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Veröffentlicht am 04.07.2020

Wegen Agla

Das Netz
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Wegen Agla hat Sonja es gewagt, ihre Ehe zu beenden. Ihr Ex-Mann hat Sonjas Beziehung zu einer Freu zum Anlass genommen, für den gemeinsamen Sohn das Sorgerecht zu beantragen. Obwohl der Junge damit nicht ...

Wegen Agla hat Sonja es gewagt, ihre Ehe zu beenden. Ihr Ex-Mann hat Sonjas Beziehung zu einer Freu zum Anlass genommen, für den gemeinsamen Sohn das Sorgerecht zu beantragen. Obwohl der Junge damit nicht glücklich ist, darf er nur einmal im Monat zu seiner Mutter. Diese hat sich allerdings auch von üblen Typen abhängig gemacht, für die sie regelmäßig ins Ausland reist. Dies ist dem Zollbeamten Bragi aufgefallen, seine Spürnase hat angeschlagen, er weiß nur noch nicht, wie er seine Ahnung einordnen soll. Agla hat neben ihrer Beziehung, die sie verheimlicht, berufliche Probleme.

Die Geschichten von Sonja, Agla und Bragi verbinden sich auf unerwartete Weise. Alle drei sind in verschiedenen Arten von Zwangslagen. Sonja unternimmt alles, um mehr Zeit mit ihrem Sohn verbringen zu können. Bragi möchte eine bessere Betreuung für seine kranke Frau. Und Agla versucht, einem Verfahren wegen Wirtschaftskriminalität zu entkommen. Unterschiedlicher könnten sie kaum sein und doch kreuzen sich ihre Wege.

Mit den kurzen Kapiteln und damit schnellen Szenenwechseln kommt sofort Spannung auf beim Lesen. Dennoch dauert es eine Weile, bis man als Leser herausfindet, wie ungefähr die Verbindungen gezogen werden. Ein klassischer Ermittler-Krimi ist dieses Buch nicht, es wirkt eher wie ein Thriller, in dem sich die Anspannung eher aus der Handlung an sich ergibt. Und so kann es sein, dass einem möglicherweise eine Person fehlt, mit der man sich identifizieren kann. Anderseits macht gerade dies auch einen Reiz dieses Romans aus, denn die handelnden Personen sind nicht holzschnittartig gut oder böse. Sie unterliegen den Umständen, die ihnen das Leben auferlegt oder die ihnen von Dritten angetan werden. Der Konstruktion des Buches merkt man an, dass die Autorin auch Stücke für Bühne und Fernsehen schreibt. Als Serie würde sich dieser spannende Thriller, bei dem es sich um den Beginn einer Trilogie handelt, sicher gut machen. Auch wenn man mit den Protagonisten nicht so ganz warm wird, reißt einen die Handlung mit.

Veröffentlicht am 27.06.2020

Floras Küche

Die kleine Sommerküche am Meer
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Flora ist von der heimatlichen Insel Mure im Norden Englands nach London gegangen. Dort arbeitet sie als Anwaltsgehilfin. Schon lange ist sie heimlich in ihren Chef verliebt, doch der sieht sie einfach ...

Flora ist von der heimatlichen Insel Mure im Norden Englands nach London gegangen. Dort arbeitet sie als Anwaltsgehilfin. Schon lange ist sie heimlich in ihren Chef verliebt, doch der sieht sie einfach nicht. Als ihr bedeutendster Kunde Colton Rogers seine Investitionen vorantreiben möchte, soll Flora die Vorhut bilden. Begeistert ist Flora von dem Auftrag nicht, denn bei den Investitionen handelt es sich ausgerechnet um ein Hotel auf Floras Heimatinsel. Dorthin wollte Flora nach dem Tod ihrer Mutter nie zurück. Der Beruf geht vor und so muss sich Flora ihrem Vater und ihren Brüdern stellen.

Wie ist es, wenn man dort geboren wurde, wo andere Leute Urlaub machen? Floras Mutter Annie wollte immer, dass ihre Tochter alle Möglichkeiten hat. Flora sollte lernen und in die Welt hinausgehen. Wie viele junge Leute von der Insel ist sie gegangen. Nicht unbedingt in die Welt, aber doch ins hippe London. Ob sie dort glücklich ist? Immerhin hat sie ein paar Freunde und ihren unerreichbaren Chef. Ihre Rückkehr stellt sich Flora schwierig vor, allerdings ist es bald so als sei sie nie fort gewesen. Ihre Mutter fehlt jedoch immer noch sehr. Die Männer im Haus sind mit dem Haushalt völlig überfordert und die alten Streitereien gehen auch gleich wieder los.

