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Veröffentlicht am 23.03.2020

Ruhig und intensiv

Was wir sind
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„Wir haben für euch gekämpft. Damit ihr alles erreichen könnt. Euch zuliebe haben wir die Welt verändert, und was habt ihr draus gemacht?“

Es ist 2004. Hannah, Lissa und Cate sind 29 und leben in einem ...

„Wir haben für euch gekämpft. Damit ihr alles erreichen könnt. Euch zuliebe haben wir die Welt verändert, und was habt ihr draus gemacht?“

Es ist 2004. Hannah, Lissa und Cate sind 29 und leben in einem Haus in London Fields. Sie genießen ihr Leben, leben in den Tag hinein, denken nicht an später. „(...) Sie haben noch Zeit zu werden, wer sie später einmal sein wollen.“ Es folgt der Sprung zu 2010: die Situation hat sich grundlegend verändert. Hannah ist nun glücklich verheiratet und versucht verzweifelt, ein Kind zu bekommen, doch jeder Zyklus der künstlichen Befruchtung scheitert. Lissa ist deutlich weniger erfolgreich als Schauspielerin als sie sich ausgemalt hatte, spricht regelmäßig bei Castings vor und hält sich mit diversen Jobs über Wasser. Cate ist frisch verheiratet und Mutter eines Säuglings. Sie fühlt sich einsam, unverstanden, ängstlich und überfordert mit der neuen Situation. Auch mit dem Ehemann Sam ist es anders als sie es sich vorgestellt hatte, schließlich kannten sie sich erst relativ kurz. Die drei Freundinnen sind auseinander gewachsen. Sie treffen sich ab und zu, aber nicht jede kann sich auch für die andere freuen. Und jede der drei versucht, mit dem aktuellen Leben klarzukommen, das so ganz anders ist als in der früheren Vorstellung.

Anna Hope gelingt es mit einem ruhigen und deskriptiven Schreibstil, den Leser gut zu unterhalten. Die drei Protagonistinnen sind alle sehr unterschiedlich und auf ihre Weise interessant, so dass man sich als Leser wirklich in jede hineinfühlen kann. Im Buch selbst passiert eher wenig, was mich aber überhaupt nicht störte. Die Probleme sind alltäglich, es geht um das Erwachsen werden, um den Aufbau eines eigenen Lebens. Auch Feminismus bzw. Geschlechterrollen werden angesprochen, jedoch nur beiläufig. Ein ruhiger, aber intensiver Roman, den man auch als „Coming of Age“ Roman für Ende zwanzig/Anfang dreißig-jährige bezeichnen könnte.

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Veröffentlicht am 21.03.2020

Zwischen Glaube und Fanatismus

Ein wenig Glaube
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"Dass sich eine Gruppe mutiger, hochherziger Individuen zusammenfindet und entscheidet, gemeinsam die Stimme zu erheben, um die Stille zu vertreiben, um einen ansonsten leeren Raum mit Kunst und Klang ...

"Dass sich eine Gruppe mutiger, hochherziger Individuen zusammenfindet und entscheidet, gemeinsam die Stimme zu erheben, um die Stille zu vertreiben, um einen ansonsten leeren Raum mit Kunst und Klang zu füllen... Wie wunderschön das doch war."

Lyle ist fünfundsechzig, er lebt mit seiner Frau Peg zusammen in einem kleinen Dorf im mittleren Westen, wo die Zeit still zu stehen scheint. Seine größte Freude ist der fünfjährige Enkelsohn Isaac. Doch seine Tochter Shiloh, die Mutter des Jungen, gerät immer mehr in die Fänge ihrer Kirche, dessen Pastor ihr einredet, die Großeltern seien nicht gläubig genug und deshalb schlecht für das Kind. Und so droht Shiloh, sie von Isaac fernzuhalten...

Butler ist hier ein wahnsinnig ruhiger, langsamer, sehr poetischer Roman gelungen. Auf den einzelnen Seiten passiert wenig, aber er beschreibt es mit so schönen Worten, dass ich das Lesen einfach genießen konnte. Es geht um Liebe, Freundschaft und den Glauben. Ab wann ist Glaube Fanatismus? Das Ende bleibt offen, was ich irgendwie schade fand, ich hätte mir eine klare Handlung gewünscht. Trotzdem ein wunderschönes, langsames Leseerlebnis, das zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Eine inspirierende Frau

Hannah Arendt
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Ich habe schon mehrere Bücher der "Little People, Big Dreams" Serie gelesen und mir gefällt die Idee dahinter sehr. Das Buch macht einiges her: es handelt sich um ein hochwertiges Hardcover mit Leinenrücken ...

