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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2019

Übermäßig durchkomponiert

Wir, die wir jung sind
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Der bei C.H.Beck erschienene, umfangreiche Roman „Wir, die wir jung“ sind gibt aus der Sicht eines Heimkehrers einen tiefen Einblick in Indien und seine Kultur. Jivan kommt nach Jahren des Studiums in ...

Der bei C.H.Beck erschienene, umfangreiche Roman „Wir, die wir jung“ sind gibt aus der Sicht eines Heimkehrers einen tiefen Einblick in Indien und seine Kultur. Jivan kommt nach Jahren des Studiums in den USA zurück und hofft auf eine Position im Familienunternehmen The Company.
Zunächst ist Jivan orientierungslos, fühlt sich sich mit westlicher und östlicher Prägung zwischen allen Stühlen. Mit seinen alten Freunden Sita oder Gargi versteht er sich aber noch gut.

In den folgenden Teilen wechseln die Figuren, die im Blickpunkt stehen, aber alle stehen sie im Zusammenhang mit dem Unternehmen und der Familie. Es sind insgesamt Jivan – Gargi – Radha – Jeet – Sita.
Durch diese Erzählmethode erhält der Leser einen guten Überblick.
Leider empfinde ich die Figuren nach gutem Anfang mit der Zeit nicht unbedingt als sympathisch, aber das soll kein wertendes Urteil sein. Dennoch hapert es nach meinem Empfinden an der Figurenentwicklung.

Sprachlich ist das Buch nicht schlecht gemacht. Manchmal sind aber auch verunglückte Sätez dabei, wobei ich nicht soweit gehen will, von schiefen Bildern zu sprechen. Dennoch ...

Preti Taneja spinnt diese Familiengeschichte kühl durchkalkuliert und auf komplexe Art. Sie ist an König Lear angelehnt, was man meiner Meinung nach nicht unbedingt wissen muss. Ein wenig stört es, dass vom Verlag und sogar von der Autorin damit geprotzt wird.
Wenn man als Shakespeare-unkundiger Leser einige Anspielungen nicht versteht? So what!

Veröffentlicht am 17.02.2019

Der brennende Hund

Die Leben danach
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Das Buch beginnt dramatisch. Nachdem der Protagonist nach einem Herzstillstand fast gestorben wäre, beschäftigt er sich verständlicherweise mit der Frage, was nach dem Tod kommt. Anscheinend gibt es mehrere ...

Das Buch beginnt dramatisch. Nachdem der Protagonist nach einem Herzstillstand fast gestorben wäre, beschäftigt er sich verständlicherweise mit der Frage, was nach dem Tod kommt. Anscheinend gibt es mehrere Möglichkeiten, die sich aus Spiritualität und Religion speist, sogar Wiedergeburt, Hologramme oder Geister sind möglich.
Bei all dem bedient der Autor dennoch keine esoterischen Ansätze.

Man muss sich auf den Stoff einlassen, das ist nicht leicht, denn der amerikanische Autor Thomas Pierce schreibt eigenwillig. Schwer zu lesen ist der Stil aber nicht. Dennoch weiß man oft nicht, worauf es hinauslaufen soll. Es gibt einiges rätselhaftes, wie zum Beispiel den brennenden Hund.

Mich störte ein wenig, dass auf die Durchschnittlichkeit von Jim Byrd beharrt wurde.
Eine berührende Liebesgeschichte, wie vom Klappentext versprochen, habe ich nicht gesehen. Die Beziehung zwischen Jim und Annie strahlt leider auch Durchschnittlichkeit aus.

Das Buch erweckt durch Klappentext und Cover den Eindruck, etwas anderes zu sein, als es ist. Es würde mich nicht wundern, wenn viele Leser daher eine Weile brauchen, mit dem Roman warm zu werden. Hinzu kommt, dass der Roman in meinen Augen zu lang ist.
Es ist immerhin ein außergewöhnliches Buch und ich würde gerne noch etwas anderes von Thomas Pierce lesen, vielleicht eine seiner vielen Kurzgeschichten, die in verschiedenen Magazines erschienen sind.

Veröffentlicht am 14.02.2019

Ahnenchronik

Wo wir zu Hause sind
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Man geht mit falschen Erwartungen an das Buch heran, wenn man es für erzählerisch gestaltet hält. Es ist ein sorgfältig gemachtes Sachbuch über die Familie des Autors Maxim Leo. Dabei geht er in die Vergangenheit ...

Man geht mit falschen Erwartungen an das Buch heran, wenn man es für erzählerisch gestaltet hält. Es ist ein sorgfältig gemachtes Sachbuch über die Familie des Autors Maxim Leo. Dabei geht er in die Vergangenheit weit zurück bis in die Zeit vor dem Krieg. Schon früh musste die Familie aus Deutschland fliehen und verstreute sich weit: Israel, England, Chicago.

