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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2020

Kleine Sünden werden sofort bestraft, große brauchen länger

The Escape Game – Wer wird überleben?
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Zum Inhalt:
Vier Börsenmakler sind zwar verwundert, als sie an einem Freitagabend einbestellt werden, zieren tun sie sich trotzdem nicht: Die Geschäfte liefen nicht gut, eine Stelle wird frei und die Bonuszahlungen ...

Zum Inhalt:
Vier Börsenmakler sind zwar verwundert, als sie an einem Freitagabend einbestellt werden, zieren tun sie sich trotzdem nicht: Die Geschäfte liefen nicht gut, eine Stelle wird frei und die Bonuszahlungen stehen an, - wer will da schon private Gründe für ein Nicht-Kommen vorschützen? Doch dann stecken sie gemeinsam in dem dunklen Aufzug fest und bekommen Hinweise, die auf ein Spiel schließen lassen. Erst gibt man sich amüsiert, dann verärgert und schließlich wird aus dem Spiel blutiger Ernst, als der unsichtbare Spielleiter sie aneinander zweifeln lässt.

Mein Eindruck:
Bis kurz vor Schluss liefert Megan Goldin einen perfekten Thriller ab. Dazu nutzt sie einen zweigeteilten Aufbau: Die eine Seite befasst sich mit dem Geschehen im Aufzug, welches immer weiter aus dem Ruder läuft und dadurch so spannend wird, dass man sich anfangs den Teil um die Ich-Erzählerin Sara am liebsten sparen würde. Hier begibt sich die Autorin einige Zeit in die Vergangenheit und beschreibt die Arbeitsumstände in der renommierten Firma, die Sara als Anfängerin wie der Inbegriff des Paradieses vorkommt. Doch dann zieht Goldin auch dort das Tempo an und lässt ihre Leser Theorien zum Urheber des Geschehens im Aufzug entwickeln, die sie ihnen nach kurzer Zeit wieder um die Ohren haut. Dazu erhält man einen Einblick in die Szene, die ebenso brutal wie oberflächlich agiert, - dass es in diesem Milliardengeschäft nicht nur um bildliche, sondern um buchstäbliche Leichen geht und Gefühle nur stören, macht die Autorin sehr schnell und fundiert klar. Und so hechelt der geneigte Leser auf beiden Spuren dahin um am Schluss vollständig aufgeklärt Genugtuung zu erfahren. Leider begleitet von einem dicken Logikloch, - doch wen kümmert schon die Logik, wenn das Ende gefällt?

Mein Fazit:
Man bangt, hofft und lässt strafen, - das Leserleben kann schön sein

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Der schmale Grat

Ein wenig Glaube
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Zum Inhalt:
Lyle und Peg leben im ländlichen Wisconsin gemeinsam mit ihrer Adoptivtochter Shiloh und deren Sohn Isaac, einem fünfjährigen, aufgeweckten Sonnenschein. Obwohl Lyle nach dem Tod seines Babys ...

Zum Inhalt:
Lyle und Peg leben im ländlichen Wisconsin gemeinsam mit ihrer Adoptivtochter Shiloh und deren Sohn Isaac, einem fünfjährigen, aufgeweckten Sonnenschein. Obwohl Lyle nach dem Tod seines Babys vor vielen Jahrzehnten den Glauben an Gott verloren hat, geht er jeden Sonntag in die Kirche, weil man das auf dem Land eben so macht und weil Peg nach wie vor darauf besteht. Im Gegensatz dazu ist Shiloh tief gläubig und zieht den Kreis einer fundamentalistischen Kirche vor, - auch deshalb, weil sie sich in den Prediger Steven verliebt hat. Shiloh wendet sich von ihren Eltern ab und geht völlig in der Vereinigung auf, gemeinsam mit Isaac, der dadurch in große Gefahr gerät.

