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Veröffentlicht am 20.08.2018

Mit Macht spielt man nicht

The Crown's Game
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Vika Andrejewa kann zaubern. Genauso wie Nikolai Karimov. Aber leider kann es immer nur einen Magier des Zaren geben. Also müssen beide zum „Spiel der Krone“ antreten, einem Wettkampf, bei dem beide ihre ...

Vika Andrejewa kann zaubern. Genauso wie Nikolai Karimov. Aber leider kann es immer nur einen Magier des Zaren geben. Also müssen beide zum „Spiel der Krone“ antreten, einem Wettkampf, bei dem beide ihre magische Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen. Allerdings setzt ein Wettkampf bereits voraus, dass es einen Gewinner und einen Verlierer geben muss. Der Gewinner erhält jegliche verfügbare magische Macht, die gleichzeitig den Tod des Verlierers bedeutet. Die Erkenntnis, das der Wettkampf den Tod des jeweils anderen bedeutet, gefällt weder Vika noch Nikolai. Allerdings ist es da bereits zu spät, um aus dem Wettkampf auszusteigen.

„The Crown’s Game“ spielt in St. Petersburg im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, in einer Welt, in der Magie möglich ist. Evelyn Skye versteht es, diese längst vergangene Zeit lebendig werden zu lassen und „ihr“ St. Petersburg dem Leser näher zu bringen. Obwohl der Verlag damit wirbt, dass es sich auch um eine Liebesgeschichte handelt, liegt der Fokus allerdings eindeutig auf dem magischen Wettkampf, den Unterschieden zwischen Vikas und Nikolais Zauberkünsten, sowie verschiedenen magischen Raffinessen, die sich die beiden einfallen lassen. Auf die Dreiecksgeschichte zwischen Nikolai, Vika und Pawel wird zwar immer wieder angespielt, allerdings wird sie nie ganz zu einem Ende geführt. Eine Tatsache, die in Anbetracht des politischen Aspekts der Handlung und der Frage, wie weit man für eine Sache gehen würde bzw. der offensichtlichen Abscheu Vikas und Nikolais einander zu töten, eher in den Hintergrund gerät. Zusätzlich werden die russische Gesellschaft und deren damalige Kultur thematisiert.

Die Darstellung der erzählten Welt ist Evelyn Skye hervorragend gelungen. Durch viele kleine Details lässt sie St. Petersburg zur Zeit des russischen Zarenreichs vor dem inneren Auge lebendig werden. Einzig eine Karte, auf der man die, im Roman erwähnten, Orte nachverfolgen kann, fehlt. Mit Beginn des Magierwettstreits lässt sich eigentlich ein mögliches Ende der Geschichte bereits erahnen, das tatsächliche Ende ist dann aber doch überraschend und lässt Luft für den bereits angekündigten Folgeband. Zugegeben, dadurch, dass die beiden Magier eher halbherzig darauf aus sind, sich gegenseitig zu töten, fehlt dem Wettkampf selbst etwas an Spannung und auch die Liebesgeschichte ist kein zentrales Thema. Stattdessen lässt sich „The Crown’s Game“ eher als fantastischer Gesellschaftsroman lesen und als solcher funktioniert die Geschichte einwandfrei.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Ein Meer aus Erinnerungen

Das rote Adressbuch
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Hast du genug geliebt? Doris ist 96 Jahre alt. Ein Alter, in dem man durchaus schon mal auf sein Leben zurückblickt. Um ihrer Großnichte Jenny etwas zu hinterlassen, wenn sie einmal nicht mehr ist, beginnt ...

