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Veröffentlicht am 08.04.2020

Reyhan Sahins Weg

Lady Bitch Ray über Madonna
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Dieses Buch der Rapsängerin Lady Bitch Ray besitzt eine große Intensität, die auch den ganzen Text über aufrechterhalten bleibt. Das ist schon eine Qualität.
Über Madonna erfährt man nicht viel neues. ...

Dieses Buch der Rapsängerin Lady Bitch Ray besitzt eine große Intensität, die auch den ganzen Text über aufrechterhalten bleibt. Das ist schon eine Qualität.
Über Madonna erfährt man nicht viel neues. Vielmehr spricht Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray über ihre Kindheit und Karriere und wie sie von Madonna beeinflusst wurde. Das bezieht sich aber weniger auf musikalischer Einfluß, da glatte Popmusik und provokanter Rap wenig gemeinsam haben. Es ist Madonnas selbstbewusstes Auftreten und ihre religiösen wie sexuellen Themen, die auch die Sängerin aus Bremen-Gröpelingen interessierte. Aber auch kritische Aspekte werden nicht ausgespart. Die feministischen Aspekte greifen!

Reyhan Şahin schreibt überaus ehrlich über ihre Empfindungen und Schwierigkeiten im Musik- und Kulturbetrieb, etwa auch ihr Rauswurf bei Radio Bremen oder wie sie wenig Geld verdiente, da ihr Ansehen bei vielen gering war oder sie auf ihre türkische Herkunft oder ihre akademische Leistung reduziert wurde. Sie hat´s nicht leicht gehabt, ihr wurde es schwer gemacht.
Es war, interessant, einmal einen Einblick nehmen zu können.

Nur wenige Sätze des Textes wirken konstruiert, ansonsten ist das Buch ehrlich und kann als gelungen bezeichnet werden.

Leser, die nur Madonna-Fans sind und Lady Bitch Ray vielleicht nicht einmal kennen, sind bei diesem Buch vermutlich falsch.

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Veröffentlicht am 01.04.2020

Fahrt eines Trinkers

Schlusslichter
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Der Roman von Georges Simenon stammt aus dem Jahr 1953 und hat sowohl Thrillermomente als auch psychologische Elemente.
Das amerikanische Ehepaar Steve und Nancy fahren gemeinsam im Auto nach Maine um ...


Der Roman von Georges Simenon stammt aus dem Jahr 1953 und hat sowohl Thrillermomente als auch psychologische Elemente.
Das amerikanische Ehepaar Steve und Nancy fahren gemeinsam im Auto nach Maine um dort ihre Kinder aus einem Ferienlager abzuholen.
Doch auf der Fahrt werden die Auseinandersetzungen zwischen ihnen intensiver, insbesondere weil Steve immer wieder halte macht, um Martini oder Whisky zu trinken. Sein Bewusstseinszustand ändert sich im Verlaufe der Zunahme seiner Trunkenheit.
Es ist damit auch ein ein Text in der Tradition berühmter Trinker-Romane, ich denke da z.B. an Malcolm Lowreys Unter dem Vulkan.
Auch hier wird der Roman stark durch Steves innere Monologe geprägt. Seine Gedankengänge werden mit der Zeit immer wirrer. Das ist teilweise schon sehr überzeugend gemacht.

Angereichert wird der Plot durch die fatale Begegnung mit einem gewalttätigen Mann, der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und von der Polizei gesucht wird.

Die Spannung nimmt kontinuierlich zu.

Ehrfurchtsvoll lese ich am Ende das bemerkenswerte Nachwort von der britischen Schriftsteller-Ikone Anita Brookner.

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Eine Jugend im Irak

Palast der Miserablen
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Abbas Kider ist ein auf Deutsch schreibender Autor, der im Irak geboren wurde. Seine Romane haben mich stets berührt. Seine neues auch.
Palast der Miserablen ist meiner Meinung nach ein großer Wurf. Der ...

Abbas Kider ist ein auf Deutsch schreibender Autor, der im Irak geboren wurde. Seine Romane haben mich stets berührt. Seine neues auch.
Palast der Miserablen ist meiner Meinung nach ein großer Wurf. Der Autor erzählt vom Aufwachsen und Leben im Irak.
Für die meisten von uns ist es eine fremde Welt. Dieses Buch erlaubt einen Einblick.

