Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2022

Faszinierender Roman mit merkwürdigen Erzählperspektiven

Wir sind das Licht
0

Ein bisschen Krimi, ganz viel Gesellschaftsroman – und herausgekommen ist ein sehr moderner, faszinierender Roman. Krimiartig ist, dass die Polizei gegen drei Bewohner einer Wohngruppe ermittelt, weil ...

Ein bisschen Krimi, ganz viel Gesellschaftsroman – und herausgekommen ist ein sehr moderner, faszinierender Roman. Krimiartig ist, dass die Polizei gegen drei Bewohner einer Wohngruppe ermittelt, weil eine vierte Bewohnerin dort vor ihren Augen an Unterernährung gestorben ist. Vorrangig aber geht es um eine merkwürdig anmutende Kommune, deren manipulative und dominante Anführerin einer Bewegung anhängt, die gebietet, mit der Nahrungsaufnahme aufzuhören und stattdessen von Licht zu leben sowie zu meditieren und gemeinsam zu musizieren. Das Besondere ist die Erzählweise. Die Geschichte wird aus zahlreichen Perspektiven erzählt, wobei es sich hier nur wenige Male um die von Menschen (z.B. der Eltern, Nachbarn) handelt, und überwiegend um die von Sachen (z.B. Kugelschreiber, Entsafter).
Eine interessante Leseerfahrung, auch wenn man mit der dargestellten Lehre wenig anfangen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.03.2022

Eine Diplomatin verliert den Glauben an die Diplomatie

Die Diplomatin
0

Dieser Roman entführt uns in die Welt der Diplomatie, die ja doch eher unbekannt und deshalb gerade interessant ist.
Protagonistin ist die langjährige deutsche Diplomatin Fred, die jetzt mit 50 Jahren ...

Dieser Roman entführt uns in die Welt der Diplomatie, die ja doch eher unbekannt und deshalb gerade interessant ist.
Protagonistin ist die langjährige deutsche Diplomatin Fred, die jetzt mit 50 Jahren den Glauben an die Diplomatie verliert. Das beginnt schon an ihrer Dienststelle in Montevideo, wo eine einflussreiche, reiche deutsche Bürgerin sie wegen der Entführung ihrer Tochter zur Verantwortung ziehen will, und setzt sich an ihrem nächsten Dienstort in Istanbul fort, wo sie hilflos zusehen muss, wie der türkische Präsident türkischstämmige Deutsche wegen ihrer ihm nicht genehmen politischen Tätigkeit festsetzt. Die Beamtin Fred erweist sich letztlich als Heldin, allerdings um den Preis, desillusioniert worden zu sein und nach ständigen Wechseln zwischen den Kontinenten kein Privatleben zu haben. Auf jeden Fall erhält man ein völlig neues Bild von der Diplomatie. Ironisch und zynisch sind oftmals die Spitzen auf Diplomaten und ihre Tätigkeit. Der Schreibstil ist eher verbittert und passt so ganz zu der Romanfigur Fred.
Angesichts der zunehmenden diplomatischen Krisen in der Welt ein lesenswertes Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.02.2022

Historischer Roman zur Zeit der Begründung der deutsch-französischen Freundschaft

Kaiserstuhl
0

Im letzten Monat erst hat sich der Abschluss des Elysée-Vertrages zum 59. Mal gejährt. Er mit seinem Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft ist der Kern, um den sich die vorliegende Geschichte ...

Im letzten Monat erst hat sich der Abschluss des Elysée-Vertrages zum 59. Mal gejährt. Er mit seinem Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft ist der Kern, um den sich die vorliegende Geschichte rankt.
1962 erhält der ehemalige Elsässer Soldat Paul vom französischen Sicherheitsdienst den Auftrag, eine französische Champagnerflasche aufzuspüren, die 1944 von den Nazis auf einem französischen Weingut geraubt und in den Führerbunker nach Berchtesgarden verbracht wurde, von wo sie Paul später bei der Befreiung mitnahm. Diese Flasche birgt ein Geheimnis, das als politische Intrige im Postengeschachere in der EWG in Brüssel verwandt werden soll. Pauls Suche führt ihn zurück in ein deutsches Dorf im Schwarzwälder Kaiserstuhl, wo er nach dem Zweiten Weltkrieg in der Weinhändlerin Henny seine große, aber gescheiterte Liebe fand und sich mit ihr zusammen eines Kriegswaisenkindes annahm. Die entscheidenden Fragen, die uns wie ein roter Faden durch das Buch führen, sind: Was hat es mit der Flasche auf sich? Haben Paul und Henny noch eine Chance?
Sehr gelungen ist die Mischung zwischen Abbildung wahren Geschehens und Fiktion. Auf gut recherchierte Tatsachen gestützt ist alles, was die politische Situation in Frankreich und Deutschland im Jahr 1962/1963 sowie die besondere Stellung des Grenzgebiets im Schwarzwald/Elsass anbelangt. Hier habe ich viele interessante, mir bislang nicht so geläufige Informationen gefunden. Auf Dichtung hingegen beruhen die Familiengeschichten der Romanfiguren, die sich aber ebenfalls angenehm lesen. Allerdings ist Vieles sehr zugespitzt und läuft sich zu positiv aus, wie es in historischen Romanen oftmals der Fall ist.
Auf jeden Fall sehr lesenswert für Leser von Familiengeschichten mit historischem Bezug.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.02.2022

