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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2017

Amerikaner in New York

Liebe findet uns
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Der deutsche Titel klingt einfallslos, obwohl der Originaltitel “The Map that leads to you“ auch nicht viel besser ist. Insgesamt ist das Buch nicht so kitschig wie man hätte erwarten können. Aber es ...

Der deutsche Titel klingt einfallslos, obwohl der Originaltitel “The Map that leads to you“ auch nicht viel besser ist. Insgesamt ist das Buch nicht so kitschig wie man hätte erwarten können. Aber es ist natürlich wirklich ein intensiver Liebesroman. Das Thema wird mit Ernsthaftigkeit, aber ohne Verkrampfung angegangen. Die Amerikanerin Heather macht mit ihren beiden besten Freundinnen Constance und Amy eine Europareise als im Zug Jack trifft. Dieses erste Treffen im Zug zeugt von dem Wortwitz, den J.P.Monninger in den Dialogen einsetzt. Heather und Jack verlieben sich und sind bald unzertrennlich. J.P.Monninger schafft es, große Gefühle zu beschreiben, ohne das es peinlich wird.
Es gibt aber auch Streit, wenn die Meinungen mal auseinandergehen, zum Beispiel über das Leben in New York, was Heather beabsichtigt, Jack jedoch kritisch sieht. Ihn zieht es nicht zu einem konservativen Leben mit Job von nine to five.

Neben den Heather / Jack-Abschnitten sind auch die Passagen mit den 3 Freundinnen gut gestaltet, wenn auch vielleicht etwas zu idealisiert. So ungetrübt ist selten eine Freundschaft.

Jack folgt den Spuren seines Großvaters, der nach dem Krieg durch Europa reist, das in einem Tagebuch aufzeichnete. Ab und zu sind Ausschnitte des Tagebuchs den Kapiteln vorgestellt und verleihen zusätzlich Flair. Die gemeinsame Reise führt Jack und Heather durch einige große europäische Städte, deswegen bleibt es abwechslungsreich.
Zwar war ich nicht unbedingt ganz glücklich darüber, wohin die Handlung führt, zur plötzlichen Trennung, wie schon im Klappentext pathetisch angekündigt. Doch eigentlich war ja schon im Prolog auch eine Melancholie der Erzählerin angedeutet und das Buch bleibt bis zum Schluß interessant.

Veröffentlicht am 07.07.2017

Sprachlich fein geschliffen

Liebe wird überschätzt
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Die Autorin hat schon ein paar Bücher, hat sich aber noch nicht auf dem deutschen Buchmarkt durchgesetzt. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie das mit diesem Erzählungsband schafft. Die kurze Prosa ...

Die Autorin hat schon ein paar Bücher, hat sich aber noch nicht auf dem deutschen Buchmarkt durchgesetzt. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie das mit diesem Erzählungsband schafft. Die kurze Prosa ist ihre Spezialität. Man merkt, dass die Autorin Sprachwissenschaftlerin ist.
Es sind einige Kurzgeschichten erhalten, die auf den ersten Blick nicht voll erfassbar scheinen. Sentimentalität will die Autorin nicht zulassen. Diese Widerspenstigkeit ist nur eine scheinbare Schwäche. Mehrfach lesen ist zu empfehlen.

Die erste Geschichte lässt nach gutem Beginn zum Ende hin ziemlich nach, da die Litanei der Tochter der Protagonisten auch den Leser wie eine kalte Dusche erwischt.
Das ist aber sicher Absicht der Autorin und eine Methode, die sie noch wiederholen wird. Bei der zweiten Story „Der Tag nach dem Fest“ gefällt mir die strukturelle Komposition und die Erzählstimme, obzwar sie recht selbstreferenziell ist.

Die dritte Geschichte handelt überaschenderweis in einem Kloster. Sie überzeugt durch die starke Hauptfigur und dem Storyverlauf. Für mich der Höhepunkt des Bandes, da sie detailreich, zum Teil auch drastisch erzählt wird und konsequent abschließt. Man spürt die Energie, die von Valeria Parrellas Prosa ausgeht.
Das gilt auch für die nächste Geschichte Behave, die etwas von einer tragischen Familiengeschichte hat, dann aber durch die Sätze des Sohnes geerdet wird und so vor Rührseligkeit schützt.
Es folgen noch ein paar Stories, meist kürzere.

Nicht jede Geschichte reißt zu Begeisterungsstürmen hin, aber bei den meisten bleibt einiges hängen und man merkt, wie man auch später noch über die Inhalte nachdenkt.

Veröffentlicht am 11.06.2017

Die Welt der Toten in Irland

Der Freund der Toten
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Der Freund der Toten ist ein raffiniert durchkonstruierter Roman, bei dem es auf jeden Satz ankommt. Es kommt vor, dass Sätze wiederkehren, unter anderen Bedingungen. Das sind für den aufmerksamen Leser ...

