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Veröffentlicht am 01.09.2018

Wie ein Hirte nach Versailles kommt

Königskinder
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Jedenfalls fast - das beschreibt Alex Capus in seinem Roman "Königskinder". Natürlich geht es darin auch um eine Liebe und - wie es eben auch im bekannten Volkslied der Fall ist - um Hindernisse, die sich ...

Jedenfalls fast - das beschreibt Alex Capus in seinem Roman "Königskinder". Natürlich geht es darin auch um eine Liebe und - wie es eben auch im bekannten Volkslied der Fall ist - um Hindernisse, die sich ihrer Liebe in den Weg stellen.

Wir befinden uns in der Schweiz im ausgehenden 18. Jahrhundert: Jacob, ein armer Hirtenjunge im Schweizer Gebirge und Marie, Tochter eines - zumindest im Vergleich - wohlhabenden Bauern erliegen einander quasi auf den ersten Blick, aber der Vater des Mädchens tut alles Menschenmögliche, um diese Liaison zu verhindern. Und wie es damals so in solchen Fällen häufig geschah, zieht Jakob davon und wird Soldat, um als gemachter Mann wiederzukehren - allerdings nur für kurze Zeit, denn dann ruft Versailles, bzw. dessen "Vorgarten" Montreuil, wo Elisabeth, des Königs Schwester eine Art Modellbauernhof betreibt. Und Jakob darf wieder Hirte sein, wenn auch fern von zu Hause - und von Marie. Wird er sein "Hemvé"; so nennen die Franzosen Heimweh, ein Wort, das es in ihrer Sprache nicht gibt - überwinden können? Trotz der nahenden Revolution, denn inzwischen schreiben wir das Jahr 1789?

Allerdings ist dies eine Geschichte in einer Geschichte: Max erzählt sie seiner Frau Tina, während sie mit dem Auto während eines Schneesturms in den Bergen steckengeblieben sind. Er besteht darauf, dass sie wahr ist, was seine Frau ihm nicht ganz abnehmen will.

Ein schön geschriebener Roman, dessen Botschaft sich mir aber nicht so ganz erschließen will? Was bezweckt Max mit dieser Geschichte von Jakob und Marie? Und verändert sie, verändert diese Nacht im Schnee etwas in seinem und Tinas Leben? Oder warum erzählt er ihr diese Geschichte, erzählt Alex Capus sie uns? Auch wenn er sich ganz nett und unterhaltsam liest, ist dieser Roman aus meiner Sicht wenig zielorientiert in jeder Hinsicht und eine klare Empfehlung kann ich mir - obwohl eigentlicht Capus-Fan - nicht abringen.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Ungewöhnlich

Vier Tage in Kabul
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ist die Protagonistin dieses Thrillers, Kriminalkommissarin Amanda Lundh. Gut, können Sie sagen, Kommissarinnen gibt es in der Spannungsliteratur noch und nöcher und gerade die skandinavischen, bzw. schwedischen, ...

ist die Protagonistin dieses Thrillers, Kriminalkommissarin Amanda Lundh. Gut, können Sie sagen, Kommissarinnen gibt es in der Spannungsliteratur noch und nöcher und gerade die skandinavischen, bzw. schwedischen, geben sich quasi die Klinke in die Hand. Da muss es schon ganz besondere Alleinstellungsmerkmale geben, um aufzufallen. Das ist hier unbedingt der Fall, denn Amanda Lundh fungiert als Unterhändlerin der schwedischen Regierung in Kabul, Afghanistan.

Obwohl sie in der Regel einem Tagesgeschäft nachgeht und mit der Ausbildung lokaler Sicherheitskräfte beschäftigt ist, ist dies ohne Frage eine besonders brisante Position also und diese Brisanz nimmt noch zu als zwei schwedische Diplomaten vermisst werden - es wird eine Entführung vermutet.

