Platzhalter für Profilbild

wbetty77

Lesejury Profi
offline

wbetty77 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit wbetty77 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.07.2021

Empfehlenswert

Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben
0

Kurzmeinung

Klar strukturiert und wissenschaftlich fundiert, macht das Buch deutlich, wie sehr die Gesundheit von Erde und Mensch zusammenhängt.


Inhalt

Eckhart von Hirschhausen ist Arzt, Entertainer ...

Kurzmeinung

Klar strukturiert und wissenschaftlich fundiert, macht das Buch deutlich, wie sehr die Gesundheit von Erde und Mensch zusammenhängt.


Inhalt

Eckhart von Hirschhausen ist Arzt, Entertainer und nun auch Klimaaktivist. Auf humorvolle Weise, dennoch mit der nötigen Ernsthaftigkeit, erzählt er in diesem Buch, welche Begegnung ihm den ersten Schubs gab, der ihn dazu veranlasste sich in Sachen Klima zu engagieren und wie dieser erste Schritt sein Leben seitdem veränderte.

Hirschhausen machte sich auf, um mehr über Ursachen und Lösungen zu erfahren. Dazu befragte er Wissenschaftler:innen aus relevanten Sachgebieten, Experten:innen, wie den Meteorologen Sven Plöger und andere kluge Köpfe. Die zentralen Fragen, die dabei eine Rolle spielen sind: Wo stehen wir und was müssen wir schnellstens ändern? Und vor allem, können wir es noch schaffen, die Erwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen? Denn, das sich das Klima schon verändert hat, ist seit Jahren spürbar. Dazu beleuchtet der Autor jeden bedeutsamen Aspekt, von der Landwirtschaft bis zur Mobilität, vom unnötigen Konsum bis zum Artensterben. Einiges ist einfach. Ich brauche weder einen Kaffeebecher to go noch Plastiktüten. Doch nicht auf alles gibt es einfache Antworten oder Lösungen und vieles ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint.
Beispielsweise muss ein Apfel aus der Region, den ich außerhalb der Saison kaufe, gekühlt werden, also ist sein CO2 Verbrauch höher als bei einem Apfel aus Neuseeland. Inwieweit muss Politik einschreiten und ab welchem Punkt ist der Mensch eigenverantwortlich? Es gibt viele Frage, viele gute Ansätze, wir sollten endlich ins Tun kommen.

„Mensch, Erde“ ist ein Buch voller Erkenntnis und Ideen, aber auch eine Warnung, unsere Gesundheit nicht weiter leichtfertig auf's Spiel zu setzen. Die Erde ist unsere Lebensgrundlage, wenn sie krank ist, sind wir es auch.



Meinung

Wenn man das Buch zur Hand nimmt und zum ersten Mal durchblättert, fällt einem sofort die gelungene Gestaltung auf. Das sich der Autor bei der Farbwahl etwas gedacht hat und was diese auf sich hat, wird im Buch erklärt. Jedes Hauptkapitel hat seine Farbe, seinen Titel und kurze Stichpunkte lassen erahnen, was man als Leser:in in diesem Abschnitt erfährt. Der Text wird durch Grafiken, Interviews, Zitate und Fotos aufgelockert bzw. verdeutlicht.

Die Lage ist Ernst. Die Xte Jahrhundertflut in den letzten zwanzig Jahren macht uns in diesen Tagen wieder mal klar, wie hilflos wir daneben stehen, wenn Wassermassen, durch Starkregen hervorgerufen, sich ihren Weg durch Orte bahnen und unfassbare Zerstörung anrichten und Leben kosten. Aber auch durch Stürme und Brände wurde in den vergangenen Jahren viel zerstört. Was ist Wetter, was ist Klima? Kann man das überhaupt trennen? Zudem hat ein Virus in den letzten anderthalb Jahren der Welt gezeigt, was er kann, nämlich uns mal einfach so lahmlegen.

