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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2022

Biographie einer Frau

Das Vorkommnis
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Es ist schon länger her, seit ich Julia Schoch zuletzt gelesen habe, aber ich glaube Das Vorkommnis ist ihr feinster Roman. Übrigens ein schönes, dünnes Hardcover sogar mit Lesebändchen.

Es ist ein Buch, ...

Es ist schon länger her, seit ich Julia Schoch zuletzt gelesen habe, aber ich glaube Das Vorkommnis ist ihr feinster Roman. Übrigens ein schönes, dünnes Hardcover sogar mit Lesebändchen.

Es ist ein Buch, das sowohl über Familie wie über Literatur einiges mitteilt.

Die überraschende Begegnung mit der ihr unbekannten Halbschwester lässt die Icherzählerin über Jahre nicht los. Erstaunlich, in welchem Ausmaße sie das Vorkommnis bewegt.Sie reflektiert intensiv über die Situation, ohne dass es die Geschichte der Schwester wird.
Ihre Gedankengänge umfassen aber auch ihre Kindheit in der DDR und ihre gesamte Familiengeschichte. Es wird die Biographie einer Frau.

Es ist ein nachdenkliches Buch, dem das gezeichnete Cover einer ernst blickenden Frau gut passt. Dem entgegen steht aber auch eine Spur Ironie, die dem Ganzen das Schwere nimmt.
Die Gedankensprünge der Protagonistin sind nicht immer einfach nachvollziehbar, manches bleibt außerhalb des sagbaren und das macht dann letztlich das Interessante am Buch aus.

Veröffentlicht am 27.01.2022

Erzählungen

Objekte des Begehrens
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Objekte des Begehrens ist eine Sammlung von Erzählungen.

Clare Sestanovich ist eine New Yorker Autorin, die für den New Yorker arbeitet.Ihre Texte sind sehr zeitgemäß, es geht oft um Beziehungen.
Im Blickpunkt ...

Objekte des Begehrens ist eine Sammlung von Erzählungen.

Clare Sestanovich ist eine New Yorker Autorin, die für den New Yorker arbeitet.Ihre Texte sind sehr zeitgemäß, es geht oft um Beziehungen.
Im Blickpunkt stehen meist junge, erfolgreiche Frauen.
Mir fällt auf, wie zurückhaltend auf der Oberfläche geschrieben wird, es aber fast unmerklich in die Tiefe gehen kann.

Ich mag die erste Story, in der eine Frau im Flugzeug ein Ehepaar kennen lernt.
Auch die Story „Brenda“ ist mir aufgefallen. Die Titelfigur leitet ein Seminar für kreatives Schreiben.

Die stärkste Erzählung ist meiner Meinung nach die Titelstory, in der die Beziehung eines Paares, Leonora und Jon beleuchtet wird. Leonora denkt aber auch noch an ihren Ex, der gerade als Politiker einen Erfolg hatte.

Der Band schließt mit einer ungewöhnlichen Geschichte namens Eingewöhnung, die in kurzer Form vom Leben einer Frau erzählt.

Die Texte folgen der Tradition von The New Yorker-Erzählungen, sind aber doch ganz im Heute verankert.
Nicht alles erreicht mich,aber eine durchgängige Qualität ist immer da.
Die Geschichten sind häufig nicht direkt abgeschlossen und führen den Leser nicht zwangsläufig irgendwohin sondern lassen am Ende Raum für eigene Gedanken. Das verursacht, das man noch lange an die Erzählungen denkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2022

Familiendrama

Die falsche Zeugin
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Karen Slaughters Romane sind wegen viel Gewalt oftmals problematisch. In dem umfangreichen Roman Die falsche Zeugin sind die anfänglichen Vergangenheitspassagen beklemmend. Interessant ist der heutige ...

Karen Slaughters Romane sind wegen viel Gewalt oftmals problematisch. In dem umfangreichen Roman Die falsche Zeugin sind die anfänglichen Vergangenheitspassagen beklemmend. Interessant ist der heutige Handlungsrahmen, als die Anwältin Leigh die Verteidigung des Vergewaltigers Andrew übernimmt. Ein moralisches Dilemma,aber als Anwältin muss man damit fertig werden. Doch dann stellt Leigh fest, dass Andrew ein Teil ihrer eigenen Vergangenheit darstellt, die durch eine Gewalttat geprägt wurde. Jetzt ist das ganze sehr persönlich.
Als Leser steht man auch im Zwiespalt. Leigh ist keine Figur, mit der man bedingungslos einverstanden sein kann.Sie hat Geheimnisse..Aber vielleicht macht sie gerade das interessanter als konventionelle Romanhelden.
Für sie spricht auch ihre Besorgnis um die Schwester Callie und die Liebe zu ihrer Tochter Maddie.
Die Passagen, in denen Callie im Mittelpunkt steht, sind gut gemacht. Überhaupt ist die Verbundenheit der Schwestern spürbar.