Nun ja, Amanda gerät schnell ins Kreuzfeuer der politischen Mächte und die ganze Geschichte könnte sehr spannend und fesselnd werden - so ist es aber nicht, jedenfalls aus meiner Sicht. Wobei ich gestehen muss, dass Politthriller schon einiges auffahren müssen, um mich dauerhaft begeistern oder zumindest ansprechen zu können und das ist hier definitiv nicht der Fall. Irgendwie war mir der Fall nicht knackig genug, um dauerhaft am Ball zu bleiben mit der Lektüre und so kam ich immer wieder raus und musste mich wieder einlesen.

Nein, ich hatte definitiv keinen Spaß an dieser Lektüre, die aus meiner Sicht auch nicht in einem sonderlich eindringlichen Stil verfasst wurde. Außer der beruflichen Ausrichtung von Amanda gibt es wenig, was mich dazu bringt, mir ein farbiges Bild von ihr als Person auszumalen. Dazu muss gesagt werden, dass ich es gerne mag, wenn das auch das Privatleben der Ermittler eine Rolle spielt, zumindest am Rande. Hier ist es so sehr an den Rand gedrückt, dass es kaum auffällt. Auch wenn es durchaus ab und zu interessant und sogar spannend wurde: Inhaltlich, aber auch stilistisch hat es mich so wenig gepackt, dass ich froh war, als meine persönlichen "Vier Tage in Kabul" endlich ein Ende fanden. Diesen Thriller kann ich daher auch nicht weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein rundes Ding, aber...

Entführt
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Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ...

Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ist. Aus Höflichkeit ist sie in deren Auto gestiegen - der Beginn eines Martyriums, denn für viele Monate wird sie in einen schalldichten und völlig abgeschlossenen Keller eingesperrt, misshandelt und missbraucht.. dabei gewährt ihr ein Monitor einen Blick auf ihr früheres Zuhause, das nur wenige Meter entfernt ist. Sie sieht täglich ihren Mann und ihre Tochter ein und aus gehen. Es geht um Rache - Rache an einer lange zurückliegenden Schuld, die Ylva aus Sicht ihrer Entführer auf sich geladen hat und für die sie nun büßen muss.

Ihre Familie, ihr berufliches Umfeld bleibt zurück - Ylva war alles andere als eine Vorzeigeehefrau, es hätte auch durchaus sein können, dass sie sich abgesetzt hat oder aber von ihrem Ehemann ermordet wurde - so denken zumindest viele im Umfeld, so denkt auch die Polizei, die allerdings keine Beweise hat. Oder hat dieser etwas mit ihrer Entführung zu tun? Stück für Stück wird die Geschichte aufgeschlüsselt, bis alle Mosaiksteine zusammenpassen.

Eine runde Sache also - aber irgendwie fehlt etwas. Es ist aus meiner Sicht kein packender Thriller geworden, da der Autor weder sprachlich noch inhaltlich so richtig zu fesseln vermag, er füllt den Rahmen nicht mit Kraft und soooo spannend und vor allem neu ist das Thema auch wieder nicht. Ein gewisser Zynismus, der dem Buch einen charakteristischen Stempel aufdrücken könnte, ist zwar vorhanden, auch die Aussage, dass man einer Schuld, die man auf sich geladen hat, nicht entfliehen kann, egal wie lange diese zurückliegt - aber dies alles bleibt in Ansätzen stecken. Aus meiner Sicht ein Buch, das man zwar zwischendurch lesen kann - eigentlich ist es jedoch überflüssig. Es gibt bereits viel Ähnliches, das um Klassen besser ist. Vielleicht sollte der Autor sich seiner journalistischen Wurzeln besinnen und zu ihnen zurückkehren. Wenn nicht, wäre zu hoffen, dass er steigerungsfähig ist - und das nicht zu knapp. Sonst werden ihm viele Leser nicht lange treu bleiben.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Holden Caulfield in Virginia?

Fänger, gefangen
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Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer ...

Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer Sicht: keine Schulmedizin, keine Bestrahlungen und natürlich größtmögliche Schonung, d.i. kein Schulbesuch und nur wenig Kontakt zu Freunden - alles nicht ganz einfach für Daniel. Und wie kommen Holden Caulfield und Virginia ins Spiel? Nun - ersterer ist der Protagonist von Salingers bahnbrechendem Werk, DEM Jugendroman der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, der nicht nur in den Staaten, sondern auch hierzulande vielerorts in den Schulen seit Jahren als Pflichtlektüre gelesen wird und vielen jungen Menschen - so auch mir vor über 30 Jahren - in so mancherlei Hinsicht die Augen geöffnet hat. Er ist Daniels Held und begleitet sein Tun und Denken auf Schritt und Tritt und Virginia - dort wohnt Daniel.

Ein toller Ansatz, ein wichtiges Thema ... und hätte ich nicht vor kurzem noch John Greens wunderbaren, aufrüttelnden, emotionalen Roman "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gelesen - nun, ich wäre möglicherweise begeisterter. So firmiert "Fänger, gefangen" für mich eher unter gewollt, aber nur ansatzweise gekonnt. Zu sehr kommen sich Daniels Leben, seine Wünsche, Träume und auch Probleme mit der Message der Autorin und nicht zuletzt mit den ganzen Verbindungen zum "Fänger im Roggen" ins Gehege. Aus meiner Sicht ein eher umständliches Buch, bei dem man nach einer Lesepause vergebens nach dem roten Faden sucht. Empfehlen würde ich es nur Lesern, die sich ganz eingehend mit der Thematik krebskranke Jugendliche befassen und quasi einen literarischen Rundumschlag machen wollen - allen anderen empfehle ich das bereits erwähnte Buch von John Green.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Belanglose kleine Familiengeschichte

Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht
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Vorneweg: die Idee mit dem Aufeinandertreffen von vier Generationen einer Familie, bzw. deren weiblicher Vertreterinnen, ist wirklich nett - an der Aufbereitung hapert es bei dem großen Roddy Doyle, Autor ...

Vorneweg: die Idee mit dem Aufeinandertreffen von vier Generationen einer Familie, bzw. deren weiblicher Vertreterinnen, ist wirklich nett - an der Aufbereitung hapert es bei dem großen Roddy Doyle, Autor bspw. eines so wegweisenden Kinderbuches wie des "Großen Giggler-Geheimnisses" aus meiner Sicht jedoch.

Die Story: Mary und ihre Mutter Scarlett, 40% und der gesamte weibliche Teil einer fröhlichen und liebevollen Familie, durchleben gerade eine traurige Zeit - täglich besuchen sie Scarletts Mutter Emer im Krankenhaus, wobei sich bereits abzeichnet, dass sie dort nicht mehr lebend hinauskommen wird. Mary hat gerade noch einen Verlust der ganz anderen Art erlitten - nämlich den Wegzug ihrer besten Freundin - auch daran trägt sie schwer. Auch in diesen schweren Zeiten ist der Umgangston in der Familie fröhlich, leicht und warmherzig - eine rundum sympathische Truppe.

Und dann taucht auch noch Tansey auf - und es entspinnt sich eine Familiengeschichte über Generationen. Alles schön und gut und auch ein bisschen abgehoben - aber es fehlt einfach der Saft. Insgesamt ist mir die Story dann doch um einiges zu gehalt- und belanglos, vor allem, wenn ich Kindern - denn für sie ist dieses Buch eigentlich gedacht - den Wandel der Generationen in der eigenen Familie, die gegenseitige Anteilnahme von Alt und Jung nahebringen will. Nun ja, ganz nett, aber mehr auch nicht. Und wie wir alle wissen, ist Nett die kleine Schwester von S....... Wenn ich also jemandem ein nettes Kinder- bzw. Jugendbuch empfehlen sollte, würde meine Wahl ganz sicher nicht auf dieses hier fallen!