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Veröffentlicht am 27.06.2018

Seichter Krimi mit tollem Parisfeeling

Die Toten von Paris
1

Im Herbst 1944 atmet Paris auf. Die Deutschen sind auf dem Rückzug, Paris eine halbwegs freie, wenn auch vom Krieg gebeutelte Stadt. Dennoch wird aufgeräumt, auch mit Kollaborateuren, und so gelangt der ...

Im Herbst 1944 atmet Paris auf. Die Deutschen sind auf dem Rückzug, Paris eine halbwegs freie, wenn auch vom Krieg gebeutelte Stadt. Dennoch wird aufgeräumt, auch mit Kollaborateuren, und so gelangt der unbedarfte Jean Ricolet zu seinem Job bei der Pariser Polizei. Eigentlich hatte er ja gehofft bei der Suche eines Massenmörders helfen zu dürfen, aber er wird auf den Tod eines Nazis angesetzt. Der hatte sich zuletzt eifrig damit beschäftigt Raubkunst an den Führer zu liefern. Ricolet gelangt schnell auf die Spur von Pauline, die zuletzt mit dem Opfer arbeitete. Ebenso wie für die Résistance.
Der Klappentext hatte mich wirklich sehr angesprochen, leider konnte mich die Umsetzung der guten Grundidee nicht richtig überzeugen. Ein großer Pluspunkt war für mich das aufkommende Parisfeeling. Die Autorin beschreibt Örtlichkeiten, Land und Leute sehr gut, ich hatte sofort bunte und lebendige Bilder vor Augen. Immer wieder werden französische Begriffe eingestreut, die diesen Effekt verstärken. Überhaupt fand ich den Erzählstil sehr angenehm, bis auf Kleinigkeiten war der Lesefluss immer gegeben. Die Stimmung in der befreiten Stadt wird ebenfalls sehr authentisch dargestellt, diese Mischung aus Kampf ums Überleben und gleichzeitigem Siegesgefühl wirkte auf mich sehr echt.
Leider konnte der Kriminalfall nicht richtig punkten, hier entwickelt sich einiges vorhersagbar, anderes wird zu früh aufgelöst, sodass der Spannungsbogen viel zu früh wieder abflaut. Situationen, die eigentlich großes Spannungspotential hatten, sind oft viel zu einfach und dadurch oft unglaubwürdig abgelaufen. Auch die Figuren selbst waren nicht immer glaubwürdig, sowohl Ricolet als auch Pauline handeln ab und an sehr konstruiert und zweckgebunden. Beide hätten definitiv mehr Tiefe vertragen können, gerade Pauline wird doch sehr auf ihre Motive reduziert.
Der Krimi startet stark, verliert im Mittelteil viel und kann mit dem wieder besseren letzten Drittel nicht genug punkten, um mich zu begeistern. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass zu viel gewollt wurde und an vielen Stellen Verbesserungen möglich gewesen wären. Sicherlich kein ganz schlechter Krimi, aber einer, der sein Potential verschenkt hat. Schade.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Figuren
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 25.04.2018

Die Lichter unter uns

Die Lichter unter uns
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Einst hat Anna die Flitterwochen mit ihrem Mann auf Sizilien verbracht, Jahre später kehren sie mit Kind und Kegel dorthin zurück. Anna kommt ins Grübeln, was aus ihren Flitterwochenträumen im schnöden ...

Einst hat Anna die Flitterwochen mit ihrem Mann auf Sizilien verbracht, Jahre später kehren sie mit Kind und Kegel dorthin zurück. Anna kommt ins Grübeln, was aus ihren Flitterwochenträumen im schnöden Alltag geworden ist. Und dann tritt auf einmal Alexander in ihre Leben, der genau diese Träume zu leben scheint.

