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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.12.2018

Ein außergewöhnlicher Stadtführer

Mein Rom
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Kennengelernt habe ich Andreas Englisch erst kürzlich in einer Talkshow. Sofort hat mich seine lebendige und temperamentvolle Erzählweise fasziniert. Als Protestantin und eigentlich Ungläubige konnte ich ...

Kennengelernt habe ich Andreas Englisch erst kürzlich in einer Talkshow. Sofort hat mich seine lebendige und temperamentvolle Erzählweise fasziniert. Als Protestantin und eigentlich Ungläubige konnte ich bei der Vorstellung der Gäste mit einem Vatikan-Journalisten nichts anfangen. Als er anfing zu erzählen, war mir sofort klar, dieses Buch möchte ich unbedingt lesen. Ich bin nicht enttäuscht worden.

Ähnlich wie in der Talkshow erzählt er in seinem Buch auf eine herzerfrischende, unkomplizierte Art Geschichten aus Rom und aus dem Vatikan. Ich war selber vor einigen Jahren vier Tage in Rom, habe viel gesehen und bewundert. Nach der Lektüre von Andreas Englischs Buch, möchte ich unbedingt noch einmal hin und am Liebsten mit seinem Buch die Führung, die er seinem Sohn gegönnt hat, nachgehen und mich verzaubern lassen.

Er beschreibt auch im lockeren Ton seine Beziehung zu seinem Sohn und dessen Generation. Er achtet Leonardos religiöses Desinteresse, kann in ihm aber doch ein großes Interesse für Rom und seine stark religiös geprägte Geschichte wecken.

Indem er eine Stadtführung und Besichtigung der besonderen Art mit seinem Sohn durchführt und das in einem bebilderten Buch festhält, unterstreicht er seine Mission, dass keine der Geschichten und Geheimnisse, die er seinem Sohn offenbart, verloren gehen darf.

Menschen, wie Andreas Englisch, dürfen uns auch nicht verloren gehen. Denn wer sollte unseren Kindern so lebendig und ohne religiösen Schnickschnack die Geheimnisse der Ewigen Stadt verraten?

Der letzte Satz im Buch: „Das entscheiden die, die dieses Buch lesen werden. Wenn es ihnen gefällt, dann machen wir weiter.“

BITTE machen sie weiter.

Veröffentlicht am 02.12.2018

Imposanter Prag-Krimi

Der Mann am Grund
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Viele, die mit ihm zu tun hatten, nannten ihn Dreckschwein. Er war Polizist im Prager Umland. Seine Vorgesetzten behaupteten, er wäre verlässlich und kenne seine „Pappenheimer“. Jetzt ist er ...

Viele, die mit ihm zu tun hatten, nannten ihn Dreckschwein. Er war Polizist im Prager Umland. Seine Vorgesetzten behaupteten, er wäre verlässlich und kenne seine „Pappenheimer“. Jetzt ist er tot, ertrunken in seinem Auto am Grund des Steinbruchs.
Unfall konnte schnell ausgeschlossen werden. Wer mag ihn ermordet haben?
Kriminalrat Marián Holina und sein junger Kollege Divis Mrstik finden immer mehr Menschen, die ein Motiv haben, Osvald Zapletal zu töten. Während ihrer Ermittlung entdecken sie mannigfaltige Verbrechen, die Zapletal begangen hat, Erpressung, Vergewaltigung, Drogensucht.....


Dies ist mein erster Tschechischer Krimi. Obwohl ich schon einige Tage in Prag verbracht habe, hatte ich größte Schwierigkeiten mit den Namen und Ortsbezeichnungen. Davon abgesehen hat mir der Krimi richtig gut gefallen.

Neben der verzwickten und spannenden Handlung wurde auch die Problematik der Teilung der ehemaligen Tschechoslowakei thematisiert und angedeutet, dass der normale Tscheche oder Slowake die Ursachen und Gründe bis heute noch nicht nachvollziehen kann.

