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Veröffentlicht am 02.02.2024

Kurzweilige Unterhaltung

Gehe mit den Toten
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Schon lange wollte ich mal ein Buch von Alexander Hartung lesen. Sein Name taucht immer wieder auf, wenn es um Thriller geht. Da seine Bücher im Durchschnitt recht hoch bewertet werden, war meine Neugierde ...

Schon lange wollte ich mal ein Buch von Alexander Hartung lesen. Sein Name taucht immer wieder auf, wenn es um Thriller geht. Da seine Bücher im Durchschnitt recht hoch bewertet werden, war meine Neugierde schnell geweckt.

Mit "Gehe mit den Toten" bot sich nun eine gute Gelegenheit, denn es ist eine aktuelle Veröffentlichung, die nicht (zumindest noch nicht) Teil einer Serie ist.

Erschienen ist der Thriller bei Edition M, dem deutschen Krimi-und-Thriller-Ableger von Amazon Publishing. Das bedeutet, dass das Taschenbuch noch billiger wirkt als bei anderen Taschenbuch-Veröffentlichungen. Ich persönlich mag die Qualität der Buchumschläge von Amazon Publishing nicht besonders.

Aber nun zum Inhalt. Ein reicher Mäzen Frankfurts wurde ermordet in seinem Haus aufgefunden. Der Mord war brutal und es scheint ein persönliches Motiv gegeben zu haben. Unter anderem Lara Plank wird auf den Fall angesetzt. Schon bald ist sie quasi im Alleingang unterwegs. Einzig ihr ehemaliger Kollege Simon steht ihr zur Seite.

Alexander Hartungs Schreibstil und Erzähltempo gefallen mir grundsätzlich. Ich konnte das Buch zügig lesen und Hartung hat erfreulicherweise auf Pseudo-Cliffhanger verzichtet - es gibt AutorInnen, die solche Cliffhanger massiv einsetzen, so dass es nur noch nervt. Hartung gehört zum Glück nicht zu dieser Spezies, was aus meiner Sicht für ihn spricht.

Allerdings muss ich gestehen, dass er Lara Plank auf eine Art und Weise porträtiert, die mich teilweise stark irritiert hat. Zum einen ist sie wohl seit 5 Jahren bei der Kriminalpolizei und sie ist wohl auch eine herausragende Beamtin. Das merkt man nur leider nicht allzu oft. Sie ist überfordert, ihr Handy aufzuladen und verpasst dadurch wichtige Anrufe. Sie vernimmt trotz gegenteiliger Anweisungen Zeuginnen komplett allein und wundert sich dann, dass ihr daraus ein Strick gedreht wird. Sie gibt einem Ex-Kollegen ihre Zugangsdaten zum Polizeicomputer und so weiter und so fort.

Natürlich ermittelt sie weiter, als sie beurlaubt wird - so verlangt es das Thriller-Gesetz -, natürlich findet sie etwas heraus, was all ihre Kolleg
innen übersehen haben (obwohl es ehrlich gesagt so offensichtlich war, dass es selbst ein Blinder mit Krückstock gesehen hätte, aber egal. Und selbst dann hören die Alleingänge nicht auf.

Ein Thriller muss für mich nicht hyper-realistisch sein, aber "Gehe mit den Toten" lehnt sich sehr weit aus dem Fenster - auch, was den Umgang der Vorgesetzten mit Lara Plank und ihren Alleingängen angeht.

Hartung geht auch wenig subtil vor, wenn er Zeitsprünge macht und dann seinen Protagonistinnen Dialoge in den Mund legt, die die Leserinnen auf den aktuellen Stand bringen sollen. Das kommt zum Glück nicht allzu oft vor, hat mich aber ein bisschen gestört.

Wenig überraschend ist, dass am Ende wirklich alles bis ins Kleinste aufgeklärt und für die LeserInnen nett verpackt serviert wird.

Trotz dieser (und weiterer) Schwächen hat mich "Gehe mit den Toten" immerhin so gut unterhalten, dass ich das Buch binnen weniger Stunden gelesen hatte. Das wiederum spricht für den Thriller. Ein total langweiliges Buch wäre eine Qual gewesen und ich hätte deutlich mehr Zeit benötigt. Positiv hervorzuheben ist auch, dass Alexander Hartung zwar dem Genre entsprechend Gewalt thematisiert, diese aber nicht exzessiv einsetzt.

Alles in allem wurde ich gut unterhalten. Wer allerdings realistische oder anspruchsvolle Thriller bevorzugt, sollte die Finger weglassen.