Verena Carls Roman gehört zu der leiseren Sorte. Mit melancholischem Unterton erzählt sie von den zwei Urlaubswochen auf Sizilien, lässt ihre Protagonisten aber auch Blicke in die eigene Vergangenheit werfen. Die Familie von Anna scheint zerrissen; obwohl ein Urlaub doch eigentlich zum gemeinsamen Erleben da sein sollte, ist sie meist mit ihrem Sohn, ihr Mann oft mit der Tochter allein unterwegs. Auch sonst scheint das Eheleben eingeschlafen, wirklich viel haben die beiden sich nicht mehr zu sagen. Anna selbst wirkt bedrückt und enttäuscht, wie eigentlich alle erwachsenen Personen der Geschichte. Alexander hat zwar augenscheinlich den Verlust seiner ersten Ehefrau verkraftet, hadert aber sichtlich mit dem eigenen Alter und zeigt sämtliche Klischees einer Midlife-Crisis (neue junge Ehefrau, Frust über den Verlust der Jugend etc.). Auch seine Frau und sein Sohn scheinen unglücklich. Diese allseits depressive Grundstimmung wird sehr gut durch das Setting widergespiegelt, der fröhliche Urlaubsort ist kurz vor Saisonende gar nicht mehr so schillernd und strahlend. Die Autorin versteht es sehr gut Stimmung zu übertragen, ich habe allerdings mit den Figuren selbst und auch dem Handlungsverlauf etwas gehadert; beides hat meinen Geschmack einfach nicht richtig getroffen. Carls Erzählstil und auch der Aufbau der Atmosphäre haben mir jedoch sehr gut gefallen, sodass ich auf weitere Romane ihrerseits durchaus gespannt warte.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Ganz okay

Schweigegelübde (Ein Emma-Vaughan-Krimi 2)
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Der Tag könnte für Emma nicht schlechter beginnen: muffeliger Teenie am heimischen Frühstückstisch, dem Exmann droht aufgrund einer möglichen IRA-Vergangenheit immer noch das Gefängnis und jetzt muss Emma ...

Der Tag könnte für Emma nicht schlechter beginnen: muffeliger Teenie am heimischen Frühstückstisch, dem Exmann droht aufgrund einer möglichen IRA-Vergangenheit immer noch das Gefängnis und jetzt muss Emma auch noch zum Toxscreening. Dass das positiv ausgehen wird, ist schon abzusehen, nimmt sie doch seit Jahren starke Schmerzmittel. Trotzdem machen die Verbrechen vor der Kleinstadt Sligo natürlich keinen Halt. Ausgerechnet in der Klinik, in der Emma zum Test einbestellt wird, scheint ein Todesengel umzugehen. Ältere Herrschaften sterben plötzlich an Herzversagen; ohne jemals zuvor Symptome in dieser Richtung gezeigt zu haben…
Band 1 mit Emma habe ich ganz gerne gelesen, und auch Band 2 kann durchaus unterhalten. Das Flair der irischen Kleinstadt mit all seinen Macken und Eigenheiten macht eine schöne Atmosphäre. Emma als Ermittlerin fand ich schon im ersten Band etwas überzeichnet, auch in diesem Teil wurde ich mit ihr nicht endgültig warm. Die Handlung entwickelt sich zunächst recht ansehnlich, dann bekommt man den Mörder aber schon viel zu früh auf dem Silbertablett zwischen den Zeilen serviert, was der Spannung dann natürlich einen gehörigen Dämpfer verpasst hat. Wirklich schade, ich wäre gerne noch etwas länger im Dunklen getappt. So liest man sich durch seitenweise Ermittlungen, die einem zunehmend stümperhaft anmuten, haben die Ermittler doch dieselben Informationen wie der Leser. Im Hintergrund entwickelt sich ein zweiter Fall, der mir dann wesentlich besser gefallen hat. Geschrieben ist das Buch dann wiederum sehr flüssig und es ist wirklich gut zu lesen.
Fazit: Ein etwas leichterer Krimi, der mit seiner schönen Atmosphäre aber Punkte gutmachen kann.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Und wenn sie tanzt, ist sie woanders

Wenn Martha tanzt
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Im Jahre 1900 wird Martha in Pommern geboren. Schnell entwächst sie der ländlichen Idylle Türnows und landet als junge Erwachsene im Dunstkreis des Bauhausgenies Gropius. Aus einer musikalischen Familie ...