Als Arzt rückt Eckart von Hirschhausen die Gesundheit in den Fokus. Was macht der Klimawandel mit unserer körperlichen und psychischen Gesundheit? Die letzten Hitzesommer waren eine starke Belastung für die Natur, aber auch für uns Menschen. Ebenso wie die Naturkatastrophen, bei denen Menschen alles verlieren. Hirschhausen hat sich mit dem Thema eingehend beschäftigt und recherchiert. Er beschreibt seine eigene Wandlung, seine Aha-Momente und gibt offen zu, dass auch er nicht immer perfekt ist. Um dem Thema Klimawandel auf den Grund zu gehen, hat er zahlreiche Gespräche mit Experten:innen geführt. Es ist ihm hervorragend gelungen, diese Fakten und Erkenntnisse verständlich und nachvollziehbar mit einer Portion Humor wiederzugeben. Zudem räumt er mit Ausreden und Gegenargumenten auf.

Auch ich hatte den ein oder anderen Aha-Moment. So war mir bisher nicht bewusst, dass uns der Sand ausgeht weil ständig gebaut wird und für Beton braucht man Sand. Unglaublich auch, dass Sand illegal abgetragen, sprich geklaut, wird. Beim Thema Schnittblumen und Palmöl, bin ich dann wieder hin und her gerissen. Das sind Existenzgrundlagen in sehr armen Ländern. Natürlich kann ich es mir leisten zu sagen, das kaufe ich nicht mehr, aber was ist mit den Menschen, die am Ende der Kette stehen? Wäre es nicht besser darauf zu achten, nachhaltig zu kaufen? Ebenso das Fliegen. Natürlich muss ich nicht innerhalb Deutschlands fliegen und ich würde mich sehr freuen, wenn das Bahnnetz europaweit ausgebaut würde. Doch was ist mit den Reservaten in Afrika oder Südamerika, die auf den Tourismus angewiesen sind, um Natur- und Tierschutz überhaupt betreiben zu können? Ich hoffe, auf Lösungen, die Autos (Reifen) und Flugzeuge umweltfreundlich machen.

Das Buch endet mit dem Appell, sich mit dem Klimawandel auseinander zu setzen, es zu diskutieren und Menschen davon zu überzeugen, das jeder etwas beitragen kann. Wir stehen dem nicht hilflos gegenüber, wir können unseren Beitrag leisten, der Erde und unserer Gesundheit zu liebe. Ich habe beim Lesen viel erfahren, habe vor und zurückgeblättert und das Buch mit unzähligen Markierungen versehen. Da ist kein erhobener Zeigefinger, keine Belehrung, sondern eine verständliche und aufrüttelnde Zusammenstellung von Fakten, die Mut macht, dass wir es gemeinsam schaffen werden, die Erde und uns zu heilen.


Fazit

Eckart von Hirschhausen bringt die Gefahren und Auswirkungen des Klimawandels auf den Punkt, mit wissenschaftlichen Fakten belegt. Ein wertvolles und hoffnungsvolles Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.06.2021

Hoffnungsvoll

Jeder Anfang mit dir
0

Inhalt

Seit Kindheitstagen sind Luke und Josh beste Freunde. Sie verbindet die Faszination der medizinischen Forschung. Während ihres Studiums der Neurowissenschaften in Boston, freunden sie sich mit ...

Inhalt

Seit Kindheitstagen sind Luke und Josh beste Freunde. Sie verbindet die Faszination der medizinischen Forschung. Während ihres Studiums der Neurowissenschaften in Boston, freunden sie sich mit ihrer Kommilitonin Hope an. Jeder aus dem Trio besitzt ein außergewöhnliches, wissenschaftliches Talent. Schnell wird ihr Professor auf die Drei aufmerksam. Neben seiner Stelle an der Universität, ist Professor Flinch Leiter eines Forschungszentrum, das ungewöhnlichen Ideen von Studenten fördert und sie während ihres Studiums finanziell unterstützt. Luke und Josh forschen seit einiger Zeit an einem Verfahren, dass die Erinnerungen vom Gehirn auf einen Speicher überträgt, sodass nie wieder eine Erinnerung und die damit verbundene Emotion verloren geht. Durch die Unterstützung Flinch kommen sie schneller voran.

