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Veröffentlicht am 16.07.2019

Die Wespe

Iberische Hitze
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Nach seiner Scheidung ist Dolf Tschirner in Südspanien hängen geblieben. Unterdessen ist er 68 Jahre und so schon eine ganze Weile in Spanien. Auch wenn er sich nicht als Spanier fühlt, nach Deutschland ...

Nach seiner Scheidung ist Dolf Tschirner in Südspanien hängen geblieben. Unterdessen ist er 68 Jahre und so schon eine ganze Weile in Spanien. Auch wenn er sich nicht als Spanier fühlt, nach Deutschland will er auch nicht zurück. Er hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und übernimmt hin und wieder einen Auftrag als eine Art Privatdetektiv. Vor einigen Monaten wurde der Apotheker tot aufgefunden. Die Polizei ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um einen Selbstmord gehandelt hat. Die Witwe kann sich das nicht vorstellen, denn gerade vor seinem Tod war ihr Mann besser drauf. Sie bittet Dolf herauszufinden, was wirklich geschah.

In seinem Leben hat Dolf Tschirner einiges mitgemacht, Jobs innegehabt und verloren, er war verheiratet und wurde geschieden, er verlor seinen Sohn. Er hat es geschafft, die Zigaretten aufzugeben, doch der Alkohol ist sein Freund. Guten Kontakt hat er zu seiner Schwiegertochter. Ihr kann er ebensowenig abschlagen wie der Apothekerin und deren Kindern. Obwohl es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten steht, ihn plagt die Gicht, macht er sich auf die Wahrheit über den Tod des Apothekers zu erforschen. Bald schon ergeben sich erste Ungereimtheiten.

Er ist schon ein alter Haudegen, man kann es nicht anders sagen. Mit 68 doch eigentlich schon im Rentenalter lässt Tschirner es sich nicht nehmen, ungeklärten Fragen nachzugehen. Dass er dabei sowohl gewiefter als auch hartnäckiger ist als die Polizei, erstaunt. Umso mehr erstaunt es jedoch, dass er es aus jeder brenzligen Situation heraus schafft und wesentlich Jüngere, die ihm eigentlich körperlich überlegen sind, in die Flucht zu schlagen. Hinzu kommt sein Alkoholproblem, das in allerdings nicht hindert, schlauer zu sein als die anderen. So richtig sympathisch wird einem Dolf Tschirner nicht, dennoch löst er hier einen spannenden Fall, in dem er herausfindet, dass hinter dem vermeintlichen Selbstmord doch mehr steckt. Zwar sind die Personen etwas unterkühlt geschildert, doch der Ausflug in den spanischen Sommer ist interessant und die Hartnäckigkeit, mit der Tschirner der Wahrheit auf den Grund geht, überzeugt.

Veröffentlicht am 11.07.2019

Beach Boys

Mord in den Schären
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Nach dieser Sache in Göteborg will der Polizist Dennis Wilhelmson auf seiner Heimatinsel Smögen eine Auszeit nehmen. Schon kurz nach seiner Ankunft wird ein Toter in der Bucht gefunden und Evas Freund ...

Nach dieser Sache in Göteborg will der Polizist Dennis Wilhelmson auf seiner Heimatinsel Smögen eine Auszeit nehmen. Schon kurz nach seiner Ankunft wird ein Toter in der Bucht gefunden und Evas Freund verschwindet. Haben die beiden Vorfälle miteinander zu tun? Dennis kann nicht anders, als Nachforschungen anzustellen. Bei dem toten jungen Mann handelt es sich um Sebastian, der bei der Familie seiner Freundin nicht gut angesehen war. Es kommt der Verdacht auf, der verhinderte Schwiegervater Carl Hallgren könnte etwas mit dem Ableben des jungen Mannes zu tun gehabt haben. Und auch der verschwundene Åke arbeitet in Hallgrens Baufirma.

Dennis Wilhelmson hatte sich eigentlich auf einen ruhigen Sommer auf Smögen gefreut. Er hat einen alten Kutter gemietet, auf dem er wohnt und auf Schlagzeug spielen kann. Doch zum einen ist er, weil er Eva helfen will, sowieso an der Sache dran und zum anderen ist durch den Ausfall des Chefs der Polizeistation, ein Posten vertretungsweise zu besetzen. Seine Chefin fackelt nicht lange und Dennis’ Auszeit endet schneller als ihm lieb ist. Mit der Polizeianwärterin Sandra arbeitet er eng zusammen (nein, nicht so eng). Sandra mag Dennis als Chef, denn er behandelt sie nicht wie eine Auszubildende, die noch nichts zu melden hat, sondern wie eine echte verantwortungsvolle Kollegin.

