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Veröffentlicht am 25.04.2020

American dirt

American Dirt
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Eben noch war es ein fröhliches Familienfest, jetzt sind Lydia und ihr 8jähiger Sohn Luca die einzigen Überlebenden eines brutalen Mordanschlags. Ihr Mann hat sich durch seine Arbeit als Journalist ins ...

Eben noch war es ein fröhliches Familienfest, jetzt sind Lydia und ihr 8jähiger Sohn Luca die einzigen Überlebenden eines brutalen Mordanschlags. Ihr Mann hat sich durch seine Arbeit als Journalist ins Visier des beherrschenden Kartells in Acapulco gebracht, jetzt musste die ganze Familie einen blutigen Preis zahlen. Lydia und Luca fliehen, nur mit dem was sie am Leib tragen. Nach Norden geht es. Die USA sind das Ziel. Doch der Weg ist weit und gefährlich.
Jeanine Cummins Roman zeigt auf erschreckende Art und Weise wie schnell die eigene kleine Welt doch aus den Fugen geraten kann. Zwar war sich die kleine Familie der Gefahr durchaus bewusst, aber wirklich damit gerechnet hat niemand. Lydia wächst jetzt über sich hinaus, einfach weil sie es muss. Ich finde ihre Figur sehr realistisch gezeichnet, ihre Angst und Verzweiflung wirken genauso echt wie die Liebe zu ihrem Sohn Luca. Mich hat manchmal gestört, dass Lucas Gedanken oft viel zu erwachsen sind, schließlich ist er erst 8 Jahre alt. Natürlich verändert sich ein Kind in so einer besonderen Situation, trotzdem wirkte es nicht ganz stimmig auf mich. Auch die anderen Protagonisten agieren sehr realitätsnah, und so wird die Reise nach Norden nicht nur gefährlich, sondern bringt einen immer wieder auch ins Grübeln. Die Thematik ist brandaktuell, und Cummins‘ Roman auch ein politisches Statement. Ihre Sprache ist ebenso eindringlich wie ihre Handlung erschütternd ist. Ich fand „American dirt“ bis auf wenige Abstriche sehr gelungen, und bin auch auf die Verfilmung gespannt.

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Veröffentlicht am 28.03.2020

Spannender Abschied von Kraken

Die Herren der Zeit
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Eigentlich wollte Unai nur zu einer Lesung gehen, der aktuelle Bestseller „Die Herren der Zeit“ hatte ihn wie so viele andere auch gefesselt. Der geheimnisvolle Autor des Romans taucht nicht auf, dafür ...

Eigentlich wollte Unai nur zu einer Lesung gehen, der aktuelle Bestseller „Die Herren der Zeit“ hatte ihn wie so viele andere auch gefesselt. Der geheimnisvolle Autor des Romans taucht nicht auf, dafür aber eine Leiche in den Waschräumen. Unai erkennt den Modus operandi sehr schnell; wird er doch im Roman aufs Genaueste beschrieben. Doch der Mörder ist noch nicht am Ende.
„Die Herren der Zeit“ ist der Abschluss der Trilogie über die weiße Stadt Vitoria. Ein gelungener Abschluss, den man aber mit einem weinenden Auge zuklappt, denn Unai und seine Truppe habe ich wirklich gerne bei ihren Ermittlungen begleitet, und hätte gerne noch mehr von ihnen gelesen. Die Handlung spielt dieses Mal auf zwei Zeitebenen: einmal die aktuellen Ereignisse in Vitoria 2019, zum anderen bekommt man Auszüge aus dem fiktiven Bestseller zu lesen, der um 1200 spielt. Trotzdem greifen die beiden Handlungsstränge gut ineinander. Die Autorin vermag es ganz hervorragend historische Fakten, Sehenswürdigkeiten und Eigenheiten von Vitoria wie selbstverständlich einfließen zu lassen. Ich mag ihren Erzählstil sehr gerne, auch wenn manche Dialoge etwas holprig geraten sind; was natürlich auch an der Übersetzung liegen mag. Trotzdem nimmt einen das Geschehen schnell mit, und so fallen die kleinen Unstimmigkeiten kaum ins Gewicht. Die Handlung ist raffiniert konstruiert, vorhersehbar ist kaum etwas und so tappt man lange im Dunkeln. Ich mochte diesen Thriller sehr, und hoffe trotz allem auf ein Wiedersehen mit Kraken & Co.

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Ein wenig Glaube

Ein wenig Glaube
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Lyle liebt seine Tochter Shiloh und seinen Enkel sehr. Der kleine Isaac unternimmt gerne etwas mit seinem Opa, egal, ob er mit ihm im Garten Limonade trinkt, oder ihn zu seiner Arbeit auf der Obstplantage ...