Von mir gibt's 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Gute Geschichte über Freundschaft, Gerechtigkeit und Tierwohl

Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner
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Ich habe lange überlegt, was ich zu dem Buch schreiben soll, denn es ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach.

Zum einen hat mich das Buch gut unterhalten - und meinen Sohn auch. Die Charaktere sind nachvollziehbar. ...

Ich habe lange überlegt, was ich zu dem Buch schreiben soll, denn es ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach.

Zum einen hat mich das Buch gut unterhalten - und meinen Sohn auch. Die Charaktere sind nachvollziehbar. Die achtjährige Ada bietet eine Identifikationsfigur und Lilli das Schaf ist unglaublich witzig und sympathisch.

Vor allem am Anfang wartet das Buch mit unglaublich viel Witz auf, was im Verlauf der Erzählung aber leider ein bisschen verloren geht. Witzige Momente bleiben, aber ich hatte während der Lektüre oft den Eindruck, dass Judith Kleinschmidt ab der Mitte des Buchs die Ideen ausgingen. So hat die Geschichte insgesamt etwas Unausgegorenes an sich, was sehr schade ist.

Symptomatisch ist der Titel des Buchs und dessen Umsetzung im Buch: "Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner" weckt Erwartungen. Am Ende ist die "verrückte Befreiung der Hühner" eine Randerscheinung, ziemlich schnell abgehakt und ist ehrlich gesagt wenig verrückt.

Es ist schade, denn das Buch hat echt Potenzial, das aber leider ab ungefähr der Mitte komplett verschenkt wird. Zwar gibt es immer noch ein paar schöne und witzige Einfälle, aber das Pulver wurde im Grunde genommen in den ersten Kapiteln verschossen.

Schön sind natürlich die Themen: Freundschaft, Gerechtigkeit und Tierwohl sind gerade für Kinder von großem Interesse und für sie ansprechend. Mein Sohn fand diese Themen jedenfalls spannend und hat natürlich auch über weite Strecke mitgefiebert, wie es weitergehen würde. Am Ende war aber auch er ein bisschen enttäuscht.

Die Bilder von Barbara Jung sind sehr schön und kindgerecht. Es hätten aber ruhig ein bisschen mehr Farbbilder sein dürfen, sagt mein Sohn.

Alles in allem ist "Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner" ein durchwachsenes Buch, von dem ich persönlich mir mehr erhofft hatte.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Kurzweilig, unterhaltsam, aber letztlich nur wenig über dem Durchschnitt

Cryptos
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Die Romane von Ursula Poznanski sind mir natürlich schon öfter ins Auge gefallen - sei es im Internet oder im Buchladen -, gekauft hatte ich mir aber noch keins. Dank eines Gewinnspiels konnte ich nun ...

Die Romane von Ursula Poznanski sind mir natürlich schon öfter ins Auge gefallen - sei es im Internet oder im Buchladen -, gekauft hatte ich mir aber noch keins. Dank eines Gewinnspiels konnte ich nun "Cryptos" lesen.

"Cryptos" spielt in einer dystopischen Zukunft. Die Klimakatastrophe wurde von der Menschheit nicht aufgehalten. Die Erde ist größtenteils unbewohnbar. Die Menschen leben in kleinen Boxen und flüchten sich in virtuelle Welten. Jana ist eine Weltendesignerin, schafft also einige der virtuellen Welten, in die sich die Menschen flüchten. Als jedoch in ihrer von ihr geschaffenen Lieblingswelt ein Mord geschieht, der ganz reale Auswirkungen hat, wird eine Ereigniskette in Gang gesetzt, in deren Mittelpunkt Jana steht.

"Cryptos" richtet sich vor allem an jugendliche LeserInnen, ist meines Erachtens aber durchaus auch für Erwachsene geeignet. Jugendliche werden - so meine Vermutung - allerdings dem Buch etwas mehr abgewinnen können als Erwachsene. 

Anfangs musste ich mich an den Schreibstil gewöhnen. Poznanski hat die Ich-Perspektive gewählt und erzählt im Präsens. Die Sätze sind nicht übermäßig lang. Mir war der Stil anfangs zu nüchtern.  Trotzdem wurde ich schnell in die Geschichte hineingezogen. Jana ist eine sympathische Protagonistin und die im Buch beschriebenen virtuellen Welten sind so anschaulich beschrieben, dass ich mich oft dorthin gesehnt habe. 

