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Veröffentlicht am 14.10.2019

klug, gesellschaftskritisch, lehrreich

Das Ting
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Rezension zu „Das Ting“ von Artur Dziuk

Zunächst ein Hinweis zum Klappentext: Artur Dziuk erzählt in seinem Roman vor allem, wie das Ting auf seine Träger wirkt. Er bezieht sich dabei auf die gesellschaftlichen, ...

Rezension zu „Das Ting“ von Artur Dziuk

Zunächst ein Hinweis zum Klappentext: Artur Dziuk erzählt in seinem Roman vor allem, wie das Ting auf seine Träger wirkt. Er bezieht sich dabei auf die gesellschaftlichen, moralischen Aspekte. Es handelt sich hierbei nicht um eine Dystopie, in dem Sinne, dass das Ting breite Massen beeinflussen würde. Der Fokus liegt auf der Entwicklung und Erprobung des Tools.

„Das Ting“ ist das Debüt des Autors Artur Dziuk. Der Erzählstil lässt sich flüssig lesen, ist aber keinesfalls zu seicht, sondern die Ausdrücke sind kurz und prägnant. So wirkt der Stil intelligent, ohne gewollt literarisch oder kompliziert daherzukommen. Zu bedenken ist, dass die Kapitel sehr lang sind (ca. 50 Seiten) und dass die Geschichte aus vier Perspektiven erzählt wird. Wer diese vier Personen sind, möchte ich ungern verraten, da es einen ersten Überraschungseffekt nehmen würde, von denen es einige gibt in diesem Buch.

Linus wird ja bereits im Klappentext erwähnt. Er ist einer der Gründer des Start-Ups. Wie seine Mitgründer, ist sein Charakter schön ausgearbeitet. Durch die langen Kapitel hat der Leser die Chance, alle Charaktere vielseitig kennenzulernen. So offenbaren sich ihre Stärken und Schwächen, die dem Roman eine gewisse Spannung verleihen. Auch, weil das Ting genau diesen Charakter später beeinflusst und sich der Leser stets fragen muss, ob oder wie weit sich die Figuren aufgrund des Tings oder unabhängig von ihm entwickeln.

Zum Team gehören weiterhin eine Expertin für die technische Seite, ein Marketing-Chef sowie ein Geschäftsführer. Linus übernimmt die Schnittstelle zwischen der biologisch-medizinischen Seite und der Technik, also den Codes. Die Figuren sind so unterschiedlich, dass jeder Leser einen anderen „Liebling“ finden wird, mit dem er mitleidet.

Das Ting fand ich persönlich von Beginn an unheimlich, es gibt aber sicher auch Leser, die es eher fasziniert und so eine Technik gerne wenigstens ausprobieren würden.

Wenn ich „Das Ting“ mit drei Worten beschreiben müsste, würde ich sagen „klug, gesellschaftskritisch, lehrreich“.

Es lehrt, was geschieht, wenn Selbstoptimierung zum obersten Ziel wird, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Und dass macht dieses Buch, unter anderem, so wertvoll: es lässt am Ende Platz für Spekulation und gibt keine fest eingemeißelte Meinung vor, sondern lässt dem Leser genug Raum für eigene Gedanken zur Funktion des Ting. Wie stark beeinflusst es seinen Träger? Inwiefern beachtet es Macht, Erfolg, Karriere, privates Glück? Arbeitet es als geschlossenes System oder für jeden Träger inividuell? Wie stark sollen/dürfen wir uns überhaupt beeinflussen lassen? Und welche Macht/welche Daten haben Konzerne hinter den Apps eigentlich über uns?

Auch wenn die ein oder andere Szene etwas übertrieben wirkt (ich beziehe mich da vor allem auf eine Partyszene), ist die Geschichte unterhaltsam und sie bringt ihre Leserschaft zum Nachdenken, auch, weil eben nicht alle Fragen beantwortet werden. Eine klare Leseempfehlung für jeden, der gerne gesellschaftskritische Geschichten liest, die Raum für eigene Gedanken und eine eigene Positionierung lassen.

Veröffentlicht am 23.03.2019

Spannender Folgeband

Glamour Girl 2. Giftige Wahrheit
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Rezension zu „Glamour Girl – Giftige Wahrheit“ von Evelyn Uebach
Mit „Glamour Girl – Giftige Wahrheit“ ist endlich der zweite Band zur Glamour Girl – Reihe erschienen. Für jeden, der Band 1 nichts zeitnah ...