Ich habe schon mehrere Bücher der "Little People, Big Dreams" Serie gelesen und mir gefällt die Idee dahinter sehr. Das Buch macht einiges her: es handelt sich um ein hochwertiges Hardcover mit Leinenrücken und gutem Papier. Es ist ab 5-6 Jahren empfohlen. Das Leben von Hannah Arendt wird kindgerecht in einfachen Sätzen dargestellt. Dazu überzeugt das Buch mit schönen, detaillreichen Illustrationen. Am Schluss findet man einen ausführlichen Lebenslauf, der wohl eher für Erwachsene gedacht ist, und das Buch schön ergänzt. Das Buch bietet die Option, mit Kindern über Nazionalsozialismus und Menschenrechte zu sprechen. Von dem her sehe ich es als ein Buch, aus dem man sehr viel machen kann, und welches Kinder inspirieren kann, für ihre Rechte und Träume einzustehen und zu kämpfen.

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Veröffentlicht am 12.02.2020

Schonungsloser Bericht

Rückkehr nach Birkenau
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„Bis jetzt waren wir noch menschliche Wesen. Nun sind wir nichts mehr.“

Ginette Kolinka wird Anfang 1944 von Avignon nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Mit dabei sind ihr Vater, ihr Bruder und ihr Neffe. ...

„Bis jetzt waren wir noch menschliche Wesen. Nun sind wir nichts mehr.“

Ginette Kolinka wird Anfang 1944 von Avignon nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Mit dabei sind ihr Vater, ihr Bruder und ihr Neffe. Doch sie kehrt allein zurück… Die 94-jährige lebt mittlerweile in Paris. Jahrzehnte schwieg sie über das Erlebte. Als für „Schindlers Liste“ die Geschichten von Überlebenden gesucht wurden, beschloss sie das erste Mal, ihre eigenen Erlebnisse zu teilen. Sie fuhr nach Birkenau, um dort zu Schülern über das Leben im KZ zu sprechen. Mit diesem Buch teilt sie ihre Geschichte mit der Nachwelt.

Das kleine Büchlein hat es in sich: etwas zerstückelt und nicht ganz chronologisch teilt Kolinka Erinnerungen aus dem KZ. Schonungslos und ehrlich wird dem Leser die Geschichte nähergebracht. Hunger, Entwürdigung und Misshandlung sind an der Tagesordnung. „Es gibt keine Erläuterungen, keine Bedienungsanleitung, man lernt oder stirbt.“, berichtet die Autorin. Der Schreibstil besteht aus kurzen, prägnanten Sätzen, die dem Leser durch Mark und Bein gehen. Ich finde es schade, dass die Autorin sich so kurzhält, denn ich habe das Gefühl, es gäbe noch viel mehr zu erzählen. Ich bin dankbar, dass sie nach so vielen Jahren doch entschlossen hat, ihre Geschichte zu teilen und finde, jeder sollte dieses Buch lesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Ich singe mir mein Miroloi

Miroloi
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"Wenn Menschen die heilige Schrift der Götter so einfach umschreiben können, heißt das dann, dass die Khorabel gar nicht heilig ist?"

Zu einer nicht näher benannten Zeit, auf einer weit entfernten griechischen ...

"Wenn Menschen die heilige Schrift der Götter so einfach umschreiben können, heißt das dann, dass die Khorabel gar nicht heilig ist?"

Zu einer nicht näher benannten Zeit, auf einer weit entfernten griechischen Insel, in einem Bergdorf, das „das schöne Dorf“ genannt wird. Hier spielt „Miroloi“ von Karen Köhler. Eine strenge patriarchalische Gesellschaft, die von der Welt abgeschnitten ist und nach ihren eigenen Regeln funktioniert. Hier gibt es keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine eigene Meinung. Hier wächst die sechzehnjährige namenlose Protagonistin auf. Sie wurde als Säugling gefunden und vom Bethaus Vater aufgenommen und aufgezogen. Ihre Wurzeln kennt sie nicht, weshalb sie von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird. „Alles hat hier einen Namen, nur ich habe keinen“, sagt die Protagonistin. Wir begleiten sie, auf ihrem Weg zum Erwachsen werden, bei der ersten Liebe, beim Brechen von Regeln, bei ihrer Befreiung.

Ich habe dieses Buch sehr gern gelesen. Die Sprache ist etwas speziell, vor allem da das Buch in Strophen wie eine Art Lied angeordnet ist, außerdem entspricht die Sprache einer sechzehnjährigen, die gerade Lesen und Schreiben lernt. Für mich hat diese Sprache gut gepasst. Ich finde das Buch ausgezeichnet aufgebaut, in dieser eigenen Gesellschaft, die uns so fremd ist und erst nach und nach etwas klarer wird. Die Protagonistin hat mich in ihren Bann gezogen. Köhler hat aus den großen Weltreligionen eine Art neue Religion gebastelt, die auf der „Khorabel“ basiert. Trotz, dass das Buch in so einer fernen Welt spielt sind die meisten Themen hochaktuell – sexuelle Unterdrückung, Fremdenhass, das Patriarchat, und vieles mehr. Dieses Buch hat sehr viele schlechte Bewertungen erhalten, welche ich nicht nachvollziehen kann. Auch ein Vergleich mit „Der Report der Magd“ verstehe ich nicht, da die Unterdrückung der Frauen und die tiefe Religiosität die einzigen Parallelen scheinen. Ich finde dieses Buch sehr gut aufgebaut und durchaus lesenswert.

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