Josh und Hope verlieben sich ineinander und verleben eine glückliche Zeit. Bis die Ärzte bei Hope einen bösartigen Gehirntumor feststellen. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit. Nun liegen alle Hoffnungen auf dem frisch entwickelten Neurolink, der Hopes Gedächtnis in allen Facetten gespeichert hat. Wenn die Zeit reif ist, soll Hopes Wesen auf einen anderen Körper übertragen werden. Josh glaubt fest daran, dass sie eines Tages wieder zueinanderfinden. Wird es gelingen Zeit und Tod mit der Erfindung des Neurolinks zu überwinden?


Meinung

Wie in jedem seiner Romane erzählt Marc Levy auch in „Jeder Anfang mit dir“ von der großen Liebe und von Freundschaft, die allen Grenzen trotzt. Diesmal macht Levy die Künstlichen Intelligenz zum Thema. Was vor einigen Jahren noch wie Science Fiction geklungen hätte, ist heute absolut vorstellbar. Ein Neurolink, der unser gesamtes Gedächtnis speichert, inklusive dazugehöriger emotionaler Verbindungen, scheint im Bereich des Möglichen und ist dennoch bislang noch Zukunftsmusik.

Hier setzt der Autor an und inszeniert eine Geschichte rund um Freundschaft, Liebe und medizinisch Machbarem. Als Leser habe ich die Entwicklung von Josh' und Hopes Liebe verfolgt und war fasziniert von den Forschungen der drei Freunde. Als Hopes Tumor entdeckt wird, ist das natürlich ein heftiger Schlag für sie, deren Leben gerade erst beginnt. Doch die Freunde meistern es tapfer und entwickeln einen Plan, um den Tod zu überlisten. Ob es wirklich gelingen wird, weiß zum Zeitpunkt von Hopes Tod niemand. Gerade mit Hope habe ich sehr mitgelitten, und auch ihre Hoffnung geteilt.

Nach dem ersten Teil, der mit Hopes Tod endet, beginnt der zweite Teil. Die berühmte Pianistin Melody möchte vor allem den Ansprüchen ihres Vaters gerecht werden. Ihr Kalender ist voll von Konzertterminen. Für ein Privatleben fehlt ihr die Zeit. Sie ist dreißig Jahre alt, als sie nach einem Konzert bei einem Hubschrauberabsturz schwer verletzt wird. Nach monatelangen Krankenhausaufenthalten wird sie entlassen. Zurück im Haus ihrer Eltern fühlt sie sich fremd. Melody fehlt die Erinnerung an ihre Eltern und ihre Vergangenheit. Nachts träumt sie von einem völlig anderem Leben. Erst mit der Zeit versteht Melody, dass ihre Person und das vom Neurolink übertragene Gedächtnis nicht zusammenpassen.

Marc Levy schreibt über die wichtigen Themen im Leben; die Liebe und die Freundschaft. Ich konnte in die Erzählung eintauchen. Schnell wurden die Charakteren zu guten Bekannten. Luke blieb bis zur letzten Seite etwas undurchsichtig und unnahbar, was seinen Charakter jedoch eher unterstrichen hat. Auch die wissenschaftlichen Abschnitte, in denen die Figuren im Zentrum forschen, konnte ich gut nachvollziehen, obwohl ich naturwissenschaftlich nicht sonderlich bewandert bin. Mit Spannung verfolgte ich ihre Entwicklung, die mir in naher Zukunft durchaus möglich scheint.

Im Schlusswort formuliert Levy seine Arbeit mit diesen Worten

„Schreiben heißt, sich alles vorstellen zu können.“


Das hat der Roman wieder eindrucksvoll bewiesen.


Fazit

Marc Levy schafft es mit jedem Buch auf's Neue mich zu begeistern. Auch dieses Mal ist es ihm gelungen ein komplexes Thema unterhaltsam zu beleuchten. Was für den einen ein Schreckensszenario ist, kann für einen anderen die einzige Hoffnung sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2021

Komisch, unterhaltsam, menschlich - der alltägliche Schulbetrieb

Die Lehren des Schuldirektors George Harpole
0

Meinung

„Die Lehren des Schuldirektors George Harpole“ ist ein englisches Kultbuch. Auch wenn es aus den 1970iger Jahren stammt, findet man immer noch genug Parallelen zum heutigen Schulalltag.

