Platzhalter für Profilbild

viktoriac

Lesejury-Mitglied
offline

viktoriac ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit viktoriac über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2019

Guter Erstling

Never Too Close
0

Rezension zu 》Never too Close《: Erst einmal: ist dieses Cover nicht sooooo schön? Als ich im Buchladen war, konnte ich einfach nicht daran vorbeigehen. Der Klappentext hat mich auch sofort angesprochen, ...

Rezension zu 》Never too Close《: Erst einmal: ist dieses Cover nicht sooooo schön? Als ich im Buchladen war, konnte ich einfach nicht daran vorbeigehen. Der Klappentext hat mich auch sofort angesprochen, weil ich diese "wenn aus besten Freunden mehr wird" Geschichten wirklich sehr, sehr mag. Und als ich dann anfing zu lesen, konnte ich gar nicht mehr aufhören! Ich mochte die Protagonistin Violette von der ersten Seite an, besonders der Einstieg gefiel mir unfassbar gut. Für mich hat es leider etwas gedauert, bis der Plot so richtig in Fahrt kam. Und auch der Konflikt hätte für mich anders gestaltet sein können. Die Geschichte mit Clément beispielsweise ging mir etwas zu tief und teilweise habe ich mir dann hinterher bei Violettes Gedanken gedacht, dass sie selbst schuld an ihren Schuldgefühlen ist. Leider wirkte es für mich, als hätte für die Geschichte Stoff zum Erzählen gefehlt, weshalb mir der Plot unnatürlich langgezogen vorkam. Für mich war das leider etwas zu viel an Aktionspunkten, die für mich nicht ganz zur Geschichte gepasst haben. Nun aber mal zu den Charakteren. Ich liebe Violette und Loan, die Protagonisten. Ich liebe, dass Loan Violettes größte Schwäche liebt, genauso wie Violette Loans Schwächen liebt. Ich mag es, wie die beiden Harmonieren - ihre Freundschaft habe ich zwischen jeder Zeile gespürt. Aber leider habe ich den beiden einige Gefühle nicht abkaufen können. Das hat vermutlich mit dem Schreibstil zu tun. Einiges ging mir wirklich ziemlich schnell und leider wurden einige Gefühle für mich nicht genug ausgeschmückt. Für mich hat da das Kribbeln, die Spannung und die Funken beim ersten Kuss gefehlt, um ein Beispiel zu nennen. Dafür mochte ich Jason und Chloè (falls sie so geschrieben wird). Bei ihren bissigen Kommentaren habe ich mich wirklich schlapp gelacht. Alles in Allem kann ich nicht mehr über das Buch sagen, ohne zu spoilern, wobei sich natürlich jeder selbst ein Bild davon machen sollte. Ich finde 》Never too Close《 perfekt für regnerische Sonntage! Und ein wunderbares Debüt!

Veröffentlicht am 03.10.2019

Schlussendlich anders, als erwartet

Flying High
0

Rezension von "Flying High" von Bianca Iosivoni: Zu erst einmal: ist das Cover nicht wunderschön? Wie schon das Cover von "Falling Fast" finde ich das passende Gegenstück von "Flying High" wahnsinnig ...

