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Veröffentlicht am 30.05.2019

Seeblick

Lago Mortale
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Aus dem hektischen Frankfurt hat des den ehemaligen Gerichtsreporter Simon Strasser an den Lago d’Orta gezogen. Touristisch noch nicht so erschlossen bieten dessen Ufer ideale Rückzugsgebiete. So ganz ...

Aus dem hektischen Frankfurt hat des den ehemaligen Gerichtsreporter Simon Strasser an den Lago d’Orta gezogen. Touristisch noch nicht so erschlossen bieten dessen Ufer ideale Rückzugsgebiete. So ganz lässt der Beruf den Journalisten nicht los, denn als er während einer Kanutour ein dahintreibendes Segelboot entdeckt, folgt er seiner Intuition. Auf dem Segelboot entdeckt er einen Toten. Unfall oder Mord? Eine Frage, der Strasser einfach auf den Grund gehen muss. Sind die Gedanken erstmal am Kreisen, kann er die Ermittlung nicht einfach der Polizei überlassen. Da es sich bei dem Toten um den Sohn eines einflussreichen Fabrikanten handelt, drängt sich die Frage auf, wer etwas von dessen Tod gehabt haben könnte.

Als Reporter mit untrüglichem Spürsinn ist Simon Strasser auf der Jagd nach einer Erklärung. Obwohl er eher Ruhe und den Genuss an dem etwas abgeschiedenen See in Piemont sucht, muss er doch nachforschen, wie der junge Mann zu Tode gekommen ist. In den Erzählungen über den Toten wird der Eindruck erweckt, er sei das schwarze Schaf der Familie. Vielleicht gibt es einen Zusammenhang mit einem Unfall, der vor einiger Zeit ein Opfer gefordert hat, dass seitdem im Koma liegt.

Bei seinem ersten Auftritt lernt man Simon Strasser als einen eher ruhigen, aber hartnäckigen Erforscher der Wahrheit kennen. Sein Verhalten, der Polizei die Arbeit abnehmen zu wollen, wird dabei als typisch für seinen Berufsstand erklärt. Auch wenn er eigentlich die Ruhe und Schönheit des Lebens am Seeufer genießen wollte, ist er plötzlich mittendrin. Obwohl Simon Strasser, der sich liebevoll um seine beinahe erwachsene Ziehtochter kümmert, sympathisch wirkt, kommt einem seine Findigkeit manchmal etwas übertrieben vor. Schließlich sollte auch die Polizei fähig sein, ihre Arbeit zu erledigen, was ihm die Polizistin Carla auch deutlich zu verstehen gibt. Wenn man mehr über den Hintergrund des Opfers erfährt, fragt man sich, ob in Familien heute noch so reagiert wird. Dennoch bietet dieses Hörbuch stimmungsvoll gelesen von Frank Stöckle gute Unterhaltung. Es entführt in eine eher unbekannte Gegend Italiens, die liebevoll gezeichnet wird. Das Rätsel um den Tod des jungen Mannes wird durchaus interessant gelöst. Mehr in Erinnerung bleiben aber, der sympathisch energische Strasser und der Lago d’Orta, den man nach der Lektüre wenigstens mal im www aufgesucht hat.

Veröffentlicht am 27.05.2019

Die Verlobte

Die kalten Sekunden
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Zehn Jahre ist es her, dass Damian Werners Freundin Ewa verschwand. Es sollte der schönste Abend ihres Lebens werden, doch es geschah ein katastrophaler Überfall. Damian ist immer noch untröstlich. Seinen ...

Zehn Jahre ist es her, dass Damian Werners Freundin Ewa verschwand. Es sollte der schönste Abend ihres Lebens werden, doch es geschah ein katastrophaler Überfall. Damian ist immer noch untröstlich. Seinen Job hat er nicht mehr, von seinen Freunden hat er sich zurückgezogen. Eigentlich haust er nur noch in seiner kleinen Welt und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Eines Tages jedoch taucht plötzlich ein Bild von Ewa auf, sie scheint bei einem Konzert gewesen zu sein. Sofort sucht Damian nach Möglichkeiten, den Aufenthaltsort der Frau auf dem Bild ausfindig zu machen.

Beginnt man mit der Lektüre dieses Romans, fragt man sich schon, wieso ein Mensch sich so hängen lässt wie Damian Werner. Wenn er nie glaubte, Ewa sei tot, sollte er sein Leben nicht eher in Ordnung halten, damit Ewa in ein schönes Leben zurückkehren kann, falls sie tatsächlich wieder auftauchen sollte. Unabhängig davon macht sich Damian sofort auf die Suche nach Ewa. Der einzige Freund, der ihm noch verblieben ist, hilft ihm dabei. Allerdings bei seiner ersten Anlaufstelle - der Polizei - stößt er auf taube Ohren. Niemand dort glaubt ihm, dass es sich bei der Frau auf dem Foto tatsächlich um Ewa handeln könnte. Damien engagiert eine Firma, die private Ermittlungen anstellt.