Die Handlung ist ganz zeitgemäß angelegt, also mit Pandemie und Maske tragen. Auch MeToo wird thematisiert.

Der Roman leidet ein wenig darunter, dass man Leigh Geheimnis schon sehr früh erfährt und dass es das psychologische Duell zwischen den Protagonisten woanders schon überzeugender gab.

Dennoch mochte ich das Buch.Es ist ein ordentlicher Thriller und nach meiner Lesart vor allen ein packendes Familiendrama.

Veröffentlicht am 14.01.2022

2 Persönlichkeiten: Christa Wolf – Franz Führmann

Monsieur – wir finden uns wieder
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Dieser interessante Briefwechsel zwischen den DDR-Schriftstellergrößen Christa Wolf und Franz Führmann ging von 1968 bis zu Führmanns Tod 1984.
Dabei sind die Briefe nicht besonders literarisch verfasst. ...

Dieser interessante Briefwechsel zwischen den DDR-Schriftstellergrößen Christa Wolf und Franz Führmann ging von 1968 bis zu Führmanns Tod 1984.
Dabei sind die Briefe nicht besonders literarisch verfasst. Insbesondere Christa Wolfs Briefe sind etwas bieder, als würde einen Tante Christa einen Brief schreiben. Einige Briefe wirken banal und überwiegend humorbefreit.
Bei ihren Romanen funktionierte ihr sachlicher Erzählton besser.
Führmanns Briefe sind emotionaler, er traut sich auch mal eine kleine Spitze gegen Christa auszusprechen.

Aber lesenswert wird es immer, wenn es um das zeitgeschichtliches geht. Zum Beispiel sind zwischendurch auch Briefe an Obrigkeiten der Diktatur gerichtet, Honecker oder Konrad Wolf
Da beklagen Wolf und Führmann den Umgang mit Schriftstellern und setzen sich z.B. für junge Schriftsteller ein, die verhaftet wurden.
Aber auch bei den privaten Briefen spürt man besonders bei Franz Führmann die Verbitterung und Verzweiflung über den Zustand im DDR-Literaturbetrieb. Manchmal scheint er zu resignieren. Den Bruch mit dem System haben beide aber nie in Betracht gezogen, im Gegensatz zu vielen anderen Schriftstellern, die das Land Richtung Westen verlassen hatten.

Abgerundet wird der Briefwechsel mit einem umfangreichen Anhang mit Anmerkungen und Reden und einem Nachwort von Christa Wolf.

Veröffentlicht am 12.01.2022

Hellas und Junis Reise

Ende in Sicht
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Das Hörbuch ist ca. 6 Stunden lang und ungekürzt. Eine angemessene Länge für diesen Text.
Ronja von Rönnes Stimme ist sicher Geschmackssache, aber ich schätze es generell, wenn Autoren ihre Texte selber ...

Das Hörbuch ist ca. 6 Stunden lang und ungekürzt. Eine angemessene Länge für diesen Text.
Ronja von Rönnes Stimme ist sicher Geschmackssache, aber ich schätze es generell, wenn Autoren ihre Texte selber einlesen. Das erhöht oftmals die Intensität und verrät mehr von den Stimmungen, den die Autorin ihren Figuren mitgibt.

Die 69jährige Hella und die junge Juli wollen sterben, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ihre unfreiwillige Begegnung löst nach einer längeren Annäherungsphase eine gemeinsame Reise aus.
Man kann problemlos lange am Stück zuhören.
Die beiden Protagonisten sind trotz ihrer Probleme sympathisch und mit der Zeit verstehen sie sich trotz ihrer Unterschiede ganz gut. Sie werden ein Team.

Vordergründig wirkt der Plot humorvoll, da Ronja von Rönne mit ihrer Lakonie so einen Ton anklingen lässt. Aber die Themen Krankheit, Tod und Suizidversuch sind ernst genug.