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Veröffentlicht am 27.01.2018

Heiterer Lesespaß mit lebensnaher Story

Kaktus-Serie 1: Ich wollt, ich wär ein Kaktus
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"Ich wollt, ich wär ein Kaktus" ist ein Kinderbuch von Autorin Mina Teichert für die Altersklasse der 10-12-jährigen. Es erscheint 2018 bei Planet! zugehörig dem Thienemann-Esslinger Verlag.


Lu ist 10 ...

"Ich wollt, ich wär ein Kaktus" ist ein Kinderbuch von Autorin Mina Teichert für die Altersklasse der 10-12-jährigen. Es erscheint 2018 bei Planet! zugehörig dem Thienemann-Esslinger Verlag.


Lu ist 10 Jahre alt, spielt Trompete und liebt Kakteen. Sie durchlebt gerade eine schwierige Zeit, denn ihre Eltern haben sich getrennt und sie zieht mit ihrer Mutter zu Oma Käthe aufs Land. Neue Schule, keine Freunde und auch noch die Trennung von Papa. Es ist schrecklich, Lu wäre selbst gern ein Kaktus und würde dann allen ihre Stacheln zeigen. Wie wird sie sich in der neuen Klasse zurechtfinden und hat sie überhaupt Lust auf Veränderungen und neue Freunde? Niemand fragt sie.



Die Trennung der Eltern sorgt bei Lu, eigentlich Lucinda, zu einer extremen Veränderung ihres bisherigen Lebens. Und dann will ihre Mutter auch noch aufs Land zu Oma Käthe ziehen, dort kennt Lu niemanden und Papa ist auch weit weg. Mamas neuer Freund Jo ist ihr egal, am liebsten wäre Lu ein Kaktus, dann hätte sie keine Gefühle und andere würden sich von ihr fernhalten.

Man erlebt mit Lu ihre turbulenten Gefühle, Sorgen und Ängste vor dem neuen Unbekannten, die sie in der neuen Umgebung und Schule erwarten. Mit 10 Jahren ist sie zwar kein kleines Kind mehr, aber die Neuerungen und der familiäre Riss machen ihr schwer zu schaffen. Also benimmt sie sich wie ein Kaktus, sollen die anderen doch mal sehen, was sie davon haben.

Lu testet ihre Stacheln, denn sie möchte nicht noch mehr verletzt werden. Das ist in ihrer Lage durchaus verständlich. Von Scheidungskindern wird viel verlangt, hier gelingt es Mina Teichert wunderbar, das anschaulich und mit Humor und lebensnah darzustellen.

In der Schule gibt es ordentlich Trubel, Lu hat schon am ersten Tag eine Feindin, aber auch eine neue Freundin gewonnen. Und dann ist da auch noch Julian, der sieht richtig toll aus und Lu freut sich immer wenn sie ihn sieht. Ist sie etwas verknallt?

Als Leser fühlt man automatisch mit Lu mit, ihr Trotzverhalten ist verständlich und nachvollziehbar. Doch allmählich findet sie sich nicht nur mit der veränderten Situation ab, sie bekommt neue Freunde, trotzt fiesen Mitschülern und wird immer selbstbewusster. Auch mit Jo, Mamas Freund, kann sie sich abfinden, er ist eigentlich recht nett.

Das Verhalten eines Kindes in einer solchen Situation ist nachvollziehbar, lebensnah wird hier gezeigt, wie sich in Lus Leben alles gegen sie zu verschwören scheint. Man kann ihr Trotzverhalten gut verstehen, es scheint so, als ob die Erwachsenen nur an sich denken würden.

Da liegt es nahe, dass Lu gern ein Kaktus wäre, sich hinter ihrer stacheligen Schale am liebsten einigeln würde und Gefühle nicht mehr zulassen möchte. Selbst ihre Oma Käthe geht ihr am Anfang auf den Geist.
Ich habe bei Lus Aktionen und Gefühlen geschmunzelt und habe gehofft, dass sich auch für sie eine positive Veränderung ergeben wird und ihre Mutter Verständnis für ihre Ängste haben würde.

Denn diese Trennung kann auch eine neue Chance für Lu sein und neue Freunde und ein neues Zuhause bedeuten. Man muss es nur als eine neue Chance ansehen und neue Gefühle zulassen, auch wenn man sich als Kaktus fühlt.



Dieses Buch ist sehr lebendig und frisch geschrieben, es spricht Kinder in einer Trennungsphase an und bringt auch andere auf die Idee, darüber mal nachzudenken.

