Profilbild von yesterday

yesterday

Lesejury Star
offline

yesterday ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yesterday über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2019

Gelungene Fortsetzung im Deutschland der Nachkriegszeit

Der Hunger der Lebenden (Friederike Matthée ermittelt 2)
0

Wieder ein wunderbar historisch-fiktionaler Krimi von Beate Sauer. Sie schließt nahtlos an den Vorgänger “Echo der Toten” an und als Leser schlüpft man mühelos ins Deutschland des Jahres 1947. Die Lage ...

Wieder ein wunderbar historisch-fiktionaler Krimi von Beate Sauer. Sie schließt nahtlos an den Vorgänger “Echo der Toten” an und als Leser schlüpft man mühelos ins Deutschland des Jahres 1947. Die Lage für die Bevölkerung ist nicht mehr so schlimm wie im Jahr nach dem Krieg, aber dennoch haben viele keine Zuhause, wenig zu essen und Zukunftsängste wie Vergangenheitsbewältigung bestimmen den Alltag.

Friederike Matthée, Mitglied der Weiblichen Polizei, wird zu einem Tatort hinzugezogen, weil Personalmangel herrscht. Zu Beginn fügt sie sich in ihre Rolle als Protokollantin während die über ihr stehenden Herren Ermittlungen anstellen. In flagranti ertappt wird eine junge Frau, die jedoch behauptet, die Frau, deren Leiche gefunden wurde, nicht getötet zu haben. Ein Motiv ist schnell gefunden, alles scheint klar. Doch Friederike folgt ihrer Intuition und ruht nicht eher bis sie, langsam aber stetig, falsche Eindrücke und Vorverurteilungen geraderücken kann und der Gerechtigkeit genüge getan wird.

Friederike Matthée ist eine wunderbar grüblerische, empathische und an den richtigen Stellen hartnäckige Hauptperson. Anhand ihrer Arbeit als Polizistin, während derer sie vorwiegend Kinder und junge Frauen befragen soll, aber gerne eigene Erkundungen anstellt, führt die Autorin dem Leser anhand von fiktiven Charakteren sehr gut die damalige Realität vor Augen.

Die Personen sind erfunden, gewisse Abläufe, Einschränkungen und Schauplätze jedoch nicht. Sehr interessant dazu sind auch die Anmerkungen, die die Autorin selbst in einem Nachwort festhält.

Insgesamt ist der Kriminalroman eine runde Sache, mit Ecken und Kanten, wo sie hingehören und der einen oder anderen Überraschung. Wer Band 1 kennt und wirklich gar nichts vorher wissen will, ein kleiner Tipp: den Klappentext nicht lesen, denn auch wenn er nichts zu den Ermittlungen verrät, steht da doch Wesentliches, was man vielleicht selbst gerne im eigenen Lesetempo entdecken würde.

Veröffentlicht am 07.02.2019

Spannender, flotter Krimi, der “Antihelden” in den Fokus rückt

Flammenkinder
0

Da schon bald das neue Buch von Lars Kepler aus der Reihe um Joona Linna hier eintrifft, habe ich noch schnell einen der Vorgänger aus dem Regal gefischt und ihn verschlungen.

Kommissar Joona Linna ist ...

Da schon bald das neue Buch von Lars Kepler aus der Reihe um Joona Linna hier eintrifft, habe ich noch schnell einen der Vorgänger aus dem Regal gefischt und ihn verschlungen.

Kommissar Joona Linna ist wieder in Bestform: der schon übliche Konflikt mit der eigenen Behörde ist genauso vorhanden wie seine Ermittlungen “auf Bewährung”. Eine interne Untersuchung gegen ihn läuft, aber er wird als Beobachter in die schwedische Einöde geschickt. Dass es dabei nicht bleibt, kann sich jeder denken.

Seltsame Vorgänge laufen eines Nachts in einer Einrichtung für schwer erziehbare Mädchen ab. Der Leser ist hautnah dabei, bekommt aber nicht alles erklärt und muss selbst mitermitteln. Ganz im Stile von Lars Kepler geht es auch hier auf mehreren Ebenen zur Sache: der Krimi ist stellenweise blutig, brutal, fast immer temporeich und fesselnd. Joona schwankt zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Superman und einem, der doch oft die falschen Entscheidungen trifft.

Letztendlich hat er aber immer seine Superkraft parat, mehr aus Tatorten abzulesen als andere und sich sehr gut in die Psyche von sowohl Verdächtigen als auch Unschuldigen und Gesuchten hineinzuversetzen. Abgesehen von Joona gibt es in diesem Schwedenkrimi sehr viele wunderbare Figuren, die richtige “Antihelden” darstellen, Menschen wie du und ich, mit ähnlichen Problemen bis hin zu tiefer Verzweiflung. So ist es immer noch möglich, trotz Brutalität und Tempo, an den richtigen Stellen Mitleid zu empfinden.

Veröffentlicht am 28.01.2019

Cross-kontinentale Agenten-Hatz am Puls der Zeit

Der Drahtzieher: Ein Gabriel-Allon-Thriller
0

Der (Geheimdienst-)Thriller ist mit seinen klar mehr als 500 Seiten nicht gerade die schlankste Lektüre, aber jedes Kapitel wert. Ich kannte bisher den Namen des Autors, hatte aber noch nichts von ihm ...