Mein Eindruck:
Durch die wahre Geschichte eines Mädchens inspiriert, welches durch unterlassene Hilfeleistung zu Tode kam, widmet sich Nickolas Butler in seinem Buch einer Familie, die durch Uneinigkeit in Glaubensfragen tief erschüttert wird. Dabei gefällt insbesondere, dass Butler, der sich trotz der Erzählung in der dritten Person an der Sicht seines Protagonisten Lyle orientiert, dem Antagonisten Steven einige positive und liebenswerte Aspekte gönnt.
Butler beschreibt hauptsächlich den zumeist beschwerlichen Alltag von Menschen, die im ländlichen Wisconsin leben, aber genauso intensiv lernt man die kleinen Freuden kennen, die sich durch die Natur und die Freundschaft immer wieder zeigen. Trotz einiger Dramatik wie die Krankheit eines engen Freundes und natürlich die Abwendung Shilohs, welche mit dem Entzug des geliebten Enkelsohnes einhergeht, ist das Leben ein beschaulicher Fluss.
Doch so sehr einen Butler einlullt, verliert er nie das Ziel aus den Augen, seine Leser aufzurütteln und vor den Gefahren zu warnen, die ein Glaube anrichten kann, der die Grenze zum Fanatismus überschreitet.

Mein Fazit:
Bringt zum Nachdenken, zum Lachen und manchmal auch zum Weinen

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Veröffentlicht am 04.03.2020

Geht an die Nieren

Nach Mattias
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Zum Inhalt:
Mattias ist tot. Er ging aus dem Haus, nachdem er sich mit seiner Freundin Amber gestritten hatte und kehrte nicht mehr zurück. Dieses Buch schildert die Zeit danach und wie es Amber, seinem ...

Zum Inhalt:
Mattias ist tot. Er ging aus dem Haus, nachdem er sich mit seiner Freundin Amber gestritten hatte und kehrte nicht mehr zurück. Dieses Buch schildert die Zeit danach und wie es Amber, seinem Freund Quentin, seinen Eltern und Großeltern ergeht. Doch auch eigentlich fremde Menschen werden durch Mattias Ableben oder die Gründe dafür aus der Spur geworfen, - die einen mehr, die anderen weniger. Und alle müssen damit klarkommen, dass das Unerwartete selbst die positivsten Gemüter treffen kann.

Mein Eindruck:
Trauerbewältigung? Ja, auch das ist Teil des Buches, aber nicht nur. Zwar lernen seine Leser vor allen Dingen die Sicht von Partnerin, Familie und Freund auf das tragische Ableben von Mattias kennen, - aber auch andere Personen sind mittelbar davon betroffen. Die Idee des Autors, seine Leser erst nach der Mitte des Buches und selbst dann noch langsam in die Umstände des Todes einzuweihen, erhöht dabei Spannung und Neugierde und führt zusätzlich zu einem Zurückblättern, da man erst zu diesem Zeitpunkt gewisse Reaktionen richtig einschätzen kann. Doch selbst ohne diesen Kunstgriff geht das Buch an die Nieren, wenn Zantingh Kleinigkeiten schildert wie zum Beispiel den Umgang der Freundin mit dem erst nach Matthias’ Tod gelieferten Fahrrad. Tragisch fast, wie der Verlust des immer von allem begeisterten Matthias bei Teilen seiner Angehörigen eine solche Lücke reißt, dass sie sich nicht nur in ihrer Trauer verlieren, sondern sich voneinander abkapseln statt sich zur Seite zu stehen. Jeder trauert für sich allein, keiner ist dem anderen eine Stütze, die Sprachlosigkeit zieht sich durch viele Seiten.
Versöhnlich dann jedoch der Schluss; es bleibt zu hoffen, dass aus dem Silberstreif am Horizont etwas Gutes erwächst.

Mein Fazit:
Sehr traurig, sehr berührend, einfach gute Literatur

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Perfekt

Die Tochter – Deiner Vergangenheit entkommst du nicht!
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Zum Inhalt:
Kathi lebt mit ihrer Tochter Lucy mehr schlecht als gut im Dorf ihrer Kindheit. Ihre Familie hat eine dunkle Vergangenheit und Lucys Vater verschwand kurz vor der Hochzeit. Leider wird das ...

Zum Inhalt:
Kathi lebt mit ihrer Tochter Lucy mehr schlecht als gut im Dorf ihrer Kindheit. Ihre Familie hat eine dunkle Vergangenheit und Lucys Vater verschwand kurz vor der Hochzeit. Leider wird das Misstrauen gegenüber Kathi auch auf ihre Tochter übertragen und Lucy wird immer stiller. Kathi versucht, die Situation zu verbessern und bekommt dabei Schützenhilfe von Jennifer, die gerade erst in das Dorf gezogen ist und reich geheiratet hat.
Als plötzlich ein Kind verschwindet, zeigen sich die Abgründe in der ehrenwerten Dorfgemeinschaft, - und Kathi ist mittendrin.

