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Veröffentlicht am 11.10.2020

Der Virtuose

Die Schatten von Edinburgh
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Inspector Ian Frey kommt aus gutem Haus. Zwar hat er weder das Medizin- noch das Jurastudium beendet, aber bei der Polizei will er es schaffen und seine Vorbildung kommt ihm zugute. Doch plötzlich fällt ...

Inspector Ian Frey kommt aus gutem Haus. Zwar hat er weder das Medizin- noch das Jurastudium beendet, aber bei der Polizei will er es schaffen und seine Vorbildung kommt ihm zugute. Doch plötzlich fällt sein Leben auseinander, seine Verlobte macht mit ihm Schluss und sein Vorgesetzter will ihn loswerden. Freys einzige Chance ist die Versetzung nach Schottland, um dem dortigen Leiter der Ermittlung McGray zur Hand zu gehen. Welch ein Abstieg. Der angesehene und feine Londoner bei den Rüpeln aus dem Norden. Dass er den Rüpeln als verweichlichtes Mädel aus der Stadt könnte, kommt ihm nicht in den Sinn.

Im ersten Fall von Frey und McGray wird ein Geigenvirtuose grausam ermordet. Weil der Fall irgendwie mystisch anmutet, wurde er McGray übergeben. Und der Chef will Antworten sehen. Frey und McGray sind sich zunächst nicht grün. Dazu muss McGray den feinen Londoner auch noch beherbergen, was ihm nicht passt. Ebenso wenig passt es ihm, wenn Frey sich über das Essen beklagt. Zumindest für ihre Nachforschungen raufen sie sich zusammen. Man schreibt das Jahr 1888 und in London treibt der Ripper sein Unwesen. Hat er sein Revier etwa nach Edinburgh verlegt?

Eine Krimihandlung im viktorianischen England anzusiedeln ist vielleicht keine ganz neue Idee, doch ein so ungleiches Ermittlerpaar bestehend aus einen feingeistigen Londoner und einem etwas unzivilisierten Schotten hat schon was. Dazu noch der rätselhafte Mord an dem Geiger, der wertvolle Instrumente zu vererben hat. Die Einzelteile bilden einen vielversprechenden Ansatzpunkt. Doch die Entwicklung der Handlung und der Aufbau erfolgen doch ein wenig zu langsam. Einige Nebenfiguren wirken zu exzentrisch. Zum Glück ist der Fall um den toten Geiger wirklich interessant und die Lösung unvorhersehbar. Das spannende Finale trägt ein Übriges dazu bei, dass dieser Kriminalroman doch bis zum Ende fesselt. Die skurrilen Ermittler machen durchaus neugierig, wie sie sich als Team weiterentwickeln werden.

Veröffentlicht am 01.08.2020

Hinterhof

Verschollen in Palma
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Vor drei Jahren erlaubte der ehemalige Polizist Tim Blanck, seiner 16jährigen Tochter mit einer Freundin nach Mallorca zu fliegen. Emme verschwand schon nach wenigen Tagen, doch Blanck hofft immer noch, ...

Vor drei Jahren erlaubte der ehemalige Polizist Tim Blanck, seiner 16jährigen Tochter mit einer Freundin nach Mallorca zu fliegen. Emme verschwand schon nach wenigen Tagen, doch Blanck hofft immer noch, dass sie gefunden werden kann. Er lebt und arbeitet inzwischen auf Mallorca und schlägt sich als Privatdetektiv durch. Von seiner Frau ist er geschieden. Sein neuester Auftrag besteht darin, die junge Ehefrau des reichen Unternehmers Peter Kant zu beschatten. Schnell findet er heraus, dass die junge Frau eine Affäre hat. Es ist fast schon zu einfach. Blancks Gefühl soll sich als richtig erweisen. Tatsächlich steckt mehr hinter der Sache.

Meist kennt man eher die schönen Seiten, die Mallorca zu bieten hat. Schöne Strände, interessante Geschichte, atemberaubende Landschaften und natürlich das Nachtleben, wenn man es denn möchte. Mit seinem Roman um das verschwundene Mädchen Emme zeigt der Autor auf, dass Mallorca auch eine andere Seite haben kann. Man wird quasi mit dem Hinterhof der Insel bekannt gemacht. Einwanderer, die nur ein einfaches Leben führen können. Frauen, die sich ihr Geld als Prostituierte verdienen müssen. Reiche Männer, die noch reicher werden wollen. Manchmal scheint es so als gönne der Eine dem Anderen nicht den Dreck unter den Fingernägeln.