Zu so einer Jugend im Irak gehören auch die menschenfeindliche Diktatur eine Sadam Hussein und die Bomben des Bush.
Dann versucht die Familie von den Jungen Sham in Bagdad Fuß zu fassen. Das ist nicht einfach. Es wird auch ein gutes Portrait von Shams Vater und Mutter und seiner selbstbewussten Schwester.

Das Buch erzählt außerdem von leidvoller Gefangenschaft. Das sind düstere Abschnitte.
Die Handlung wechselt zwischen diesen beiden Eckpunkten.

Abbas Khider lässt sich Zeit beim Erzählen. Mit der Zeit entwickelt sich die Handlung und der Roman entfaltet sich. Man spürt, dass der Autor lange an dem Buch gearbeitet und alles gegeben hat.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Ein Buch zum Wiederlesen

Ein Sommer in Baden-Baden
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Obwohl ich den 1982 verstorbenen russischen Schriftsteller Leonid Zypkin dieses Jahr erst für mich entdeckt habe, verehre ich ihn schon jetzt. Seine literarischen Qualitäten sind zwingend.
Ein Sommer in ...

Obwohl ich den 1982 verstorbenen russischen Schriftsteller Leonid Zypkin dieses Jahr erst für mich entdeckt habe, verehre ich ihn schon jetzt. Seine literarischen Qualitäten sind zwingend.
Ein Sommer in Baden-Baden erzählt von Dostojewski, der auch für mich ein wichtiger Autor war.
Zypkin schafft es, die Gedanken des zeitgenössischen Erzählers und die Reisen Dostojewskis mit seiner Frau in Einklang zu bringen. Das Paar erreicht auch Baden-Baden. Gerade hier gibt es besonders viele Sätze mit außergewöhnlichen Beobachtungen und starker Ausdruckskraft.
Auffällig die Passagen, in denen Dostojewski viel Geld verspielt. Da denkt man sofort an sein Buch Der Spieler.

Dann gibt es wieder die Abschnitte mit dem Erzähler, der auf Dostojewskis Spuren wandelt, und wir Leser mit ihm.

Außerdem ist das Vorwort der großen Essayistin Susan Sontag überaus beeindruckend. Sie war ebenfalls eine Persönlichkeit und ihre Texte gehen in die Tiefe. Ihrer Analyse dieses Buches kann man nur andächtig lesen.

Ganz interessant ist auch der umfangreiche Bildteil (St.-Petersburg-Album) am Ende des Buches.

Ein Sommer in Baden-Baden ist ein Buch zum wiederlesen. Und das werde ich sicher tun!

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Ein moderner Klassiker

Die Brücke über den Fluss
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Die Brücke über den Fluß ist ein Roman, der 1973 geschrieben wurde. Den russische Autor Leonid Zypkin kann man eigentlich als modernen Klassiker lesen, obwohl er breiten Leserkreisen wenig bekannt ist. ...

Die Brücke über den Fluß ist ein Roman, der 1973 geschrieben wurde. Den russische Autor Leonid Zypkin kann man eigentlich als modernen Klassiker lesen, obwohl er breiten Leserkreisen wenig bekannt ist. Vielleicht bewirken die neuen Veröffentlichungen seines Werkes eine größere Anerkennung, was sehr zu wünschen wäre. Bei diesem relativ kurzen, aber dichten Roman sind hohe sprachliche Qualitäten durch detailgenaue, kluge Beobachtungen und einem autobiografischen Gehalt zu erkennen. Letztere werden durch viele Anmerkungen des Sohnes des 1982 verstorbenen Autors verdeutlicht.
 
Wenn der Erzähler von dem kleinen, dicken Jungen auf dem Fahrrad spricht, meint er sich selbst.
Besonders gut gefallen haben mir neben den Kindheitserinnerungen auch die bewegenden Passagen, als sein Vater lange krank war und die des erwachsenen Mannes mit seinem Hund. das sind Szenen, die mich ein wenig an Thomas Mann erinnern.
 
Leonid Zypkins Prosa ist wirklich bemerkenswert.

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