Hast du genug geliebt? Doris ist 96 Jahre alt. Ein Alter, in dem man durchaus schon mal auf sein Leben zurückblickt. Um ihrer Großnichte Jenny etwas zu hinterlassen, wenn sie einmal nicht mehr ist, beginnt sie anhand ihres roten Adressbuchs ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Das Adressbuch wird dabei zum Reiseführer durch Doris Vergangenheit und lässt sie erneut Bekanntschaft mit verschiedensten Menschen machen, die ein Stück ihres Lebenswegs mit ihr geteilt und ihr Leben auf die unterschiedlichste Art und Weise geprägt haben. Und am Ende müssen Doris und auch Jenny erkennen, wie wichtig die Bedeutung der Liebe für das Leben ist.

„Das rote Adressbuch“ ist wie eine Novelle aufgebaut. Doris Lebensgeschichte wird vor dem Hintergrund ihrer gegenwärtigen Situation erzählt. Während die Kapitel, in denen von der Gegenwart erzählt wird, nummeriert sind und im Präsens verfasst sind, sind die Kapitel, die von Doris Vergangenheit handeln, mit Namen verschiedener Personen übertitelt und im Perfekt verfasst. Hinzu kommt ein Wechsel der Erzählperspektive zwischen den beiden Erzählebenen. Die Idee, Personennamen als Kapiteltitel zu nehmen, ist originell und macht deutlich, dass verschiedene Menschen tatsächlich so etwas wie Kapitel in der Lebensgeschichte sind. Manche Kapitel sind länger, manche kürzer und manchmal ist es nicht nur ein Kapitel, sondern ein durchgehendes Erzählmotiv. Inhaltlich hat der Roman ein paar kleine Schwächen, da einige von Doris Erlebnissen zu konstruiert wirken. Weil allerdings keine dieser Erinnerungen auf Effekte aus ist, sondern der Schwerpunkt auf der Darstellung liegt, ändert dies nichts an der Aussage, Wirkung und Qualität des Texts.

Sofia Lundbergs Roman ist stimmig durchkonzipiert. So, dass sich Aufbau des Textes und der Inhalt der Handlung ergänzen. Der rote Faden ist in diesem Fall das Adressbuch, welches Doris dabei hilft ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Erinnerungen, die dazu anregen über Träume, sowie über genutzte und ungenutzte Gelegenheiten nachzudenken. Aber auch darüber hinaus stellt Sofia Lundberg in ihrem Roman dar, was es bedeutet zu lieben und wie wichtig Mitgefühl, Anerkennung und Toleranz nicht nur in der Liebe, sondern im Leben allgemein sind. „Das rote Adressbuch“ begleitet einen noch über das Lesen hinaus und regt dazu an, über Menschlichkeit und Mitgefühl nachzudenken. Eine berührende Geschichte über Erlebnisse, Bekanntschaften und darüber, was das Leben ausmacht.

Veröffentlicht am 19.08.2018

"Und lauf nicht vom Wege ab...”

Hazel Wood
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Alice Proserpine und ihre Mutter Ella bleiben nie lange an einem Ort. Fast so, als wären sie auf der Flucht. Und tatsächlich scheinen Pech und Verkettungen unglücklicher Ereignisse Mutter und Tochter zu ...

Alice Proserpine und ihre Mutter Ella bleiben nie lange an einem Ort. Fast so, als wären sie auf der Flucht. Und tatsächlich scheinen Pech und Verkettungen unglücklicher Ereignisse Mutter und Tochter zu verfolgen. Als Alice Großmutter Althea unerwartet stirbt beschließt Ella sesshaft zu werden und eine Zeitlang scheint das auch tatsächlich zu funktionieren, doch irgendwann kommt das Unglück zurück: Ella verschwindet. Alice bleibt zunächst ratlos und mit der Warnung sich von Hazel Wood fernzuhalten zurück. Ihr wird jedoch bald klar, dass sie wohl nur in Hazel Wood Antworten erhält.

