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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.12.2018

Heimat kann vieles sein

Heimat
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Spätestens seit der Einführung des "Heimatmuseums" äh "-ministeriums" auf bundesweiter Ebene ist das Thema Heimat in aller Munde - nur dass dabei meistens die Populisten am lautesten sind und ihre Meinungen ...

Spätestens seit der Einführung des "Heimatmuseums" äh "-ministeriums" auf bundesweiter Ebene ist das Thema Heimat in aller Munde - nur dass dabei meistens die Populisten am lautesten sind und ihre Meinungen am meisten gehört werden. Das versucht Ulrich Eggers mit seiner Essaysammlung zu ändern, denn in "Heimat - Warum wir wissen müssen, wo wir zu Hause sind" kommen Leute unterschiedlichster Herkunft zu Wort, die alle in Deutschland eine Heimat gefunden haben. Was das Buch außerdem besonders macht ist seine christliche Perspektive, die den Leser immer wieder daran erinnert, dass sich Heimat nicht (nur) auf der Erde finden lässt.

Woran es definitiv nicht mangelt ist Diversität - Autoren aus Ost und West, Geflüchtete und Third Culture Kids kommen zu Wort und sprechen darüber, was Heimat für sie bedeutet. Unterschiedlich stark fließen dabei persönliche Erfahrungen, Bibelverweise und Geschichten und Erfahrungen anderer mit in die Texte ein.

Wofür das Buch jedoch (aus meiner Sicht) hervorgehoben werden muss ist der Effekt, den es beim Leser hinterlässt. Denn mit dem Thema Heimat muss/ wird sich jeder früher oder später auseinander setzen. Während für den Einen ganz klar ist, was oder wo seine Heimat ist, ist es bei Anderen eher schwieriger und gerade für solche Leute bietet das Buch gute Ansätze und Identifikationsmöglichkeiten - es gibt eben nicht nur die eine Möglichkeit, Heimat zu finden, sondern ganz viele verschiedene Wege und wenn man am Ende trotzdem nicht weiß, wo seine Heimat ist, dann ist das auch nicht schlimm.

Insgesamt ist das Buch sicher nicht etwas für jeden - man muss sich auf das Thema einlassen und auch auf die verschiedenen Perspektiven um wirklich etwas aus der Lektüre mitnehmen zu können. Trotzdem würde ich es rückhaltslos weiterempfehlen - einfach weil ich der Meinung bin, dass es wichtig ist, sich mit "Heimat" und den eigenen Gefühlen dazu zu beschäftigen und weil das Buch die perfekte Gelegenheit dazu bietet.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Wunderbar weihnachtlich!

Das Geheimnis der Grays
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Meiner Rezension voranstellen muss ich wohl, dass ich ein absoluter Fan der (neuen alten) Klett-Cotta "Geheimnis" Weihnachtskrimireihe bin. Schon allein die in Stoff gebundenen Cover und die Lesebändchen ...

Meiner Rezension voranstellen muss ich wohl, dass ich ein absoluter Fan der (neuen alten) Klett-Cotta "Geheimnis" Weihnachtskrimireihe bin. Schon allein die in Stoff gebundenen Cover und die Lesebändchen sowie das Coverdesign machen so einiges her, aber auch die Romane selbst sind absolut fantastisch.

Was mich an "Das Geheimnis der Grays" von Anne Meredith besonders fasziniert hat ist das Konzept des Buches, denn es spielt sowohl mit dem Wahrheitsverständnis der Leser als auch mit der Kriminalpolizei. Trotz der Tatsache, dass das Buch schon vor fast 100 Jahren erschienen ist wirkt es trotzdem neu und frisch und unterhält ganz hervorragend. Ich kann das Buch nur jedem empfehlen und vor allem zu Weihnachten stellt es eine hervorragende Lektüre dar.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Ein hervorragender Alltagsbegleiter

Neue Montagsgedanken
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Eine ehrliche Warnung im Voraus: Ich habe von Andachtsbüchern ziemlich wenig Ahnung. Wenn in der Gemeinde mal eine vorgelesen wird ist das ganz nett, aber selber aktiv (täglich oder wöchentlich) lese ich ...

