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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2018

In einer Wiener Sommernacht

Sommernachtsreigen
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Anna Herzig baut ihren kleinen Reigen in erster Linie auf Gespräche zwischen Bertl und Pawel in einer Sommernacht auf. Das Buch ist sehr dialogbetont!

Die Figuren sind sehr präsent. Der eher gemütliche ...

Anna Herzig baut ihren kleinen Reigen in erster Linie auf Gespräche zwischen Bertl und Pawel in einer Sommernacht auf. Das Buch ist sehr dialogbetont!

Die Figuren sind sehr präsent. Der eher gemütliche Bertl, der eigentlich Albert heißt,, ist ein Gegensatz zu den nüchternen Fotografen Pawel. Trotzdem verstehen sich die beiden von Anfang an gut!
Bertl ist mit Johanna verheiratet, doch nachdem die Leidenschaft nach Jahren eingeschlafen ist, steht ihre Beziehung vor dem Aus. Doch manchmal kann eine einzige Nacht entscheidend sein.

Schauplatz ist Wien, daher sind auch die Gespräche durchdrungen von der Wiener Lebensart und dem wienerischen Dialekt. Dadurch entsteht ein dichter, atmosphärischer Sound, bei dem man sich wünscht, man würde den Roman hören.

Veröffentlicht am 01.07.2018

Das Flair von Lappland

Helle Tage, helle Nächte
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Helle Tage, Helle Nächte ist ein gut lesbarer Roman um ein Familiengeheimnis und eine lang andauernde Liebesgeschichte. Okay, das gibt es oft, aber hier ist das besondere das Flair in Lappland. Jokkmokk ...

Helle Tage, Helle Nächte ist ein gut lesbarer Roman um ein Familiengeheimnis und eine lang andauernde Liebesgeschichte. Okay, das gibt es oft, aber hier ist das besondere das Flair in Lappland. Jokkmokk bietet reizvolle Landschaftsbeschreibung der Berge, hinzu kommt die Kultur der Samen.
Ausgehend ist die Geschichte aber zunächst in Deutschland. Die 72jährige Anna hat die Diagnose Krebs. Aus diesem Anlass möchte sie eine alte Schuld auflösen und schickt ihre Nichte Frederike nach Jokkmokk, um da Petter zu treffen, der damals ihre große Liebe war. Sie soll ihm einen Brief übergeben.
Für Frederike ist das Land fremd, es fasziniert sie aber auch.
Einen Anteil an der Familiengeschichte haben auch die schon verstorbenen, zum Beispiel Annas Schwester oder ihre Eltern.

Die Handlungsstränge um Anna, die sich doch noch zu einer Therapie entscheidet und Friederike auf ihrer Reise wechseln ab. Das ist gut gemacht, als Leser bleibt man kontinuierlich im Lesefluß. Die Beschreibungen sind eindringlich, man fühlt sich als Leser dabei.
Mir gefällt auch gut, dass es der Autorin Hilde Baier gelungen ist, ihren Figuren Profil und Eigenständigkeit zu verleihen. Dabei sind die Protagonisten alle nicht perfekt, ihre Schwächen machen sie menschlich und realistisch.
Das Buch taugt dazu, lange Zeit am Stück in der Geschichte zu versinken.

Veröffentlicht am 28.06.2018

Viel mehr bekommen als erwartet

Nie wieder Amore!
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Sympathische Figuren, sympathische Geschichte, leicht lesbar!
Als die Apothekerin Monika erfährt, dass ihre ehemalige Liebe Vincenzo als Weinbauer in Sizilien doch noch lebt, reist sie zusammen mit ihrem ...

Sympathische Figuren, sympathische Geschichte, leicht lesbar!
Als die Apothekerin Monika erfährt, dass ihre ehemalige Liebe Vincenzo als Weinbauer in Sizilien doch noch lebt, reist sie zusammen mit ihrem Enkel Jan dahin und macht sich auf die Suche nach ihrer großen Jugendliebe.
Begleitet werden sie von Lena und Francesca, die eine Sprachschule aufmachen wollen.
Die kleine Gruppe, die schnell gute Freunde werden, klappern die Weinberge in Sizilien ab, um Vincenzo finden.
Zwischen der romantischen Lena und dem pedantisch deutschen Jan entwickelt sich mehr als Freundschaft.

Die Cover von Tessa Hennig-Romanen sind immer sehr auffällig und deuten auf Humor. Bei “Nie wieder Amore” finde ich das Cover aber eigentlich nicht passend. Der Roman hat zwar Witz, aber er ist kein Klamauk. Die Dialoge möchte ich ausdrücklich loben.
Die Handlung ist gründlich durchkomponiert, man spürt die Routine einer erfahrenen Autorin.