Geschickt wurde auch in diesem Krimi das Privatleben der Ermittler in die Handlung eingebaut. Die einzelnen Charaktere des Ermittlungsteams werden genau beschrieben und aufgebaut, so dass ich mir gut eine Fortsetzung bzw. eine kleine Reihe mit diesem Team vorstellen könnte.

Der Kriminalfall war sehr groß angelegt, einerseits was den Zeitraum der Verbrechen angeht und andererseits auch die Menge der Verbrechen. Zeitweise wurde die Zahl der Verdächtigen etwas unübersichtlich, aber die Autorin hat uns mit sicherer Hand durch die Vielzahl der Verdächtigen, Motive und Spuren geführt. Der Spannungsbogen wurde dabei immer hoch gehalten. Wenn man glaubte einem Verdächtigen die Tat beweisen zu können, tauchte ein neuer Sachverhalt auf.

Besonders gut gefallen hat mir, dass der Krimi mit wenig Blut und Brutalität auskommt, dafür aber viel menschelt. Es wird nach Ursachen geforscht, sogar mittels Astrologie, Entwicklungen werden aufgezeigt und Verständnis für viele Handlungen erzeugt.

Trotz der Schwierigkeiten mit der Tschechischen Sprache möchte ich mehr tschechische Krimis lesen, am besten von Ina Procházková.

Veröffentlicht am 22.11.2018

Tödliche Entdeckung

Zerrissene Wahrheit
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Ein tödlicher Autounfall, verursacht von durchschnittenen Bremsleitungen und gekappten Bremsseilen der Handbremse, erfordert volle Aufmerksamkeit des Bielefelder Mordkommissariats. Bent Anderson und sein ...

Ein tödlicher Autounfall, verursacht von durchschnittenen Bremsleitungen und gekappten Bremsseilen der Handbremse, erfordert volle Aufmerksamkeit des Bielefelder Mordkommissariats. Bent Anderson und sein Team untersuchen das Umfeld der Bibliothekarin Margret Lückner, die bei diesem Anschlag ums Leben kam. Der Ehemann, von dem sie sich trennen wollte, und auch die Tochter Friederike haben ein Motiv, aber auch Alibis, die sie als Täter ausschließen.
Bei ihren Recherchen stoßen die Ermittler auf einen weiteren tödlichen Unfall bei einer Bergwanderung vor über 25 Jahren. Toni, der Bruder ihres ersten Ehemanns Hubert, ein erfahrener Bergwanderer, stürzte unter mysteriösen Umständen ab.
Vierzehn Tage vor Margrets Ermordung fand ein Treffen aller Teilnehmer dieser Bergwanderung statt. Zufall oder findet sich in der Vergangenheit ein weiteres Motiv?


Regionalkrimis sind doch was feines, für Ortskundige insbesondere. Sie wissen immer wo genau was passiert und können bei genauer Straßenbenennung nachvollziehen, warum Täter oder auch Ermittler manchmal sehr lange von A nach B brauchen. Für die vielen Fans der Krimis von Heike Rommel, die nicht in Bielefeld wohnen, ist es oftmals lästig, manchmal sogar nervig, die genauen Ortsangaben zu lesen. Für mich wäre da einfach weniger mehr.
Das ist jetzt meckern auf hohem Niveau, denn das ist das Einzige, was mir negativ aufgefallen ist.

Dies ist der vierte Fall des Bielefelder Kommissariats und zweite, den ich gelesen habe. Die Charaktere des Ermittlungsteams sind im ersten Fall so stark herausgearbeitet worden, so dass ich dieses Buch wie ein nach Hause kommen empfunden habe. Man kennt die Sorgen und Nöte jedes Einzelnen. Sie haben sich natürlich weiter entwickelt, aber das Typische ist erhalten geblieben. Man findet den heimlichen Schwulen, den besorgten, alleinerziehenden Vater, die von Beziehungspannen geplagte Ermittlerin und den sympathischen Töffel, der kein Fettnäpfchen auslässt.