Seit ...

Meinung

„Die Lehren des Schuldirektors George Harpole“ ist ein englisches Kultbuch. Auch wenn es aus den 1970iger Jahren stammt, findet man immer noch genug Parallelen zum heutigen Schulalltag.

Seit zwölf Jahren ist George Harpole an der Grundschule St. Nicholas angestellt. Er ist ein aufgeschlossener Lehrer, der sich gegen Züchtigung und für neue Lernmethoden ausspricht. Als der Direktor der Grundschule für ein Halbjahr ausfällt, übernimmt Harpole vorübergehend den Posten. Voller Elan macht er sich an die Arbeit, doch schon bald kommt es zu ersten Missstimmungen mit dem Schulamt, weil er dem Hausmeister Anweisungen gegeben hat, die angeblich nicht in dessen Bereich fallen. So beginnt eine endlose Reihe an Auseinandersetzungen, Weigerungen und Kritik seitens der Lehrerkollegen, des Schulamtes und der Eltern.

Das Harpole manchmal über das Ziel hinaus schießt, ist das eine, doch muss er es mit starren, bürokratischen Denkweisen aufnehmen. Die Eltern sehen sich als Steuerzahler berechtigt, Lehrmethoden anzuzweifeln und Lehrer, die von ihren Steuern bezahlt werden, zu kritisieren. Das Kollegium ist von Harpoles Anweisungen per Rundschreiben selten angetan und weigert sich oftmals diese umzusetzen. Harpole muss lernen diplomatisch vorzugehen, was ihm allerdings nicht immer gelingt. Nur die junge Kollegin und glühende Anhängerin der pädagogischen Reformen, Miss Foxberrow, unterstützt ihn weitestgehend. Vor allem hält sie Harpole vor Augen, dass es in erster Linie um das Wohl der Kinder geht. Ihnen sollte ein guter Start ins Leben ermöglicht werden.
Ein Kapitel betrifft meistens ein Ereignis an der Schule. Dazu gibt es die Tagebucheintragungen von Harpole, die Briefe, die er an seine Verlobte schreibt, die Briefe die Miss Foxberrow an ihre Schwester schreibt und jeweilige Schriftwechsel, welche die zu berichtende Sache wiedergeben. Somit bekommt der Leser ein umfassendes Bild der unterschiedlichen Auffassungen und Perspektiven zu jedem Ereignis.

J.L. Carr versteht es die Unzulänglichkeiten, der Figuren aufzudecken. Immer wieder kommt das „Peter System“ zur Sprache, das besagt, dass jemand solange befördert wird, bis er schlussendlich einen Posten bekleidet, für den er vollkommen inkompetent ist. Tusker, der Schulamtsleiter, ist definitiv ein solcher Fall. Für Harpole ist Tusker wohl die größte Herausforderung. Harpole ist ambitioniert, dennoch möchte er sich keine Feinde machen, da er eine Karriere als Schuldirektor anstrebt. Doch dieses Halbjahr macht Harpole deutlich, dass es ein steiniger Weg sein wird und er viele Kompromisse dafür eingehen muss. Als sich seine vorübergehende Stelle als Rektor dem Ende nähert, ist er sich gar nicht mehr so sicher, ob eine solche Stelle für ihn passend ist.

Ich bin oftmals solidarisch mit Harpole verzweifelt. „Die Lehren des Schuldirektors George Harpole“ sind teils komisch, teils tragisch, doch eines sind sie immer; herzlich und menschlich. Das Buch ist zwar schon vor 1972 erschienen, doch hat es vom Thema an sich nichts an Aktualität eingebüßt. Das Ende kam für mich etwas überraschend, es ist jedoch stimmig. Ich habe mich von dem Roman ausgezeichnet unterhalten gefühlt. Vor einiger Zeit habe ich von dem Autor mit großer Begeisterung „ Ein Monat auf dem Lande“ gelesen. Das Buch ist ebenfalls im DuMont Buchverlag erschienen und hat eine ähnliche liebevolle Covergestaltung. Beide Romane kann ich mit voller Überzeugung empfehlen.



