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Veröffentlicht am 03.03.2019

Silber zu Gold

Das kalte Reich des Silbers
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Mirjems Familie leidet bittere Armut. Und das nur weil ihr Vater, ein Pfandleiher, es nicht übers Herz bringt, sich das verliehene Geld auch wieder zurückzuholen. Als ihre Mutter schwer erkrankt, beschließt ...

Mirjems Familie leidet bittere Armut. Und das nur weil ihr Vater, ein Pfandleiher, es nicht übers Herz bringt, sich das verliehene Geld auch wieder zurückzuholen. Als ihre Mutter schwer erkrankt, beschließt Mirjem die Schulden einzutreiben, um damit Medizin bezahlen zu können. Ihre Unnachgiebigkeit und ihr Geschäftssinn tragen ihr bald den Ruf ein, Silber in Gold verwandeln zu können. Als der König des magischen Volks der Staryk davon hört, stellt er Mirjem zunächst auf die Probe, bevor er sie in sein Reich entführt, damit sie dort wahrhaftig Silber in Gold verwandelt.

Mit „Das kalte Reich des Silbers“ erzählt Naomi Novik die Geschichte vom Rumpelstilzchen neu. Nur, dass es in dieser Geschichte, streng genommen, kein Rumpelstilzchen gibt. Niemand backt heute, braut morgen oder holt übermorgen der Königin ihr Kind. Allerdings spielen zentrale Elemente des Märchens eine nicht unwichtige Rolle. So sind Habgier, Macht und Prahlerei starke Handlungsmotive, aber auch das dreimalige Auf-die-Probe-Stellen, das Böse in Gestalt eines Dämons und das Geheimhalten von Namen kennzeichnen die Erzählung. Ein ebenfalls nicht unwichtiger Aspekt, der meiner Ansicht nach durchaus etwas Sozialkritik in die Geschichte bringt, ist die Tatsache, dass Mirjems Familie jüdisch ist. Die Antipathie, die Mirjems Familie von den anderen Dorfbewohnern erfährt, ist zwar vorwiegend darauf begründet, dass Mirjem so hartnäckig die Schulden zurückfordert, allerdings wird man beim Lesen das Gefühl nicht los, dass Naomi Novik auch gegen Antisemitismus schreibt.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei man mitunter überlegen muss, wer gerade spricht. Da Sprecherwechsel allerdings immer durch Absätze gekennzeichnet sind, verliert man beim Lesen aber trotzdem nicht den Faden. Die wechselnden Perspektiven sorgen dafür, dass man auch die Sichtweise der vermeintlich Bösen erlebt und dadurch einen besseren Einblick in ihre Motive erfährt. Und auch die eigentlich Guten handeln nicht immer durchweg einwandfrei. Auch, wenn „Das kalte Reich des Silbers“ eine Version des Märchens vom Rumpelstilzchen ist, finden sich hier deutlich mehr Grauzonen innerhalb der Handlung, wodurch auch die Ursprungsgeschichte eine andere Perspektive bekommt.

Veröffentlicht am 03.03.2019

Als Held wird man nicht geboren. Als Held stirbt man.

Die Helden von Midgard
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Ein goldener Faden ist im Schicksalsteppich der Nornen aufgetaucht, ein sicherer Hinweis auf einen neuen Helden. Alle Zeichen scheinen auf Erik, einen jungen Mann, hinzuweisen. Als die Walküre Kára und ...

Ein goldener Faden ist im Schicksalsteppich der Nornen aufgetaucht, ein sicherer Hinweis auf einen neuen Helden. Alle Zeichen scheinen auf Erik, einen jungen Mann, hinzuweisen. Als die Walküre Kára und der Gott Tyr Erik dabei helfen wollen, sein Heldenschicksal zu erfüllen, damit er nach Walhalla gelangen kann, kann Loki nicht anders als auch mitzumischen. Allerdings ist Kára, die sich mittlerweile in Erik verliebt hat, wild entschlossen, den jungen Mann nach Walhalla zu bringen, um für immer mit ihm zusammen sein zu können.

In „Die Helden von Midgard“ von Liza Grimm geht es einerseits natürlich um die Göttersagen und darum, dass Loki viel zu gerne in den Plänen anderer herumpfuscht. Andererseits handelt der Roman aber auch von Wünschen, Sehnsüchten, Liebe und Schicksal. Im Laufe der Geschichte muss Kára erfahren, dass man zwar in das Schicksal eingreifen, es aber nicht ändern kann. Zusätzlich wirft die Geschichte Fragen auf, die nicht nur Kára zum Nachdenken bringen, sondern auch den Leser gerichtet sind. Ist ein (nahezu) unsterbliches Leben tatsächlich lebenswert? Und sind die Helden, die in Walhalla ein niemals endendes Festgelage feiern, wirklich alle so glücklich?

