Ein fantastischer, sinnlicher und auch erotischer Roman, der neugierig macht auf die berühmte Fotografin Lee Miller
Die Zeit des LichtsDie 1907 geborene US-Amerikanerin Lee Miller hat ein ereignisreiches Leben geführt. Sie arbeitete als Model für Vogue in Paris, führte eine Beziehung mit Man Ray und berichtete als Kriegsreporterin von ...
Die 1907 geborene US-Amerikanerin Lee Miller hat ein ereignisreiches Leben geführt. Sie arbeitete als Model für Vogue in Paris, führte eine Beziehung mit Man Ray und berichtete als Kriegsreporterin von der Befreiung der KZs Buchenwald und Dachau. Die surrealistische Fotokünstlerin lebte in New York und Kairo, spielte in einem Film von Cocteau mit und zog sich später mit ihrem Ehemann ins ländliche England zurück. Geprägt durch die schrecklichen Erlebnisse während des Krieges, litt sie an einer Kriegsneurose und Depressionen.
In ihrem Debütroman schildert Whitney Scharer hauptsächlich Lee Millers Leben im Paris der Dreißigerjahre und ihre Beziehung mit Man Ray. Im Prolog lernen wir Lee 1966 in ihrem Cottage in Sussex kennen. In kleinen eingeschobenen Kapiteln werden Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg geschildert.
In einem Rausch aus sinnlichen Eindrücken zeichnet die Autorin ein mitreißendes Bild der Dreißiger. Man schmeckt förmlich die Delikatessen, sieht den Absinth in den Gläsern leuchten, spürt die Leidenschaft und Kreativität, die in der Luft lag. Paris wird ebenfalls sehr detailliert beschrieben.
Lee Miller war eine sehr schöne Frau und ihr wurden viele Türen geöffnet. Nachdem sie nicht mehr als Model arbeiten wollte, hatte sie das Glück Man Ray kennenzulernen. Miller interessiert sich bereits seit ihrer Kindheit für Fotografie. Sie wurde seine Assistentin und vertiefte ihre Kenntnisse. Behutsam entwickelte sich eine Beziehung zwischen den beiden Künstlern, die später sehr leidenschaftlich und intim wird.
Scharer schildert die Entdeckung neuer Fototechniken; die Aufregung, während beide auf das Ergebnis nach der Entwicklung warteten; erzählt von den Situationen, in denen Millers ikonische Fotos entstanden sein könnten.
In kleinen Episoden wird Millers Verhältnis zu ihrer Mutter (die sich mit Opium betäubte) sowie zu ihrem Vater (der Nacktfotos seiner Tochter machte) thematisiert. Ein Onkel missbrauchte Lee, als sie sieben Jahre alt war und steckte sie mit Gonorrhö an. Diese schlicht gehaltenen Szenen vervollständigen das Bild von Lee, ohne den Roman schwermütig werden zu lassen.
Im Laufe der Handlung tritt die emotionale Abhängigkeit Man Rays von Miller hervor. Er neigte dazu, ihr vieles vorzuschreiben, sah Lee nicht als selbständige Person und Künstlerin, sondern als ein Teil seiner selbst.
Lee Miller harrte nie lange in beengenden Verhältnissen aus, sondern befreite sich. Sie emanzipierte sich sowohl von ihrem Vater, als auch von Man Ray.
Ein Buch, das mich sehr begeistert!
Die Autorin Whitney Scharer hat in einer Mischung aus Realität und Fiktion ein faszinierendes Bild einer leidenschaftlichen und kreativen Frau gezeichnet. Scharers Sprache, die alle Sinne anspricht, möchte ich hier noch einmal besonders hervorheben.
Ein spannender Roman über eine Frau und Künstlerin, die nach Freiheit strebt.