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Veröffentlicht am 21.03.2020

Zwischen Glaube und Fanatismus

Ein wenig Glaube
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"Dass sich eine Gruppe mutiger, hochherziger Individuen zusammenfindet und entscheidet, gemeinsam die Stimme zu erheben, um die Stille zu vertreiben, um einen ansonsten leeren Raum mit Kunst und Klang ...

"Dass sich eine Gruppe mutiger, hochherziger Individuen zusammenfindet und entscheidet, gemeinsam die Stimme zu erheben, um die Stille zu vertreiben, um einen ansonsten leeren Raum mit Kunst und Klang zu füllen... Wie wunderschön das doch war."

Lyle ist fünfundsechzig, er lebt mit seiner Frau Peg zusammen in einem kleinen Dorf im mittleren Westen, wo die Zeit still zu stehen scheint. Seine größte Freude ist der fünfjährige Enkelsohn Isaac. Doch seine Tochter Shiloh, die Mutter des Jungen, gerät immer mehr in die Fänge ihrer Kirche, dessen Pastor ihr einredet, die Großeltern seien nicht gläubig genug und deshalb schlecht für das Kind. Und so droht Shiloh, sie von Isaac fernzuhalten...

Butler ist hier ein wahnsinnig ruhiger, langsamer, sehr poetischer Roman gelungen. Auf den einzelnen Seiten passiert wenig, aber er beschreibt es mit so schönen Worten, dass ich das Lesen einfach genießen konnte. Es geht um Liebe, Freundschaft und den Glauben. Ab wann ist Glaube Fanatismus? Das Ende bleibt offen, was ich irgendwie schade fand, ich hätte mir eine klare Handlung gewünscht. Trotzdem ein wunderschönes, langsames Leseerlebnis, das zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Eine inspirierende Frau

Hannah Arendt
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Ich habe schon mehrere Bücher der "Little People, Big Dreams" Serie gelesen und mir gefällt die Idee dahinter sehr. Das Buch macht einiges her: es handelt sich um ein hochwertiges Hardcover mit Leinenrücken ...

Ich habe schon mehrere Bücher der "Little People, Big Dreams" Serie gelesen und mir gefällt die Idee dahinter sehr. Das Buch macht einiges her: es handelt sich um ein hochwertiges Hardcover mit Leinenrücken und gutem Papier. Es ist ab 5-6 Jahren empfohlen. Das Leben von Hannah Arendt wird kindgerecht in einfachen Sätzen dargestellt. Dazu überzeugt das Buch mit schönen, detaillreichen Illustrationen. Am Schluss findet man einen ausführlichen Lebenslauf, der wohl eher für Erwachsene gedacht ist, und das Buch schön ergänzt. Das Buch bietet die Option, mit Kindern über Nazionalsozialismus und Menschenrechte zu sprechen. Von dem her sehe ich es als ein Buch, aus dem man sehr viel machen kann, und welches Kinder inspirieren kann, für ihre Rechte und Träume einzustehen und zu kämpfen.

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Veröffentlicht am 12.02.2020

Schonungsloser Bericht

Rückkehr nach Birkenau
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„Bis jetzt waren wir noch menschliche Wesen. Nun sind wir nichts mehr.“

Ginette Kolinka wird Anfang 1944 von Avignon nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Mit dabei sind ihr Vater, ihr Bruder und ihr Neffe. ...

„Bis jetzt waren wir noch menschliche Wesen. Nun sind wir nichts mehr.“

Ginette Kolinka wird Anfang 1944 von Avignon nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Mit dabei sind ihr Vater, ihr Bruder und ihr Neffe. Doch sie kehrt allein zurück… Die 94-jährige lebt mittlerweile in Paris. Jahrzehnte schwieg sie über das Erlebte. Als für „Schindlers Liste“ die Geschichten von Überlebenden gesucht wurden, beschloss sie das erste Mal, ihre eigenen Erlebnisse zu teilen. Sie fuhr nach Birkenau, um dort zu Schülern über das Leben im KZ zu sprechen. Mit diesem Buch teilt sie ihre Geschichte mit der Nachwelt.

Das kleine Büchlein hat es in sich: etwas zerstückelt und nicht ganz chronologisch teilt Kolinka Erinnerungen aus dem KZ. Schonungslos und ehrlich wird dem Leser die Geschichte nähergebracht. Hunger, Entwürdigung und Misshandlung sind an der Tagesordnung. „Es gibt keine Erläuterungen, keine Bedienungsanleitung, man lernt oder stirbt.“, berichtet die Autorin. Der Schreibstil besteht aus kurzen, prägnanten Sätzen, die dem Leser durch Mark und Bein gehen. Ich finde es schade, dass die Autorin sich so kurzhält, denn ich habe das Gefühl, es gäbe noch viel mehr zu erzählen. Ich bin dankbar, dass sie nach so vielen Jahren doch entschlossen hat, ihre Geschichte zu teilen und finde, jeder sollte dieses Buch lesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Ich singe mir mein Miroloi

Miroloi
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"Wenn Menschen die heilige Schrift der Götter so einfach umschreiben können, heißt das dann, dass die Khorabel gar nicht heilig ist?"

