Profilbild von yellowdog

yellowdog

Lesejury Star
offline

yellowdog ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yellowdog über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2023

Stillleben

Wir hätten uns alles gesagt
0

Judith Hermann ist seit ihrem Erstling Sommerhaus, später eine Erfolgsautorin und heutzutage eine der wirklich ernst zunehmenden Schriftstellerinnen unserer Zeit. Ich mochte auch ihre letzten Romane.
Wir ...

Judith Hermann ist seit ihrem Erstling Sommerhaus, später eine Erfolgsautorin und heutzutage eine der wirklich ernst zunehmenden Schriftstellerinnen unserer Zeit. Ich mochte auch ihre letzten Romane.
Wir hätten uns alles gesagt von Judith Hermann enthält eine Reihe von Texten, die etwas anders gestaltet sind, aber das ist originell. Autobiografisches fließt ein. Sie hat außerdem einen guten, detailreichen Blick auf ihre Umgebung und die Dinge. Vielleicht ist es manchmal sogar zu detailreich.
Es gibt außerdem einen analytischen Ansatz.
Erfahrungen mit einem Analytiker und Therapiesitzungen teile ich nicht, aber es geht auch um Familie sowie um ihre eigene Literatur. Diese Familiengeschichte überzeugte mich am meisten.
Auch in diesen Texten ist Judith Hermanns Stil genau und ansprechend, dabei gut lesbar.
Zuletzt möchte ich noch auf das ansprechende Cover mit dem Stillleben-Motiv hinweise, der meiner Meinung nach gut zum Buch passt.

Veröffentlicht am 14.03.2023

Die neue migrantische Mittelschicht

Nie mehr leise
0


Das Buch nimmt die Perspektive der BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) in Deutschland ein.

Die Autorin betont, dass das Buch nicht für eine weiße Leserschaft geschrieben ist sondern für sich ...


Das Buch nimmt die Perspektive der BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) in Deutschland ein.

Die Autorin betont, dass das Buch nicht für eine weiße Leserschaft geschrieben ist sondern für sich und den BIPoC. Das spürt man beim Lesen auch. Ich denke auch, dass die Zugehörigkeit zu BIPoc anstatt nur PoC gewählt wird, um sich abzugrenzen.

Das Ziel der Autorin ist, zu zeigen, welche Funktion die Verbindung von Rassismus und Klassismus im Kapitalismus erfüllt.

Die Autorin Betiel Berhe schöpft dabei aus ihren eigenen Erfahrungen.
Als schwarze Frau und Arbeiterkind erfuhr sie den sozialen Aufstieg als Akademikerin und Teil der Mittelschicht.

Betiel Berhe erklärt viel. Am stärksten sind jedoch die Passagen, die von ihren eigenen Erfahrungen, z.B. in der Schulzeit und im Berufsleben erzählt. Dann auch die Geschichte ihres Vaters, der aus Eritrea stammt.
Es gibt auch einige theoretische Ansätze. In der Summe entsteht das versprochene Bild der neuen migrantischen Mittelschicht, dass sich der Herkunft aus der Arbeiterschicht bewusst und verbunden ist.

Veröffentlicht am 13.03.2023

Aus erster Reihe

Nichts als die Wahrheit
0



Gänswein war dicht an Joseph Ratzinger dran. Seit 2003 war er dessen Privatsekretär und verfolgte die Ereignisse aus erster Reihe.
Mich interessierten zum Beispiel der Übergang von Johannes Paul II zu ...



Gänswein war dicht an Joseph Ratzinger dran. Seit 2003 war er dessen Privatsekretär und verfolgte die Ereignisse aus erster Reihe.
Mich interessierten zum Beispiel der Übergang von Johannes Paul II zu Ratzinger als Papst und die Details des Alltags. Diese werden dann aber teilweise zu ausführlich geschildert.
Es ist nicht Gänsweins Rolle, kritisches bezüglich Geschehnisse rund um den Papst zu äußern. Immerhin erwähnt er problematisches wie z.B. Vatileaks.
Aber der konservative Gänswein schreibt dann doch einseitig über das Verhältnis zwischen den Päpsten. Einerseits verständlich, denn Franziskus verzichtete auf seine Dienste. Man spürt das Beleidigung, die Gänswein empfand.

Insgesamt hat Gänswein so viele interessante Aspekte zu bieten, dass das Buch lesenswert ist. Eine Empfehlung kann ich aber nicht aussprechen.

Veröffentlicht am 13.03.2023

Plädoyer für Mut und Zuversicht

Solidarität
0


Solidarität ist ein wirklich wichtiges Thema, dass in diesem Buch aus der Essay-Reihe Übermorgen behandelt wird. Ziel ist auch, Mut zu machen in Zeiten vieler Krisen.

Die Politikwissenschaftlerin Natascha ...


Solidarität ist ein wirklich wichtiges Thema, dass in diesem Buch aus der Essay-Reihe Übermorgen behandelt wird. Ziel ist auch, Mut zu machen in Zeiten vieler Krisen.

Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl macht eine Zeitdiagnose, zeigt, wie auf die Krisen reagiert wird und plädiert für Solidarität, die natürlich auch definiert werden muss.

Am Ende des Buches werden zahlreiche Beispiele für praktische gesellschaftliche Solidarität von diversen Gemeinschaften gezeigt. Das war ziemlich überzeugend.

Veröffentlicht am 28.02.2023

Venedigs schwerste Zeit

Garten der Engel
0

Der Engländer David Hewson nutzt einen literarischen Trick um auf bestimmte Art über Venedig in den vierziger Jahren zu erzählen.
Venedig war von den Deutschen besetzt, die jüdische Bevölkerung der Stadt ...

Der Engländer David Hewson nutzt einen literarischen Trick um auf bestimmte Art über Venedig in den vierziger Jahren zu erzählen.
Venedig war von den Deutschen besetzt, die jüdische Bevölkerung der Stadt in höchster Gefahr. Paolo war zu diesem Zeitpunkt 18 und beschließt, 2 jüdische Partisanen zu verstecken.

Jahre später: Der 15jährige Nino bekommt von seinem Großvater Paolo, der schwerkrank im Krankenhaus liegt, portionsweise dessen Tagebücher zu lesen.
In diesen Bänden schreibt Paolo über die Geschehnisse der Zeit, aber er schreibt nicht in der Ichform. Er schreibt über sich selbst, als wäre er eine andere Person.Dadurch kann er die Geschichte mehrerer verschiedene verschiedener Menschen erzählen und auch das Erzählen, wo er selbst persönlich nicht dabei war. Das heißt auch, das einige Passagen nur auf Vermutungen basieren und nicht unbedingt stimmen müssen.

Für den Jungen sind die Texte schon bald faszinierend. Er steht seinem Großvater nahe und erlebt ihn jetzt ganz neu.
Es wird eine Art Geschichtsunterricht, bei dem es auch darum geht, Mensch zu werden.

Zwar bezeichne ich den Roman nicht als geschwätzig, aber ausführlich ist er schon. Der Roman lässt sich aber so gut lesen, dass das kaum ins Gewicht fällt.