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Veröffentlicht am 14.09.2019

Leben und Überleben im Hamburg der 1920er Jahre

Bella Stella
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Stella hat es nicht leicht in ihrem Leben. Sie weiß nichts von ihrer Mutter, ihr Vater ist Gutsverwalter auf einem Landgut in Holstein und durch die Erlebnisse im ersten Weltkrieg ge-zeichnet. Nur durch ...

Stella hat es nicht leicht in ihrem Leben. Sie weiß nichts von ihrer Mutter, ihr Vater ist Gutsverwalter auf einem Landgut in Holstein und durch die Erlebnisse im ersten Weltkrieg ge-zeichnet. Nur durch Küchenmamsell Florentine erfährt Stella annähernd so etwas wie Mutterliebe. Heimlich träumt sie davon, den Sohn des Gutsbesitzers zu heiraten. Denn er ist scheinbar der Einzige, der sie ernst nimmt. Als Stellas Vater bei einem Unglück auf dem Hof stirbt, wird das Leben auf dem Hof noch schwieriger für sie. Just auf der Beerdigung ihres Vaters erscheint jedoch eine seltsam aussehende Frau auf dem Hof und erklärt, sie sei ihre Schwester und ihre Mutter würde noch leben…

Stella hat nichts zu verlieren und so folgt sie ihrer Schwester nach Hamburg. Dort angekommen, muss sie sich ihr neues Leben hart erarbeiten. Als Leser begleitet man Stella dabei, wie sie sich Stück für Stück etwas aufbaut. An ihrer Seite dabei: die Hausgemeinschaft ihres Wohnhauses, die Stück für Stück zu ihrer neuen Familie wird.

Im Klappentext ist von einer deutsch-italienischen Familiensaga die Rede – aber der italienische Teil war aus meiner Sicht deutlich weniger im Blickfeld als Stellas Geschichte. Die „zweite Hauptrolle“ im Buch spielt Lorenzo, ein italienischer Landarbeiter, den es nach einem handfesten Streit zwischen seiner und einer anderen italienischen Familie nach Hamburg zu seinem Onkel Rosario verschlägt. Rosario ist Teil von Stellas Hausgemeinschaft und so verknüpfen sich Stellas und Lorenzos Schicksale.

Was mir besonders gefallen hat an dem Buch war der gefälli-ge, flüssige Schreibstil. Sobald ich mit dem Schmöker hinge-setzt habe, war ich versunken in die Geschichte. Dafür einen großen Pluspunkt! Weniger begeistert war ich allerdings von der „Liebesgeschichte“ zwischen Stella und Lorenzo, die über das gesamte Buch hinweg leider so gar nicht in Gang kommt. Erst auf den letzten Seiten ist ein Hauch von Romantik zu spüren und - zack – ist das Buch auch schon zu Ende. Hier hätte ich mir viel mehr zarte Bande gewünscht, die beim Leser auch als „Schmetterlinge im Bauch“ ankommen. Davon war leider wenig bis nichts zu spüren.

Die Nebenfiguren fand ich allesamt gut ausgearbeitet, sie zeigen im Schmelztiegel Hamburg der 1920er Jahre die gesamte Bandbreite der Hamburger Einwohner auf: eine Kriegswitwe, die mit der NSDAP sympathisiert, ein homosexuelles Paar, das nur im Verborgenen liebt, eine Farbige, eine Kleinwüchsige… und eine jüdische Freundin des Hauses. Man könnte meinen, das sei ein bisschen viel „Diversität“ als dass es glaubhaft ist. Aber wo, wenn nicht in Hamburg nahe der Reeperbahn, hätte es so etwas tatsächlich geben können? Insofern hat es mich nicht gestört und die Hausgemeinschaft brachte tatsächlich viel Farbe in das Buch.

Ich habe den Roman genossen, auch wenn er mich nicht in allen Details überzeugt hat (so kommt zum Beispiel auch nicht ein einziges Mal der Ausdruck „Bella Stella“ in der Handlung vor). Aber es war ein unterhaltsamer Ausflug in die 1920er Jahre und auch ein bisschen eine Liebeserklärung an die Stadt, die für viele eine der schönsten Deutschlands ist: Hamburg.