Der Freund der Toten ist ein raffiniert durchkonstruierter Roman, bei dem es auf jeden Satz ankommt. Es kommt vor, dass Sätze wiederkehren, unter anderen Bedingungen. Das sind für den aufmerksamen Leser immer wider besondere Lesemomente.
Die Atmosphäre speist sich aus dem Schauplatz und der irischen Mythologie, in der es Trolle gibt und die Toten allgegenwärtig. Das verleiht dem Thriller mit Krimiplot die außergewöhnliche Note.
Die Autorin verfügt außerdem über das Talent, eigenwillige und eigenständige, originelle Figuren zu entwerfen. Das gilt neben der Hauptfigur Mahony, der im irischen Dorf Mulderrig über den Verbleib seiner Mutter forscht, vor allen für die exzentrische Mrs Cauley, eine ehemalige Schauspielerin, die im Dorf lebt und nicht selten mit sarkastischen Bemerkungen auffällt. Sie ist ein ganz besonderer Charakter.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich mich manchmal schwer mit dem Buch tat. Ein Grund ist die Zeit der Handlung, 1976, die mir gediegen vorkommt. Dann musste ich mich zwingen, mich wieder auf das Außergewöhnliche der Handlung einzulassen.
Den Sinn des deutschen Titel „Der Freund der Toten“ verstehe ich nicht ganz.
Sprachlich ist Himself, so der Originaltitel, sehr interessant. Obwohl ich von der deutschen Übersetzung überzeugt bin, würde ich manche Passagen auch gerne im Original lesen. Man darf gespannt sein, was von Jess Kidd noch folgen wird, dieser Roman jedenfalls bekommt schon jetzt viel Aufmerksamkeit.

Veröffentlicht am 08.06.2017

heller und angenehmer Erzählton

Lost in Fuseta
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Lost in Fuseta ist bestimmt kein besonders spannender Krimi, aber darum geht es ja auch nicht. Der Fall steht nicht im Vordergrund. Den ermordeten Privatdetektiv hatte ich im Verlaufe des Buches fast vergessen.
Man ...

Lost in Fuseta ist bestimmt kein besonders spannender Krimi, aber darum geht es ja auch nicht. Der Fall steht nicht im Vordergrund. Den ermordeten Privatdetektiv hatte ich im Verlaufe des Buches fast vergessen.
Man lernt durch viele spezifische Details in diesen Roman etwas von Portugal kennen. Das Buch ist angenehm zu lesen bzw. zu hören, denn ich hatte mich von das Hörbuch, gelesen von Andreas Pietschmann, entschieden. Dieser Sprecher beeindruckt mit der Ruhe mit der er vollkommen entspannt liest. Man kann seiner Stimme lange am Stück zuhören, ohne sich zu langweilen. Ich fand Andreas Pietschmann schon als Sprecher von Jonathan Troppers Sieben verdammt lange Jahre gut, nach dieser Produktion rutscht er bei mir in die Elite unter den Sprechern.
In den Dialogen gelingt es ihm, den Figuren stimmlich eine spezifische Färbung zu geben, und das ohne groß die Stimme zu verstellen.
Die Dialoge sind oft humorvoll und originell. Eine Stärke des Buches!
Auch der Humor wird gut eingesetzt, nicht aufgesetzt und nur einige Klischees werden eingesetzt.
Schließlich wird der Fall dann doch wieder interessanter. Es läuft auf einen Trinkwasserskandal hinaus und Umweltrelevanz wird eigentlich wichtiger als nur ein simpler Mord.

Mit dem deutschen Kriminalkommissar Leander Lost gelangt eine skurrile Figur an die Algarve. In Portugal wirkt er wie ein Fremdkörper, zuerst kommt er mit seinen neuen Kollegen nur schlecht zurecht. Er irritiert seinen Kollegen Graciana Rosado und Carlos Esteves
Doch Leander schafft es schließlich, ein Teil der für ihn neuen Umgebung zu werden. Aber nicht nur er ist eine sympathische Figur, sondern das ganze Team, in das er sich fügt. Ich mag die Leichtigkeit und die Entspanntheit, die komischen Momente und die Erzählintelligenz des Buches. Der Roman strahlt mit seinem warmen Ton die Helligkeit Portugals aus.

Veröffentlicht am 25.05.2017

Noahs Weg

Glück ist teuer
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Glück ist teuer ist in einem unabhängigen Schweizer Verlag erschienen und bietet erfreulicherweise nicht den Einheitsbrei der etablierten Großverlage.
Es erzählt von entscheidenden Momenten im leben des ...

Glück ist teuer ist in einem unabhängigen Schweizer Verlag erschienen und bietet erfreulicherweise nicht den Einheitsbrei der etablierten Großverlage.
Es erzählt von entscheidenden Momenten im leben des 22jährigen Studenten Noah in der Schweiz. Ihn kennzeichnet die Ziellosigkeit und Egoismus der Jugend. Seine Mutter hatte ihn alleine erzogen, da der Vater die Familie früh verlassen hat. Es gibt auch einige Rückblicke in Noahs Kindheit, dadurch lernt man ihn gut kennen.
Den Handlungsort Schweiz fand ich interessant. Auch diie Universitätpassagen haben mir gut gefallen, z.B. seine Gespräche mit einem unkonventionellen Professor. Erinnerungen an eigene Studienzeiten kamen beim Lesen auf.

Schließlich hat Noah die Chance sich dem fremdgewordenen Vater wieder anzunähern, dafür droht er Gefahr in die Abgründe der Finanzwelt zu rutschen. Das kann schnellen Reichtum schaffen, aber die Schattenseiten sind Egozentrik und Kälte.
Das gefährdet auch seine Beziehung zu Sophia, die er seit seiner Kindheit kennt. Sie war die kleine Schwester seines Babysitters Anouk, die er sehr verehrt hat.
Es gibt aber auch noch die resolute Jelena, mit der er sich gut versteht.
Als Leser hofft man aber, dass er Liebe von Sophia nicht verliert.

Noahs Unstetheit und Ängste vor ungewisser Zukunft kann man nachvollziehen. Allerdinsg interessierten mich die Passagen in der Finanzwelt nicht so stark, da ich keinen Bezug zu Wirtschaftswissenschaften habe. Zum Glück bietet das Buch des jungen Autors Silvan Aeschlimann auch so genug.