Kaum daheim übernimmt Flora den Haushalt, sie putzt und kocht und kümmert sich um ihre kleine Nichte. Wozu hat sie dann die Ausbildung gemacht, fragt man sich. Ist sie doch nur ein Heimchen am Herd, das mit der Heimkehr die wahre Bestimmung findet. Ganz so ist es nicht, denn Flora gelingt es durchaus, etwas zu bewegen. Sie erfährt mehr über ihre Familie, sie findet neue und alte Freunde. Dabei wirkt sie allerdings etwas sprunghaft. Zwar bekommt man den Eindruck, dass ihre Geschichte etwas sehr konstruiert und süßlich nach alten Mustern gestrickt ist. Gleichzeitig ist sie aber auch warmherzig und liebevoll geschildert. Man hätte sich Flora moderner gewünscht, aber die tollen Beschreibungen der nordenglischen Landschaft machen einfach Lust auf mehr.

Veröffentlicht am 24.06.2020

Apollo

Der Freund
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Bei Apollo handelt es sich um eine Dogge. Eine Schriftstellerin in New York hat ihn geerbt. Ein Erbe, dass es ihrer Meinung nach besser nicht gegeben hätte, denn es bedeutet, dass ein guter Freund gestorben ...

Bei Apollo handelt es sich um eine Dogge. Eine Schriftstellerin in New York hat ihn geerbt. Ein Erbe, dass es ihrer Meinung nach besser nicht gegeben hätte, denn es bedeutet, dass ein guter Freund gestorben ist. In ihrer Wohnung darf sie auch keine Tiere halten und Doggen sind nicht gerade Kleintiere, die unbemerkt bleiben. Natürlich gibt es Nachbarn, die die Ankunft des Hundes nicht nur bemerkten, sondern auch melden. Die Autorin ist unsicher, ob sie den Hund behalten kann, doch das liebenswerte Tier mag sie auch nicht wieder abgeben. Wahrscheinlich hat sich der Freund etwas dabei gedacht.

Frau und Hund überwinden den Verlust eines lieben Menschen. Doch ist es so einfach mit der Trauer. Wenn ein lieber Mensch stirbt, ist es einfach schmerzlich. Apollo trauert auf seine Weise und die Frau auf die ihre. Bei ihrem Beruf bietet es sich an, zu schreiben. Und so reflektiert sie über Tod und Verlust, über Hunde und ihre außergewöhnlichen Beziehungen zu ihren Menschen. Zunächst trauern Frau und Hund für sich, dann trauern sie gemeinsam und schließlich gewinnen sie wieder Freude am Leben. Doch liegt in diesem Beginn nicht wieder ein Abschied. Große Hunde haben leider häufig keine große Lebenserwartung.

Diesem Roman liegt wirklich eine ansprechende Idee zugrunde. Die Vorstellung, dass sich Hund und Frau gegenseitig trösten und über den Tod des Freundes und Herrn hinwegkommen, ist einfach schön, unabhängig davon, ob es tatsächlich geschehen kann. Doch irgendwie entsteht während des Hörens der Eindruck, die Autorin habe mehr das Bedürfnis, übers Schreiben zu schreiben oder über fremde Geschichten zu referieren, so dass manchmal nicht so viel übrig bleibt, von der vermeintlichen eigentlichen Idee des Buches. Und dann beginnt man nach der Geschichte zu suchen und man verzettelt sich letztlich irritiert. Nichtsdestotrotz hat das Buch sehr schöne Momente und Frau und Hund können die erste Trauerphase überwinden. Gerade diese hebt die Vorleserin Vera Teltz äußert gekonnt hervor.

Veröffentlicht am 21.06.2020

Generationen

Serpentinen
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Gemeinsam mit seinem Sohn, der Schüler ist, geht er auf eine Wanderung in den heimatlichen Bergen. Eine Heimat, die er verlassen hat, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Mit dem Wissen, dass ...

Gemeinsam mit seinem Sohn, der Schüler ist, geht er auf eine Wanderung in den heimatlichen Bergen. Eine Heimat, die er verlassen hat, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Mit dem Wissen, dass sich Urgroßvater, Großvater und Vater das Leben genommen haben, lebt es sich nicht so leicht. Immerhin lebt er schon länger als sein Vater und er lebt für seinen Sohn. Alles will er dafür tun, dass seinen Sohn nicht das gleiche Schicksal ereilt. Er will ein Vater sein, der für seinen Sohn da ist. Doch auch den Erinnerungen will er sich stellen.