Im Jahre 1900 wird Martha in Pommern geboren. Schnell entwächst sie der ländlichen Idylle Türnows und landet als junge Erwachsene im Dunstkreis des Bauhausgenies Gropius. Aus einer musikalischen Familie stammend, kann sie ihrer synästhetischen Veranlagung entsprechend dort Musik mit der bildenden Kunst und dem Tanz verbinden.
Am Anfang des nächsten Jahrhunderts stehen ihre Erinnerungen in Form eines Tagebuchs bei Sotheby‘s zum Verkauf. Enthalten: einige wertvolle Werke bekannter Künstler wie Paul Klee oder Kandinsky.
Tom Saller hat sich in seinem Debutroman ein interessantes Setting ausgesucht, die Welt der Bauhauskünstler fand ich sehr spannend. Marthas Blick auf diese Welt erscheint trotzdem irgendwie immer etwas eingeschränkt, ich hatte immer den Eindruck, dass sie mit ihrem „Talent“ nicht so richtig ernst genommen wurde. Nichtsdestotrotz erfährt man viel Neues und mir hat dieser Ausflug nach Weimar gut gefallen. Zwar bemüht sich Saller um einen historischen Kontext, nicht immer schafft er eine authentische Einbindung ins soziale und politische Geschehen seinerzeit. Ich mochte leider auch den Erzählstil nicht so gerne; die Aufteilung in eine „Vergangenheit“ und eine Rahmenhandlung im „Jetzt“ hat mir gut gefallen, doch sprachlich konnte ich Sallers Roman nicht viel abgewinnen. Auch die Figuren haben mich nicht richtig überzeugt, ich muss nicht immer in alle tiefsten Tiefen der Gefühlswelt eines Protagonisten vordringen, aber gerade Martha als Dreh- und Angelpunkt der Handlung hätte ich dann doch gerne etwas besser kennengelernt.
Insgesamt wirkte der Roman auf mich noch etwas unausgegoren, auch wenn durchaus ansprechende Passagen enthalten waren, die ich sehr gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Idee gut, Ausführung solala

Die Rache der Polly McClusky
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Polly ist ein schüchternes Mädchen, das in der Schule getriezt wird und das nicht nur, weil sie mit ihren 11 Jahren immer noch ihren Teddy ständig bei sich trägt. Sie wohnt eigentlich bei ihrer Mutter, ...

Polly ist ein schüchternes Mädchen, das in der Schule getriezt wird und das nicht nur, weil sie mit ihren 11 Jahren immer noch ihren Teddy ständig bei sich trägt. Sie wohnt eigentlich bei ihrer Mutter, umso erstaunlicher ist es, dass eines Tages ihr Vater vor den Schultoren auf sie wartet. Der ist nach Jahren frisch aus dem Gefängnis entlassen, leider nachdem er dort den falschen Leuten kräftig ans Bein gepinkelt hat. Die Aryan Steel haben ihm Rache geschworen, und so befindet sich nicht nur Nate, sondern auch Polly in höchster Gefahr. Eine irre Flucht beginnt…

Mich hat der Klappentext angesprochen, diese Mischung aus verqueren Figuren, dramatischer Flucht und die Verbindung zur Aryan Steel hatte ich mir sehr interessant vorgestellt. Leider hat die Geschichte nicht alles halten können, was ich mir erhofft hatte. Man erfährt einen Großteil der Handlung aus Pollys Perspektive, die ich eigentlich ganz sympathisch fand. Irgendwie konnte ich dem Autor ihr kindliches Alter nicht komplett abnehmen, sie handelt an einigen Stellen nicht so richtig nachvollziehbar. Natürlich ist ihre Situation eine sehr ungewöhnliche, trotzdem war ich oft nicht wirklich überzeugt. Ihren Vater Nate dagegen fand ich recht glaubwürdig, auch wenn er an vielen Stellen gängigen Klischees entspricht und nichts wirklich Neues darstellt. Der Autor arbeitet bereits an einem Drehbuch zu Polly, und das schien ihm beim Schreiben des Romans immer schon im Hinterkopf gewesen zu sein. Viele Szenen kann ich mir im TV sehr viel besser vorstellen, als sie im Buch rüberkommen. Harpers Stil ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, hat mir dann aber doch gut gefallen. Er weiß Spannung zu erzeugen, sodass ich schon immer wissen wollte wie es weitergeht, auch wenn ich insgesamt nicht komplett gefesselt war.
Unterm Strich kann man Polly durchaus mal zur Hand nehmen, man verpasst aber auch nichts, wenn man lieber auf die Verfilmung wartet.