Mein Eindruck:
Es ist beeindruckend, was Rose Klay aus ihrer Idee gemacht hat; dass es sich um ein Debüt handelt, ist kaum zu glauben. Sehr geschickt baut sie auf ihren Prolog auf, der trotz genauer Beschreibung sein Geheimnis erst kurz vor dem Ende des Buches enthüllt. Die Gefühle ihrer Personen – insbesondere die der Protagonistin – sind wunderbar beschrieben, ohne zu blumig ins Absurde abzudriften. Doch nicht nur die Menschen besitzen Tiefe, auch die Umgebung hat ihren Reiz, - egal ob die Düsternis verfallener Gebäude, schicke Villen oder die schäbige Wohnung Kathis. Gut gefällt insbesondere die Figur eines Nebencharakters mit Einschränkungen, die so differenziert ausgearbeitet ist, dass Kathi selber an deren Gutmütigkeit zweifelt.
Klay schreibt mitreißend und hält ihren Spannungsbogen konstant straff; kleinere Mängel im Stil sind dadurch Nebensache und werden gerne überlesen. Ihre glaubwürdigen Charaktere agieren stringent, es macht Spaß, wenn offene Fragen (selbst die, die man gar nicht so schnell gestellt hat) ihre Antworten im Verlauf der Geschichte finden. Die Aufklärung ist für geübte Thriller-Leser ein klein wenig vorhersehbar, das Buch punktet trotzdem mit einer sehr guten Nebenhandlung und einem sympathischen Epilog.

Mein Fazit:
Ich wünsche mir mehr von dieser Autorin, gerne auch bald

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Veröffentlicht am 15.02.2020

Geschickt konstruiert

Doggerland. Tiefer Fall (Ein Doggerland-Krimi 2)
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Zum Inhalt:
Eigentlich ist Karen noch krank. Als jedoch ein fragwürdiger Todesfall zu Weihnachten auf einer nördlichen Insel Doggerlands passiert und ihr Chef verzweifelt nach einem Kriminalbeamten sucht, ...

Zum Inhalt:
Eigentlich ist Karen noch krank. Als jedoch ein fragwürdiger Todesfall zu Weihnachten auf einer nördlichen Insel Doggerlands passiert und ihr Chef verzweifelt nach einem Kriminalbeamten sucht, der sich diesem annehmen kann, willigt sie gerne ein, - schon, um dem Weihnachtstrubel zu entkommen. Ein emeritierter Lehrer ist von einer Klippe in den Tod gestürzt und die Suche nach Motiv und Täter gestalten sich schwierig. Deshalb forscht Karen in der Vergangenheit und stellt fest, dass Blut dicker ist als Wasser und weit zurückreichende Taten immer noch die Gegenwart beeinflussen können.

Mein Eindruck:
Zum zweiten Mal lässt Maria Adolfsson Karen Eiken Hornby auf Doggerland ermitteln, einer fiktiven Inselgruppe zwischen Großbritannien und Skandinavien. Das macht einerseits Spaß, da sie munter Gegenden erfindet, in denen sie ihre zuweilen kauzigen Bewohner ansiedeln kann, andererseits wird ihr niemand irgendwelche Fehler der Geografie, Geologie oder Geschichte vorwerfen können. Und so kann sie sich ganz auf ihren Fall und die beteiligten Charaktere konzentrieren. Dass einige davon schon bekannt sind, wird so geschickt weitergesponnen, dass ein alter Leser seine Freude hat, ein neuer jedoch nicht verprellt wird; ein spoilern auf Band 1 findet nicht statt und auch ohne Kenntnis desselben ist der zweite Fall ein Genuss. Adolfsson unterfüttert ihre Geschichte mit genügend Fachwissen ohne zu komplexe Vorgänge zu schildern und unterhält ihre Leser damit sehr gut. Die verantwortliche Person wird von der Autorin mit so viel Geschick ausgestattet, dass nicht nur Karen, sondern auch gewiefte Krimileser lange im Dunkeln tappen. Ihr Setting ist gelungen (rau und unwirtlich, - der wärmende Whisky kommt sehr gelegen), die privaten Anteile wirken nicht erzwungen sondern wahrhaftig und gehen an Herz und Nieren.
Da ein Teil von Karens Familie zumindest semi-kriminell ist, lässt noch auf einige Balance-Akte in weiteren Büchern hoffen, - der in „Tiefer Fall“ war auf jeden Fall gut gelöst.


Mein Fazit:
Interessanter als Teil 1 – gerne mehr von den Inseln

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