Veröffentlicht am 10.08.2019

Vom Visionär zum Diktator, von der Angestellten zur Gefangenen

Die Sekte - Es gibt kein Entkommen
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„Wenn man dorthin kommt, ist alles unglaublich cool und mo-dern, und alle sind schrecklich freundlich. Die Situation ver-ändert sich schleichend, und zwar so langsam, dass man es fast nicht bemerkt.“ (S. ...

„Wenn man dorthin kommt, ist alles unglaublich cool und mo-dern, und alle sind schrecklich freundlich. Die Situation ver-ändert sich schleichend, und zwar so langsam, dass man es fast nicht bemerkt.“ (S. 570)

Sofia Bauman hat gerade ihr Studium der Literaturwissen-schaften beendet, als sie einen Vortrag der Bewegung „Via-Terra“ besucht. Der charismatische Führer von Via Terra, Franz Oswald, schildert das Leben in seiner Gemeinschaft und die Ziele der Bewegung in den schillerndsten Farben. Er spricht Sofia an, denn auf dem herrschaftlichen Anwesen auf der kleinen Insel Västra Dimö vor Göteborg soll unter anderem eine Bibliothek eingerichtet werden. Der perfekte Job für Sofia…

Mit einem 2-Jahres-Vertrag in der Tasche setzt Sofia auf die kleine Insel über und ahnt noch nicht, dass sie sich damit in eine Abhängigkeit begibt, die sie fast das Leben und ihren Verstand kosten wird.

Zunächst läuft alles nach Plan. Sofia stürzt sich in die Arbeit und erschafft eine Bibliothek, die modernsten Ansprüchen gerecht wird. Sie findet eine Gemeinschaft, die bedingungslos füreinander einsteht, genießt frisches biologisch einwandfreies Essen und… ist glücklich.

Doch ganz langsam schleichen sich erste Misstöne in dieses sorgenfreie Leben. Anführer Franz Oswald zeigt immer mehr seine Launenhaftigkeit und seine Pläne grenzen zum Teil an Größenwahn. Sein Perfektionismus bringt die Mitarbeiter von ViaTerra an ihre Belastungsgrenzen. Obwohl Oswald selbst ihr immer unsympathischer wird, arbeitet sich Sofia zu seiner rechten Hand hoch.

Doch dann führt er ein Bestrafungsprogramm ein für Mitarbei-ter, die seine Aufträge nicht zufriedenstellend erledigen. Sofia fängt immer mehr an zu zweifeln, ob ihre Entscheidung für Via Terra richtig war. Sie erlebt Oswalds Wandlung vom Visionär zum Diktator hautnah und wird fast unbemerkt selbst von der Angestellten zur Gefangenen. Als ein Mitarbeiter bei einer Be-strafungsaktion ums Leben kommt, fasst sie den Entschluss, von der Insel zu fliehen…

Mariette Lindstein ist mit diesem Roman ein mitreißender Thriller gelungen, der die Wandlung einer (Glaubens-) Ge-meinschaft zur Sekte detailliert beschreibt und zeigt, wie schwer es ist, aus einer solchen Verbindung zu entkommen. In kleinen, fast unmerklichen Schritten wandelt sich ViaTerra vom Kollektiv zur Willkürherrschaft, in der Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Zwar kann ich mir noch immer nicht ganz vorstellen, dass es nicht möglich sein sollte, einen solchen Despoten wie Oswald zu stürzen, wenn sich nur genügend unterdrückte Mitarbeiter zusammentun… aber dieses Buch sollte eben den Weg Sofias zeigen und – dafür ist es wohl dann auch ein Thriller – Sofia als Heldin darstellen, die allein flüchtet…

Ganz im Stil der dunklen Skandinavien-Krimis ist auch dieses Buch düster, die Insel steckt gern mal im Nebel oder ist stür-misch und kalt. Für Fans des typisch skandinavischen Romans sicher ein Leckerbissen. Aber auch für Leser, die gern Psycho-thriller lesen, sicher ein Hochgenuss, denn hier werden Psy-chospielchen auf die Spitze getrieben. Ich für meinen Teil freue mich schon auf Band 2 (angekündigt für Januar 2020).