Liza Grimm schafft mit der Vorgeschichte zu „Die Götter von Asgard“ eine Erzählung, die sich leicht weglesen lässt und trotzdem ein paar Fragen aufwirft. Wie auch in „Die Götter von Asgard“ geht es um einen menschlichen Helden und Kára, Tyr und Loki, die man bereits kennt, spielen auch hier wieder eine wichtige Rolle. Allerdings ist die Situation eine völlig andere. Einige Vermutungen, die sich beim Lesen an dem einen oder anderen Punkt einschleichen, bestätigen sich am Ende nicht, was die Geschichte einigermaßen unvorhersehbar macht. Zum Ende hin hatte ich allerdings den Eindruck, dass eine Figur zu einer Art Bauernopfer wurde, was jedoch letztendlich wieder in die Gesamthandlung passte, mir aber nicht wie die beste Lösung der Situation erschien. Die Freude an der Geschichte hat mir das aber trotzdem nicht verdorben. „Die Helden von Midgard“ spielt zwar vor „Die Götter von Asgard“, beide Bücher können aber unabhängig voneinander gelesen werden.

Veröffentlicht am 12.02.2019

Die fünf Söhne der Penny Dunbar

Nichts weniger als ein Wunder
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Sie sind schon ein etwas merkwürdiger Haufen, die fünf Dunbar Brüder Matthew, Rory, Henry, Clayton und Thomas. Ohne ihre Eltern, dafür mit einigen ungewöhnlichen Haustieren, leben sie auf dem Hinterhof ...

Sie sind schon ein etwas merkwürdiger Haufen, die fünf Dunbar Brüder Matthew, Rory, Henry, Clayton und Thomas. Ohne ihre Eltern, dafür mit einigen ungewöhnlichen Haustieren, leben sie auf dem Hinterhof einer Pferderennbahn. Manche bezeichnen sie als Rabauken, was die Sache vielleicht am besten trifft. Dabei stecken hinter der rauen Schale vor allem fünf Jungen, die ihren Vater vermissen, der sie nach dem Tod der Mutter allein gelassen hat. Eines Tages wird es dem vierten Dunbar-Bruder Clay zu viel und er beginnt eine Brücke zu bauen. Physisch und metaphorisch.

Man könnte es sich leicht machen und „Nichts weniger als ein Wunder“ typisch Markus Zusak nennen. Das würde der Geschichte aber nicht gerecht. Schon allein deshalb nicht, weil Zusak selbst sagt mehr als acht Jahre an dem Werk gearbeitet zu haben. Die Erzählung ist geschickt konstruiert. In zehn Abschnitten mit verschiedenen Unterkapiteln setzt sich die Handlung aus verschiedenen Episoden zusammen. Die Erzählerstimme gehört dabei zum ältesten Bruder Matthew, der rückblickend zwei Vergangenheiten erzählt: Zum einen von der Zeit als Clay beschließt eine Brücke zu bauen, zum anderen aus dem Leben der Mutter, bevor sie geheiratet hat.

Tod und Verlust sind (wieder einmal) die zentralen Themen in Markus Zusaks Roman. Demgegenüber stehen Themen wie Familie, Zuhause und Geborgenheit. Der Autor macht deutlich, wie eng die Dunbar-Brüder aufgrund ihrer Erlebnisse miteinander verbunden sind, auch wenn ihr Umgang miteinander oft rau ist. Die Geschichte ist dabei auch stilistisch etwas anspruchsvoller, die Wechsel zwischen den Ereignissen um Clay und der Vorgeschichte der Mutter sind fließend. Die Satzkonstruktionen sorgen vor allem zu Beginn der Erzählung dafür, dass man ein wenig genauer hinschauen muss. Wer sich darauf allerdings einlässt, der wird mit einer einfühlsamen Geschichte belohnt, bei der das eine oder andere auch mal zwischen den Zeilen steht.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Eine Woche Geisterspuk

Mika und der Wächter des Lichts
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Mika stinkt es gewaltig. Das liegt aber nicht an seiner nervigen kleinen Schwester, sondern an einem tatsächlich übelriechendem Schatten, der im Haus seiner Eltern auftaucht. Eigentlich ist Mika mit zehn ...

Mika stinkt es gewaltig. Das liegt aber nicht an seiner nervigen kleinen Schwester, sondern an einem tatsächlich übelriechendem Schatten, der im Haus seiner Eltern auftaucht. Eigentlich ist Mika mit zehn Jahren schon zu alt, um an Geister zu glauben. Allerdings riecht der nächtliche Eindringling so unangenehm, dass er, gemeinsam mit seinem Freund Tom, dann doch beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei müssen die beiden Jungen feststellen, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint.