Zu einer nicht näher benannten Zeit, auf einer weit entfernten griechischen ...

"Wenn Menschen die heilige Schrift der Götter so einfach umschreiben können, heißt das dann, dass die Khorabel gar nicht heilig ist?"

Zu einer nicht näher benannten Zeit, auf einer weit entfernten griechischen Insel, in einem Bergdorf, das „das schöne Dorf“ genannt wird. Hier spielt „Miroloi“ von Karen Köhler. Eine strenge patriarchalische Gesellschaft, die von der Welt abgeschnitten ist und nach ihren eigenen Regeln funktioniert. Hier gibt es keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine eigene Meinung. Hier wächst die sechzehnjährige namenlose Protagonistin auf. Sie wurde als Säugling gefunden und vom Bethaus Vater aufgenommen und aufgezogen. Ihre Wurzeln kennt sie nicht, weshalb sie von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird. „Alles hat hier einen Namen, nur ich habe keinen“, sagt die Protagonistin. Wir begleiten sie, auf ihrem Weg zum Erwachsen werden, bei der ersten Liebe, beim Brechen von Regeln, bei ihrer Befreiung.

Ich habe dieses Buch sehr gern gelesen. Die Sprache ist etwas speziell, vor allem da das Buch in Strophen wie eine Art Lied angeordnet ist, außerdem entspricht die Sprache einer sechzehnjährigen, die gerade Lesen und Schreiben lernt. Für mich hat diese Sprache gut gepasst. Ich finde das Buch ausgezeichnet aufgebaut, in dieser eigenen Gesellschaft, die uns so fremd ist und erst nach und nach etwas klarer wird. Die Protagonistin hat mich in ihren Bann gezogen. Köhler hat aus den großen Weltreligionen eine Art neue Religion gebastelt, die auf der „Khorabel“ basiert. Trotz, dass das Buch in so einer fernen Welt spielt sind die meisten Themen hochaktuell – sexuelle Unterdrückung, Fremdenhass, das Patriarchat, und vieles mehr. Dieses Buch hat sehr viele schlechte Bewertungen erhalten, welche ich nicht nachvollziehen kann. Auch ein Vergleich mit „Der Report der Magd“ verstehe ich nicht, da die Unterdrückung der Frauen und die tiefe Religiosität die einzigen Parallelen scheinen. Ich finde dieses Buch sehr gut aufgebaut und durchaus lesenswert.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Über die Angst

Nix passiert
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"Es ist erstaunlich, wie lange man etwas für sich behalten kann, das einen so quält, das so zehrt an der Kraft, eigentlich alle Energie verbraucht, während man trotzdem einfach so weiterlebt, als hätte ...

"Es ist erstaunlich, wie lange man etwas für sich behalten kann, das einen so quält, das so zehrt an der Kraft, eigentlich alle Energie verbraucht, während man trotzdem einfach so weiterlebt, als hätte man noch einen geheimen Reservetank, der nur dafür da ist, zu funktionieren, wenn eigentlich gar nichts mehr geht. Und dann, eines Tages, in einem völlig unscheinbaren Moment, ist er aufgebraucht, dieser Reservetank, und das ganze System versagt, alle Lichter aus, ciao."

Alex ist verlassen worden. Etwas über ein Jahr waren er und Jenny zusammen. Jenny, seine absolute Traumfrau. Er kann nicht fassen, dass er die Beziehung so falsch gedeutet hat, er war doch so glücklich. Oder?
Alex beschließt kurzerhand, die Eltern zu besuchen. Nach Jahren in Berlin zurück in die Stadt, in der er aufgewachsen ist. Obwohl er eigentlich nie wieder dorthin zurück wollte...

Kathrin Weßling überzeugt wieder einmal mit ihrem modernen, sarkastischen und provokativen Schreibstil. Ich war am Anfang des Buches etwas verwirrt, wohin die Erzählung hingehen wird, weil das eigentliche Thema zumindest mir erst mit der Zeit klar wurde. Wer dran bleibt und weiterliest wird nicht enttäuscht: Weßling beschreibt einfühlsam und detaillreich, wie sich ein Leben mit Angst/Panikattacken anfühlt und regt wieder einmal zum Nachdenken an. Klare Leseempfehlung!

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