Rezension von "Flying High" von Bianca Iosivoni: Zu erst einmal: ist das Cover nicht wunderschön? Wie schon das Cover von "Falling Fast" finde ich das passende Gegenstück von "Flying High" wahnsinnig schön. Es passt zum Titel, wie ich finde. Trotz des schönen Covers ist meine Meinung zur Fortsetzung ambivalent. Anfangs war ich leider ziemlich enttäuscht von "Flying High", was aber vor allem mit dem Ende von Teil 1 zu tun hat. Das Ende fand ich total genial - nur schade, dass Teil 2 schon so früh angekündigt wurde. Auf der einen Seite kann ich verstehen, warum, auf der anderen Seite blutet aber mein Schriftstellerherz. Wie genial wäre es bitte gewesen, die Leser ruhig ein bisschen schmoren zu lassen und den Cliffhanger einfach so im Raum stehen zu lassen? Aber andererseits ist es ein unfassbar ernstes Thema, das "Falling Fast" anspricht - deshalb kann ich sehr gut verstehen, warum Teil 2 schon so früh angekündigt wurde. Ich konnte mir also schon denken, wie Teil 2 starten wird, und auch, wenn diese durchaus brenzlige und wirklich sensible Situation gut gelöst wurde, hat mir ein bisschen die Aktion gefehlt. Ich habe schon relativ schnell gemerkt, dass Hailee es nicht tun wird, weshalb der Einstig von Teil 2 für mich genial, aber vorhersehbar war und das hat mich ein bisschen enttäuscht. Auch die restliche Handlung ist nicht sonderlich spektakulär, teilweise habe ich Dinge erahnt, einfach, weil es logisch war, dass es passiert. Auf Handlungsebene passiert also nicht wirklich viel - dafür aber auf emotionaler Ebene. Und das hat mich wahnsinnig fasziniert! Ich weiß aus eigenen, persönlichen Erfahrungen, wie es ist, geliebte Menschen zu verlieren und in der Welt der Trauer gefangen zu sein (kurzer Spoiler fürs Leben: man hört nie auf, Menschen zu vermissen. Manchmal tut es noch nach zehn Jahren so weh, als wäre es erst gestern gewesen). Ich persönlich finde Hailees "Trauerweg" sehr realistisch dargestellt: die anfängliche Reise, das "nicht wissen, wie man weiter machen soll", die Ohnmacht und anschließend das bittere Erwachen, die gemeine Konfrontation mit der Trauer, dem Schmerz und dem Kopf voll angesagter Worte, die die geliebte Person nie wieder hören wird. Was mich an Teil 1 so gestört hatte, dass die Themen nur einzeln angeschnitten werden, macht Teil 2 wieder wett. Hailee erlebt die verschiedenen Phasen der Trauer - ihr Roadtrip ist nicht nur eine Reise für sie, sondern auch für ihre Trauer. Er ist nur ein Anfang und hilft ihr später dabei, weiter zu machen, obwohl er das Ende sein sollte. Katie hat ihr also nicht nur etwas genommen, sondern auch unfassbar viel gegeben. Und zwar Mut, endlich zu leben. Mut, etwas für sich zu machen. Zu verstehen, dass es im Leben nicht darum geht, andere glücklich zu machen, sondern auch, sich selbst, auch wenn man nie wirklich weiß, wie das gehen soll. Hailees "Aha-Moment" tritt zeitlich schon nach mehreren Monaten ein, bei mir hat es nur mehrere Jahre gedauert, aber, er ist unfassbar wichtig. An dieser Stelle habe ich sogar ein bisschen geweint, weil ich mich ganz genau daran erinnert habe, wie es sich angefühlt hat, zu begreifen, dass unsere Lieben uns doch eigentlich genau das wünschen: dass wir wieder lachen können, anstatt nur zu weinen. Und das hat die Handlung wirklich in den Hintergrund gestellt. Hailee begreift, dass es wichtig ist, was sie will. Und sie will leben, auch wenn sie nicht so genau weiß, wie. Das ist schon unfassbar mutig.
Ich würde diese Dilogie nicht direkt jemandem empfehlen, der noch ganz tief in der Trauer steckt, sondern eher allen, die schon ihre Erfahrung mit diesem Thema gemacht haben und ein gutes Stück auf ihrem Weg gegangen sind. Vor fünf Jahren habe ich mir genau so ein Buch gewünscht, habe mir mehr Bücher gewünscht, die diese ziemlich sensiblen Themen behandeln und ich bin so unfassbar dankbar, dass ich "Flying High" gelesen habe (und lesen konnte)! Danke, Bianca, dass so ein tolles Buch mit so einer starken Message geschrieben hast! Du hast mir das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein. Niemand ist allein - manchmal trifft man die Menschen, die einem einmal Die Welt bedeuten, wenn man es am wenigsten erwartet!

Veröffentlicht am 03.10.2019

》Unter seinem Auge《 - oder doch nicht?