Fazit

Ein humorvoller Blick auf das Schulsystem. Unterhaltsam und herzlich erzählt die Lektüre vom Kampf gegen Bürokratie und Besserwisserei. Eine Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.12.2020

Eine einfühlsame, bewegende Geschichte zweier Familien und die Frage, wie viel Schuld trägt der Einzelne an seinem Schicksa

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
0

Handlung

Die Geschichte beginnt 1973, kurz nachdem Francis Gleeson aus Irland nach New York kommt und dort Polizist wird. Er lernt die italienisch-polnisch stämmige Lena kennen und heiratet sie. Von seinem ...

Handlung

Die Geschichte beginnt 1973, kurz nachdem Francis Gleeson aus Irland nach New York kommt und dort Polizist wird. Er lernt die italienisch-polnisch stämmige Lena kennen und heiratet sie. Von seinem Kollegen Brian erfährt er von dem Gillam, einem ruhigen Vorort, der sich perfekt für Familien eignet. Einige Zeit nachdem sich Francis und Lena dort ein Haus gekauft haben, zieht auch Brian mit seiner Frau Anne dorthin. Wie es der Zufall will direkt ins Nebenhaus.
Eigentlich könnte man annehmen, dass die jungen Familien sich anfreunden. Die Männer sind Kollegen, die Ehepaare im gleichem Alter, doch jeder Versuch von Lena Gleeson eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen, wird von Anne Stanhope abgeschmettert. So bleiben die Stanhopes in dem kleinen New Yorker Vorort weitestgehend isoliert.

Francis und Lena führen ein glückliches Familienleben. Brian und Anne hingegen scheinen Probleme zu haben. Auch mit ihrem Kinderwunsch dauert es eine Zeit. Ihr einziger Sohn Peter findet schwer Kontakt zu anderen Kindern. Seine beste Freundin ist ausgerechnet die jüngste Tochter von nebenan. Peter ist ein stiller, zurückhaltender Junge. Kate hingegen ist wagemutig und aufgeweckt.

Die Eheprobleme der Stanhopes machen auch vor Peter nicht Halt. Zudem hat Anne immer öfter depressive Phasen, die Peter aufzufangen versucht. Sein Vater Brian ist ihm kaum eine Hilfe. Nichts von diesen Problemen dringt nach Außen.

Als Peter und Kate sich kurz vor ihrem Highschool Abschluss ineinander verlieben, beginnt sich die Situation zwischen den Familien zuzuspitzen. Doch die Gleesons haben keine Ahnung davon, was bei den Stanhopes tatsächlich vor sich geht. Als Peter spät abends bei den Gleesons klopft, um die Polizei zu rufen, marschiert Francis wie selbstverständlich nach nebenan, um nach dem Rechten zu sehen. Nie hätte er für möglich gehalten, was ihn in dem Haus erwartet. Dieser Abend wird das Leben beider Familien grundlegend ändern.
Auch die gerade aufblühende Liebe zwischen Kate und Peter findet an dem Abend ein jähes Ende. Ist es wirklich ein endgültiges Ende oder können Kate und Peter es schaffen, den scheinbar unüberbrückbaren Graben zwischen ihren Familien irgendwann zu überwinden?


Meinung

Wir begleiten die zwei Familien über drei Jahrzehnte. Schnell wird deutlich, dass Anne unter schweren psychischen Problemen leidet, Brian dies jedoch konsequent ignoriert. Leidtragender ist Peter. Lange Zeit dringt nichts von diesen Problemen nach draußen. Auch als das Offensichtliche nicht mehr zu verbergen ist, bleibt es unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit. Erst durch ein furchtbares Unglück löst sich die unerträgliche Situation bei den Stanhopes auf.