Eine ehrliche Warnung im Voraus: Ich habe von Andachtsbüchern ziemlich wenig Ahnung. Wenn in der Gemeinde mal eine vorgelesen wird ist das ganz nett, aber selber aktiv (täglich oder wöchentlich) lese ich eigentlich keine Andachten. Nicht, weil ich sie schlecht finde, sondern einfach, weil ich nicht damit groß geworden bin. Die Tageslosung der Brüdergemeinde in Herrnhut hat bisher immer gereicht. Anfang diesen Jahres durfte ich bereits in einer Leserunde „Du bist ein Gedanke Gottes“ von Nelli Bangert lesen und das hat meine Perspektive auf Andachten ein wenig geändert, so dass ich sie eher als etwas sehen kann, was man alltäglich liest. Dem Buch von Nelli Bangert war ich allerdings altersmäßig schon etwas entwachsen. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich dieses Buch entdeckt habe.

Die „Neue[n] Montagsgedanken“ stammen nicht nur von einer einzelnen Autorin sondern von ganz vielen, so dass unter den wachsamen Augen von Ellen Nieswiodek-Martin auch eine bunte Mischung an Inhalten entstanden ist. Gedacht ist das Buch so, dass man jeden Montag eine der 52 Andachten liest und die Gedanken dann mit in die Woche nimmt. Natürlich würde ich jetzt gern behaupten, dass ich es genauso gemacht habe und jetzt, ein Jahr später, meinen Bericht erstatte, aber da das Buch ja noch sehr neu ist, habe ich mich für ein anderes Konzept entschieden: Alles überfliegen und dann den Gesamteindruck festhalten.

Die Andachten bilden eigentlich eine perfekte Balance – zwischen Geschichten und Gedanken, verschiedenen Lebensabschnitten (Beruf, Mutter sein, Praktika …) und auch die Länge (2-3 A5 Seiten pro Andacht) lässt sich im Alltag hervorragend unterbringend. Zu jeder Andacht gibt wirklich passende Bibelverse und insgesamt sind die Themen, wenn auch sehr subtil, an den Jahresverlauf angepasst. Allerdings sind die einzelnen Andachten bewusst nicht mit Daten oder Kalenderwochen sondern nur mit Zahlen überschrieben, so dass man jederzeit mit dem Lesen beginnen kann.

Außerdem lässt sich das Buch, im bestmöglichen Sinne, als „konfessionslos“ beschreiben. Zwar lassen einige der Autorinnen ihren evangelikalen Hintergrund durchblicken, jedoch nicht auf belehrende Art und Weise, wie man es in einigen Büchern (leider) erlebt, sondern einfach als Fakt, so dass sich die Andachten, unabhängig von der jeweiligen Glaubensausrichtung, ohne Stirnrunzeln lesen lassen.

Das Cover und vor allem der Buchrücken sind absolute Hingucker. Letzterer ist nämlich silbern und hat dreidimensional darin versenke Buchstaben – ein haptische Erlebnis, was das Buch auch im Regal hervorstechen lässt.

Die Sprache des Buchs ist schlicht und ergreifend, zum Teil gibt es sogar Gedichte und was den Reiz der Andachten tatsächlich ausmacht, ist, dass sie perfekt ins Leben passen und z.T. auch anwendbare Tipps beinhalten. (So kann man auch praktisch und nicht nur geistlich von den Autorinnen lernen und etwas mit in den eigenen Alltag nehmen.)

Insgesamt kann ich das Buch nur jedem empfehlen und könnte mir des weiteren vorstellen, dass es sich hervorragend als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk eignet. Die Andachten bieten auf jeden Fall genug „Nachdenkstoff“ für eine ganze Woche und passen, sowohl von den Themen als auch im Bezug auf die praktische Anwendung, hervorragend in den Alltag.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Eine etwas andere Dystopie

Die Fischerkinder. Im Auge des Sturms
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Ein Land in Europa, einige hundert Jahre in der Zukunft. Ein autoritäres Regime. Und Leute, die damit nicht einverstanden sind. Ganz neu ist das Konzept von Melissa C. Feurers Romanreihe „Fischerkinder“ ...

Ein Land in Europa, einige hundert Jahre in der Zukunft. Ein autoritäres Regime. Und Leute, die damit nicht einverstanden sind. Ganz neu ist das Konzept von Melissa C. Feurers Romanreihe „Fischerkinder“ nicht, doch es birgt einen interessanten Aspekt, der so nur in wenigen Dystopien beleuchtet wird: Das Thema Religion. In ihrem Land der Zukunft ist die nämlich verboten, wer glaubt muss in den Untergrund gehen und mit Verfolgung rechnen. Und genau dort hinein rutscht ein junges Mädchen, dass vorher staatskonform war und nun einen neuen Platz in der Gesellschaft suchen muss.