Natürlich ist nichts übermäßig originell. Alles im Roman basiert auf dem Wissen, das wir bereits haben, auf Technologien, die uns bereits bekannt sind oder auf Ideen, die bereits in anderen Romanen thematisiert wurden. Poznanski ist keine Visionärin. Das muss sie aber auch nicht sein. Gerade DASS sie sich auf bereits vorhandenes Wissen bezieht, macht vieles in dem Roman glaubwürdig und um so erschreckender. Insbesondere die reale Welt, die sie beschreibt, entspricht in etwa dem, was Klima-Wissenschaftler prognostizieren. Poznanskis Verdienst ist es, dies für Jugendliche nachvollziehbar aufzubereiten.
Dennoch ergibt sich insgesamt eine runde Geschichte. Und um eine gute Geschichte zu erzählen, muss es nicht immer gleich super-duper originell sein. 

Da Jana die Erzählerin ist, fallen einige Spannungselemente fort. Es stellt sich in manchen Situationen zum Beispiel nicht die Frage, ob sie überlebt, sondern wie sie es schafft, aus der Situation herauszukommen. Trotzdem gab es einige spannende Momente, in denen ich ordentlich mitgefiebert habe. Außerdem lädt das Buch dazu ein, mitzurätseln. Auch wenn geübte LeserInnen einiges relativ früh erahnen und/oder erraten können, bietet das Buch zum Ende hin einige Überraschungen.

Mir hat "Cryptos" weitestgehend gefallen. Jugendliche mit einer Vorliebe für Rätsel, fremde Welten und Dystopien werden mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Freude haben.

Es gibt allerdings auch einige Punkte, die mich etwas gestört haben:

Es ist mir vor allem unverständlich, weshalb Diversität überhaupt keine Rolle spielt. Klar, die virtuellen Welten sind prächtig gestaltet. Es gibt dort verschiedenste Wesen. Aber mir ist im Roman alles zu einheitlich - insbesondere auch in der realen Welt. Gerade hier hätte Poznanski wesentlich mehr herausholen können, was ihre Charaktere angeht. Für mich ist es ein großes Versäumnis.

Zudem - das hatte ich bereits an anderer Stelle erwähnt - hält sich die Spannung in Grenzen. Gerade das große Finale leidet sehr darunter, dass die LeserInnen nicht richtig mitfiebern (können). 

Alles in allem ist "Cryptos" unterhaltsam, ohne Frage, aber Poznanski bietet im Kern gut präsentierte Durchschnittsware und verschenkt sehr viel Potenzial nach oben. 

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Veröffentlicht am 22.10.2019

Großartig geschrieben, aber insgesamt zu lang geraten

Die Altruisten
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"Ich würde lieber sterben, als ein überflüssiges Leben zu führen."

"Die Altruisten" ist einer dieser Romane, die geradezu entspannend auf mich wirken, obwohl doch einiges erzählt wird. Aber die Sprache ...

"Ich würde lieber sterben, als ein überflüssiges Leben zu führen."

"Die Altruisten" ist einer dieser Romane, die geradezu entspannend auf mich wirken, obwohl doch einiges erzählt wird. Aber die Sprache und Herangehensweise ist so entspannt und ruhig, dass selbst eine permanent unruhige Person wie ich plötzlich so etwas wie Entspanntheit erlebt. Mir hat dieser Roman auch deshalb sehr gefallen. 

Sprachlich ist "Die Altruisten", das Debüt von Andrew Ridker, eine Wucht. Ridker nutzt eine tendenziell bildhafte Sprache, bleibt dabei aber stets präzise und passt seine Wortwahl den jeweiligen Charakteren an und schreckt dabei nicht davor zurück, Wortgebilde zu nutzen, um Beschreibungen zu verkürzen.

Herausgekommen ist dabei ein Werk, das einerseits eine sehr akademische, andererseits eine stark ironisierte Sprache verwendet, die mir einen Riesenspaß bereitet hat. 

Die Geschichte selbst lässt sich kurz zusammenfassen mit: Arthur, ein Narzisst vor dem Herrn, steht kurz davor, das Haus zu verlieren, in dem er viele Jahre mit seiner Frau und seinen beiden Kindern verlebt hat. Die Frau - Francine - starb vor zwei Jahren, die Kinder - Maggie und Ethan - sind nach New York gezogen. Per Brief lädt er für ein Wochenende zu sich ein... und setzt alles daran, seine Kinder emotional an sich zu binden, damit sie ihm das Geld, das sie von Francine geerbt haben, überlassen. 