„Mika und der Wächter des Lichts“ von Lucy Haien beginnt mit einem klassischen Kinderthema: der Angst im Dunkeln. Sobald das Licht aus ist, sitzen unter dem Bett und im Schrank Monster. In Mikas Fall ist da allerdings tatsächlich jemand und dieser Jemand verströmt nicht gerade einen angenehmen Geruch. Nachdem Mika und sein Freund Tom ihre Furcht vor dem Unbekannten besiegt haben, werden die Ereignisse aufregender, als sie es sich hätten denken können. Lucy Haien erzählt ihre Geschichte spannend, aber nicht gruselig und lädt mit ihrem lockeren und flüssigen Schreibstil zum Weiterlesen ein.

Lucy Haien spinnt in ihrer Geschichte das weiter, was passieren könnte, wenn die Monster unter dem Bett real wären. Dabei findet sie eine Lösung, die spannend und trotzdem humorvoll ist und in der Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt wichtig sind. Dabei ist sie moralisch ohne den Zeigefinger zu erheben und nimmt die Furcht vor der Dunkelheit, indem sie ihre Charaktere Abenteuer mit den Geistern der Nacht erleben lässt. Für die erwachsenen Vorleser findet sich die eine oder andere Anspielung, die mit Sicherheit beim Vorlesen für ein kurzes Schmunzeln sorgt. Die Geschichte eignet sich aber ebenso gut zum Selberlesen und richtet sich an Kinder ab etwa acht Jahren.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Es ist etwas faul in Derkholm

Fauler Zauber
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Mr Chesney nervt. Und zwar so richtig. Der Fantasyreisenunternehmer inszeniert seit Jahren Pilgerfahrten für Touristen aus einer benachbarten Welt ohne Magie. Für die Dauer der Reise muss dann jeder Magier ...

Mr Chesney nervt. Und zwar so richtig. Der Fantasyreisenunternehmer inszeniert seit Jahren Pilgerfahrten für Touristen aus einer benachbarten Welt ohne Magie. Für die Dauer der Reise muss dann jeder Magier der Fantasywelt eine Aufgabe übernehmen. Von der guten Fee bis zum bösen Zauberer ist dabei so ziemlich jede Rolle vertreten. Die Fantasyreise mit zu inszenieren ist nun eine Sache, dass die Touristen die Fantasywelt aber immer in einem katastrophalen Zustand hinterlassen eine andere. Als Zauberer Derk erfährt, dass er diesmal den Bösewicht mimen soll, reicht es ihm. Obwohl er und seine Familie gezwungenermaßen mitmachen müssen, versuchen sie doch insgeheim die Pilgerfahrt aufzuhalten.

In der Fantasyparodie „Fauler Zauber“ von Diana Wynne Jones wird nicht nur mit Mr Chesneys Pilgerfahrten abgerechnet, sondern auch mit gängigen Fantasyklischees. Es braucht nicht viel Fantasie um Mr Chesney als Autor von Fantasyromanen zu deuten, der seinen Figuren nach Belieben bestimmte Rollen zuordnet. Nur dass sich diese Figuren dem Willen des Erzählers nicht mehr beugen wollen. Darüber hinaus greift die Autorin verschiedene Klischees der Fantasyliteratur und der Ordnung fantastischer Welten auf und macht dadurch, dass sie diese als Rollen auf die Spitze treibt, deutlich, welcher, eigentlich vorhersehbaren, Ordnung fantastische Welten oft folgen.

Im englischen Original ist „Fauler Zauber“ bereits 1998 erschienen, ein Jahr nach „Harry Potter und der Stein der Weisen“. Ob Diana Wynne Jones, die bereits vorher zahlreiche Fantasygeschichten verfasst hatte, sich auch ein bisschen selbst entlarven wollte, ist allerdings nicht überliefert. Letztendlich ist ihre Fantasyparodie nicht nur spannend und humorvoll erzählt, sondern entlarvt auch, wie einfach die Konzepte für fantastische Welten oft sind. Auch, wenn man sich als bei näherer Beschäftigung mit der Erzählung ein bisschen ertappt fühlt, weil man auf immer ähnliche Konzepte in unterschiedlicher Ausführung immer aufs Neue reinfällt, hat die Geschichte an keiner Stelle einen belehrenden Ton oder erweckt einen schadenfrohen Eindruck. Ganz im Gegenteil: Die Geschichte selbst funktioniert nach dem vorgeführten Bauplan. Das sorgt für gute Unterhaltung, bei der nicht nur Fantasyfans an der einen oder anderen Stelle nicht anders können, als zu lachen.