Veröffentlicht am 20.01.2018

Düster, überraschend und toll geschrieben

Die schwarze Dame
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Der Wiener Privatermittler Peter Hogart wird nach Prag geschickt, um eine spurlos versschwundene Kollegin zu suchen. Hogart sticht mit seiner Suche in ein Wespennest und hat es schnell mit der Mafia und ...

Der Wiener Privatermittler Peter Hogart wird nach Prag geschickt, um eine spurlos versschwundene Kollegin zu suchen. Hogart sticht mit seiner Suche in ein Wespennest und hat es schnell mit der Mafia und ihren Schlägern zu tun, aber auch die Prager Polizei bringt er gegen sich auf.

Nur die junge Privatdetektivin Ivona Markovic, die gerade eine Reihe bizarrer Verstümmelungsmorde untersucht, scheint auf Hogarts Seite zu stehen. Beide überleben einen brutalen Anschlag und es wird klar, das hier eine Verbindung zwischen den Fällen vorhanden sein muss. Die Zeit läuft ihnen davon, der nächste Mord kann jederzeit passieren.


Dieser Thrillerauftakt hat mir fesselnde Lesezeit geschenkt. Andreas Gruber schreibt nicht nur toll, er bringt auch inhaltlich einige Überraschungen in der Handlung unter, die man so nicht erwartet und deswegen gespannt weiter liest.

Hogart landet für eine Versicherung in Prag. Was anfangs noch in die Kunstszene führt und als Versicherungsbetrug beginnt, läuft später auf eine gefährliche Suche nach einem Serienkiller hinaus. Dadurch verschiebt sich die relativ ungefährliche Ermittlung auf eine völlig andere Schiene. Es geht hinein in die kriminellen Strukturen der Mafia, Greco und seine Schläger machen Hogart das Leben schwer und sind ihm immer auf den Fersen.

Gemeinsam mit der Privatdetektivin Ivona Markovic entdeckt Hogart die Parallelen zwischen seiner Vermisstensache und den zerstümmelten Leichen. Ivonas guten Kontakten ist es zu verdanken, dass Hogart gute Starthilfe und auch Schutz geniesst. Die geköpften Mordopfer sorgen in Prag für Angst und Schrecken.

Die Story fängt gemächlich an und steigert sich allmählich zu einem fesselnden und komplexen Fall.

Hogart ist ein mutiger und intelligenter Typ, der mit Ivona eine passende Ermittlungs-Partnerin an seiner Seite hat. Beide wirken authentisch und man erlebt mit ihnen ihre schockierenden Erlebnisse aufgeregt mit.

Ich habe mich mehrfach gefragt, wie die Morde mit den verschwundenen Gemälden zusammenhängen könnten. Nach und nach kommen immer mehr Details zum Vorschein, die man nicht erwartet, die aber den Fall klarer werden lassen. Die Hintergrundgeschichte des Mörders hat es ebenfalls in sich. Einige gefährliche Szenen und die grausamen Mordopfer lassen die Spannung anwachsen und ein toller Showdown schliesst das Buch ohne offene Fragen ab.

Lediglich die Nebenfiguren fallen hier etwas blass aus, da hätte ich mir noch mehr Ausarbeitung gewünscht.

Auch wenn der Schreibstil für einen Thriller etwas zu ausführlich gerät, gefällt mir die düstere, atmosphärisch genaue Beschreibung von Andreas Gruber recht gut. Hier sieht man die erwähnten Schauplätze in Prag bildhaft genau vor Augen und kann die unterschiedlichen dunklen Stimmungen wunderbar nachvollziehen. Sogar geschichtliche Dinge finden hier eine gelungene Einbindung in die Handlung, was dem Buch allerdings auch eher einen romanhaften Zug verleiht. Als waschechten Thriller würde ich das Buch nun nicht bezeichnen, was aber der Spannung keinen Abbruch tut.


Mir hat dieser Auftakt mit den Prager Ansichten gut gefallen, die Reihe werde ich gern weiter verfolgen. Für Andreas Gruber Fans ist dieses Buch ein Muss und wer gern Spannungsliteratur aus Prag liest, sollte sich das Buch nicht entgehen lassen.


Der nächste Teil der Peter Hogart Reihe erscheint im April im Goldmann Verlag und heißt "Die Engelsmühle".

Veröffentlicht am 16.01.2018

Eine Biografie über den Menschen Herman van Veen

Erinnerte Tage
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In diesem Buch lässt uns der Künstler Herman van Veen rückblickend in sein Leben schauen. Man erhält in Annekdoten, Briefen und Gedanken einen genauen Blick in seine Seele.

Herman van Veen wurde im letzten ...