Veröffentlicht am 20.07.2019

Charmantes Chaos im Wild-at-heart-Hotel

Wild at Heart - Willkommen im Hotel der Herzen
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Wer im Wild-at-heart-Hotel im idyllischen Port Magdalen in Cornwall eincheckt, wird seinen Urlaub so schnell nicht wieder vergessen! Das ist das Credo von Familie Wilde, bestehend aus Großvater Theo, Schwiegertochter ...

Wer im Wild-at-heart-Hotel im idyllischen Port Magdalen in Cornwall eincheckt, wird seinen Urlaub so schnell nicht wieder vergessen! Das ist das Credo von Familie Wilde, bestehend aus Großvater Theo, Schwiegertochter Gretchen und Enkelin Nettie. Sie arbeiten Hand in Hand, um den Gästen unvergessliche Tage in dem idyllischen Dorf auf einer Gezeiteninsel zu bereiten, deren Wahrzeichen ein herzförmiger Felsen ist. Schon allein wegen dieses Felsens ist der Ort ein Eldorado für Liebende und unzählige Verlobungen und Liebesschwüre sollen dort schon stattgefunden haben.

Hotelbesitzerin Gretchen jedoch kämpft seit 4 Jahren mit der riesigen Lücke, die der Tod ihres Mannes gerissen hat. Seither führt sie das kleine Hotel allein, nur unterstützt durch ihren über 70jährigen Schwiegervater und die 16jährige Tochter. Zaghaft beginnt sie ein Techtelmechtel mit einem Mann aus dem Dorf – ist aber hin und her gerissen zwischen Neubeginn und tiefsitzender Trauer.

Der Dreigenerationenhaushalt der Wildes bringt schon natur-gemäß so einige Probleme mit sich, besonders, da sich Nettie gerade an der Schwelle zum Erwachsensein befindet. Theo versucht sich einzubringen, wo es geht, es sei denn, er ist mal wieder in der Scheune damit beschäftigt, eine neue Erfindung voranzutreiben. Und dann wären da noch Sir James, der alte Kater, Paolo der Esel und Fred, das Frettchen, die das Hotel bevölkern, auch wenn keine Gäste in der Nähe sind.

Zu Beginn der Sommersaison checkt unter anderem der Er-folgsautor Harvey Hamilton ins Hotel ein, in der Hoffnung auf Inspiration für seinen nächsten Liebesroman. Nettie, die ahnt, wie schwer es ihre Mutter allein mit dem Hotel hat, hat sich in den hübschen 16jährigen Kopf gesetzt, die beiden zu verkuppeln – was natürlich gehörig nach hinten los geht. Und eigentlich hat Nettie auch genug mit ihren eigenen Gefühlen zu kämpfen, denn ihr langjähriger Ferienfreund Damien ist ebenfalls wieder im Hotel. Nur… irgendwas ist anders diesmal. Er macht auf cool, sie auf unnahbar. Was sind das für irritierende Gefühle, die sich da zwischen den beiden plötzlich aufgestaut haben?

Mit dieser turbulenten Komödie trifft Anne Sanders auch diesmal wieder alle Leser(innen) ins Herz, die charmante Familiengeschichten gepaart mit einem idyllischen Setting mögen. Ihre Figuren eignen sich für diverse Anekdoten und so vergeht kein Tag im Wild at heart ohne ein gewisses Chaos. Der Schreibstil passt zur quirligen Art der Gastgeberfamilie und man kommt unweigerlich auf den Gedanken, dass man doch auch selbst gern mal in diesem Hotel Urlaub machen würde. Natürlich zu einem Zeitpunkt, an dem alles geregelt läuft und… nun ja, nicht gerade so wie in diesem Sommer

Mir persönlich war manchmal ein wenig zu viel Action und die Mehr-oder-weniger-Romanze der Teenager fand ich für das Buch ein wenig zu raumgreifend. Aber trotzdem hat mich die Autorin einnehmen können für ihr Hotel und deshalb freue ich mich schon jetzt, im Winter wieder einzuchecken, wenn es heißt „Winterglück im Hotel der Herzen“. Ich bin auf jeden Fall wieder mit dabei!