Die Eltern sind in der Nachkriegszeit in die Gegend gekommen. Ihre Vergangenheit haben sie nicht verarbeitet. Und er als Sohn will sich auseinandersetzen, doch seine Eltern und die anderen Verwandten lassen ihn nicht so recht. Wenn der persönliche Hintergrund nicht so rühmlich ist oder alte Überzeugungen nicht reflektiert werden, wird es schwierig für die nachkommenden Generationen. Auch wenn man einiges nicht gutheißt, Familie bleibt Familie. So ganz trennen kann man sich nicht. Soll man die Debatte suchen oder aufgeben und heikle Themen fallen lassen. Leicht hat man es nicht unbedingt als derjenige, der mit dem Leben der Vorfahren leben muss und diese Bürde nicht an seinen Sohn weitergeben möchte.

Es ist ein sehr eindringliches Buch, besonders wenn man im ähnlichen Alter ist wie der Autor und auch Ähnliches im Verwandtenkreis erlebt hat. Vielleicht wurde viel unter den Tisch gekehrt, vielleicht gab es Streit und letztlich die Erkenntnis, dass nichts zu ändern ist. Wie soll man dem am Besten begegnen? Wie soll man die Vergangenheit dem Kind nahe bringen, ohne es zu überfordern oder zu überfrachten. Manchmal witzig, manchmal bitter, manchmal düster depressiv, doch auch hoffnungsvoll und irgendwie lebensbejahend. Ganz leicht zu ertragen ist dieses (Hör)Buch nicht. Dieses am Leben verzweifeln, dieses Spielen mit den Gedanken, dann wieder der Aberwitz und die Erkenntnis, dass man nicht entfliehen kann. Man bleibt hin und her gerissen, ob dieser nachdenklich stimmende Roman, einen runterzieht oder weiterbringt. Nichtsdestotrotz fesselt die Geschichte von Vätern und Söhnen.


Veröffentlicht am 13.06.2020

Das Schwert

Cursed - Die Auserwählte
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Die junge Nimue ist unbändig, wissbegierig und schlau. Wegen ihrer übernatürlichen Kräfte ist sie im Dorf nicht gut angesehen, die Menschen fürchten sie. Zudem herrschen Unruhen im Land. Die roten Paladine ...

Die junge Nimue ist unbändig, wissbegierig und schlau. Wegen ihrer übernatürlichen Kräfte ist sie im Dorf nicht gut angesehen, die Menschen fürchten sie. Zudem herrschen Unruhen im Land. Die roten Paladine wollen das Wort der Kirche unter die Menschen bringen. Wer allerdings nicht zuhören will, muss mit dem Tode rechnen. Auch Nimues Mutter und ihre beste Freundin sind unter den Toten. Als Nimue an das Schwert der Macht kommt, spürt sie dessen Kraft, aber auch den Einfluss, den es auf sie ausübt. Und welche Rolle spielt Merlin der weise alte Mann.

Die Artus-Sage in einer neuen Interpretation. Die ungefähr 16-jährige Nimue erfährt von dem Geheimnis um ihre Geburt. Durch den Besitz des Schwertes werden ihre ungewöhnlichen Kräfte noch stärker. Sogar mit den roten Paladinen kann sie es aufnehmen. Aber will nicht nur eine brutale Kämpferin sein. Der Besitz des Schwertes bedeutet auch Verantwortung. Sie will sich nicht von der Gewalt um sie herum vereinnahmen lassen. Doch kann sie wirklich verhindern, dass es zu weiteren Gewaltausbrüchen kommt. Die roten Paladine kennen keine Gnade. Selbst Kinder metzeln sie dahin. Wieso kann oder soll Nimue Gnade walten lassen. Vielleicht ist der Kampf der einzige Weg noch Schlimmeres zu verhindern.

Interessant ist es allemal diese alte Geschichte aus einer anderen Sichtweise kennenzulernen. Nimue ist ein starker Charakter. Sie ist gradlinig und ihre Freunde können auf sie zählen. Die Sage bekommt so einen frischen Anstrich, der gut in die heutige Zeit passt. Natürlich neigt man beim Lesen dazu, nach Unterschieden und Parallelen zu suchen. Das führt dazu, dass man sich die Geschichte um Artus nochmal in Erinnerung ruft. Allerdings gibt es recht viele Schilderungen von Gewalt in dem Roman, der auch die Grundlage für eine Netflix-Serie ist. Da muss man sich schon etwas stählen, wenn so viel Blut fließt. Dennoch bleibt der Gedanke an eine unabhängige junge Frau, die ihren Weg macht. Und die Bilder des Zeichners Frank Miller untermalen die Story vortrefflich.