Der Report der Magd
0

Vor ungefähr drei Wochen fing ich an, 》Der Report der Magd《 von Margaret Atwood zu lesen, was für mich eine unfassbar lange Zeit ist. Zwischendurch habe ich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, abzubrechen, ...

Vor ungefähr drei Wochen fing ich an, 》Der Report der Magd《 von Margaret Atwood zu lesen, was für mich eine unfassbar lange Zeit ist. Zwischendurch habe ich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, abzubrechen, obwohl ich die Idee, die Figuren und den Stil unfassbar interessant finde. Weshalb ich trotzdem so lange gebraucht habe, liegt daran, dass ich erst ab ungefähr 2/3 des Buches wirklich in Die Welt eingetaucht bin, weil die Erzählweise wirklich ungewöhnlich ist.
》Der Report der Magd《 ist eine Dystopie, die in einer ziemlich nahen Zukunft spielt. Amerika ist zerstört, es existiert der Staat Gilead, der quasi aus einer demokratischen Diktatur besteht. Ein Rat von Kommandanten (alles Männer), hat Gilead gegründet und bestimmt nun über das Leben und die Gesetze. Frauen werden unterdrückt. Sie dürfen weder lesen, noch schreiben, noch arbeiten. Die Ehefrauen der Kommandanten führen den Haushalt, die sogenannten Marthas kochen und putzen und dann gibt es noch die Mägde. Jeder Kommandantenhaushalt hat das Anrecht auf eine Magd, die bekannt für ihre rote Robe und die Haube mit den weißen Flügeln ist, um Kinder zu bekommen. Denn Gilead braucht Kinder, um zu überleben ...
An diesem Plot kann man sich tatsächlich stundenlang aufhängen und darüber diskutieren, wie es nur zu so einem System kommen konnte. Im Buch wird immer wieder auf Demonstrationen und Frauenrechtsbewegungen verwiesen, die wirklich stattfanden. Margaret Atwood hat sogar einmal in einem Interwiev erzählt, dass ihr die Idee kam, als sie von einem Gesetz hörte, das Frauen dazu verpflichtet, mindestens vier Kinder zu bekommen. Und eine Regierung könnte tatsächlich so, oder so ähnlich wie beschrieben, gestürzt werden. Probleme mit Atomkraftwerken und deren Folgen für die Erde gab es darüber hinaus ebenfalls, weshalb ich finde, dass Gilead durchaus realistisch ist. Gleichzeitig aber auch unvorstellbar. Ein Staat, in dem niemand mehr selbst bestimmen kann, wen er oder sie liebt, was er oder sie arbeiten oder lesen möchte. Dieser Staat ist das komplette Kontrastpaket zu unserer Welt, der darüber hinaus mit dem Einbezug von Gott und der Bibel gerechtfertigt sein soll, aber dennoch nicht undenkbar. Gilead an sich ist schon komplex genug, und deshalb durchaus eine Warnung. Das könnte passieren, wenn die falschen Leute an die Macht kommen. Das könnte passieren, wenn die Demokratie und die Selbstbestimmung, die wir haben, nicht schätzen.
Jetzt aber mal zu der Erzählerin. Erzählt wird aus der Sicht von Desfred, die Magd eines Kommandanten. Im Buch wird darüber spekuliert, wie der Kommandant wirklich heißt, in der Serie ist es Kommandant Waterford. Desfred ist es nicht gestattet, ihren richtigen Namen zu behalten, der im Buch auch nicht genannt wird. Da ich die Serie (bis Staffel 2) gesehen habe, halte ich mich mit den Infos ein bisschen zurück und konzentriere mich hier erst mal nur auf das Buch. Desfreds Name setzt sich aus dem Pronomen 》Des《 und dem Vornamen des Kommandanten zusammen, also 》Desfred《. Desfred gehört für die Zeit, die sie bei den Waterfords eingesetzt ist, dem Kommandanten, ist gleichzeitig aber auch Staatsbesitz. Sie dient dem Staat und wenn sie es schafft, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen, muss sie nicht in die Kolonien, wo vor allem alte Menschen oder