In diesem Buch lässt uns der Künstler Herman van Veen rückblickend in sein Leben schauen. Man erhält in Annekdoten, Briefen und Gedanken einen genauen Blick in seine Seele.

Herman van Veen wurde im letzten Kriegsjahr 1945 in eine Utrechter Arbeiterfamilie hineingeboren. Als Nachkriegskind hat er viel erlebt, seine Jugend widmete er der Musik und dem Geigenspiel.

Auf dem Konservatorium entdeckte er die Musik, das Theater und den Tanz. Dies veränderte sein Leben, er wurde der bekannteste niederländische Musiker und ist über die Grenzen der Niederlande hinaus bekannt.



In "Erinnerte Tage" richtet van Veen den Blick auf sein eigenes und das Leben allgemein. Er sieht die Ungerechtigkeit, das Elend der Welt und zeigt in seinen Texten die Unterschiede klar und deutlich auf.

Mal sind das heitere Erinnerungen an seine Jugend, mal besinnliche Erfahrungen, häufig frohe Gedanken, aber auch nachdenkliche Töne über den Lauf der Welt.

Mit Liedtexten, Gedichten und Annekdoten aus seinem Leben und Zeitungsschlagzeilen und Briefen kommt man dem Menschen Herman durch dieses Buch näher. Er lässt uns tief in seine Gedanken eintauchen. Aber er zitiert auch fremde Gedichte und Texte

So wie man ihn von Bühnenauftritten her kennt, erzählt er auch hier. Er geht nicht chronologisch vor, schweift mal hierhin ab, erinnert sich beim Anblick seiner schlafenden Enkelin an andere Erlebnisse. Es ist insgesamt ein liebevoller Blick zurück auf sein Leben und Wirken, auf seinen ganzen Erfahrungsschatz der 72 Lebensjahre.

Für mich ist er vor allem der Vater von Alfred Jodocus Kwak. Dieses Lied zeigt, wie sehr er Kinder liebt, nicht nur seine eigenen, sondern alle Menschenkinder. Das blitzt auch in seinen Gedichten und Liedertexten immer wieder hervor.

Sein Leben ist geprägt von einigen Freundschaften, die er über seine Künstlerlaufbahn kennengelernt hat. Diesen privaten Freunden widmet er einige Kapitel seines Buches, leider kenne ich diese niederländischen Personen nicht, doch man bekommt einen guten Überblick über Herman, wie er lebt, denkt und handelt und wie sich seine Karriere entwickelte. Auch ein ganz besonderer Brief von Willi Brandt ist ein eindrucksvolles Zeichen seiner künstlerischen Wirkungskraft.

Besonders interessant finde ich seine gesammelten Zeitungsschlagzeilen, die erkennen lassen, wie er sich um die politische Situation auf der Welt Gedanken macht. Die Zukunft seiner Enkelkinder ist sicherlich ein Grund dafür, wie er interessiert am Zeitgeschehen teilnimmt und die Grausamkeiten der Welt aufzeigt.

Er zeigt mit dem Finger auf die Wunden der menschlichen Zerstörung. Er mahnt mit aussagekräftigen Schlagzeilen ohne selbst Worte darüber zu verlieren.

Das Buch endet so, dass man das Gefühl hat, hier ist jemand mit sich im Reinen und blickt voller Dankbarkeit und zurück auf sein Leben.

Ein gelungener Blick hinter die Fassade des Künstlers und Menschen Herman van Veen

Veröffentlicht am 11.01.2018

Mit Mamma Carlotta auf Verbrecherjagd

Gegenwind
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Die sizilianische Mamma Carlotta Capella, Schwiegermutter des Sylter Kommissars Erik Wolf, ist zufällig an Ort und Stelle, als ein 17-jähriger Läufer in ihren Armen stirbt. Sport ist Mord, so ihr Motto, ...

Die sizilianische Mamma Carlotta Capella, Schwiegermutter des Sylter Kommissars Erik Wolf, ist zufällig an Ort und Stelle, als ein 17-jähriger Läufer in ihren Armen stirbt. Sport ist Mord, so ihr Motto, deswegen hält sie auch nichts davon. Da sie eine echte Spürnase hat, ihre Kontakte gewieft befragt, kommt sie dem Fall schnell auf die Spur und mischt sich damit natürlich mal wieder in die Ermittlungen ihres Schwiegersohns und dessen Team. Nebenbei bekocht sie die halbe Sylter Insel, denn an ihrem Tisch geht es stets gewohnt italienisch und besonders kulinarisch zu.