Der (Geheimdienst-)Thriller ist mit seinen klar mehr als 500 Seiten nicht gerade die schlankste Lektüre, aber jedes Kapitel wert. Ich kannte bisher den Namen des Autors, hatte aber noch nichts von ihm gelesen. Somit kann ich auch sagen, dass ein Einstieg in zum Beispiel diese Reihe mit Gabriel Allon kein Problem darstellt.

Man kennt sich wunderbar aus und bekommt auch die Charaktere nahegebracht. Vergangene Unternehmen, Begebenheiten werden zwar angeschnitten, aber nie so, dass man das Gefühl hätte, sich nicht mehr zurechtzufinden. Die Geschichte hier, die sich unter anderem um einen französischen Geschäftsmann und Restaurantbesitzer und seine Nebengeschäfte dreht, ist gut verständlich und spannend aufbereitet.

Die Geheimdienstarbeit und deren genauere Schilderungen muss man eben mögen, dann ist dieser Thriller ein Genuss. Zudem ist die Handlung sehr aktuell und verbindet tatsächlich erfolgte Terroranschläge und reale Personen (teilweise andere Namen) mit der fiktiven Story, dass am Ende mehrere Staaten und ihre Agenten zusammenarbeiten, um einem “neuen Osama bin Laden” das Handwerk zu legen. So zumindest der Plan.

Veröffentlicht am 24.01.2019

Zwei, die sich einer gemeinsamen Vergangenheit stellen

Nadjas Katze
0

Dieser Roman ist ein gründlich recherchiert und glaubwürdig aufgebauter “Geschichtskrimi”, in dem aber nicht wegen einer Leiche, sondern wegen eines Babys ermittelt wird.

Eine Stelle in einer Novelle ...

Dieser Roman ist ein gründlich recherchiert und glaubwürdig aufgebauter “Geschichtskrimi”, in dem aber nicht wegen einer Leiche, sondern wegen eines Babys ermittelt wird.

Eine Stelle in einer Novelle regt Nadja Schwertfeger dazu an, ihre eigene Geschichte zu hinterfragen. Die Geschichte eines adoptierten Babys, das seine leibliche Mutter, eine zu Kriegsende 1945 mittellose “Displaced Person”, die für ihr Kind nur das Beste wollte.

Sie gerät auf ihren Nachforschungen von Freiburg aus in diverse Städte und Dörfer Deutschlands (die meisten echt, das wichtigste fiktiv) und landet bei einem Ex-Polizisten (Hans Berndorf), der ihr bei den Recherchen und Befragungen von Zeitzeugen und deren Nachkommen behilflich ist.

Beide Protagonisten haben so ihre Eigenheiten, gepaart mit Ulrich Ritzels sehr eigenem, nicht immer einfachen, Schreibstil, kann der ansonsten berührende und spannende Roman etwas mühsam zu lesen sein.

Aber die daraus entstehende Erzählung ist es wert, sich auch manchmal durchzukämpfen. Wie auch in der Novelle mit der alles beginnt, fügen sich im Roman selbst Fakten und Fiktion so zusammen, dass die Summe eine durchaus mögliche, real passierte Geschichte ergibt.

Ein Roman, der von Selbstfindung und unangenehmen Wahrheiten berichtet und dabei ganz ohne Romantik oder Verklärung auskommt. Dafür jedoch präsentiert er ein teilweise offenes Ende, an dem der Leser selbst die endgültigen Schlüsse ziehen darf aus dem, was die beiden auf ihren Reisen herausfinden.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Einer hat Blut geleckt

Mordsommer
0

Dieser Thriller outet sich als echter Pageturner. Auch wenn das Konzept - eine Gruppe von Menschen sitzt an einem Ort fest und nach und nach sterben sie - nicht neu ist, wartet der Plot mit speziellen ...

Dieser Thriller outet sich als echter Pageturner. Auch wenn das Konzept - eine Gruppe von Menschen sitzt an einem Ort fest und nach und nach sterben sie - nicht neu ist, wartet der Plot mit speziellen Charakteren, gelungenen Rückblicken und der einen oder anderen Überraschung auf.

Die Protagonisten werden von Geheimnissen aus ihrer Jugendzeit eingeholt und es kommt wie es kommen musste: Schuldzuweisungen und Verdächtigungen untereinander sind unvermeidlich. Der Leser kann aufgrund der Rückblicke, den Abschnitten aus der Perspektive eines ehemaligen Mitschülers und kleinen Indizien in der Geschichte selbst rätseln.

Wer ist nun der Täter und warum hat er das alles inszeniert? Wer wird am Ende überleben? Nur eines ist sicher: Jemand wird dafür bezahlen…

Sidefact: Wer “Die Party” von Jonas Winner kennt und vorher gelesen hat, wird sich daran erinnert fühlen. Aber Achtung - “Mordsommer” ist ein paar Jahre älter. Funktioniert umgekehrt aber natürlich genau so.