Neben dem unterhaltsamen Ermittlungsteam gibt es noch einen Mordfall zu lösen. Dabei entpuppt sich dieses Team als gründlich, nachharkend und unkonventionell. Ich fand es interessant so lesen, wie jeder einzelne Ermittler Fakten checkte, aber auch immer wieder seinem Bauchgefühl nachging. Als Leser konnte ich ihnen immer gut folgen, meine eigenen Schlüsse ziehen bzw. Verdächtige benennen, um dann wieder eine andere Richtung zu verfolgen. Der Spannungsbogen wurde jederzeit hochgehalten. Für mich fühlte sich jede Wendung richtig an und auch das Ende logisch richtig und befriedigend.

Es hat einfach Spaß gemacht, diesen Krimi zu lesen. Nicht alle Probleme sind gelöst worden, aber das steigert die Vorfreude auf den nächsten Fall.

Veröffentlicht am 19.11.2018

Interessant und aufschlußreich

Stern des Nordens
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Dr. Jenna Williams, Amerikanerin mit afroafrikanischer und koreanischer Abstammung, kann nach zwölf Jahren den Tod beziehungsweise das Verschwinden ihrer Zwillingsschwester immer noch nicht verwinden. ...

Dr. Jenna Williams, Amerikanerin mit afroafrikanischer und koreanischer Abstammung, kann nach zwölf Jahren den Tod beziehungsweise das Verschwinden ihrer Zwillingsschwester immer noch nicht verwinden. Jee-min, wie sie von ihrer Mutter Han genannt wurde, glaubt nicht, dass ihre Schwester Soo-min an der südkoreanischen Küste ertrunken ist. Zu ihrer Ablenkung stürzt sie sich in die Arbeit und entwickelt sich zu einer hoch angesehenen wissenschaftlichen Expertin für Nordkorea. Der CIA wird auf sie aufmerksam und rekrutiert sie als Agentin für Nordkorea. Gleich ihr erster Einsatz bringt sie auf die Spur ihrer Schwester, von der sie mittlerweile annimmt, dass sie von Nordkoreanern entführt wurde. Nordkorea führt weiterhin Raketentests für Nuklear-Sprengköpfe durch und die amerikanische Regierung verzweifelt daran, dass sie keinen Handlungsspielraum mehr haben. Mit Dr. Williams Hilfe wollen sie ihre Strategie ändern, aber Jenna möchte in erster Linie ihre Schwester finden.

Das Buch hat mich wirklich beeindruckt. In gewisser Weise ist es ein spannender und unterhaltsamer Thriller. D.B. John hebt für uns den Vorhang um uns das wahre Gesicht Nordkoreas zu zeigen. Viele verschiedene Quellen, die John aufwendig recherchiert hat, beleuchten ein brutales, Führer verherrlichendes Bild von Nordkorea.

Ein im wahrsten Sinne düsteres Land, in dem alle Energie in die Rüstung und in den Wohlstand des Führers gestellt wird. Die lückenlose Überwachung jedes Einzelnen und besonders auch der Privilegierten, die in der unmittelbaren Nähe des Führers leben und arbeiten, ist unvorstellbar.

Viele reale Fakten wurden spannend mit der fiktiven Geschichte verflochten und liefern den Lesern einen tiefen Einblick in das nordkoreanische Leben. Es ist beklemmend zu lesen, wie die nordkoreanische Bevölkerung ausgebeutet und geknechtet wird.

Bei der Schilderung der Lebensumstände am Bahnhof Hyesan fiel mir auf, dass die Landbevölkerung zwar Angst und Respekt vor den Spitzeln hat, sich aber immer zu helfen weiß. Bei den Regierungsbeamten gilt, je höher sie steigen und je enger sie mit dem Führer zusammenarbeiten, desto höher ist ihre Angst und Panik. Der Absturz trifft die Würdenträger überraschend und unvorbereitet.

Anhand der Leidensgeschichte der CIA-Agentin Lee, dahinter verbirgt sich Dr. Williams, des Generals Cho, erst großer Held und dann aufgrund seiner Herkunftsgeschichte in Ungnade gefallen, und der Strafarbeiterin Frau Moon, die sich immer wieder durch Eigeninitiative hochkämpft, erlangen wir einen Blick auf verschiedene Ebenen des Nordkoreaproblems.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich habe es mit wachsender Begeisterung gelesen und viel gelernt.

Veröffentlicht am 23.10.2018

Spannend, mitreißend, fesselnd

Die Suche
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Ein 14-jähriges Mädchen, Amelie Goldsby, verschwindet von einem gutbesuchten Parkplatz’ eines Einkaufszentrums. Niemand hat etwas beobachtet. Die Eltern sind alarmiert und verzweifelt, denn am gleichen ...

Ein 14-jähriges Mädchen, Amelie Goldsby, verschwindet von einem gutbesuchten Parkplatz’ eines Einkaufszentrums. Niemand hat etwas beobachtet. Die Eltern sind alarmiert und verzweifelt, denn am gleichen Tag wurde die Leiche der 14-jährigen Saskia Morris gefunden. Sie verschwand vor fast einem Jahr auch spurlos. DS Kate Linville vom Londoner Scotland Yard, die zufällig in der Pension der Goldsbys logiert, unterstützt die Familie bei der Suche.
Nach Tagen der Befragungen verzweifelt Detective Chief Inspector Caleb Hale daran, absolut keinen Anhaltpunkt, keinen Ermittlungsansatz bei den Verbrechen an diesen jungen Mädchen zu finden. Hat er es mit einen Serientäter zu tun? Gehört das spurlose Verschwinden einer weiteren Jugendlichen vor drei Jahren auch zu dieser Serie?
Kate, die sich bereits einmal in einen Fall von Hale eingemischt hat, als es um den Mord an ihren Vater ging, hält sich zurück, obwohl sie wieder andere Vorstellungen von den Ermittlungen hat.

„Gnadenlos, Perfide, Abgründig“ verkündet das Cover dieses Kriminalromans. Das trifft es ziemlich gut. Wir begegnen in diesem Fall wieder DS Kate Linville und DCI Caleb Hale in Scarborough, die wir schon aus einem Vorgängerband kennen. Die beiden Charaktere sind im Vorgängerbuch ihre Arbeit, Privatleben und Probleme betreffend sehr genau gezeichnet worden. Leider hat Frau Link ihnen keine Entwicklung und Veränderung in den drei Jahren seit ihrem letzten Zusammentreffen zugestanden. Da fehlte mir etwas.
Die Autorin kommt auf den 654 Seiten mit erstaunlich wenigen blutigen Gewaltakten aus. Schafft es aber trotzdem von der ersten bis zur letzten Seite einen ununterbrochenen Spannungsbogen aufzubauen. Das Verschwinden von jungen Mädchen fasst den Leser an. Wir spüren wie die Verzweiflung bei den Ermittlern immer mehr um sich greift, weil sie, egal in welche Richtung sie ermitteln, keinen Ansatzpunkt für weiterführende Ermittlungen erwischen. Wir bekommen eine Gänsehaut, wenn wir einzelnen Gedanken und Plänen des Täters folgen. Wir schöpfen Hoffnung, wenn Kate Linville eigenmächtige Ermittlungen anstellt. Wir vermuten, wir rätseln und sind dann enttäuscht, wenn wieder eine Spur in eine Sackgasse verläuft. Wir leiden mit den Eltern und manchmal auch mit dem Täter, den wir aber noch nicht lokalisieren können. Aber wir erfahren viel über seine Wünsche, Sehnsüchte und Enttäuschungen.
Es ist einfach genial, wie wir Leser mitgenommen werden.
Das ist wieder einmal ein fesselnder, mitreißender und spannender Krimi von Frau Link.
Danke, ich freue mich auf mehr.