Mal wieder hat mich Mamma Carlotta mit ihrer liebenswürdigen Art begeistert. Sie ist eine Seele von Mensch, versteht ihre friesischen Freunde mittlerweile hervorragend und kann sich perfekt in andere Menschen eindenken.

Die Krimihandlung ist jedoch nicht nur schmückendes Beiwerk, der Fall wirkt authentisch und lässt auch das Spannungsmoment nicht außer Acht. Einige geschickte Wendungen sorgen für mehrere Tätervermutungen und man kann bis zum Schluss miträtseln.


Mir gefällt es, wenn Carlotta vor Aufregung stets italienisch redet und ihr Wortschwall sich über die Anwesenden ergießt. Ihre Enkel liebt sie abgöttisch und auch für ihren Gast Ida hat sie immer Verständnis. Selbst für die vielen Pflegetiere, die Ida immer ins Heim der Familie Wolf schleppt. Die Tiere sorgen für zusätzliche Aufregung im Haus Wolf, denn nicht nur Eriks Katzenhaarallergie ist ein Problem, auch die Tiere passen nicht immer harmonisch zusammen.


Gisa Pauly beschreibt alle Protagonisten mit Ecken und Kanten und zeigt damit ein genaues Bild der Personen. Als Regionalkrimi erlebt man nicht nur einige reale Schauplätze wie Carlottas Feinkost Meyer, sondern auch die familiäre Atmosphäre am Esstisch der Familie Wolf. Dort bietet Mamma allerlei italienische Leckerbissen in mehreren Gängen an, bei deren Erwähnung man richtig Appetit bekommt. Zum Nachkochen finden sich im Anhang dann diverse Rezepte, z. B. für Ribollita, Spinatlasagne und Tapenade (Olivenpaste). Schon dafür lohnt es sich, das Buch zu kaufen.



Dieser Sylt-Krimi besticht durch den italienischen Touch der ermittelnden und kochenden Großmutter Carlotta. Man kann hier lockere Unterhaltung mit spannender Krimihandlung verbinden und erlebt schöne Lesestunden.

Veröffentlicht am 09.01.2018

Spannende Unterhaltung mit einer raffinierten Story.

Die Frau mit dem roten Schal
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In diesem Roman gibt es romantische Stellen, die die Wünsche und Träume eines jungen Mannes mit einer Beinprothese zeigen. Aber im Buch sind vermehrt Teile eines Thrillers und Krimis zu finden. Der Leser ...

In diesem Roman gibt es romantische Stellen, die die Wünsche und Träume eines jungen Mannes mit einer Beinprothese zeigen. Aber im Buch sind vermehrt Teile eines Thrillers und Krimis zu finden. Der Leser wird in die Beobachterrolle gesteckt und muss sich ein Bild über den Protagonist Jamal machen. Denn die Grenzen zwischen Wahrheit und psychologischer Verwirrung sind fließend. Jamal wird mal als Täter und mal als Opfer gehandelt und als Leser zweifelt man, was man von ihm halten soll. Dann wieder erscheint er als verwirrt und man traut ihm die Täterrolle durchaus zu.
Zum Inhalt möchte ich nicht viel sagen, denn das ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Romans. Das Verwirrspiel hängt einfach zu stark mit dem Inhalt zusammen.

Sprachlich konnte mich "Die Frau mit dem roten Schal" leider nicht überzeugen, denn der Stil ist recht einfach gehalten und erinnert eher an einen Thriller. Für einen Roman erwarte ich einfach mehr literarischen Ausdruck und intensivere Wortwahl. Jamal erzählt seine Sicht der Dinge eher knapp formuliert wie in einem Tagebuch.

Die Erzählperspektive Jamals zeigt seine Nachforschungen und wird unterbrochen durch weitere Perspektiven wie Polizeiberichte oder Briefe. Die Polizeiberichte lasen sich nicht wie solche, der reale kriminalistische Jargon fehlte völlig. Doch das hat der Verwirrung des Lesers durch die Vermischung von Vermutung und Wahrheit keinen Abbruch getan. Die Suche nach der Wahrheit ist durch immer wieder neue Erkenntnisse auf den Kopf gestellt.
Der Handlungsverlauf ist verwirrend und ständig ist neues Mutmaßen angesagt. Ein toller Spannungsroman, der im Nachhinein betrachtet durchaus logisch aufgebaut ist und mit einem überraschenden Ende erneut verwirrt.

Dieser Roman erfüllt mehrere Kriterien: etwas Romantik und Liebe, eine fesselnde Krimiermittlung und dahinter ein mysteriöses Geheimnis, dem man als Leser unbedingt auf die Schliche kommen will. Spannende Unterhaltung mit einer raffinierten Story.