Geschrieben ist der Roman aus unterschiedlichen Perspektiven, welche sehr schnell wechseln können. Da muss man hin und wieder innehalten und überlegen, wo man denn nun gerade ist. Manchmal handelt es sich mehr um Gedankenfetzen, die sich zwischen den gradlinigeren Abschnitten auftun. Überraschend ergibt sich aus diesem gefühlten Brainstorming nach einer Weile eine durchaus brisante Geschichte. Doch obwohl man den Wunsch des Vaters versteht, wird man mit Tim Blanck nicht richtig warm. Das fängt schon mit der Frage an, wieso ein 16jähriges Mädchen alleine nach Mallorca darf. Natürlich fragt man sich im nächsten Augenblick, ob man selbst zu spießig ist. Allerdings erscheint der Absturz des Vaters wieder zu extrem. Und so sind die Charaktere und auch die Art, wie der Roman geschrieben ist, vielleicht nicht jedermanns Sache. Dennoch: in seinen lichten Momenten kommt Tim Blanck als fähiger Ermittler rüber, der gewitzt einen spannenden Fall löst.

Veröffentlicht am 24.05.2020

Vier Töchter

Der größte Spaß, den wir je hatten
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Ganz schön schön, wenn die Eltern so glücklich sind, aber auch nicht einfach. Die Eltern sind ein großes Vorbild für ihre vier Töchter Wendy, Violet, Liza und Grace. Doch machmal kommen ihnen die Fußstapfen, ...

Ganz schön schön, wenn die Eltern so glücklich sind, aber auch nicht einfach. Die Eltern sind ein großes Vorbild für ihre vier Töchter Wendy, Violet, Liza und Grace. Doch machmal kommen ihnen die Fußstapfen, in die sie treten möchten, doch zu groß vor. Wendy ist schon verwitwet, Violet hat den Erfolg im Beruf gegen eine Familie getauscht, Liza ist schwanger und Grace lügt was das Zeug hält. Und die Eltern wissen nichts von ihrem großen Glück. Auch bei ihnen gibt es aufs und abs. Doch sie fühlen sich schon privilegiert in ihrer langjährigen Ehe.

Das Buch ist mit über 700 Seiten recht umfangreich und so umfasst selbst das gekürzte Hörbuch über 400 Tracks. Da fällt es schon bei der schieren Länge nicht immer leicht am Ball zu bleiben. Dennoch ist die Geschichte der vier Töchter und ihrer Eltern durchaus interessant, nur in dieser Form nicht der größte Spaß. Die Probleme von Eltern und Kindern, die oftmals nicht richtig ausgesprochen werden, die Heimlichkeiten, die kleinen Katastrophen, aber auch die Glücksmomente, der bei aller Unterschiedlichkeit doch große Zusammenhalt der Familie. Das alles macht neugierig genug, um am Ball zu bleiben.

Das Hörbuch wird dabei mit frischer Stimme vorgetragen von Wiebke Puls. sie macht einem das Zuhören leicht und man schaltet immer wieder gerne ein. Die Handlung des Buches ist in verschiedene Zeitabschnitte gegliedert und irgendwie ist man froh, je näher man der Gegenwart kommt. Die Wogen der Jugend glätten sich so langsam und die vier Töchter kommen zur Ruhe. Vielleicht werden sie niemals so wie ihre Eltern, aber das kann doch durchaus auch ein Gewinn sein. Man kann schließlich auch auf seine eigene Art glücklich werden.

Veröffentlicht am 19.04.2020

Die Suche

Power
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Power, der Hund von Hitschke, ist verschwunden. Hitschke, die zu den älteren Bewohnern des Dorfes gehört, ist untröstlich. Das kann die 11jährige Kerze nicht mit ansehen. Sie verspricht der Nachbarin, ...

Power, der Hund von Hitschke, ist verschwunden. Hitschke, die zu den älteren Bewohnern des Dorfes gehört, ist untröstlich. Das kann die 11jährige Kerze nicht mit ansehen. Sie verspricht der Nachbarin, den Hund zu suchen und nicht aufzugeben bis sie ihn gefunden hat. Es ist Ferienzeit und was kann in den Ferien besser sein, als eine so ehrenvolle Aufgabe zu haben. Nach und nach beteiligen sich immer mehr der Dorfkinder an der Suche. Doch Hitschke hat Kerze nicht alles erzählt. Und als die Kinder sich immer mehr in die Suche hineinsteigern, droht die Situation zu entgleisen.