Melissa Albert erschafft mit „Hazel Wood“ eine ganz eigene Märchenwelt. Das Kernelement bildet dabei das Märchenbuch „Geschichten aus dem Hinterland“, das Alice Großmutter Althea Proserpine vor vielen Jahren verfasst hat und das vielleicht doch nicht ganz so fiktiv ist, wie Alice sich das zu Beginn denkt. Alice selbst ist eine schwierige Protagonistin, mit der man als Leser auch nicht wirklich warm wird. Trotzdem übt ihre stachelige, schwer greifbare Art, die sie zur Anti-Heldin des Romans macht, eine starke Anziehung aus. Auch wenn die Geschichte aus Alices Perspektive erzählt wird, ist es für die Handlung nebensächlich, ob man sie sympathisch findet oder nicht. Melissa Albert stellt die Geschichten aus dem Hinterland und Hazel Wood selbst in den Vordergrund. Und passend zur Warnung und der Bezeichnung Hinterland findet sich hier eine eher düstere Stimmung, die durch das bedächtige und eindringliche Erzähltempo, sowie Alice schwierigen und teilweise recht wechselhaften Charakter zusätzlich verstärkt wird.

“Hazel Wood” ist eine Geschichte, auf die man sich einlassen muss, die dann aber aufgrund des Erzähltons, der Sprache und der bildhaften Beschreibung der Handlungsorte ziemlich schnell ihren Sog entwickelt. Ist man erst einmal in die Geschichte eingetaucht, entwickelt auch Alices schwierige Persönlichkeit ihren gewissen Reiz. Wer Märchen mag, der wird die eine oder andere Anspielung erkennen, wobei in “Hazel Wood” eine völlig eigene Geschichte erzählt wird. Wer allerdings eine Märchenwelt mit Happy End erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Der Roman reiht sich eher bei den düsteren Erzählungen ein. Das allerdings so fesselnd, dass sich das Buch nur schwer beiseite legen lässt.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Wer das Feuer weckt

Children of Blood and Bone
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Zélie ist eine Divîné. Sie hat magische Fähigkeiten. In einer Welt, in der Magie verboten ist, nicht unbedingt von Vorteil. Als ein altes Artefakt auftaucht, dass Zélie die Möglichkeit gibt, nicht nur ...

Zélie ist eine Divîné. Sie hat magische Fähigkeiten. In einer Welt, in der Magie verboten ist, nicht unbedingt von Vorteil. Als ein altes Artefakt auftaucht, dass Zélie die Möglichkeit gibt, nicht nur ihre Magie vollständig zu entwickeln, sondern auch die Magie in ihr Land Orïsha zurückzuholen, begibt sie sich auf eine Mission. Denn auch der Kronprinz von Orïsha ist hinter dem Artefakt her. Zusammen mit ihrem Bruder und der Schwester des Kronprinzen versucht sie ihren Gegnern immer einen Schritt voraus zu sein. Sollte sie scheitern, könnte es das endgültige Ende der Magie in Orïsha bedeuten.

Tomi Adeyemi erzählt Children of Blood and Bone: Goldener Zorn aus der Sicht von vier verschiedenen Personen: Zélie, ihrem Bruder Tzain, der Prinzessin Amari und dessen Bruder Kronprinz Inan. Dadurch wird die Handlung vielseitig, erfordert aber etwas Konzentration vom Leser, sonst verliert man leicht den Überblick, wer gerade spricht. Obwohl die Sichtweisen wechseln und man beim Lesen etwas darauf achten muss, wer gerade erzählt, ist die Erzählung jedoch nicht anstrengend zu lesen. Tomi Adeyemis Schreibstil verbindet die einzelnen Handlungsstränge zu einer Geschichte, die sich flüssig lesen lässt. Auch das Erzähltempo und die Handlungsentwicklung sind angenehm zu lesen und geben der Geschichte die Möglichkeit sich in angemessenem Erzähltempo entwickeln.
Tomi Adeyemi erzählt allerdings die Geschichte einer Rebellion. Und kein Aufstand kommt ohne Gewalt und Tod aus. Das muss auch Zélie im Laufe der Handlung erfahren. Als Leser muss man an manchen Stellen schon etwas schlucken. Weniger wegen der dargestellten bzw. beschriebenen Grausamkeiten, sondern weil einem bewusst wird, das auf Unterdrückung neue Gewalt folgt. Der Weg zur Menschlichkeit ist (nicht nur) innerhalb der Geschichte vor allem durch Kampf und Aufstände geprägt. In ihrem Nachwort betont die Autorin, dass das Buch ihre Antwort auf die Gewalt gegen Schwarze in Amerika ist. In diesem Kontext erhalten die Gewaltsamkeiten im Buch eine tiefere und wichtige Bedeutung. Children of Blood and Bone: Goldener Zorn ist nicht nur eine spannende und gut geschriebene Geschichte über den Aufstand einer unterdrückten Gruppe, sondern auch eine Parabel auf das tägliche Leben und führt unweigerlich zu der Frage, ob Menschlichkeit tatsächlich erkämpft werden muss. Auch wer kein allzu großer Fan von Fantasyromanen ist, wird, durch den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Bezug, für sich etwas in der Geschichte finden können.