Rezension zu „Glamour Girl – Giftige Wahrheit“ von Evelyn Uebach
Mit „Glamour Girl – Giftige Wahrheit“ ist endlich der zweite Band zur Glamour Girl – Reihe erschienen. Für jeden, der Band 1 nichts zeitnah gelesen hat, lohnt es sich in den Anhang zu sehen. Dort befindet sich ein Personenverzeichnis, welches den Einstieg in den zweiten Band ungemein erleichtert, weil man alle Figuren ganz anders präsent hat.
Der Einstieg insgesamt ist gut gewählt. Der Leser wird direkt mitten ins Geschehen geworfen, gut angeknüpft an das Ende des ersten Bandes. Wie schon der erste Band lässt sich auch dieses Buch schnell und flüssig lesen.
Die Figuren entwickeln sich interessant weiter. Vicky steht nach wie vor im Zentrum des Geschehens. Zu Beginn ist sie etwas anstrengend, später fügt sie sich besser in die Geschichte und verstrickt sich in so allerlei aufgrund ihrer Impulsivität, die wir schon aus dem ersten Band kennen. Interessant ist Clea. Bleibt sie zunächst undurchschaubar, erfährt man im Laufe der Geschichte immer mehr über sie und lernt sie zu verstehen. Evelyn Uebach hat auch in diesem Band wieder interessante Wendungen eingebaut, die hier unerwähnt bleiben sollen, um die Spannung nicht vorwegzunehmen. Toll ist, dass man endlich mehr über verschiedene Figuren wie Cyan und Saya sowie Prisca erfährt. Vor allem Cyan hat mich begeistert. Er ist ein toller Charakter, der auch eine eigene Geschichte verdient hätte.
Da kommt so einiges ans Licht, was die Geschichte spannend macht und je mehr man erfährt, desto mehr Fragen werden aufgeworfen. Evelyn Uebach versteht es durch diese Fragen die Spannung aufrechtzuerhalten und den Leser zu fesseln. Diese Fragen löst sie geschickt nach und nach auf und der Leser kann miterleben, wie verschiedene Figuren an ihren inneren Schranken verzweifeln und sie eventuell überwinden. Wer Band 1 mochte, wird auch am Nachfolger seine Freude haben. Besonders schön ist, dass beide Bände unglaublich spannend sind, aber doch anders. Im ersten Band habe ich wesentlich häufiger gelacht, wegen der kuriosen Gesellschaft und ihrer Sitten und Bräuche, während ich im zweiten Band eine deutlich höhere Spannung wahrgenommen habe. In jedem Fall spreche ich eine Leseempfehlung für diese Reihe aus.

Veröffentlicht am 26.01.2019

Viel Gefühl und intelligente Gespräche

Mein Jahr mit Dir
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Rezension zu „Mein Jahr mit Dir“ von Julia Whelan
Julia Whelan hat mit „Mein Jahr mit Dir“ eine berührende Geschichte geschaffen. Zunächst besticht dich Geschichte durch ihre poetische Erzählweise. Gedichte ...