Spannend zu lesen ist dieser Thriller. Allerdings beinhaltet er etliche sehr rohe Schilderungen, die nicht unbedingt etwas für schwache Gemüter sind. Auch tut man sich mit Damian Werner etwas schwer, der allem Anschein nach nichts unternommen hat, um die Folgen der Katastrophe zu überwinden. Verständlich ist, dass er die Suche nach Ewa aufnimmt als sich die vage Hoffnung ergibt, sie könne wieder da und noch am Leben sein. Ausgeklügelt ist dann wie Werner kleinsten Hinweisen nachgeht und im Zusammenwirken mit der Ermittlungsfirma wünscht, Ewa immer näher zu kommen. Mit großer Kunst versteht es der Autor, Damians Weg zu leiten. Nur manchmal bleibt der Leser wegen der vorher erwähnten Anmerkungen und auch einiger Szenen, die man sich anders gewünscht hätte, etwas auf der Strecke. Zum Glück ist nicht zu verhehlen, dass dieser Roman einen auf die Fährte eines Rätsels lockt, dessen Auflösung sehr fesselt.


Veröffentlicht am 25.05.2019

Immer nur Laufen

Die Frau, die allen davonrannte
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Die 104jährige Aggie Smart lebt schon lange in einem Seniorenheim. Fast alle, die sie kannte sind tot und sie bekommt eigentlich nie Besuch. Versunken ist sie in ihre eigene Welt. Doch die Überraschung ...

Die 104jährige Aggie Smart lebt schon lange in einem Seniorenheim. Fast alle, die sie kannte sind tot und sie bekommt eigentlich nie Besuch. Versunken ist sie in ihre eigene Welt. Doch die Überraschung über die Ankunft zweier junger Leute, die sie zu einem Ausflug mitnehmen wollen, dringt zu ihr durch. Ein Film soll über sie gedreht werden und dazu soll sie einige Schauplätze ihres langen Lebens wiedersehen. Obwohl Aggie sich kaum noch äußern kann, ist sie angetan von der Abwechslung und der Erinnerungen, die durch die Fragen der Filmleute ausgelöst werden.

Die erfundene Aganetha Smart war einmal eine die erste kanadische Läuferin, die im 800m Lauf eine Olympische Goldmedaille holte. Sie steht für etliche Pinonierinnen, denen Laufwettbewerbe zunächst nicht erlaubt waren, die sich aber doch durchkämpften. Aggie wollte immer nur Laufen. Schon als Kind war sie die Flinkste von allen. So ein richtiger Wettkampftyp wurde sie nicht, die Freundschaft war ihr wichtiger. Sie stammte aus einer großen Familie, deren Mitglieder entweder sehr früh starben oder recht betagt wurden. Das brachte viel Leid über die Überlebenden, zu denen auch Aggie gehört, die nun als einzige übrig blieb.

Während des Ausflugs erinnert sich Aggie immer wieder an ihre Familie, ihre Kindheit, ihre sportliche Karriere, an die Lebenden und die Toten und ihr Geheimnis. Gerade zu Beginn ist es nicht ganz einfach, den Gedankensprüngen ihres alten Gehirns zu folgen. Vorwärts und Rückwärts muss man sich die Geschichte zusammensetzen, die eine nicht geringe Tragik entfaltet. Laufen ist alles für Aggie, auch Verzicht. So richtig öffnen kann sie sich nicht und so findet sie nur wenige Freunde und eine Familie bleibt ihr versagt. Obwohl man Aggie als eher schwierige nicht unbedingt Persönlichkeit empfindet, die irgendwie immer gedämpft wirkt, der die uneingeschränkte Freude fehlt, entwickelt man doch viel Sympathie für ihre Fortschrittlichkeit und die Kraft, die sie im wahrsten Sinne des Wortes am Laufen hält.


Veröffentlicht am 15.05.2019

Kleiner Vogel

Der Schrei des toten Vogels
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Die Eltern von Labee und Nason sind arm. Sie leben in den Bergregionen Thailands. Trotz der Armut hält Labee immer zu ihrer kleinen Schwester. Als die beiden Mädchen irgendwann von Fremden abgeholt werden, ...