Veröffentlicht am 16.07.2018

Von Drachen, Freundschaft und einem gefährlichen Artefakt

Drachenkralle 1: Die Klaue des Morero
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Maya und Simon, Maro und Katharina. Drache und Reiter. Einander Verpflichtete. An erster Stelle vor allem aber Freunde. Als Simon der Drachin Maya zu Hilfe kommen muss, versteht er ziemlich schnell, dass ...

Maya und Simon, Maro und Katharina. Drache und Reiter. Einander Verpflichtete. An erster Stelle vor allem aber Freunde. Als Simon der Drachin Maya zu Hilfe kommen muss, versteht er ziemlich schnell, dass Drachen nicht die bösartigen Geschöpfe aus den Legenden sind. Und als wäre diese Erkenntnis nicht schon genug, um einiges zu verändern, wird gleichzeitig deutlich, dass die wahre Bedrohung viel weitreichendere Folgen hätte, als ein Angriff durch einen Drachen. Denn wenn die Klaue des Morero in die falschen Hände gerät, könnten die Folgen weitaus verheerender sein. Simon und seine Freunde beschließen das Artefakt zu suchen, damit kein zu gieriger Herrscher seine Finger danach ausstrecken kann.

Über Drachen ist schon viel geschrieben worden und doch nimmt die Faszination nicht ab. Janika Hoffmann erschafft in „Drachenkralle – Die Klaue des Morero“ eine ganz eigene Welt der Drachen und deckt innerhalb der Handlung viele Lebensbereiche der Drachen ab. Vor allem handelt die Geschichte aber von Freundschaft, Zusammenhalt, Verantwortung und vom Erwachsenwerden. Simon ist vierzehn, erst vierzehn mag man denken, muss im Laufe der Handlung aber bald Entscheidungen treffen, die ihn über sich hinauswachsen lassen. Seine Erlebnisse auf der Suche nach der Klaue des Morero sorgen ebenfalls dafür, dass Simon und ebenso seine Freunde am Ende der Geschichte deutlich erfahrener und erwachsener sind.

„Drachenkralle – Die Klaue des Morero“ ist spannend geschrieben und scheut auch nicht davor zurück von Verlusten, Grausamkeiten und Trauer zu erzählen. Allerdings werden diese Ereignisse immer im Kontext erzählt, sodass dadurch vielmehr verdeutlicht wird, wie gefährlich das Unternehmen für Drachen und Reiter eigentlich ist. Mitunter finden sich in der Geschichte ein paar kleinere erzählerische Schwächen, die vielleicht ein kurzes Stutzen verursachen, die Handlung und den Erzählfluss an sich aber nicht weiter beeinträchtigen. Das junge Alter der Protagonisten, sowie der Aspekt des Erwachsenwerdens machen das Buch vor allem für jüngere bzw. jugendliche Leser interessant. Die Jagd nach dem Artefakt spricht allerdings auch bereits erwachsene Leser an.