingebaut, aber trotzdem empfand ich diese Eigenart teils als störend.
Dem Leser wird die Geschichte des Lester Ballard von einem unbekannten Erzähler näher gebracht, so wird das Gefühl erzeugt, dass ein Passant auf der Straße von schrecklichen, aber wahren Ereignissen redet.
Auch der Hauptcharakter dieses Buches ist eigentlich ungewohnt. Der Leser steht sozusagen auf Seite des "Bösen".

Der Ausdruck des Autors ist sehr nüchtern, erzeugt Tiefe, bringt aber gleichzeitig keine Gefühle rüber. Auch wenn es zu dem Buch passt, hat mich diese Art des Schreibens nicht wirklich ansprechen können.

Da ich, wie ich oben ja schon geschrieben habe, selbst eher unsicher bin, ob dieser Roman gut oder doch abstoßend ist, vergebe ich drei Sterne.
Man kann "Ein Kind Gottes" zwar lesen, aber das Buch wird mit Sicherheit nicht jedermanns Sache sein.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Nicht das, was ich erwartet habe

Das Zeugenhaus
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Ein wichtiges Dokument über den Zusammenbruch des 3. Reiches und die Aufarbeitung der NS-Diktatur. Im November 1945 beginnt in Nürnberg der Prozess gegen die hohen Repräsentanten der NS-Diktatur. Eine ...

Ein wichtiges Dokument über den Zusammenbruch des 3. Reiches und die Aufarbeitung der NS-Diktatur. Im November 1945 beginnt in Nürnberg der Prozess gegen die hohen Repräsentanten der NS-Diktatur. Eine Villa am Stadtrand dient als Gästehaus für Zeugen der Anklage sowie der Verteidigung. Auf engstem Raum treffen Schuldige, Mitläufer, Opfer und solche, die sich immer arrangieren, aufeinander. Christiane Kohl recherchierte die ungeheuerlichen Vorgänge im Haus und erzählt hautnah von der dramatischen Verstrickung jedes Einzelnen in jenem Augenblick, als die Welt über Deutschland zu Gericht saß.

...soweit der Klappentext.
Da ich mich sehr für deutsche Geschichte interessiere und dieses Buch vielversprechend und interessant klang, habe ich es mir gekauft.
Aber leider hatte ich etwas anderes erwartet. Zwar werden in der Zusammenfassung "ungeheuerliche Vorgänge" und "dramatische Verstrickungen" erwähnt, aber ich konnte weder das eine noch das andere beim Lesen finden. Nun gut, es handelt sich um ein Sachbuch und sollte daher, wie der Name schon sagt, sachlich gehalten werden, trotzdem hätte ich mir mehr Einblick gewünscht, was die Gespräche und den sozialen Umgang in der Villa betrifft. Hier bleibt die Autorin eher vage und konzentriert sich mehr auf die Hausdame Gräfin Kálnoky, die einige Jahre die Leitung der Villa innehatte. Ich vermute aber, dass gerade die Begegnungen der Täter und Opfer viele Leser interessieren würde.
Auch bei den Prozessen selbst, gab dieses Buch für mich zu wenig Informationen. Verurteilungen wurden nur kurz erwähnt und die Ausführung derselben fast unter den Tisch fallengelassen.

Christiane Kohl erwähnt zwar immer wieder, dass es schwer gewesen sei die genauen Ereignisse im Zeugenhaus zu rekonstruieren, andererseits nennt sie viele Zeitzeugen und vorübergehende Besucher dieses Hauses, sodass man hier vielleicht doch mehr Informationen über den zwischenmenschlichen Kontakt der Bewohner hätte zusammentragen können.
Als Pluspunkt möchte ich aber die Bilder nennen, die dem Buch angefügt sind. Dadurch war es möglich, den erwähnten Personen ein Gesicht zu geben.
Auch das Nachwort der Autorin war ein guter und vor allem aufschlussreicher Abschluss. Darin gibt sie noch einige Informationen über das weitere Leben der Bewohner des Zeugenhauses und bedankt sich bei allen Zeitzeugen und deren Nachkommen, die ihr bei der Recherche halfen und sich an diese Zeit erinnert haben.

Mein Fazit:
Ich bin von der Lektüre leider etwas enttäuscht und hätte mir viel mehr Informationen erhofft.
Daher gibt es drei Sterne und ein "Gut".