Gesetzesbrecher Giftmüll abtransportieren. Desfred erzählt quasi auf drei Ebenen: einmal die Gegenwart im Präsens, dann eine Vergangenheit im Roten Zentrum im Präteritum, so wie eine Vergangenheit, die nochmal einige Zeit zurückliegt, ebenfalls im Präteritum. Manchmal erinnert sich Desfred an ein Ereigniss mitten im Satz und wechselt dann sofort ins Präteritum, was anfangs ziemlich verwirrend ist. Manchmal gibt es auch einzelne Abschnitte, die scheinbar zusammenhanglos zwischen die Erzählung gepackt werden, in denen Desfred sich zum Beispiel an ihr Leben vor Gilead erinnert und wie sie mit ihrem Mann flieht, während sie im nächsten Abschnitt über ihre Tochter redet. Manchmal sind die Ereignisse nicht chronologisch. Anfangs fand ich das störend, aber reale Menschen erinnern sich ja ebenfalls nicht chronologisch. Das und die Tatsache, dass Desfred jeden kleinen, noch so für uns unbedeutenden Gedanken ausführt, haben es mir schwer gemacht, mich an sie Geschichte zu gewöhnen und wirklich reinzukommen. Desfred erzählt mit vielen Metaphern und Vergleichen, jeder einzelne Satz ist scheinbar konstruiert, was für mich irgendwie wahnsinnig spannend ist. Mich hat diese Fülle an Gedanken irgendwann nicht mehr gestört, weil Desfred sich Gedanken um Dinge macht, die zwar für mich selbstverständlich sind, aber für sie sind sie es nicht. Das hat mir nur noch einmal mehr bewusst gemacht, in was für einem Luxus wir hier eigentlich leben. Vom Plot her passiert nicht so unfassbar viel, wie vergleichsweise in der Serie. Hauptsächlich erzählt Desfred von ihrem Leben in Gilead, ihren Ängsten und Erinnerungen und ihren Zusammentreffen mit anderen Mägden. Dass wirklich etwas an spannender Handlung aufkommt, findet erst im letzten Drittel des Buches statt. Auch das hat mich nicht wirklich gestört, weil Desfred viel über das Leben in Gilead erzählt und man so Einblicke in die verschiedenen Sichtweisen der Leute bekommt. Was mich aber zugegeben etwas gestört hat, ist die Tatsache, dass es wahnsinnig viele Untergrundaktivitäten zu geben scheint, über die unfassbar viele Leute Bescheid wissen (darunter auch die Kommandaten), aber dennoch Gilead weiter besehen lassen. Die Kommandanten haben die Todesstrafe auf Ehebruch erlegt, trotzdem gehen sie in Untergrundclubs und unternehmen Annäherungsversuche an die Mägde. So richtig scheint Gilead also doch nicht zu funktionieren. Als ich das letzte Kapitel beendet habe, dachte ich mir, okay, das kann es jetzt aber nicht gewesen sein. Dann habe ich die Historischen Anmerkungen gelesen, und danach war ich wirklich richtig fasziniert. Am Ende habe ich verstanden, warum es 》Der Report der Magd《 heißt und auch, warum Desfred beinahe unlogisch erzählt, warum sie bei den anderen Figuren nur an der Oberfläche kratzt, warum die Folgen der Serie immer mit seltsamer Musik anfangen und Desfred öfter aus dem Off spricht und auch das offene Ende ist schlussendlich nicht mehr ganz so offen. Jetzt aber mal zu der Serie: so, wie ich es jetzt gemacht habe, würde ich es nicht nochmal machen und auch nicht empfehlen. Tatsächlich hätte ich lieber erst das Buch gelesen, um die Serie besser zu verstehen und um tiefere Einblicke in die Figuren im Buch zu bekommen, die in der Serie nämlich viel weiter ausgeschmückt wurden. Die erste Staffel endet wie das Buch, deshalb bin ich gespannt, wie der Rest noch in die Serie eingebettet wird. Ich bin auf jeden Fall ein ganz großer Fan und kann diese nicht ganz so leichte Sonntagabend-Lektüre wirklich jedem, schon etwas älterem Leser empfehlen. Es gibt 4/5 Sternchen. 》Unter seinem Auge.《