Die Geschichte der einzelnen Familienmitglieder wird durch Fotos unterstützt, z.B. Irmgard und Hans,1932 in Berlin. Hilde 1929. Fritz und sein Sohn Andre 1935. Ilse in Rheinsberg, Andre 1950 im Kibbuz etc.
Fränkel wurde von der SA verhaftet. Das war der Ausgangspunkt für die Flucht der ganzen Familie. 1935 kamen sie in Frankreich am Jardin de Luxembourg noch einmal kurz zusammen, bevor sie sich in alle Winde zerstreuen.
Maxim Leo nutzt die Fotos als Ausgangspunkt, er schätzt sie aufgrund ihres Aussehens und Ausdrucks gut ein, glaube ich. Man erfährt so einiges über sie.
Maxim Leos Reflexionen wechseln von Erkenntnissen heute und Geschehnisse damals.

Eine ausgiebig gestaltete Ahnenchronik, kein Roman. Manches war mir im Detail zu ausführlich, aber vieles war auch interessant.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Eine Zukunftsvision, die nicht unrealistisch ist

Die Mauer
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Nicht der erwartete Brexit-Roman sondern ein überhaupt pessimistisches Gesellschaftsbild in Zeiten des Klimawandels, in der ein Land wie Großbritanien exemplarisch in seiner Abschottung ist. Auch andere ...

Nicht der erwartete Brexit-Roman sondern ein überhaupt pessimistisches Gesellschaftsbild in Zeiten des Klimawandels, in der ein Land wie Großbritanien exemplarisch in seiner Abschottung ist. Auch andere Ländern wollen Mauern aufbauen und kennen keine Gnade gegen jeden, der nicht direkt dazugehört. Das ist der auf die Spitze getriebene Egoismus.
John Lanchesters dystopischer Roman ist auch entsprechend düster. In einem Interview auf Deutschlandfunk Kultur hat der Autor begründet, warum er jeden Humor aus dem Roman raus genommen hat. Das würde nicht funktionieren und das ist glaubhaft. Doch angenehm zu lesen ist das Buch daher nicht immer. Der Protagonist Joseph Kavanagh, ein junger Mann, der einen 2jährigen Dienst auf der Mauer antritt, ist ein Durchschnittstyp. Kein Held, im Prinzip bereit seine Pflicht zu tun und die ankommenden Flüchtlinge auch zu töten, wenn sie kommen.
Die Gesellschaftsform ist restriktiv geworden und da ist es sicher nicht einfach, sich so zu entwickeln wie es möglich ist. Erst durch eigenen Erfahrungen stellt er das System in Frage.
Für mich bleibt er aber leider durchgängig eine schwache Hauptfigur, da einfach zu wenig Profil hat. Das schadet dem gesamten Roman, da Joseph immerhin der Icherzähler ist.
Die Stimmung, vor allem im dritten Teil, der die Zeit der Verbannung erzählt, ähnelt streckenweise der TV-Serie The Lost, was auch nicht ganz überzeugt.

Die Mauer ist ein Roman mit guten Ansätzen, der durch Schwächen in Plot und Figurenführung, zu wenig aus dem Stoff macht und jedenfalls teilweise daher in seiner Wirkung verpufft.

Veröffentlicht am 25.01.2019

eigenwillig

Allee unserer Träume
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Allee der Träume ist ein Roman, der ein Stück deutsche Geschichte abbildet. Es wird ein ambivalentes Bild der deutschen Gesellschaft, insbesondere des Ostens, in den vierziger, fünfziger Jahre gezeigt. ...

Allee der Träume ist ein Roman, der ein Stück deutsche Geschichte abbildet. Es wird ein ambivalentes Bild der deutschen Gesellschaft, insbesondere des Ostens, in den vierziger, fünfziger Jahre gezeigt.
Da schon im Vorwort darauf hingewiesen wird, das viel erfunden ist, bleibt man als Leser teilweise irritiert, was man von dem ganzen halten soll. Eine klare Trennung zwischen Fakten und Fiktion wäre wünschenswert und für die meisten Autoren ist das auch kein Problem.
Spät im Buch gibt es noch Passagen 1978 und 1989.

Einige Nebenfiguren sind interessant angelegt, wie z.B. Hans oder Ilses Mutter, bleiben dann aber doch zu plakativ dargestellt. Das Zeitportrait schwankt zwischen glaubwürdig und leicht konstruiert.

An der Hauptfigur Ilse gefällt mir, dass sie lebhaft und engagiert ist, dabei doch anfällig für die Machtstrukturen ist, in die sie sich fügt. Sie ist auf jeden Fall glaubwürdig, aber es ist auch nicht immer leicht, sie zu mögen. Ihre Eigensinnigkeit aber ist es zu verdanken, dass sie sich in ihrer Position als Architektin durchsetzen kann, aber auch zwischen die Stühle gerät.

Erwähnenswert ist natürlich auch das auffällige Cover mit dem ausdrucksvollen Gesicht.

Das Buch ist kein Flop, es gibt zahlreiche gut gemachte Passagen, besonders zum Ende hin Aber so ganz konnte es mich auch nicht packen. Deswegen gebe ich nur genau 3 Sterne!