Dieses Hörbuch wird von der Autorin selbst gelesen und ihre Stimme passt sehr gut zum Buch. Bei der Hauptprotagonistin handelt es sich um die 11jährige Kerze, die ihren Spitznamen von der Oma hat. Sie ist zwar erst 11 Jahre, aber sie weiß schon einiges besser als die Erwachsenen und sie lässt sich nicht mehr alles sagen. Ihr ist die Suche nach dem Hund so wichtig, dass sie die anderen Kinder dazu verführen kann, sich ganz in Power hineinzuversetzen. Der Gedanke, dass die Eltern sauer auf Hitschke werden könnten, die das Ganze vermeintlich angezettelt hat, kommt Kerze allerdings nicht. Dafür ist sie dann doch noch zu jung.

Der Beginn dieses (Hör)Buches ist ganz hinreißend. Es kommt sehr gut rüber, wie Kerze der Nachbarin helfen will den Hund zu finden. Doch je weiter es geht, desto mehr fragt man sich, wieso Kerze doch auf einige sehr eigene Ideen kommt, wieso die anderen Kinder mitmachen, wieso die Eltern nicht eingreifen und wieso dann der Einfachheit halber die Schuld Hitschke in die Schuhe geschoben wird. Aus der sympathischen Detektivin vom Beginn wird eine herrische Anführerin. Aus der netten Nachbarin, die allerdings auch hätte ehrlicher sein können, wird der Sündenbock, aus normalen Eltern werden Rächer. Aus einem kleinen Dorf wird ein sehr eigenartiger Ort, der nicht sehr einladend wirkt. Und so löst das Buch zwar Einiges aus, lenkt ab, stellt aber nicht sonderlich zufrieden. Sicher braucht man keine ideale Welt, kein Märchen, aber so einen Ausraster braucht man auch nicht.

Veröffentlicht am 08.04.2020

Leuchtend

Zu Staub
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Cameron, der Mittlere von drei Brüdern, wird im Outback tot aufgefunden. Was geschehen ist, kann nicht genau festgestellt werden. Allerdings hat die Familie bemerkt, dass Cameron in letzter Zeit nicht ...

Cameron, der Mittlere von drei Brüdern, wird im Outback tot aufgefunden. Was geschehen ist, kann nicht genau festgestellt werden. Allerdings hat die Familie bemerkt, dass Cameron in letzter Zeit nicht gut drauf war. Es keimt der Verdacht auf, er könne sich selbst umgebracht haben. Die beiden anderen Brüder bewachen den Fundort, bis die Leiche abgeholt werden kann. Nathan wohnt seit langem auf der Nachbarfarm, die nur ein billiger Abklatsch seines Elternhauses ist. Bub, der Jüngste, ist auf der elterlichen Farm geblieben. Die Brüder rätseln, was geschehen ist. Aus diesem Anlass kehrt Nathan zu seiner heimatlichen Farm zurück. Sein Sohn Xander, der über Weihnachten bei ihm ist, begleitet ihn.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen Einzelband um den rätselhaften Tod von Cameron Bright. Die Familie ist schockiert von diesem Ereignis, wie vor den Kopf gestoßen. Cameron war beliebt im Ort und bei den Nachbarn. Seine Frau und seine beiden Töchter leben auf der Farm. Er schien ein glückliches Leben zu führen, aber in den letzten Wochen war irgendetwas anders. Eine ehemalige Farmarbeiterin, mit der er wohl als Jugendlicher mal was gehabt hatte, meldete sich. Was für eine alte Geschichte wollte sie wieder aufrühren.

Anders als bei ihren Büchern um den Ermittler Aaron Falk findet hier keine Ermittlung im eigentlichen Sinne statt. Nathan, der nur noch am Rande der Familie zu stehen scheint, fühlt sich unwohl, mit der Art, wie sein Bruder zu Tode gekommen ist. Er beginnt sich an seinen Bruder und ihre gemeinsame Jugend zu erinnern. Gleichzeitig empfindet er dieses Kribbeln, dass ihm sagt, hier kann etwas nicht stimmen. Einige Dinge hätte sein Bruder einfach nicht gemacht. Eigentlich ist dieser Roman sehr geschickt aufgebaut, die Handlung speist sich aus den Erinnerungen und Gesprächen in der Familie und einigen Rückblenden in die Vergangenheit. Auch die Beschreibungen dieses einsamen Landes in Australien, wo der Ausdruck Nachbarfarm eine Fahrt von drei Stunden bedeutet, sind sehr plastisch. Man kann sich die Gefährlichkeit dieses weiten Landes kaum vorstellen, doch man bekommt einen Eindruck. Der Funke aber will nicht so richtig überspringen. Dennoch bleibt man neugierig genug, um die Hintergründe dieser Tragödie zu erfahren. Und auch das überraschende Ende hebt den Roman als Ganzes.