Die Heranwachsenden Kate und Peter werden abrupt auseinander gerissen und finden erst Jahre später wieder zueinander. Doch der Hass ihrer Familien sitzt tief. Erst müssen sie sich ihren Familien stellen und dann sich selbst, denn weder an Kate und schon gar nicht an Peter sind die damaligen Ereignisse spurlos vorbeigegangen. Jeder der Charaktere kämpft mit seinen Dämonen, die sich nicht einfach abschütteln lassen.

Die Autorin erzählt abwechselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven ihrer Figuren. So bekommt der Leser Einblick in die Gedankenwelt und die Vergangenheit des jeweiligen Charakters. Der Roman erzählt seine Geschichte hauptsächlich chronologisch. Zeitsprünge entstehen durch die Erinnerungen der Figuren. Manches wird eher indirekt erzählt. Durch diese verschiedenartigen Erzählweisen, hält der Roman seinen Spannungsbogen über die 462 Seiten konstant aufrecht. Es ist die Feinfühligkeit des Buches, welche die Charaktere lebendig und authentisch wirken lässt. Zu keiner Zeit gibt es Schuldzuweisungen. Der Leser kann sich sein eigenes Bild machen.

Mary Beth Keane erzählt mit großer Sensibilität von zwei Familien und davon, wie sich das Leben in nur einem kurzen Moment grundlegend ändern kann. Trotz der fast unlösbaren Probleme, bleiben die Familien, vor allem durch Kate und Peter, miteinander verbunden.


Fazit

Es ist einer der besten Romane, die ich in diesem Jahr lesen durfte. Von der ersten Seite an, hat mich die Geschichte gepackt. Besonders möchte ich die brillante Erzählweise hervorheben, die das Buch zu einem einzigen Lesevergnügen macht. Ich konnte mich gut in die Charaktere hineinversetzen. Der Autorin ist es gelungen, die Entwicklung der Geschichte durch die abwechselnden Perspektiven nachvollziehbar zu inszenieren. Vor allem Anne, die auf mich zu Beginn arrogant und unsympathisch wirkt, konnte ich am Ende vieles verzeihen und Verständnis für sie entwickeln. Die Frage nach Schuld ist ein zentrales Thema in dem Buch. Was ist Schicksal, was die Summe der Entscheidungen und wer trägt die Schuld? Der Roman zeigt, dass es darauf nie nur eine Antwort geben kann, denn wir alle können die Zukunft nicht voraussehen. Manchmal muss man die Dinge nehmen, wie sie kommen und dann lernen damit umzugehen und zu verzeihen.
Es ist ein außergewöhnlicher Roman, den ich nur empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2020

Ein lesenswerter Gedankenweg

Hope Street
0

In 28 Kapitel nimmt Campino den Leser mit auf eine Reise. Wir begleiten ihn zu sämtlichen Spielen des Liverpooler FCs. Darüber hinaus beleuchtet er seine innige Verbundenheit zu England, deren Grundstein ...

In 28 Kapitel nimmt Campino den Leser mit auf eine Reise. Wir begleiten ihn zu sämtlichen Spielen des Liverpooler FCs. Darüber hinaus beleuchtet er seine innige Verbundenheit zu England, deren Grundstein sicher seine von dort stammende Mutter legte.

Im August 2019 beginnt eine turbulente Saison. Liverpool startet als frisch gekürter Champions-League-Sieger. Für Campino ist es die 47. Saison, die er als Liverpool Anhänger erlebt. Wenn möglich, steht er im Stadion. Ganz egal, ob es das Stadion an der Anfield Road ist oder eines in der Wüste Katars. Es sind nicht nur die Spiele an sich, die sein Leben als Fan bereichern, sondern auch die Begegnungen, die er dabei erlebt. Diese besonderen Momenten schildert Campino in seinem Buch. So trifft er den Stadionsprecher des LFC in einem Pub oder besucht den aktuellen Trainer des Vereins Jürgen Klopp in seinem Haus. Über die Jahre sind durch den Fußball viele Freundschaften entstanden.