Veröffentlicht am 08.06.2019

Der Weg aus der Hoffnungslosigkeit

Der Salzpfad
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Dieses Buch erzählt in mehrfacher Hinsicht von einem Weg, den es zurückzulegen gilt. Zum einen geht es – wie der Name des Buches schon sagt – um den „Salzpfad“, den South West Coast Path in Großbritannien, ...

Dieses Buch erzählt in mehrfacher Hinsicht von einem Weg, den es zurückzulegen gilt. Zum einen geht es – wie der Name des Buches schon sagt – um den „Salzpfad“, den South West Coast Path in Großbritannien, der sich von Minehead nach Westen über Cornwall bis nach Lands End und an der Südküste in Richtung Osten zurück bis nach Poole erstreckt. Der noch wichtigere Weg jedoch ist für Raynor und Moth in diesem Buch der Weg aus der Hoffnungslosigkeit nach einem schweren Schicksal.

Beginnen wir am Anfang der Geschichte… Raynor und Moth verlieren ihr Haus. Ihre Farm, die sie viele Jahre lang bewirt-schaftet haben. Der Ratschlag eines „guten“ Freundes führte zu einer Investition mit Folgen… das angeblich sichere Investment scheiterte – bis das Paar nach unzähligen Gerichtsterminen obdachlos und völlig bankrott vor dem Nichts stand. Zudem hatte Moth gerade eine schwierige Diagnose zu verarbeiten – er leidet an einer Krankheit ohne Aussicht auf Heilung.

Ray und Moth flüchten sowohl innerlich als auch tatsächlich vor der Realität und beginnen, den Küstenwanderweg zu laufen. Oft machen sie sich Sorgen darum, was eigentlich passieren wird, wenn sie das Ende der Wanderung erreicht haben… werden sie es überhaupt gemeinsam erreichen?

Ray und Moth schildern ihre Wanderung als Reise zu sich selbst. Mit einem Budget von 48 Pfund pro Woche sind sie kaum in der Lage, genügend Lebensmittel zu beschaffen um zu überleben. Eine Tüte Pommes an der Strandpromenade eines Ferienortes wird zum fast unerschwinglichen Luxus. Ein Zimmer für eine Nacht in einem Bed & Breakfast ist indiskutabel. Bei Wind und Wetter, bei Hitze und Sturm kämpfen sich Ray und der angeschlagene Moth an der Küste entlang. Und finden trotzdem immer wieder den ein oder anderen Lichtblick auf ihrer Reise. Sie begegnen hilfsbereiten Menschen genauso wie überheblichen, intoleranten genauso wie großzügigen. Am Ende des Wegs steht für das Paar ein neuer Anfang (der sich erst auf der Wanderung herauskristallisiert).

Dieses Buch schlicht als „Reisebericht“ zu bezeichnen greift zu kurz und wird ihm nicht gerecht. Es ist viel mehr als das, und genau das ist wohl auch der Grund, weshalb das Buch in Groß-britannien so ein Erfolg geworden ist. Es ist die Lebensbeichte eines Paares, die zweifeln und sich fragen, ob sie nicht viele falsche Entscheidungen getroffen haben (und wie man falsche Entscheidungen in der Zukunft vermeidet). Und die eine Ant-wort darauf finden: nein. Denn es geht. Immer. Weiter. Und wenn es mit einem kleinen Zelt und zwei Rucksäcken als ein-ziger Habe ist. Es geht weiter.

Das Buch regt an, seine eigenen Besitzstände zu hinterfragen und sich selbst ein wenig „Marscherleichterung“ zu verschaffen. Die Fragen „Was brauche ich wirklich?“ und „Wieviel kann ich mir zumuten?“ stehen groß im Raum, wenn man dieses Buch nach dem Lesen aus der Hand legt. Ich persönlich würde sagen, ich würde eine solche (Tor)tour nicht schaffen. Aber wer weiß… man kann scheinbar ziemlich viel, wenn man muss.

