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Veröffentlicht am 28.06.2018

Odyssee einer 15jährigen

Blanca
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Die 15jährige Blanca läuft von ihrer allein erziehenden Mutter fort, die das Leben einer Nomadin führt, während sie selbst sich nach einem beständigen Zuhause sehnt. Ihr Ziel ist eine Halbinsel in Italien, ...

Die 15jährige Blanca läuft von ihrer allein erziehenden Mutter fort, die das Leben einer Nomadin führt, während sie selbst sich nach einem beständigen Zuhause sehnt. Ihr Ziel ist eine Halbinsel in Italien, wo Blanca sich als Neunjährige einen Sommerlang bei Toni und Karl als Familie fühlen durfte. Die Reise dorthin gestaltet sich als Odyssee. Blanca trifft auf eine Reihe von Leuten, die es leider nicht alle gut mit ihr meinen.
Dieser Roman thematisiert einen interessanten Roadtrip. Viel Handlung gibt es zwar nicht, dafür steht aber die Gedankenwelt der Protagonistin und Ich-Erzählerin Blanca im Vordergrund, die eine Zukunft für sich sucht und mit ihrer Mutter abrechnet. Sprachlich ist der Roman gekonnt gestaltet. In seinem Verlauf wird die Sprache zunehmend hektischer und verworrener und passt damit gut zu Blancas immer schwieriger werdender Situation. Ihre Gedanken springen munter hin und her. Blancas Schicksal macht betroffen – von ihrer Mutter abgelehnt, verwahrlost aufgewachsen, sich auf der Flucht hungernd und ohne Geld und Obdach durchschlagend.
Das Buch ist empfehlenswert und spricht besonders Leser von z.B. „Tschick“ an.

Veröffentlicht am 24.06.2018

Ungewöhnliche Familiengeschichte

Familie und andere Trostpreise
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Der Roman ist eine Art Brief des 21jährigen Protagonisten Sonny an seine Mutter, die er seit dem Kleinkindalter nicht mehr gesehen hat. Zum Geburtstag erhält er von seinem Vormund ein Vermögen, das er ...

Der Roman ist eine Art Brief des 21jährigen Protagonisten Sonny an seine Mutter, die er seit dem Kleinkindalter nicht mehr gesehen hat. Zum Geburtstag erhält er von seinem Vormund ein Vermögen, das er von seinem Vater, dem Guru Bim, geerbt hat, außerdem Namen und Einzelheiten von Personen, die seine Eltern und ihn kannten. Er begibt sich auf eine Reise von Kalifornien in seine frühere Heimat England, um seine Mutter und seine Identität zu suchen.
Die Geschichte ist geschickt aufgebaut. Wir bekommen nur ganz allmählich ein Bild von Sonnys Vergangenheit, die schon in jungen Jahren recht heikel ist (Drogensucht, Umschlagphobie u.a.). Seine Stimme ist einnehmend und selbstironisch. Er ist ein besonderer Fan des Films „Shaun of the Dead“, der sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Sehr große Bedeutung wird dem Thema gefährliche Sektenführer beigemessen, die so unproblematisch Anhänger finden. Außerdem spielen Mord und Kindesentführung eine Rolle.

Ein Roman der etwas anderen Art.

Veröffentlicht am 12.06.2018

Über das Altwerden

Die Unruhigen
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Diese interessante Biografie (oder überwiegen doch fiktionale Elemente?) füllt die norwegische Schriftstellerin Linn Ullmann – Tochter der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann und des schwedischen Regisseurs ...

Diese interessante Biografie (oder überwiegen doch fiktionale Elemente?) füllt die norwegische Schriftstellerin Linn Ullmann – Tochter der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann und des schwedischen Regisseurs Ingmar Berman – mit schönen Aspekten über sich selbst und ihre Eltern, die sich trennen, als sie erst drei Jahre alt war. Nachvollziehbar schildert sie, dass es nicht gerade leicht war, das Kind dieser berühmten Eltern zu sein. Beide Künstler mögen ihre Tochter, doch ist ihre Beziehung auch von Problemen überschattet. Die Mutter erstickt sie mit ihrer Liebe, allerdings nur, wenn sie nicht wie meistens in der Welt umherreist und die Tochter rasch wechselnden Kindermädchen überlässt. Der Vater, immerhin 48 Jahre älter, weiß sich mit ihr angesichts des Altersunterschiedes nicht zu unterhalten; er will seine Ruhe haben, Regeln befolgt wissen und sieht die Tochter ohnehin nur einmal jährlich während der Sommerferien. Gegen Ende des Lebens ihres Vaters, der dann schon fast 90 ist, planen beide ein Buch über sein Altwerden zu schreiben. Das Projekt wird nicht beendet, weil der Vater gesundheitlich rasant verfällt. Erst nach sieben Jahren lauscht Linn den aufgenommenen Kassetten und führt sie und ihre Erinnerungen zu einem Buch, dem vorliegenden, zusammen. Das Buch ist eine Mischung aus Transkriptionen der Gespräche und Rückschauen auf die Beziehung zu Vater und Mutter. An sich liest es sich gut, wenngleich häufige Zeitsprünge, nicht chronologische Ereignisse und Wiederholungen vorzufinden sind. Letztere mögen das schwindende Erinnerungsvermögen des Vaters betonen.
Wer sich für da Leben der Ullmanns/Bergmans interessiert, sollte das Buch unbedingt lesen. Aber auch andere werden wie ich an ihm Gefallen finden.