Rezension zu „Mein Jahr mit Dir“ von Julia Whelan
Julia Whelan hat mit „Mein Jahr mit Dir“ eine berührende Geschichte geschaffen. Zunächst besticht dich Geschichte durch ihre poetische Erzählweise. Gedichte und Literatur prägen den Roman. Die Protagonisten studieren bzw. arbeiten beide mit Literatur und Gedichten, was zu vielen wirklich klugen und tiefgründigen Gesprächen führt, die das Buch ungemein bereichern. Der Leser lernt daraus, noch mehr als er sowieso aus den erlebten Geschichten eines Buches lernt.
Die Geschichte bewegt. Dadurch, dass der Leser gemeinsam mit Ella in London ankommt, beginnt er die Reise gemeinsam mit ihr. Der Einstieg in die Geschichte wirft den Leser daher mitten hinein in das Geschehen, was es von Beginn an interessant macht.
Die Protagonisten sind toll und machen die Geschichte zu dem, was sie ist: einer Gratwanderung zwischen Lebensfreude und dem Wissen nach Endgültigkeit.
Ella ist eine junge, intelligente Amerikanerin, deren Traum es immer war in Oxford zu studieren. Diesen Traum zu verfolgen ist zunächst sehr amüsant, ist ihr Verhalten doch so anders als das der Briten. Das Aufeinandertreffen der Mentalitäten sorgt für Augenblicke, die zum Schmunzeln einladen. Ella ist ehrgeizig und hat einen freundlichen Charakter.
Jamie ist lebensfroh und voller Energie. Er besticht durch seine Intelligenz (er ist Dozent in Oxford und schreibe seine Doktorarbeit im Bereich der Literatur) und durch seinen Humor. Das erste Aufeinandertreffen der beiden lässt schnell erahnen, dass die Chemie stimmt und sie sich zwangsläufig wiedersehen werden. Der Roman verläuft jedoch anders als gedacht. Entgegen meiner Erwartung wird es kein Problem, dass Jamie Ellas Dozent ist, sondern andere Dinge stehen den beiden im Weg, die ich hier nicht näher erläutern möchte, um die Spannung nicht zu nehmen. Nur eins sei gesagt: Es wird spannend, da Jamie ein Geheimnis hat und emotional.
Die Geschichte wird bereichert durch weitere Personen. Da sind zunächst Meggie, Tom und Charlie, die eine ganz eigene Art haben und durch unterschiedliche Charaktere hervorstechen. Außerdem sind da noch Jamies Eltern, die unterschiedlicher nicht sein könnten und in einigen Schlüsselszenen eine Rolle spielen.
Insgesamt gibt es zwei Szenen, die ich etwas übertrieben und unrealistisch fand. Dennoch überzeugt dieser Roman mit viel Gefühl und einer guten Portion Intelligenz. Der Roman zeigt, dass das Leben sich schnell wenden kann und dass es wichtig ist, seine Pläne beizeiten den neuen Gegebenheiten anzupassen. Er lehrt, wie wichtig es ist die Wendungen des Lebens zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen,
Wer gerne romantische, berührende Geschichten liest, die außerdem mit intelligenten Gesprächen punkten, der sollte unbedingt zu diesem Buch greifen, denn es vereint all das.

Veröffentlicht am 23.09.2018

Tolle Grundidee spannend umgesetzt

Glamour Girl 1. Wer liebt, verliert
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Rezension zu „Glamour Girl – Wer liebt, verliert“ von Evelyn Uebach

Als ich begonnen habe das Buch zu lesen, wollte ich eigentlich nur kurz reinschauen. Ganz schnell hatte ich aber die ersten 100 Seiten ...

Rezension zu „Glamour Girl – Wer liebt, verliert“ von Evelyn Uebach

Als ich begonnen habe das Buch zu lesen, wollte ich eigentlich nur kurz reinschauen. Ganz schnell hatte ich aber die ersten 100 Seiten gelesen. Der Schreibstil ist spannend und lässt sich flüssig lesen. Evelyn Uebach wirft dem Leser immer wieder kleine Hinweise hin, sodass man sich fortwährend Gedanken um den Ausgang der Geschichte macht, um dann doch wieder überrascht zu werde.
Die Geschichte besticht durch eine interessante Grundidee und tolle, unterschiedliche Charaktere. Sie spielt in Deutschland, was zunächst eine schöne Abwechslung ist, da ja doch viele Geschichten in Amerika oder England spielen. Die Gesellschaft ist aber von Grund auf anders. Es gibt verschiedene Glamourgesellschaften, die von reichen Familien geführt werden und die im krassen Kontrast zu unserer Leistungsgesellschaft stehen. Es muss gefeiert werden und dass jede Nacht. Dafür erhält die Nacht sogar eine 13te Stunde. Die Regeln in dieser Gesellschaft, in der man unterschiedlich Mietglied sein kann, sind so abstrus, dass man häufiger lachen muss. Es gibt Mitglieder, die auf einem Gelände wohnen und dem Oberhaupt der Gesellschaft gehorchen müssen. Viele Ideen unserer Gesellschaft werden integriert und erhalten dabei teilweise urkomische Namen. Auch die Rituale dieser Gesellschaft sind zum Lachen. Die möchte ich hier auch nicht verraten, da das einiges an Spaß nehmen würde. Die Geschichte ist jedoch ernst und spannend.
Nun zu den Charakteren. Die Protagonistin Vicky ist selbstbewusst, vorlaut und loyal. Mit ihrer Art bereichert sie auch die Grundidee der Geschichte, weil sie der Gesellschaft kritisch gegenübersteht. Ohne diese kritische Reflexion hätte mir das Buch nicht halb so gut gefallen, weil es teilweise so abstrus und die Mädchen fast grausam dämlich sind, dass es für mich schwierig geworden wäre, der Geschichte zu folgen und sie ernst zu nehmen. So aber ist sie interessant und fesselnd. Vicky stürzt sich kopfüber in ihre Mission und bringt damit Schwung in die Gesellschaft. Hier und da übertreibt sie es etwas, aber auch hier bemerkt sie es selbst. Vicky ist sympathisch und als Leser fiebert man mit ihr mit.
Der Protagonist Robin ist das Oberhaupt der Gesellschaft, der eine Partnerin, die Erstharmonie, sucht. Robin ist schwer zu durchschauen. Er wirkt arrogant und gefährlich, dann wieder liebevoll und intelligent. Clea, eine der zehn Harmonien die mit ihm auf dem Gelände der Gesellschaft leben, ist in ihn verliebt. Dass Vickys Beitritt zu den Harmonien da für Zündstoff sorgt, ist logisch.
Doch das Buch wird in erster Linie nicht durch die Suche nach der Erstharmonie interessant, sondern durch die vielen Geheimnisse, die Robin und seine Familie umgeben. Geschickt streut Evelyn Uebach kleine Hinweise in die Geschichte, die die Spannung steigern. Immer wieder kommt Neues an Licht, was den Blickwinkel des Lesers verändert und neue Verwirrung stiftet.
Insgesamt ein tolles Buch. Ich warte schon auf Band 2. „Glamour Girl“ kann ich allen Lesern ans Herz legen, die Geschichten mögen, deren Gesellschaftsstruktur von der unseren abweicht, in der eine Liebesgeschichte untergebracht ist, in der es aber auch wirklich spannend zugeht, weil einige Figuren Geheimnisse haben, die nicht so leicht zu erfassen und durchdringen sind.