Ein Sommerkrimi, in dem man sich wohlfühlen kann. Zwar sind die Szenenwechsel manchmal etwas sprunghaft und die Handlung braucht eine Weile ehe sie Fahrt aufnimmt, dafür verströmt dieser Kriminalroman tolles Mittsommerfeeling. In diesem ersten Band mit dem Team aus Dennis Wilhelmson und seiner Assistentin Sandra wird mit den sympathischen Ermittlern gepunktet. Interesse wecken auch die Einschübe aus der fernen Vergangenheit, wo sich die Autorin lange bedeckt hält, welches der Bezug zur Handlung ist, diesen aber auf überraschende Weise herstellt. Bei der Lösung des Falles wird akribisch nach Spuren und Hinweisen gesucht. Gerne schaut man den Beamten dabei über die Schultern und versucht selbst hinter die Zusammenhänge zu kommen.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Enthüllung

Alle Vögel unter dem Himmel
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Schon als Kinder sind sie anders. Patricia, ist in der Natur zu hause. Einmal, meint sie mit Vögeln gesprochen zu haben, aber sie kann sich nicht mehr richtig daran erinnern. Und Laurence ist derjenige, ...

Schon als Kinder sind sie anders. Patricia, ist in der Natur zu hause. Einmal, meint sie mit Vögeln gesprochen zu haben, aber sie kann sich nicht mehr richtig daran erinnern. Und Laurence ist derjenige, der eine zwei Sekunden Zeitmaschine erfindet. Das klingt nach nichts, aber wenn im entscheidenden Moment irgendwo Luft ist, kann das sehr hilfreich sein. Während der Schulzeit kommt man besser klar, wenn man zu Zweit Außenseiter ist. Doch zwischen Patricia und Laurence wird ein Keil getrieben und erst als Erwachsene sehen sie sich wieder. Laurence hat eine wissenschaftliche Laufbahn begonnen und Patricia hat die geheimnisvolle Eltisley Maze Akademie abgeschlossen.

Der Wissenschaftler und die Hexe, gegensätzlicher könnten Patricia und Laurence kaum sein. Und doch haben sie etwas gemeinsam. Sie Beide genügen nicht den Wünschen, die ihre jeweiligen Eltern für sie gehabt hätten. Sie sind wie Gegenpole, er genial als Wissenschaftler und sie fast eins mit der Natur, was ihr ungeahnte Fähigkeiten verleiht. Doch gegenseitig bieten sie sich, was der andere nicht hat. Für eine Weile reicht das, um die Eltern zu besänftigen. Sind sich zwei einig, kommt häufig ein Dritter daher, der das Idyll stört oder sogar zerstört. Patricia und Laurence haben keine andere Wahl als ihre Wege getrennt voneinander fortzusetzen.

Es beginnt wie ein Fantasy-Märchen mit einem Schuss Tarrantino. Natürlich hinterfragt man, liest man ein Buch im englischen Original, immer seine Englischkenntnisse, dennoch wirkt der Mittelteil etwas schwergängig und überfrachtet. Wie eine dauernd stattfindende Apokalypse auf zwei Fronten. Man fragt sich allerdings, ob Technokraten und Inhaber von Naturkräften sich immer zu Gegnern entwickeln müssen. Letztlich geht ein Streit, der fast eine Art Krieg sein könnte, häufig zu Lasten der Welt wie sie ist. Wenn das Märchenhafte in die Geschichte zurückkehrt, kehrt auch der Zauber zurück. Man könnte meinen, diese Story schwächelt im Mittelteil, verzaubert dafür zu Beginn und versöhnt aufs Trefflichste am Schluss.

Veröffentlicht am 02.07.2019

Die verlorenen Jungs

Mortal Engines - Der Grüne Sturm
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Sechszehn Jahre sind vergangen seit Anchorage an der Küste Amerikas gestrandet ist. Tom und Hester sind sesshaft geworden. Über ihre Tochter Wren sind sie überglücklich. Doch die junge Dame hat Lust auf ...

Sechszehn Jahre sind vergangen seit Anchorage an der Küste Amerikas gestrandet ist. Tom und Hester sind sesshaft geworden. Über ihre Tochter Wren sind sie überglücklich. Doch die junge Dame hat Lust auf Abenteuer, den Wert ihres ruhigen Lebens in Sicherheit weiß sie nicht wirklich zu schätzen. Sie ist schließlich eine Jugendliche und damit etwas rebellisch, wie fast alle jungen Leute. Als einige der verlorenen Jungs nach Anchorage kommen, um das Zinnbuch zu stehlen, mit dem man angeblich den Krieg gewinnen kann, ist Wren nicht abgeneigt, sich ihnen anzuschließen. Dann jedoch etwas unfreiwillig begibt sie sich auf eine Abenteuerfahrt.