Die Eltern von Labee und Nason sind arm. Sie leben in den Bergregionen Thailands. Trotz der Armut hält Labee immer zu ihrer kleinen Schwester. Als die beiden Mädchen irgendwann von Fremden abgeholt werden, können sie nicht sofort ahnen, was ihnen blüht. Eine lange Schiffsreise in einem Container führt Labee schließlich nach Amerika. Von einem offensichtlich wohlhabenden Paar wird sie adoptiert und wird nun Livia genannt. Ihre Schwester Nason jedoch bleibt verschwunden. Auch noch während sie heranwächst, muss Livia einiges ertragen. Doch nie verlässt sie der Gedanke an ihre Schwester. Nach dem Schulabschluss beginnt Livia eine Laufbahn bei der Polizei.

Menschenhandel und Sexualdelikte sind die Verbrechen, die Livia mit allem Einsatz versucht, aufzuklären. Die, welche solche üblen Taten begehen, sind in ihren Augen die übelsten Verbrecher. Kaum noch haben sie eine Daseinsberechtigung. Geprägt von ihrer Herkunft, versucht Livia alles, um die Monster vor Gericht zu bringen und den Opfern zu einem besseren Leben zu verhelfen. Viele der Opfer stehen für Livia anstelle der Schwester, deren Schicksal unbekannt ist. Gerade darin verbirgt sich doch die vage Hoffnung, ihr kleiner Vogel, ihre kleine Schwester könnte noch am Leben sein. Livia wird die Suche nie aufgeben und so muss sie den Kampf gegen die Dämonen der Vergangenheit aufnehmen.

Einige Schilderungen in diesem ersten Roman um Livia Lone Thriller können für manche Leser schwer zu ertragen sein. Auch muss dahingestellt bleiben, ob man es gutheißen möchte, wie weit Livia geht, um die Monster auszuschalten. Ausgesprochen spannend ist dagegen ihre Suche nach ihrer Schwester und ihr eigenes tragisches Schicksal berührt. Wie verwerflich Menschenhandel in jeder Form und besonders wenn Kinder betroffen sind, wird eindeutig klar. In Rückblenden erfährt man von dem Weg nach Amerika und Livias Jugend bei den Adoptiveltern. Dies und der in der Gegenwart angesiedelte Teil der Handlung bildet einen ergreifenden Spannungsbogen. Livia Lones komplexe Persönlichkeit weckt trotz der Beschädigungen, die sie in früher Jugend erfahren musste, große Sympathie.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Lauf schnell

Schattenfreundin
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Erst vor kurzem ist Katrin mit Mann und Kind nach Münster gezogen. Die Familie ist noch in der Eingewöhnung und Thomas beruflich viel unterwegs. Mit dem kleinen Leo wird es manchmal etwas viel und Katrin ...

Erst vor kurzem ist Katrin mit Mann und Kind nach Münster gezogen. Die Familie ist noch in der Eingewöhnung und Thomas beruflich viel unterwegs. Mit dem kleinen Leo wird es manchmal etwas viel und Katrin ist froh, als sie vor dem Kindergarten eine andere Mutter kennenlernt, mit der sie sich gleich versteht. Dann jedoch stirbt Katrins Vater unerwartet und die junge Mutter ist untröstlich. Wenige Tage später ist Leo verschwunden. Katrin kann es nicht fassen, wo ist ihr Junge. Kommissarin Charlotte Schneidmann und ihr Kollege Jäger beginnen sogleich mit den Ermittlungen.

Charlotte Schneidmann wirkt sofort sympathisch so wie sie sich in den Fall hineinkniet, dass sie manchmal an ihre eigene Kindheit denken muss, scheint unvermeidlich. Wenn ein Kind betroffen ist, nimmt es einen auch wenn man nur am Rande beteiligt ist, immer ganz besonders mit. Unvorstellbar, dass jemand etwas gegen ein kleines Kind gehabt haben könnte. Sie es dann die Eltern, die jemandem ein Dorn im Auge sind? Erste Hinweise gibt es, dass die Ehe von Katrin und Thomas nicht ganz ideal ist. Unter normalen Umständen und normalen Menschen sollte dies allerdings nicht unbedingt ein Grund sein. Wer allerdings kann und möchte sich schon in einen Verbrecher hineinversetzen.

Wenn man Münster hört, kommt man fast nicht umhin an Boerne, Thiel und Wilsberg zu denken. Die haben die Stadt irgendwie krimimäßig okkupiert. Dennoch braucht sich das Team Schneidmann und Jäger nicht zu verstecken. Die Kommissar ermitteln hartnäckig und gehen den Hinweisen auf den Grund. Katrins Überforderung erscheint manchmal etwas größer als nötig und Thomas lässt sich etwas schnell gehen. Katrins Sorge um ihren Sohn kann man dagegen sehr gut nachvollziehen. Für ihren Kleinen würde sie alles tun und sei es nur der Polizei zu helfen, ihren Leo endlich zu finden. In diesem ersten Band einer Reihe bekommt man gute Unterhaltung geboten, wobei Cathrin Bürger als Vorleserin des Hörbuch eine sehr passende Besetzung ist.