Wer dieses Buch liest und den Salzpfad mit Raynor und Moth beschreitet, liest über zwei Wege: den Weg, den die Füße gehen, und den Weg, den der Kopf dabei geht. Wer sich darauf einlässt, entdeckt neben interessanten Land-schaftsbeschreibungen ein inspirierendes Buch, das Hoff-nung macht.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Kriminelle Karriere dank Achtsamkeit – im Ernst, das macht Spaß!

Achtsam morden
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Achtsamkeit ist das große Modewort der letzten Jahre. Wer hat sie noch nicht gesehen, die Sach- und Fachbücher, die Aushänge für Abendkurse, die Achtsamkeitsmalbücher für Er-wachsene... Aber dass man mit ...

Achtsamkeit ist das große Modewort der letzten Jahre. Wer hat sie noch nicht gesehen, die Sach- und Fachbücher, die Aushänge für Abendkurse, die Achtsamkeitsmalbücher für Er-wachsene... Aber dass man mit Achtsamkeit auch eine kriminelle Karriere fördern kann, war mir neu. Mit seiner Hauptfigur Björn Diemel, seines Zeichens Anwalt für Strafrecht, zeigt Karsten Dusse, seines Zeichens ebenfalls Anwalt und lediglich im Zweitberuf Schreiberling, genau das. Und zwar auf unterhaltsame Weise.

Björn hat alle Hände voll zu tun. Seit Jahren versucht er, Partner in der Kanzlei zu werden, für die er schon ewig arbeitet und seine Familie vernachlässigt. Leider passt sein etwas unkonventioneller osteuropäischer Mandant Dragan nicht ganz in die Rolle des Vorzeige-Auftraggebers, was das Arbeitspensum von Björn erhöht und seine Chancen Partner zu werden verkleinert. Seine Frau ist wenig amüsiert über seine mitunter grenzwertigen Machenschaften und droht mit Kindesentzug. Auf deutsch: Björn steht kurz vor dem Burnout und muss das Ruder herumreißen.

Und zwar auf spektakuläre Art und Weise: er wird achtsam! In einem Seminar lernt er die Grundzüge und Feinheiten der Achtsamkeit – und lebt anschließend nach ihnen. Auch wenn das für diverse Mitmenschen eine eher lebensverkürzende Wirkung hat. Oder gerade deshalb. Jedenfalls – seit Björn die Achtsamkeit für sich entdeckt hat, beginnt plötzlich alles wieder zu laufen. Und zwar nicht rückwärts und bergab (wie vorher), sondern tatsächlich vorwärts und steil bergauf. Es lebe die Achtsamkeit!

Ich habe tatsächlich viel gelacht und geschmunzelt mit diesem Buch. Obwohl mir das ganze Achtsamkeitsthema durch die Dauervisualisierung überall zuweilen etwas auf den Zeiger geht, fand ich in diesem Buch erstaunlich praktikable Ansätze. Das heißt nicht, dass ich jetzt auch eine kriminelle Karriere anstrebe – Gott bewahre! Aber ich muss Karsten Dusse lassen, dass man ihm bei aller satirischen Überspitzung auch abnimmt, sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigt zu haben. Im Nachwort schreibt er dann auch, dass man ihn bitte nicht missverstehen solle – er habe das Thema Achtsamkeit tatsächlich für sich entdeckt. Das nehme ich ihm ab.

Was ich nicht unbedingt gebraucht hätte, ist die Detailgenauigkeit, mit der Dusse das Ableben diverser Figuren und ihre „Beseitigung“ beschreibt. Da war mir mitunter die Papiertüte vom letzten Flug näher als das Glas Wein neben mir... (um es mal etwas vorsichtig zu umschreiben). So genau muss man es mir dann doch nicht erklären... ich habe um meinen guten Nachtschlaf etwas gefürchtet

Letztendlich macht dieses Buch aber Spaß. Klar, es ist ungewöhnlich und launisch und hoffnungslos überdreht – aber es war gut genug, um (ganz achtsam!) im Moment zu leben und alles andere um sich herum während des Lesens komplett zu vergessen bzw. ausblenden zu können. Ziel erreicht, würde ich sagen