Für Italien-Fans ist der Roman genau das richtige. Das Land wird sehr reizvoll geschildert.

Veröffentlicht am 23.06.2018

November 1938 in einem deutschen Dorf

Ein ganz normales Pogrom
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Ein Sachbuch mit wichtigen Thema.
Das ein Dorf in Deutschland in jener schlimmen Zeit genauer betrachtet wird, funktioniert, weil es stellvertretend für nahezu alle in Deutschland steht und somit exemplarisch ...

Ein Sachbuch mit wichtigen Thema.
Das ein Dorf in Deutschland in jener schlimmen Zeit genauer betrachtet wird, funktioniert, weil es stellvertretend für nahezu alle in Deutschland steht und somit exemplarisch ist.
Es ist deutlich ein Sachbuch, nicht erzählend. Dabei ist schade, dass man die Täter und die 1938 wenigen im Dorf verbliebenden Juden über die Fakten hinaus nicht besser als Menschen kennen lernt. Das wäre mir wichtiger gewesen als die Klärung von Begriffen und ihre Anwendbarkeit oder irgendwelche Zahlen.
Davon abgesehen ist das Buch gut gemacht, wird mit zunehmender Lesedauer immer packender, obwohl die Schilderungen der Greueltaten stellenweise nur schwer erträglich sind.

Im Mittelpunkt steht der Demütigungsmarsch, zu den die Juden 1938 in Guntersblum getrieben werden. Dabei werden sie geschlagen und verhöhnt. Erschreckend, dass dabei so viele Kinder anwesend waren, die für dieses Spektakel sogar Schulfrei hatten und sich offensichtlich prächtig dabei amüsierten. Das zeigt besonders deutlich, die Verrohung der Gesellschaft. Krasse Minderheit war ein Ehepaar, dass sich später wegen ihren aggressiven Söhnen entschuldigte.

Auch Plünderungen und Verwüstungen waren eine Selbstverständlichkeit. Der Autor schildert das detailliert.
Und im ganzen Lande wurden die Synagogen abgebrannt.

Deutlich wird auch die staatliche Steuerung der Pogrome, die das ganze förderten und den Tätern praktisch frei Hand gaben. Den traumatisierten Opfern drohte noch Flucht oder die Deportation.

Wenn man das alles so liest, fragt man sich auch, ob vergleichbares heute möglich wäre und man kommt zu dem Schluß, dass es nicht unmöglich ist, da das Klima deutlich antisemitische und fremdenfeindliche Züge trägt und Hetzer gibt es genug!

Das Buch schließt noch mit einem Ausblick auf die Zeit nach 1945.
Fazit: Ein wirklich lesenswertes Buch!

Veröffentlicht am 18.06.2018

Roman über Frauen, Freundschaft, Idole und Entwicklung

Das weibliche Prinzip
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Das weibliche Prinzip ist ein Roman mit interessanten Themen, anfangs angesiedelt im College-Milieu und später bei der Arbeit bei einer feministischen Nonprofit-Organisation.

Aufgrund des Anfangs des ...

Das weibliche Prinzip ist ein Roman mit interessanten Themen, anfangs angesiedelt im College-Milieu und später bei der Arbeit bei einer feministischen Nonprofit-Organisation.

Aufgrund des Anfangs des Romans, bei dem eine junge Studentin Greer von einem Kommilitonen belästigt wird, denkt man sofort an die Me-Too-Diskussion.
Greer sagt zwar gegen ihren Belästiger aus, der aber fast unbestraft davonkommt, doch ihre Entwicklung zu einer selbstbewussteren Frau beginnt erst mit der Begegnung mit Faith Frank, die als feministische Aktivistin berühmt und erfolgreich wurde. Greer beginnt nach dem College für Faith zu arbeiten.

Meg Wolitzer schreibt sehr amerikanisch, was mir persönlich zusagt und es gelingt ihr, ihre Figuren dem Leser nahezubringen. Zunächst konzentriert sie sich auf Greer, zeigt ihre Entwicklung, auch ihre Beziehung zu ihrem Jugendfreund Cory, mit dem sie eine Fernbeziehung führt. Ihre Zweifel und Bedenken werden nicht ausgespart.

Später wird auch Greers Freundin Zee mehr betrachtet, schließlich wird in die Vergangenheit zurückgegangen und auch Faith Franks Lebensweg gezeigt. Der Mittelteil zieht sich etwas.
Spannend wird es wieder, als auch Konflikte zwischen den Protagonisten ausbrechen. Greer ist nicht mehr überzeugt von ihrer Mentorin, auch zwischen Greer und Zee führt ein lange zurückliegender Verrat zur Entzweiung.

Ein gutes Buch, das sicher länger im Gedächtnis bleiben wird!