Veröffentlicht am 27.04.2018

Erschütternde Geheimnisse

Kranichland
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Rezension zu „Kranichland“ von Anja Baumheier
„Kranichland“ ist ein tolles Buch, dass sich gut hören lässt. Die Sprecherin, Beate Rysopp, überzeugt mit einer ruhigen, sanften Stimme, womit sie gut zu der ...

Rezension zu „Kranichland“ von Anja Baumheier
„Kranichland“ ist ein tolles Buch, dass sich gut hören lässt. Die Sprecherin, Beate Rysopp, überzeugt mit einer ruhigen, sanften Stimme, womit sie gut zu der Geschichte passt, in der emotionale, erschreckende, schicksalhafte Dinge geschehen. Man kann mir ihrer Stimmte gut in der Geschichte versinken. Zu bemängeln ist der Schnitt der Lesung, an dem die Sprecherin jedoch keine Schuld trägt. Der Schnitt ist an einigen Stellen etwas unglücklich, sodass Pausen entstehen, die irritieren. Sinnvoll sind die Pausen da, wo in der Geschichte von einer anderen Person berichtet wird oder wo zwischen „damals“ und „heute“ gewechselt wird.
Gut ist auch, dass im „damals“ immer mit einer Jahreszahl begonnen wird, sodass die Jahrzehnte gut beschrieben werden und man als Hörer nicht den Faden verliert und sich über die Schnelligkeit der Vorgänge wundert.
Durch das Buch ziehen sich verschiedene Liebesbeziehungen, die mir alle gut gefallen haben. Besonders gut fand ich, dass einige mehr, andere weniger glücklich verliefen und endeten. Das macht das Buch spannend und interessant.
Besonders toll sind die die Verflechtungen mit der DDR, auch wenn man bedenken muss, dass die DDR einseitig dargestellt wird. Es ist ergreifend und erschreckend, wie tief in familiäre und private Strukturen der Einfluss des Systems reichten. Man kann nur den Kopf schütteln und wird sich bewusst, wie wertvoll das Gefühl von Freiheit ist. Was ebenfalls beeindruckend ist, ist die Macht und das Gewicht von Geheimnissen. Die Auswirkungen sind gravierend und können zerstören, aber auch zusammenbringen.
Der Roman ist sehr zu empfehlen und vor allem für diejenigen etwas, die Geschichten zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart mögen, geschichtliche Verflechtungen interessant finden und sich gerne vom Schicksal der Protagonisten berühren lassen. Ein tolles Buch!