Eine Lehrerin in den 1960er Jahren mit DDR-Vergangenheit

Die Dorfschullehrerin
0

Dieser Roman betrifft die Zeit in den Monaten vor dem Mauerbau in der DDR und nimmt so manche der damaligen Besonderheiten im Leben diesseits und jenseits der Grenze in unterhaltsamer und interessanter ...

Dieser Roman betrifft die Zeit in den Monaten vor dem Mauerbau in der DDR und nimmt so manche der damaligen Besonderheiten im Leben diesseits und jenseits der Grenze in unterhaltsamer und interessanter Weise auf.
Wie nach dem Empfinden der DDR-Oberen flüchten bedrohlich viel zu viele Menschen in die Bundesrepublik. Zu ihnen gehört auch die Protagonistin, die Lehrerin Helene Winter. Vor dem Grenzübertritt wird sie gefasst und inhaftiert, ihre Tochter wird in ein Heim gesteckt. Durch Kontakte gelingt Helene die Ausreise in den Westen. Sie tritt eine Stellen an einer Schule in einem Dorf im Zonenrandgebiet an, um ihrer auf der anderen Seite der Grenze inzwischen bei Helenes Vater lebenden Tochter nahe sein und sie vielleicht nach geglückter Flucht in Empfang nehmen zu können. Als Lehrerin ist sie bald sehr beliebt. Auch eine Liebe zu einem Mann ist ihr vergönnt. Doch wird ihr größter Wunsch in Erfüllung gehen?
So manches von dem Leben in der sozialistischen DDR kannte ich bereits, da ich selbst in den 1960er/1970er Jahren aufwuchs. Andere Informationen waren neu für mich. Deshalb empfand ich das Buch als lesenswert. Wie es eigentlich häufig bei fiktiven Familiengeschichten vor realem historischem Hintergrund der Fall ist, so lief dann im Leben von Helene vieles doch zu glatt und wird sie selbst als zu gut dargestellt, so dass die Geschichte manchmal konstruiert wirkt. Das gleiche gilt für den etwas hölzernen Schreibstil. Das ist aber dem Unterhaltungsfaktor geschuldet und tut der insgesamt positiven Bewertung keinen Abbruch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.02.2022

Einblicke in die geschlossene psychiatrische Station

Ungefähre Tage
0

Wer selbst keine Berührungspunkte zu psychisch erkrankten Menschen hat, kann sich wohl eher nur vage vorstellen, wie es auf einer geschlossenen Station einer psychiatrischen Einrichtung vor sich geht. ...

Wer selbst keine Berührungspunkte zu psychisch erkrankten Menschen hat, kann sich wohl eher nur vage vorstellen, wie es auf einer geschlossenen Station einer psychiatrischen Einrichtung vor sich geht. Einen nachhaltigen Eindruck zu den dortigen Verhältnissen gibt daher dieser Roman. Im Fokus steht hier das Verhältnis eines Pflegers zu einer Patientin. Pfleger „Grün“, wie er von allen genannt wird, ist seit zwanzig Jahren Pfleger auf der geschlossenen Station. Er trägt selbst ein Trauma aus seiner Vergangenheit mit sich, über das er nie geredet hat. Zu einer neuen Patientin, die an Wahnvorstellungen leidet und Stimmen hört, durchaus aber auch klare Phasen hat, sucht er von Anfang an die Nähe. Ihr gegenüber öffnet er sich sogar. Irgendwann überschreitet er jedoch die Grenzen und es stehen strafrechtliche Vorwürfe gegen ihn im Raum, ganz zu schweigen von fatalen Auswirkungen in seinem Familienleben.
Als leichte Kost empfand ich den Roman nicht, was nicht nur an dem eher bedrückenden Thema liegt. Mit seinen interessanten Einblicken in den Psychiatriealltag ist er es aber allemal wert, gelesen zu werden. Anschaulich wird auf den sehr schweren Berufsalltag der Pfleger in der Psychiatrie hingewiesen, die an ihre Grenzen gebracht werden. Nach dem ersten Lesen ist mir noch nicht klar, welche Bedeutung den Schilderungen betreffend die Archäologie zukommt. Die entsprechenden Passagen waren schwer zu verstehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere