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Veröffentlicht am 19.11.2018

Einmal gerettet, immer gerettet?

Mit Ausharren laufen
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Evangelikale Christen sind sich mehr oder weniger einig, wie ein Mensch errettet wird. Die Vergebung der Sünden ist ein Geschenk Gottes. Wer sich seiner Sünde bewusst ist, kann dieses Geschenk annehmen ...

Evangelikale Christen sind sich mehr oder weniger einig, wie ein Mensch errettet wird. Die Vergebung der Sünden ist ein Geschenk Gottes. Wer sich seiner Sünde bewusst ist, kann dieses Geschenk annehmen und ein neues Leben als Jünger Jesu beginnen; ein wunderbarer, einfacher Weg zur Erlösung. Was geschieht aber, wenn ein Christ dieses neue Leben beginnt, aber dann vom Weg abkommt? Kommt er trotzdem in den Himmel? Oder kann er sein Heil verlieren?

Die Autoren dieses Buchs haben sich eingehend mit diesen Fragen beschäftigt. Unter Christen gibt es verschiedene Vorstellungen zur Frage der Heilsgewissheit, denn es gibt Bibelverse, die dem Errettenden Gewissheit geben, und andere, die davor warnen von diesem Weg abzukommen. Die unterschiedlichen Erklärungsversuche führen immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und manchmal sogar zu Gemeindespaltungen.

So versteht eine Gruppe die Bibel so, dass ein Christ sein Heil verlieren könnte. Andere sagen, egal wie der Christ lebt, sein Heil ist ihm sicher, er kann aber seinen Lohn verlieren. Eine dritte Gruppe meint, erst im Nachhinein stellt sich heraus, ob die Errettung echt war. Und eine vierte Gruppe vertritt die Meinung, es wäre hypothetisch möglich das Heil zu verlieren.

Die Autoren dieses Buchs halten daran fest, dass ein erretteter Christ nicht verloren gehen kann. Das liegt vor allem daran, dass Gott die Glaubenden erwählt und auf dem Weg des Glaubens bewahrt. Menschen wie Judas, so begründen sie mit verschiedenen Bibelstellen, sind Mitläufer, aber nicht Erwählte bzw. Errettete.

Welche Bedeutung haben aber dann Ermahnungen und Warnungen in der Bibel, die den Glauben auffordern auf dem Weg des Glaubens zu bleiben? Einleuchtend erklären die Autoren, dass wenn es eine Warnung gibt, das nicht bedeutet, dass das, wovor gewarnt wird, auch eintreten muss. Die Warnungen dienen also dazu den Glaubenden zum Ausharren aufzurufen, und dennoch kann der Errettete gewiss sein, dass er sein Heil nicht verlieren kann.

Ein wichtiger Gedanke in diesem Buch ist der Kontrast, der immer wieder in der Bibel vorkommt, „schon jetzt – noch nicht“. So wie Gottes Reich mit Jesus gekommen ist, aber erst am Ende der Zeit vollendet wird, so sind Christen schon jetzt errettet, aber die Vollendung ihrer Errettung steht noch aus.

Sehr gründlich werden die einzelnen Aussagen biblisch belegt; das erschwert das Lesen jedoch. Der Leser muss sich an vielen Stellen sehr konzentriert durch dieses umfangreiche Buch arbeiten. Leichter verständlich wäre es gewesen mit weniger Bibelstellen, dafür aber mehr anschauliche Beispiele.

Fazit: Wer sich intensiv mit dem Thema der Heilsgewissheit befassen will, bekommt mit diesem Buch eine Fülle an Argumenten und biblischen Erklärungen. Wer sich eher einen Überblick über die verschiedenen Positionen verschaffen will, wird vielleicht das Lesen dieses Buchs stellenweise anspruchsvoll oder gar ermüdend finden. Positiv an diesem Buch ist auf jeden Fall, dass das Wirken Gottes im Vordergrund steht.

Veröffentlicht am 17.11.2018

Aus Liebe zum Sauerteig

Ca. 750 g Glück – Das kleine Buch über die große Lust sein eigenes Sauerteigbrot zu backen
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Deutschland ist ja bekannt für gutes, leckeres, duftendes Brot. Eine wichtige Zutat bei vielen dieser Brotarten ist Sauerteig. Was aber ist Sauerteig, und wie kann man ihn selbst herstellen? Aber nicht ...

Deutschland ist ja bekannt für gutes, leckeres, duftendes Brot. Eine wichtige Zutat bei vielen dieser Brotarten ist Sauerteig. Was aber ist Sauerteig, und wie kann man ihn selbst herstellen? Aber nicht nur das, wie wirkt sich die Zubereitung von Sauerteig und der Vorgang des Backens auf die Seele aus? Und was haben Konzentration, Glück, Geduld und Sinnlichkeit mit Sauerteig zu tun? Um all das geht es in diesem Buch.

Wer eine Rezeptsammlung sucht, wird von diesem Buch enttäuscht sein. Neben einer ausführlichen Erklärung zur Sauerteigherstellung, und genaue Hinweise zur Teigbereitung und dem Backen des Brots, gibt es in diesem Buch keine weiteren Rezepte mit Variationen des Grundrezepts. Und für den, der noch keine Erfahrungen mit der Herstellung von Sauerteig gemacht hat, bleiben bei aller Ausführlichkeit noch Fragen offen. Dafür gibt es aber jede Menge besinnliche Gedanken über Sauerteig und über die Vorteile des Selbstbackens, und mehrere künstlerisch ansprechende Bilder.

Das Cover dieses Buchs ist eher schlicht gehalten, und erinnert an Backbücher aus früheren Zeiten. Die philosophierenden Texte klingen wie ein Plädoyer über den Wert des Sauerteigs. Sicher ist das humorvoll gemeint, aber manchen Lesern wird das zu weit gehen, ebenso wie einige gar zu phantasievolle Beschreibungen. So heißt es z.B., beim Sauerteig spielen sich wahre Orgien ab. „In der Schüssel findet ein einziges, unanständiges, pausenloses Kopulieren, Fressen, Pupsen und Verdauen statt.“

Der Autor gibt selbst Backkurse, darauf wird mehrmals hingewiesen, vielleicht zu oft. Die Erklärungen über das Brotbacken als Hobby sind überzeugend, denn es muss kaum etwas angeschafft werden, und der Knet- und Backvorgang hat etwas Meditatives an sich. Außerdem dauert es nicht lang; rechnet man die einzelnen Arbeitsschritte zusammen, kommt man auf nur wenige Minuten. Der Großteil der Zeit beim Backen mit Sauerteig ist Wartezeit. So ist vieles an diesem Buch überzeugend, wenn auch überraschend und gewöhnungsbedürftig.

Fazit: Wer Sauerteig liebt oder lieben lernen will, wird dieses Buch sehr schätzen. Wer eher auf der Suche nach einer Fülle von Rezepten ist, wird vermutlich von diesem Buch enttäuscht sein. Ein interessanter, ungewöhnlicher Zugang zum Backen, der aber nicht jeden ansprechen wird.

Veröffentlicht am 14.11.2018

… damit so etwas nie wieder passiert!

Marion, für immer 13
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Die Autorin, Nora Fraisse, liebt ihre drei Kinder über alles. Ihre älteste Tochter, Marion, ist nicht glücklich in ihrer Klasse. Die Mutter wendet sich an die Schulleitung und bittet darum, dass ihre Tochter ...

Die Autorin, Nora Fraisse, liebt ihre drei Kinder über alles. Ihre älteste Tochter, Marion, ist nicht glücklich in ihrer Klasse. Die Mutter wendet sich an die Schulleitung und bittet darum, dass ihre Tochter in eine andere Klasse kommt, aber sie wird nur vertröstet.

Am Tag vor dem verhängnisvollen Tag macht Marion nach der Schule einen kranken Eindruck, am nächsten Tag bleibt sie von der Schule daheim. Die Mutter ist unterwegs, um einige Besorgungen zu erledigen. Als sie zurückkommt, hat sie ein ungutes Gefühl. Schnell will sie nach ihrer Tochter sehen, aber die Zimmertür ist verschlossen. Als sie schließlich hineingelangt, sieht sie, dass ihre Tochter sich erhängt hat. Jede Hilfe kommt zu spät.

Nora möchte verstehen, was ihre noch so junge Tochter zu diesem Schritt getrieben hat. Sie durchforstet ihr Telefon, ihre Facebook-Nachrichten und ihre Schulsachen. Wie ein Puzzle, setzt sie nach und nach Teile aus dem traurigen Leben ihrer Tochter zusammen. Sie entdeckt gemeine Nachrichten von Marions Schulkameraden, und Hinweise auf schweres Mobbing, vor allem an Marions letztem Schultag. Vergeblich hofft sie auf die Unterstützung der Schule bei ihrer Recherche. Sie vergräbt sich in ihrer Suche, und vernachlässigt dadurch zeitweise ihre anderen beiden Kinder. Einige Fragen lassen sie einfach nicht los. Wer ist am Tod ihrer Tochter schuld? Wie kann man verhindern, dass Kinder sich wegen Mobbing das Leben nehmen?

Dieses bewegende Buch ist in Form eines langen Briefes geschrieben; Nora schreibt an ihre geliebte Tochter. Sie spricht alles aus, was sie ihrer Tochter so gerne noch gesagt hätte. Sie beschäftigt sich sehr mit der Schuldfrage, sie ist wütend auf die vermeintliche Schuldige, und sie setzt sich in der Öffentlichkeit dafür ein, dass Kinder in Schulen besser geschützt werden.

Der Leser fiebert mit, bei dem Rätsel, warum ein junges Mädchen einen solch radikalen Schritt geht, darum ist das Buch größtenteils sehr gut lesbar und spannend. Gegen Ende häufen sich gelegentlich Wiederholungen, und die Spannung lässt bei den Berichten über den Einsatz der Mutter etwas nach. Trotzdem ist dieses Buch sehr empfehlenswert, vor allem für alle, die mit Jugendlichen zu tun haben.

Fazit: Ein bewegendes Buch zu einem wichtigen Thema, das über ein schreckliches Ereignis berichtet, und dem Leser damit die Augen dafür öffnet, welche schwerwiegende Folgen Mobbing unter Jugendlichen haben kann.

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Veröffentlicht am 11.11.2018

Gottes Stimme hören und folgen

Gott, die Wolke und ich
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Obwohl er noch recht jung ist, ist John Stickl Pastor einer schnellwachsenden Gemeinde, mit vielen Tochtergemeinden, in Texas. Dabei wollte er eigentlich gar nicht Pastor werden. Aber wichtiger als seine ...

Obwohl er noch recht jung ist, ist John Stickl Pastor einer schnellwachsenden Gemeinde, mit vielen Tochtergemeinden, in Texas. Dabei wollte er eigentlich gar nicht Pastor werden. Aber wichtiger als seine eigenen Pläne war es für ihn Gottes Anweisung zu befolgen.

Der englische Titel dieses Buchs ist „Follow the Cloud“, was so viel heißt wie „Folge der Wolke“. Warum aber sollte jemand einer Wolke folgen? Der Titel spielt auf eine Geschichte aus dem Alten Testament an. Als das Volk der Israeliten aus der Sklaverei befreit wurden, mussten sie einen weiten Weg durch die Wüste gehen, bis sie in das verheißene Land kamen. Dabei führte Gott sie mit einer Wolke am Tag, und einer Feuersäule in der Nacht. Wo die Wolke stehen blieb, lagerte sich das Volk. Wenn die sich Wolke weiterbewegte, folgte ihr das Volk.

Anhand von diesem Bild zeigt der Autor wie das Leben eines Menschen, der Jesus nachfolgt, aussehen sollte. Wenn Gott uns sagt, dass wir etwas tun sollen, dann sollen wir es tun. Wenn Gott uns warten lässt, oder uns bewegt in eine bestimmte Richtung zu gehen, oder etwas von uns erwartet, dass wir uns nicht zutrauen, ist es wichtig, dass wir gehorchen.

Es geht in diesem Buch über Nachfolge um drei Themen: unsere Identität, unsere Gottesbeziehung, und unser Auftrag. Alles beginnt mit unserer Identität. So wie die Israeliten lernen mussten als freie Menschen und nicht mehr als Sklaven zu denken, müssen wir lernen uns nicht als Sünder zu sehen, sondern als Gottes geliebte Kinder. Eine lebendige Beziehung zu Gott ist die Voraussetzung dafür, dass wir seine Stimme hören können. Und wenn wir wissen wer wir sind, und in einer Beziehung mit Gott leben, können wir in guter Weise auf unsere Umgebung einwirken, und so Gottes Reich ausbreiten.

Das Besondere an diesem Buch sind die vielen Beispiele aus John Stickls Leben. Dadurch lässt sich dieses Sachbuch sehr gut lesen, und das Gesagte wird viel anschaulicher. John Stickl scheut sich auch nicht über peinliche Erlebnisse zu berichten, und gerade anhand von diesen Beispielen erfährt der Leser viel darüber, wie das Leben in der Nachfolge aussieht. Hilfreich sind auch die Fragen nach jedem Kapitel, die das Gelesene vertiefen.

Die Gedanken im letzten Teil des Buchs sind aus Bill Johnsons Büchern schon bekannt; es geht darum das Reich Gottes auf der Erde auszubreiten. Diese Vorstellung ist unter Christen umstritten, ebenso wie die Vorstellung, dass Jesus auf Erden seine Göttlichkeit ganz abgelegt hat, und dass wir darum über die gleiche Kraft verfügen wie er, und somit alles tun können, was Jesus getan hat. Problematisch ist nicht nur, dass hier wenig eigenes Gedankengut des Autors zu finden ist, auch theologisch gesehen, sind manche Aussagen bedenklich. Jesus selbst sagte, sein Reich ist nicht von dieser Erde.

Herausragend an diesem Buch sind aber vor allem zwei andere Gedanken. Zum einen sagt der Autor, dass es nicht um unsere Kraft geht, sondern allein um Gottes Kraft. Und das Zweite, John Stickl betont immer wieder, dass wenn wir Gottes Stimme nicht hören können, es vielleicht daran liegt, dass wir das Letzte, was wir tun sollten, noch nicht getan haben. Leider erklärt er aber nicht, wie wir wissen können, ob das was wir hören, tatsächlich von Gott kommt. Da kommt aber wohl die Beziehung ins Spiel, denn je vertrauter wir mit Gott sind, desto sicherer können wir sein, dass er es ist, der spricht.

Fazit: Ein gut geschriebenes und leicht zu lesendes Buch, mit vielen wertvollen Beispielen und Hinweisen, wie Nachfolger Christi Gottes Stimme hören und folgen können.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Streiflichter einer stillen Nacht im Rotlichtviertel

Die Nacht der Vergessenen
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Seit vier Jahren besucht Niki die Vergessenen, Menschen in Zürichs Rotlichtmilieu. Auch Heiligabend macht sie sich auf den Weg, obwohl ihr Mann den Abend lieber mit ihr verbringen würde. Dabei ist sie ...

Seit vier Jahren besucht Niki die Vergessenen, Menschen in Zürichs Rotlichtmilieu. Auch Heiligabend macht sie sich auf den Weg, obwohl ihr Mann den Abend lieber mit ihr verbringen würde. Dabei ist sie sehr entmutigt. Am Anfang konnten sie und die anderen Helferinnen einigen Frauen helfen ein neues Leben anzufangen, aber in letzter Zeit verändert sich nichts. Türen bleiben verschlossen, und Frauen nehmen das Angebot eines Tickets in die Heimat nicht an. Erst langsam beginnt Niki diese Welt zu verstehen, und allmählich erkennt sie, dass ein Ausstieg nicht so einfach ist.

Die Szene wechselt. Mia möchte so gerne einmal ans Meer, aber trotz harter Arbeit wird sie lange nicht ihre Schulden bei ihrem Zuhälter abbezahlen können. Dabei muss sie fast alle ihre Einkünfte für ihre laufenden Kosten abgeben. Virva hat ein hartes Leben für ein noch härteres Leben aufgegeben. Dabei hatte sie so große Hoffnungen, als sie ihr Heimatland verließ, um bei ihrem Freund in der Schweiz zu wohnen. Aber als die Freundschaft zerbrach, musste sie einen Weg finden, finanziell für sich und ihre Familie in der Heimat zu sorgen.

Nach erfolgloser Arbeitssuche fand Mata schließlich eine Stelle, als Hausmutter einer kleinen Gruppe von Prostituierten. Auch wenn sie manchmal dafür an ihren Zuhälter gerät, ist es ihr ein Anliegen diesen Frauen ein würdigeres Dasein zu ermöglichen. Dafür hat aber ihre Tochter den Kontakt mit ihr abgebrochen. Dabei schmerzt sie vor allem, dass sie ihr Enkelkind nicht sehen kann.

Patrick ist erst 26, aber er hat nach dem Selbstmord seines Bruders ein Leben auf der Straße gewählt. Er wird von den Passanten übersehen, aber zum Glück tröstet sein Hund ihn über seine Einsamkeit hinweg. Peter, ein Frührentner, lebt für seine Besuche in Matas Freudenhaus, aber als er sie im Bus sieht, wendet er sich schnell ab.

In leisen Tönen erlebt der Leser diese ruhige Weihnachtsnacht an der Seite Nikis; ihre Mutlosigkeit, aber auch ihre Freude als sich die Tür zu einer Gruppe fröhlicher Frauen endlich öffnet. Die Zeitsprünge im ersten Kapitel sind ein bisschen verwirrend, aber das bessert sich mit den weiteren Geschichten. Durch den Perspektivenwechsel erkennt der Leser außerdem, dass Nikis Einsatz viel Positives auslöst, auch wenn sie es selbst oft nicht bemerkt. Im Laufe der Zeit hat sich ihre Einstellung gegenüber den Menschen in dieser Straße geändert. Sie versteht inzwischen, dass sie ihnen nicht ihre Meinung aufdrängen kann, und sie beginnt eine barmherzigere Sicht ihrer Situation zu haben.

Fazit: Eine ruhige und besinnliche Erzählung über ein ungewöhnliches Thema zur Weihnachtszeit, das die Augen des Lesers für die unterschiedlichsten Menschen in diesem Milieu öffnet.