Die Fans des Liverpool FCs sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die zusammen steht. Campino berichtet von diesem Gefühl der Verbundenheit und dem Drang dabei sein zu wollen. Doch das „Dabei sein“ hat auch oftmals seinen Preis. Vieles in seinem Kalender richtet sich nach den Spielen des Clubs. Falls es mal nicht möglich ist vor Ort zu sein, müssen Lösungen her, damit Campino wenigstens aus der Ferne zusehen kann. Auf sehr humorvolle Weise schildert Campino sein Verhalten in solchen Situationen und lässt hierbei auch Reaktionen aus seinem direkten Umfeld nicht aus. Manches, was er für seinen Fußball Club auf sich nimmt, sieht er anscheinend selbst mit einem Augenzwinkern. Trotzdem sollte man sich von den selbstkritischen Passagen nicht täuschen lassen, die Sache an sich ist ihm sehr ernst.

Neben den Erlebnissen rund um die Spiele, blickt Campino zurück auf seine Familiengeschichte. Seine Eltern lernen sich an der Universität Göttingen kennen, die erste, die im britischen Sektor kurz nach dem Krieg den Betrieb wieder aufnahm. Seine Mutter Jennie gehört zu einer Auswahl britischer Studenten, die sich mit den deutschen Studenten austauschen sollen. Es wird nicht einfach gewesen sein, in dieser Zeit eine gemeinsame Zukunft zu planen. Doch Campinos Mutter wagt den Schritt und zieht nach Deutschland. Anhand von Briefen und Erinnerungen zeichnet Campino sein deutsch-englisches Familienleben nach. Er schreibt über Urlaube in Cornwall, erinnert sich an den Alltag in Mettmann und bedauert, dass er seinen Eltern manche Frage nie gestellt hat.

Ausgangspunkt der meisten Kapitel ist ein Fußballspiel. Doch schnell machen sich die Gedanken des Autors auf ihren eigenen Weg und schweifen in die Vergangenheit. Mal erinnert er sich an Situationen in der Familie oder Momente mit Freunden oder mit seiner Band. Er springt zwischen seinen Erinnerungen hin und her. Als Leser wusste ich nie, was wohl als nächstes kommt. Mein Interesse an seinen Gedankengängen hat jedoch an keinem Punkt nachgelassen. Gerade die Umstände, unter denen seine Eltern sich kennenlernten, haben mich beeindruckt. Ich glaube nicht, dass ich den Mut gehabt hätte, in ein vom Krieg noch völlig zerstörtes Land zu ziehen, in dem ich mit großer Wahrscheinlichkeit weiter als Feind gesehen werde.

In dem Buch geht es zwar hauptsächlich um den Liverpooler FC, dennoch ist es auch ein Buch über Leidenschaft, Liebe, Familie und Freundschaft. Vielleicht kann nicht jeder Campinos Passion für den LFC nachvollziehen, aber es gibt nun einmal Dinge, die für einen selbst von höchster Wichtigkeit sind, die in den Augen anderer jedoch völlig belanglos erscheinen. Wesentlich dabei ist meiner Meinung nach, dass es einen glücklich macht.


Fazit

Campino gewährt in diesem Buch sehr private Einblicke in sein Leben. Vieles hat mich zum Schmunzeln gebracht, dennoch gibt es einige ernsthafte Passagen. Wer ein lustiges, oberflächliches Buch erwartet, liegt falsch. Das er es bedauert, seinen Eltern manche Frage nicht gestellt zu haben, kann ich gut nachvollziehen. Es ist großartig, dass so viele Feldpostbriefe in der Familie erhalten sind. Mir haben vor allem die Begegnungen mit den unterschiedlichen Menschen gefallen. Niemals kam dabei eine Art von Rockstar Attitüde hervor. Ob man diese Fußball Leidenschaft immer verstehen kann, bleibt dahingestellt, aber darum geht es auch gar nicht. Es ist ein außergewöhnliches Buch, das mit seiner offenen und ehrlichen Art punktet. Ich würde mich freuen, wenn Campino die ein oder andere Geschichte, die er erlebt hat, nochmal in Buchform packt. Hope Street ist ihm jedenfalls fabelhaft gelungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere