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Veröffentlicht am 15.06.2020

Ach du Scheiße, der Mango!

Kollateralschaden
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In Linz geht’s rund. In der Altstadt fallen Schüsse, dubiose Geldflüsse und Machenschaften werden auch aufgedeckt und zu allem Überfluss spielt auch noch Menschenhandel eine Rolle.

Zum Glück ist das nur ...

In Linz geht’s rund. In der Altstadt fallen Schüsse, dubiose Geldflüsse und Machenschaften werden auch aufgedeckt und zu allem Überfluss spielt auch noch Menschenhandel eine Rolle.

Zum Glück ist das nur ein Krimi, oder? Einheimische werden im Fall des angeschossenen Sportredakteurs (Spitzname Mango) aber schon feine Parallelen zu einer wahren Begebenheit entdecken. Für alle anderen bietet dieser Teil der Geschichte sicher eine nette Recherche nach der Lektüre.

Zurück zum Buch: Josef Vierziger, älter als sein Name und Partner einer deutlich jüngeren Frau, ist glücklich. Er überdenkt seine Lebenssituation und steckt voller Pläne die er mit besagter Freundin verwirklichen möchte. Doch anstatt seines geplanten Liebesschwures trifft Conny eine Kugel mitten ins Herz. Naja, fast.

Statt im gemeinsamen Bett liegt sie daraufhin im Krankenhaus. Auch ein zweites Opfer gibt es. Wer ballert denn da so mörderisch durch Linz? Major Vierziger und seine Kollegin, Chefinspektorin Gaby Glück, ermitteln. Vielmehr Gaby, denn Josef ist persönlich zu sehr involviert. Aber er hilft natürlich im Hintergrund und schließlich kommt ein Fall selten allein.

Joseph Lemark bringt dem Leser all die verschiedenen Schauplätze und Verstrickungen möglichst schonend bei, “zitzerlweise”, wie die Protagonisten sagen würden. Die wesentliche Zahl an Charakteren bleibt immer überschaubar und durch die kontinuierliche Steigerung der Komplexität kann der Leser gut den Überblick behalten.

Wie alle Fäden am Ende zusammenlaufen, kann ein geübter Krimi-Leser schon etwas früher erahnen, aber nicht so bald, dass das Lesevergnügen darunter leidet. Lokalkolorit ist auch in guter Dosis vorhanden, wenngleich ich mir in ein paar Situationen noch mehr Österreichisch gewünscht hätte. Ein paar Sätze waren sehr passend, dann wars wieder etwas “abgeschliffener”. Bei einem deutschen Verlag hätte mich das nicht gewundert, hier denke ich aber ginge noch mehr.

Zur Verortung: Großteils kann man den Angaben gut folgen, nur 2-3 Mal war ich mir nicht ganz sicher, ob das in der Realität, in der Stadt auch wirklich so funktionieren würde mit Richtungen und Entfernungen. Es ist aber auch immer so, dass wenn zwei Leute sich gegenseitig den selben Weg erklären wollen, zwei unterschiedliche Strecken dabei herauskommen. Vorrang hat natürlich die gute Krimigeschichte.

“Kollateralschaden” ist der dritte Fall für Josef und Gaby, nach “Tödliche Liebe" und “Vendetta”.

Veröffentlicht am 19.05.2020

Über Leichen gehen ohne die Füße zu heben

Operation Rubikon
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Zu Beginn geht es noch gemächlich los, aber - wie man schon anhand der Länge von knapp 800 Seiten erahnen kann - die Handlung wird natürlich sehr vielschichtig und komplex, was zwangsläufig viele Charaktere ...

Zu Beginn geht es noch gemächlich los, aber - wie man schon anhand der Länge von knapp 800 Seiten erahnen kann - die Handlung wird natürlich sehr vielschichtig und komplex, was zwangsläufig viele Charaktere und somit Namen mit sich bringt. Nach einigen Kapiteln kommt man als geübter Leser aber auch damit ganz gut zurecht.

Für mich als “Ausländerin” noch schwerer zu verinnerlichen sind die vielen deutschen Behörden- und Postenabkürzungen, meist klassisch mit drei Buchstaben. Ich war aber von der Geschichte dann doch gefesselt genug, um nicht hinten im Buch nach einem Glossar zu suchen, das es nämlich gibt. Es ging dann auch so.

Die genauen Verstrickungen und Machtverhältnisse sind ohnehin so verworren, dass ich wohl auch als Deutsche so meine Probleme damit hätte. Durchaus realistisch dargestellt, aber eben unübersichtlich. Der Handlung kann man dennoch gut folgen.

Viel stärker verwirrt dann aber, dass das Buch in alter Rechtschreibung verfasst ist. Die Geschichte spielt aber klar nach der Reform von 1996. Auch wenn die Protagonisten viel rauchen und manche eine Zigarettenspitze benutzen, so legen Erwähnungen bestimmter Ereignisse und die verwendeten technischen Hilfsmittel einen späteren Zeitpunkt nahe. Das scheint mir nicht ganz stimmig.

Zur Geschichte selbst: Viele Schauplätze quer durch Europa aber auch in Amerika kommen zu Ehren, als eine Gruppe Deutscher (Personen aus mehreren Behörden/Ministerien, unter anderem auch Spezialagenten) dem internationalen Drogenhandel den Kampf ansagt.

Viel Zeit im Buch geht für Sitzungen und konspirative Gespräche (ist die Leitung kryptiert?) drauf. Wer wie tief in wessen Sumpf drinsteckt und wer hier wen für sich arbeiten lässt, muss auch noch geklärt werden. Gibt es ein Informationsleck? Aus der zunächst offiziellen Gruppe wird dann aus Furcht eine quasi inoffizielle “Guerillatruppe” die im Geheimen weiterermittelt und für vieles leider nur Indizien hat, somit niemanden tatsächlich festnageln kann.

Es entspinnt sich ein Katz- und Maus-Spiel, bei dem irgendwann alle beteiligten Parteien Verluste hinnehmen müssen und über (eigene oder andere) Leichen gehen - ohne die Füße zu heben, wie einer Person im Buch gerne vorgeworfen wird. Blut, Action, und viel Behördenjargon stecken in diesem ausladenden Thriller, der Genre-Fans und Durchhalter mit einem Teil-Happy-end belohnt.

“Operation Rubikon” von Andreas Pflüger ist erstmals 2004 erschienen, was man daran merkt, dass natürlich nicht die ganz aktuellste Geheimdiensttechnik zur Verfügung steht. Rein von internen Abläufen und den undurchsichtigen Verflechtungen aber dürfte es nicht viel an Aktualität eingebüßt haben.

Veröffentlicht am 06.05.2020

Der Johnny English aus Tirol

Die Toten vom Lärchensee
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Im Auftrag Ihrer Majestät, nämlich des österreichischen Innenministers, unterwegs ist erneut einer: Arno Bussi. Dem leicht bezirzbaren Polizist wird ein “cold case” aufgebürdet. Er soll einen merkwürdigen ...

Im Auftrag Ihrer Majestät, nämlich des österreichischen Innenministers, unterwegs ist erneut einer: Arno Bussi. Dem leicht bezirzbaren Polizist wird ein “cold case” aufgebürdet. Er soll einen merkwürdigen Todesfall am Lärchensee in Tirol aufklären.

Er fährt hin, quartiert sich ein und streckt seine Ermittlerfühler aus. Doch so einfach wie es zu Beginn läuft, ist es natürlich nicht. Bussis Anwesenheit löst eine Kettenreaktion aus an deren Ende weitere Tote und ein paar interessante und unerwartete Enthüllungen stehen.

“Die Toten vom Lärchensee” ist locker und flott zu lesen, die nicht zu lange und nicht zu kurzen Kapitel helfen dabei. Joe Fischler wandert sprachlich immer auf dem Grat zwischen flapsig-komödiantisch und mörderisch-ernsthaft.

Auch ein paar Klischees nimmt er gekonnt auf die österreichische Schaufel. Kleine Details wie die Namenswahl verraten vieles über den jeweiligen fiktiven Charakter. Natürlich dennoch angepasst an die dörfliche Umgebung, den Tiroler Schauplatz.

Unser Held kann zwar die Ereignisse in Tirol zu seiner Zufriedenheit lösen, aber kommt beruflich ansonsten nicht voran. Die bei Erfolg in Aussicht gestandene Beförderung muss letzten Endes noch warten und Arno Bussi bleibt vorerst der tragische Held. Er wäre gern James Bond, wirkt aber ein eher wie Johnny English (was ja nicht schlecht sein muss).

Veröffentlicht am 30.04.2020

Dinge zum richtigen Zeitpunkt ruhen lassen

Unschuldige Täter
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Dieser Krimi ist grundsätzlich unblutig, es spielt sich viel auf der zwischenmenschlichen Ebene ab und ansonsten ist er auch “typisch japanisch” für uns Europäer. Also ruhig, mit vielen Verbeugungen und ...

Dieser Krimi ist grundsätzlich unblutig, es spielt sich viel auf der zwischenmenschlichen Ebene ab und ansonsten ist er auch “typisch japanisch” für uns Europäer. Also ruhig, mit vielen Verbeugungen und auch irgendwie lehrreich.

Der Text am Buchumschlag trifft meiner Meinung nach nicht ganz zu, verrät zwar nichts aber überzeichnet einige Aspekte. In den aktuellen Fall, der im Küstenort Harigaura spielt (ein Toter wird auf dem Damm gefunden), verstrickt sich durch Zufall der Physikprofessor Doktor Manabu Yukawa.

Er hat eine besondere Gabe, neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Viel Menschenkenntnis und er kann besser beobachten und kombinieren als die Tokioter Polizei. Daher hilft er ihr gelegentlich aus (Unschuldige Täter ist der dritte Band der Reihe).

Da er schon dort ist, hat er den Ermittlern gegenüber einiges voraus, aber auch er ahnt nicht, wie weit diese Tat eigentlich zurückreicht. Vielmehr das Motiv, denn dass der Fall auf dem Damm kein Unfall war, ist für Yukawa natürlich sofort klar (wie auch für geübte Krimileser).

Zu Beginn liest sich Keigo Higashinos Kriminalroman nicht so locker wie ein europäischer. Die vielen Namen, von denen man nicht weiß ob man sie in Gedanken richtig ausspricht, einige ungewohnte Gepflogenheiten sowie Essen und Umgebung, die man sich nicht sofort klar vor Augen führen kann, sind am Anfang etwas hemmend.

Aber man findet sich da hinein und kann dann auch in den besonderen Erzählstil abtauchen wie die Menschen in das Meer vor der japanischen Küste, an der hier alles beginnt. Ein Roman über Verzweiflung, Loyalität, Unschuld, Schuld und die Entscheidung, Dinge ruhen zu lassen, wenn sich alle damit arrangieren können. Für diese feine Geschichte braucht es keine Action oder amoklaufende Serienmörder. Über allem liegt eine Art asiatische Gelassenheit, die aber nicht verhüllt, dass in den Protagonisten starke Emotionen vorhanden sind.

Veröffentlicht am 27.04.2020

Wie viel Neues gibt es noch?

Ostseegruft
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Dieses Buch wird immer wieder auch als “Pias persönlichster Fall” bezeichnet. Ich kenne nicht alle vierzehn vorhergehenden Fälle von Pia Korittki, daher kann ich das nicht gut beurteilen. Es ist aber sicher ...

Dieses Buch wird immer wieder auch als “Pias persönlichster Fall” bezeichnet. Ich kenne nicht alle vierzehn vorhergehenden Fälle von Pia Korittki, daher kann ich das nicht gut beurteilen. Es ist aber sicher so, dass Pia und teilweise auch ihr (ehemaliges) privates Umfeld eine Rolle spielen.

Eine ehemalige Schulkollegin und Freundin, Kirsten, stirbt und zwar - sonst wäre es kein Krimi - keines natürlichen Todes. Auch wenn zuerst davon ausgegangen wird. Pia nimmt zu Beginn alleine Ermittlungen auf. Mit ihr reden die meisten Dorfbewohner auch, weil sie die Familie und das Umfeld der Verstorbenen teilweise gut kennt.

Im Lauf der Ermittlungen tauchen immer mehr Ungereimtheiten und Verdächtige auf, aber auch Verflossene unserer Kommissarin. Mit denen muss sie auch zusammenarbeiten, sind es doch - mehr oder weniger direkte - Kollegen.

Durch diese Zusammentreffen wird immer wieder auch Bezug auf Vergangenes genommen, aber wen das nicht weiter stört, der kann jeden Band aus dieser umfangreichen Reihe auch einzeln und ohne Vorwissen lesen. Pia hat auf jeden Fall ein abwechslungsreiches Privatleben hinter sich.

Und wie das in Lokalkrimis gerne so ist taucht während den Ermittlungen, bei denen nun auch mehr Kollegen von Pias Dienststelle dabei sind, eine parallele Ungereimtheit auf und die verschiedenen Teams rangeln um ihre Kompetenzen. Und - soviel lässt sich ohne zuviel zu verraten sagen - die Begebenheiten hängen natürlich zusammen.

Ereignisse aus der Vergangenheit haben bis in die Gegenwart Auswirkungen, an deren Kette am Ende Kirstens Tod steht. Um die Theorien der Polizei, was vorgefallen sein könnte, zu widerlegen oder zu bestätigen, greifen die Kommissare zu seltenen Mitteln…

“Ostseegruft” ist ein solider Lokalkrimi, routiniert verfasst und natürlich als Teil der Reihe passend. Da es hier aber so viel um Pias Vergangenheit geht und vieles auch in ihrem Privatleben sich zu wiederholen scheint, wirkt es bei Band 15 schon ein bisschen so als gäbe es nicht mehr so viel Neues zu sagen. Dass frühere “Unruhestifter” wieder auftauchen und privat Fragezeichen aufwerfen wirkt für mich ein wenig zu konstruiert.

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