Veröffentlicht am 07.06.2018

Nett zu lesen, aber ...

Ohne ein einziges Wort
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Nett zu lesen, denn die Grundidee zu dieser Geschichte gefällt mir: Zwei Erwachsene begegnen sich, für beide scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein, sie verbringen intensive sieben Tage miteinander ...

Nett zu lesen, denn die Grundidee zu dieser Geschichte gefällt mir: Zwei Erwachsene begegnen sich, für beide scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein, sie verbringen intensive sieben Tage miteinander und er verspricht, sich bei ihr zu melden, was jedoch nicht geschieht. Liegt der Grund hierfür vielleicht in beider Vergangenheit?
Aber … Dafür, dass der Roman immerhin 522 Seiten umfasst, geschieht zu wenig und das Wenige wird episch zu breit ausgeführt. Zudem ist Vieles wirklichkeitsfremd. Sie, immerhin eine gestandene Frau von bald 40 Jahren, ergeht sich nach dem unerwarteten Funkstillstand in überlang dargestelltem Selbstmitleid und teenagertypischem Verhalten. Wenn sie ihn wirklich persönlich zur Rede hätte stellen wollen, hätte sie doch andere Wege beschreiten können, als allein zu versuchen, ihn via Smartphone und soziale Medien zu kontaktieren. Immerhin war sie schon bei ihm zu Hause und hätte sich eben dorthin begeben können. Zu viel dreht sich auch um beider Trauer um ihre Geschwister, der Verbindungsstelle zwischen ihnen also, die sein Verhalten ihr gegenüber erklärt. Die Geschehnisse liegen doch bald 20 Jahre zurück. Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass dieser Anknüpfungspunkt erst allmählich aufgedeckt wird, so dass das Lesen spannend bleibt.
Wenn man also nicht vergisst, dass es sich „nur“ um einen Unterhaltungsroman handelt und er sein Ziel zu unterhalten eigentlich ganz gut erreicht, lässt sich guten Gewissens eine Leseempfehlung geben.

Veröffentlicht am 25.05.2018

Davonlaufen ist vielleicht doch eine Lösung?

Helle Nächte am Meer
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Von dem Buchtitel und –cover sollte man sich vielleicht nicht irreführen lassen. Während beides auf eine leichte Sommerlektüre am Meer hindeutet, hat die Geschichte doch sehr viel mehr Tiefgang und einen ...

Von dem Buchtitel und –cover sollte man sich vielleicht nicht irreführen lassen. Während beides auf eine leichte Sommerlektüre am Meer hindeutet, hat die Geschichte doch sehr viel mehr Tiefgang und einen ernsten Hintergrund. Die Protagonistin Imogen flüchtet nämlich unter Abbruch aller Zelte und generalstabsmäßig vorbereitet aus einer unglücklichen Ehe mit einem Ekelpaket und totalen Kontrollfreak, in der sie ihr Selbstbewusstsein völlig verloren hat. Ihr Weg führt sie an einen Badeort an der französischen Atlantikküste, wo sie sich ein neues Leben aufbaut, allerdings auch in ständiger Furcht lebt, ihr Mann könne sie aufspüren.
Der Roman hat mich lange Zeit wirklich gepackt. Dafür sorgen sich abwechselnde Schilderungen aus Imogens neuem Leben mit wiederkehrenden Einschüben aus der Gedankenwelt ihres fast schon psychopathisch wirkenden* Mannes, der sich in der Tat auf die Suche nach der Nadel im Heuhaufen begibt, und Rückblenden in Imogens Kindheit und Jugend, also in eine Zeit, in der sie nie so recht verwurzelt war die Erklärung dafür ist, warum sie sich Geborgenheit von ihrem Mann versprach und es bei ihm aushielt. Allerdings empfand ich die Geschichte dann irgendwann doch als zu sehr in die Länge gezogen. Eine Straffung hätte ihr ganz gut getan, zumal an Handlung nicht wirklich viel und nichts ohnehin nicht schon Vorhersehbares geschieht. Gelungen ist die Darstellung von Imogens Entwicklung. Es wird beim Lesen fast schon spürbar, wie ihr Selbstbewusstsein allmählich zurückkehrt. Sehr schön fand ich auch die eine oder andere eingestreute Lebensweisheit, die Imogen von ihrer verstorbenen Mutter gelehrt bekommen hat.
Sehr empfehlenswert.