Mira ist 17 und auf der Flucht – warum, das werden Leser des ersten Bandes bereits wissen. Kurz gesagt: Ihre Glaubensgemeinschaft, die Fischerkinder, sind aufgeflogen und Mitgliedern solcher „konspirativer Kleinstgruppen“ drohen harte Strafen. Mit von der Partie ist ihr Nicht-Freund-oder-vielleicht-doch Chas, später schließen sich der Gruppe noch andere an. Gemeinsam wollen sie in die Hauptstadt um Miras Freund-oder-doch-nicht Filip, der ihnen überhaupt erst die Flucht ermöglicht hat, aus dem Gefängnis zu befreien. Soweit, so gut.

Da es sich bei „Die Fischerkinder – Im Auge des Sturms“ um den zweiten Band einer Reihe handelt hätte ich wahrscheinlich den ersten Band vorher lesen sollen. Habe ich aber nicht. Stattdessen habe ich einfach versucht, so einzusteigen und das hat erstaunlicher Weise auch einigermaßen geklappt. Es sei dazu gesagt, dass ich das Buch in einer Lovelybooks Leserunde lesen durfte. Wenn also einiges überhaupt nicht klar war konnte ich mich dorthin wenden und wurde schnell aufgeklärt. Vermutlich hätte das Lesen des Buches aber auch ohne die Rückfragen geklappt.
Der Einstieg in die Geschichte ist sehr plötzlich, man braucht einen Moment um sich zurecht zu finden. Das Buch schließt ziemlich zeitnah an seinen Vorgängerband an, wenn man die Bücher also hintereinander weg liest macht es wahrscheinlich richtig Spaß.

Sprachlich hat mir dieses Buch gut gefallen! Ich hatte bereits ein anderes Buch der Autorin, „Die Ausreisser“ gelesen, und dort hatte mich vor allem die Wortwahl der Charaktere sehr gestört. Hier war das aber überhaupt nicht der Fall! Man fühlt sich sofort in der Geschichte wohl, versinkt in der neuen Welt und kann bald an nicht anderes mehr denken.

Auch das Cover ist recht ansprechend, allerdings wäre es nett gewesen, wenn z.B. die Schrift innerhalb des Rings geblieben wäre. Insgesamt ist es aber gelungen.

Eine Sache, die mich während des Lesens sehr beschäftigt hat, war der Titel. Aufgrund der Kombination von Titel und Cover hätte ich mit einem High Fantasy Roman mit vielen „naturgewaltigen“ Elementen gerechnet. Das stimmt nun so aber überhaupt nicht. „Im Auge des Sturms“ kann außerdem für einen Stillstand mitten in einem „Drama“ stehen. War hier aber auch nicht der Fall. Der „Sturm“ braut sich ja im Verlauf des Romans ja gerade erst langsam zusammen. Was will uns der Titel also sagen? Er klingt in meinen Ohren etwas abgedroschen und hat, wie bereits angeführt, leider nur sehr wenig mit dem Buch zu tun. (Ich hatte die ganze Zeit darauf gewartet, dass ein Element des Romans den Titel irgendwie erklärt aber nada.)
Von der Autorin habe ich im Übrigen erfahren, dass der Arbeitstitel „Die geheime Stadt“ lautete. Das hätte auf jeden Fall besser gepasst.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich werde mir, sobald wieder Platz auf der Wunschliste ist, auch den ersten Band besorgen und ihn lesen. Empfehlen kann ich „Die Fischerkinder – Im Auge des Sturms“ zwar, jedoch möchte ich jedem geneigten Leser ans Herz legen, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu konsumieren. So macht es dann wahrscheinlich auch (noch) mehr Spaß!

Veröffentlicht am 21.09.2018

Ein Leben wie kein anderes

Ruth und Billy Graham
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Dieser Rezension muss ich vermutlich eines ganz klar voraus stellen: Bevor ich dieses Buch gelesen habe, hatte ich keine Ahnung, wer Billy Graham ist. Das muss für viele unvorstellbar sein, denn schließlich ...

Dieser Rezension muss ich vermutlich eines ganz klar voraus stellen: Bevor ich dieses Buch gelesen habe, hatte ich keine Ahnung, wer Billy Graham ist. Das muss für viele unvorstellbar sein, denn schließlich war sein Wirken in den letzten hundert Jahren kaum zu übersehen. Allerdings möge man auch bedenken, dass ich zu dem Zeitpunkt, als Billy Graham aus dem öffentlichen Dienst zurück trat, eingeschult wurde. Ich bin die Generation danach, die keine Ahnung hat und erst durch Bücher dieses Phänomen erleben kann.

Mit das im Kopf versteht man vielleicht, wie sehr mich dieses Buch begeistert hat. Auch wenn es ironisch klingt war es für mich revolutionär – auch wenn es die Strömung seit bald 70 Jahren gibt. Aufgewachsen in einem sehr konservativen, evangelisch-lutherischen Haushalt habe ich über „die Evangelikalen“ (auch beliebt: „Hallelujas“) immer nur eher abwertendes gehört. Sie wären verklärt und würden alles durch die rosarote Brille sehen, gleichzeitig die Bibel an einigen Stellen zu wörtlich nehmen und nicht kritisch denken. (Was leider in meiner Umgebung auch nur all zu sehr zutrifft und dadurch mein Bild geprägt hat. Viele weigern sich, zum Arzt zu gehen, weil sie an Heilung allein durchs Gebet glauben und die Kleidungsrichtlinien wirk(t)en auf mich oft steinzeitlich.) In den letzten Monaten habe ich dann, durch amerikanische Blogger, mehr über die Szene gelernt – und es war nicht alles so schlimm, wie ich gedacht hätte. Trotzdem hat mich der evangelikale Glaube abgeschreckt. Und dann habe ich dieses Buch gelesen. Ich wurde dadurch nicht missioniert, aber die Einblicke, die Hanspeter Nüesch in seine und Billy Grahams Sichtweise des Glaubens gewährt haben mich tief berührt und vieles davon lässt sich auch auf mein eigenes Leben anwenden. Aber worum genau geht es in diesem Buch?

Anhand der Bibliographie und der zitierten Werke in „Ruth und Billy Graham – Das Vermächtnis eines Ehepaars“ lässt sich nur erahnen, wie viele Bücher bereits über dieses Thema geschrieben wurden. Warum also das Rad neu erfinden? Der Autor hat das ambitionierte Ziel, nicht nur das Leben der beiden einzelnen Personen, sondern ihr gemeinsames Wirken zu beschreiben und gleichzeitig die Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit hervor zu heben. Gleichzeitig teilt er das Buch in 11 Abschnitte, die die unterschiedlichen Aspekte des Wirkens der Grahams beleuchten. Spannend für mich war dabei, dass er auch versucht, eine Verbindung zu unserem heutigen Leben herzustellen. Welche Rolle spielen Ruth und Billy Graham im 21. Jahrhundert?

Das Buch ist sehr unterhaltsam und gleichzeitig fundiert geschrieben. Statt einem belehrenden Textblock ähnelt es mehr einer Geschichte, die mit Anekdoten, Zitaten, Berichten von eigenen Begegnungen mit Graham und Bildern angereichert ist, so dass einem beim Lesen absolut nicht langweilig wird. Die Abschnitte liefern viele Impulse für das eigene Glaubensleben und regen zum Nachdenken an. An vielen Stellen sind die Beiden absolute Vorbilder, wobei trotzdem Raum für eigene kritische Gedanken bleibt.

Interessant an diesem Werk fand ich vor allem seine Ehrlichkeit – Nüesch macht Ruth und Billy Graham nicht zu unfehlbaren Heiligen sondern zeigt sie als Menschen mit Macken und Fehlern. Auch kritische Stimmen werden nicht ausgeblendet, verschiedene theologische Denkweisen erhalten, neben den Ansichten der Grahams, ihren Raum und am Ende inspiriert ihre Haltung Andersdenkenden gegenüber: Man begegnet sich mit Respekt. Dass selbst katholische Würdenträger ihre Arbeit wertgeschätzt haben zeigt, dass es sich hier nicht um eine evangelikale sondern um eine allgemein christliche Mission handelt(e).

Was bleibt also als Fazit? Ich kann das Buch nur jedem empfehlen - egal ob mit oder ohne Vorwissen über das Leben der Grahams. (Raum für eigene, tiefere Nachforschungen bleibt so oder so.) Es ist, trotz allem, erfrischend und regt dazu an, den eigenen Glauben noch einmal neu zu betrachten. Ich kann nicht jede der Aussagen mit „Ja und Amen“ unterschreiben, aber ich denke, darum geht es auch gar nicht. Das Leben der Grahams war bereichernd und ich denke, dass es für jeden eine Inspiration bereit hält.