Auch dieser dritte auf deutsch erschienene Band über die fahrenden Städte und ihre Bewohner sprüht vor Ideen. Trotz des relativ langen Zeitabstandes, mit dem die Handlung gegenüber dem Vorgängerband einsetzt, trifft man viele Bekannte wieder, sogar einige, mit denen man nicht gerechnet hätte. Wren ist eine sympathische, wenn auch etwas stürmische junge Frau, die mehr Abenteuer geboten bekommt als ihr letztlich lieb ist. Tom und Hester begeben sich auf die gefährliche Mission ihre augenscheinlich entführte Tochter heimzuholen und müssen sich dabei ihren eigenen Problemen stellen.

Wieder lebendig vorgetragen wird dieses Hörbuch von Robert Frank. Wie bereits in den vorherigen Bänden kann man sich nie ganz sicher sein, ob der vermeintliche Sympathieträger wirklich so liebenswert ist wie man meint, ebenso wie es sein kann, dass einige, die den Boshaftigkeitsstempel aufgedrückt bekamen, sich als nicht so verkehrt erweisen. Ob man diese Wechsel oder Unsicherheiten immer so gerne mitmacht, muss man sich selbst überlegen. Eine gewisse Würze bekommt das Buch dadurch gewiss. Und nicht nur einmal wird es knapp für die Helden, so dass jederzeit für Spannung gesorgt ist. Natürlich bleiben genug Fragen offen, um sich auf den wohl abschließenden vierten Band freuen zu können.

Veröffentlicht am 30.06.2019

In Ewigkeit

Bösland
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Als 13jähriger Junge wurde Ben mit der Leiche seiner Mitschülerin Mathilda in den Armen gefunden. Er wurde beschuldigt, das junge Mädchen umgebracht zu haben. Jahrelang war er in einer psychiatrischen ...

Als 13jähriger Junge wurde Ben mit der Leiche seiner Mitschülerin Mathilda in den Armen gefunden. Er wurde beschuldigt, das junge Mädchen umgebracht zu haben. Jahrelang war er in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Erst mit Anfang zwanzig konnte er in eine Wohngruppe ziehen und später nahm er die Gelegenheit wahr, ein Fotolabor zu führen. Nach langen Jahren jedoch kommen beängstigende Erinnerungen zurück. Ben beginnt wieder, seine Psychologin von damals aufzusuchen. Sie ermutigt ihn, sich seinen Erinnerungen zu stellen. Sie glaubt an ihn, seine jahrelangen Fortschritte. Ben ist unsicher. Wird er etwas in Gang bringen, was er nicht aufhalten kann?

Bens Eltern haben sich nicht gut um ihren Sohn gekümmert. Man könnte daher auf die Idee kommen, der Mord sei eine Folge der ungenügenden Fürsorge gewesen. Die Sorge, etwas könne aufgerüttelt werden, was besser in Ruhe bliebe, erscheint also durchaus berechtigt. Kann man Psychologen glauben, die Patienten für geheilt oder so gefestigt erklären, dass sie sich dem aussetzen können? Man denkt schnell an Presseverlautbarungen, in denen die Beurteilungen durch Psychologen nicht so gelungen waren. Allerdings wie so häufig registriert man nicht, wie oft sie richtig lagen. Und da ist ja auch noch Bens Jugendfreund Felix, der damals mit ihm durch dick und dünn ging.

Die Geschichte von Ben und Felix ist dermaßen an den Haaren herbei gezogen, dass man einfach nicht glauben kann, was man da liest. Man sucht nach einem psychologischen Trick, nach einer gewissen Raffinesse. Und dennoch - der Roman ist wie er ist und damit einfach sehr spannend. Setzt man sich über die eigene mangelnde Fähigkeit, die Story zu glauben, hinweg, erhält man eine schnell geschnittene, fesselnde Erzählung, die in sich schlüssig ist. Die kurzen Kapitel, deren Stil zwischen Erzählung und Rede wechselt, ist rasant und ansprechend. So ein Roman lässt sich leicht in einem Rutsch durchlesen, wobei die Kapitelüberschriften schön gruselig gestaltet jeweils eine eigene Seite bekommen, wodurch es noch etwas schneller vorangeht. Ein Buch, das man an einem Sommernachmittag inhalieren kann.