Ridker geht es inhaltlich langsam an. Immer wieder gibt es Rückblenden, in denen wir nach und nach die Hintergründe zu Francine, Arthur, Maggie und Ethan erfahren. Das Puzzle, wie alle Personen durch ihr Umfeld geprägt wurden, was es aus ihnen machte, setzt sich nach und nach zusammen. Mir hat das sehr gefallen, auch wenn es die Geduld der Leser*innen teilweise stark fordert - so sehr übrigens, dass ich mir zwischendurch die Frage stellte, worauf Ridker eigentlich hinaus will. Und doch ergibt alles Sinn.

Psychologen dürften ihre Freude mit dem Buch haben, zumal nicht nur mit Francine eine Figur des Romans Psychologin ist bzw. war, sondern Ridker Ahnung von der Sache hat und die Charaktere Sinn ergeben. 

Leider ist ausgerechnet das Ende die Schwäche des Romans, der in drei Teilen untergliedert wurde. Schon das Ende des 2. Teils - das Finale - war mir ansatzweise zu viel und einen Tick zu unrealistisch in Bezug auf Ulrikes Erscheinen. Und doch musste ich so sehr lachen. Es war so absurd, so herrlich, dass ich trotz zwischenzeitlichen Augenbrauen-Zuckens meinen Spaß hatte. Hätte Ridker hier den Roman beendet, hätte er echten Mut bewiesen.

Aber leider fügt er noch einen dritten Teil an. Und der war mir endgültig zu viel. Es sind 25 Seiten, die besser weggelassen oder - wenn er schon nicht darauf verzichten kann - besser auf 5 Seiten gekürzt hätte. Es ist so schade, weil es so furchtbar langweilig und vor allem nutzlos ist, dass es den dritten Teil gibt. Schade.
Trotzdem ist das Buch alles in allem gut und lesenswert - gerade dann, wenn man sich für Sprache und ein bisschen Psychologie interessiert. Die Familiengeschichte ist interessant, die Entwicklungen der Personen ergaben für mich Sinn, die Rückblenden peppen alles ein bisschen auf, die Sprache ist grandios. Mir hat es im Großen und Ganzen Spaß gemacht, "Die Altruisten" zu lesen. 

Veröffentlicht am 17.07.2019

Sehr spannender Pageturner, der allerdings zum Ende in zu konstruiert ist

The Mayfly - Die Chemie des Bösen
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Dieser Thriller hat mich über weite Strecken gut unterhalten. James Hazel hat einen guten Schreibstil und die Grundidee des Ganzen ist durchaus interessant. Allerdings muss ich zugeben, dass Nazis als ...

Dieser Thriller hat mich über weite Strecken gut unterhalten. James Hazel hat einen guten Schreibstil und die Grundidee des Ganzen ist durchaus interessant. Allerdings muss ich zugeben, dass Nazis als Schurken bei mir immer gehen. Aber auch abseits davon hat Hazel einen in der Summe spannenden Thriller geschaffen, der vor allem mit einem ausgesprochen angenehmen Protagonisten und einigen interessanten Nebenfiguren aufwartet.

Hazel fackelt nicht lange: Bereits im ersten Kapitel werden die LeserInnen mit einem überaus grausamen "Selbst"mord konfrontiert und auch im weiteren Verlauf schafft es Hazel, das Tempo zu halten und damit die LeserInnen an das Buch zu fesseln. Mir hat das sehr gefallen, zumal trotzdem Zeit bleibt, die verschiedenen Charaktere ordentlich zu positionieren. Die Zeitsprünge sind durch die Kapitelüberschriften, die in der Vergangenheit spielen, gut nachzuvollziehen, so dass der Lesefluss nicht unterbrochen wird.

Das einzige nennenswerte Manko des Romans ist das letzte Viertel, das mir persönlich zu viele Unwahrscheinlichkeiten bot und dadurch konstruiert wirkte. Auch die Handlungen der Bösewichter, die sich jahrzehntelang bedeckt hielten, sind plötzlich erschreckend dilettantisch. Es ist fast so, als hätte James Hazel im letzten Viertel zum Ende kommen müssen und das Konstrukt, das er so sorgfältig aufgebaut um der Seitenzahlen willen aufgegeben. Das ist tatsächlich ein bisschen schade.

Trotzdem hat mir "The Mayfly" in der Summe gefallen und ich bin einem zweiten Teil nicht abgeneigt.