Lyle liebt seine Tochter Shiloh und seinen Enkel sehr. Der kleine Isaac unternimmt gerne etwas mit seinem Opa, egal, ob er mit ihm im Garten Limonade trinkt, oder ihn zu seiner Arbeit auf der Obstplantage begleitet. Doch Shiloh entfremdet sich immer mehr von ihrer Familie, findet einen neuen Lebensmittelpunkt in einer zweifelhaften Kirche. Sie entgleitet ihren Eltern, will mit dem Enkel schließlich ausziehen; und bringt diesen dadurch in Gefahr. Peg und Lyle stehen dem machtlos gegenüber.
Nickolas Butler hat sich von dem traurigen Fall der kleinen Madeline Kara Neumann zu diesem Roman inspirieren lassen und zeigt auf erschreckende Weise, wohin der (Irr-)glaube Menschen führen kann. „Ein wenig Glaube“ ist ein Roman der ganzen leisen Töne, dafür umso eindringlicher. Lyles Ohnmacht, seine Angst und Zweifel wirken sehr intensiv im Leser nach. Er scheint in einer ausweglosen Situation zu sein, einerseits will er Isaac helfen, andererseits verprellt er seine Tochter erst recht mit Kritik an ihrer Kirche. Eine Zwickmühle, aus der man nicht so leicht herauskommt. Butler beleuchtet die Situation aus allen Richtungen, nimmt sich Zeit, diese solide aufzubauen. Er geht mit dem Thema Glaube sehr feinfühlig um, verurteilt nicht, lässt dem Leser viel Zeit zum Nachdenken. Ich mochte seinen Erzählstil sehr, er ist gefühlvoll, aber nicht gefühlsduselig. Insgesamt kann ich den Roman nur jedem empfehlen, der sich auf ruhige, aber gehaltvolle Geschichten einlassen mag.

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Der etwas andere Priester

Priest of Bones
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Tomas ist zwar Priester, aber deswegen noch lange kein Chorknabe. Er hat im Krieg gekämpft, und versucht nun nach seiner Heimkehr seinen Besitz wiederzubekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder und den anderen ...

Tomas ist zwar Priester, aber deswegen noch lange kein Chorknabe. Er hat im Krieg gekämpft, und versucht nun nach seiner Heimkehr seinen Besitz wiederzubekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder und den anderen Pietyboys stellt er sich den übrigen Banden der Stadt im Kampf um Gasthäuser, Bordelle und Wettstuben.
„Priest of bones“ ist der erste Band einer Fantasyserie, die düster und rau daherkommt, aber trotzdem großen Spaß macht. Die Sprache ist oft deftig, das muss man schon abkönnen; ich fand es aber sehr passend. Die Beteiligten führen ein raues Leben und sind wirklich nicht zimperlich, da muss die Sprache auch entsprechend sein. Auch sonst fand ich den Erzählstil wirklich gut, Mclean hat mit Tomas einen tollen Erzähler gefunden. Den mochte ich sehr schnell, er ist gewitzt, durchsetzungsfähig, manchmal auch hart, hat aber im Kern ein gutes Herz; einen gesunden Humor hat er obendrein. Auch seine Mitstreiter, sei es Bloody Anne oder Ailsa sind gut ausgearbeitet und geben der Geschichte Ecken und Kanten. Prinzipiell fand ich die Handlung wirklich gut, Tomas hat mich schnell für sich eingenommen, und ich habe seine Abenteuer gespannt verfolgt. Leider trat die Handlung zwischenzeitlich doch etwas auf der Stelle, was der Begeisterung einen kleinen Dämpfer verpasst hat. Zudem war in diesem Fantasyroman bisher nur wenig Magie zu finden, da hatte ich eigentlich mit mehr gerechnet. Trotzdem gefallen mir die Pietyboys sehr, sodass ich nächsten Band bestimmt lesen werde.

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Veröffentlicht am 11.03.2020

Jessup

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
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Der Teenager Jessup führt ein geradezu vorbildliches Leben: in der Schule ist er mit der Beste, er spielt erfolgreich Football, unterstützt seine Mutter bei der Erziehung seiner kleinen Schwester, ist ...

Der Teenager Jessup führt ein geradezu vorbildliches Leben: in der Schule ist er mit der Beste, er spielt erfolgreich Football, unterstützt seine Mutter bei der Erziehung seiner kleinen Schwester, ist immer höflich, zuvorkommend und handelt immer überlegt. Doch trotzdem steht er unter Beobachtung, denn sein Stiefvater und sein älterer Bruder sitzen wegen Mordes an zwei Afroamerikanern im Gefängnis; beide sind Mitglied der Heiligen Kirche des Weißen Amerikas, in der nicht nur das Evangelium, sondern v.a. auch der Rassismus gepredigt wird. Jessup will damit nichts zu tun haben, wird aber trotzdem immer wieder in den Strudel des Hasses hineingezogen.

Zentner wurde durch einen rassistisch motivierten Anschlag auf sein Elternhaus zu diesem Roman inspiriert, man merkt dem Buch durchaus an, dass etwas Persönliches dahintersteckt. Trotzdem wirkt das Geschehen immer wieder sehr distanziert, ich musste mich erst ein wenig einlesen. Seitenweises Nacherzählen eines Footballspiels hat den Einstieg zusätzlich erschwert. Der Erzählstil per se ist relativ leicht, der Autor verwendet einfache Sätze, sodass sicherlich auch jüngere Leser angesprochen werden. Das fand ich sehr gut, handelt es sich doch um ein wichtiges Thema, das hier von allen Seiten beleuchtet wird. Zentner zeigt hier, dass es viele Facetten gibt, und gerade diese Punkte regen zum Nachdenken an. Jessups Stiefvater ist ein Vorzeigevater, würde er nicht seine rassistische Gesinnung pflegen. Auf der anderen Seite tauchen mehrere Afroamerikaner auf, die sich mitnichten vorbildlich verhalten. Idioten gibt es eben bei jeglicher Herkunft bzw. Gesinnung, und gerade das führt der Autor sehr gekonnt vor. Auch mit vielen Vorurteilen räumt Zentner auf, führt an Jessup vor, wie schwer man es hat, wenn man einmal in einer Schublade feststeckt. Überhaupt kann der einem nur leidtun, denn er kämpft auf verlorenem Posten, ist aber trotzdem nicht bereit aufzugeben. Das Buch macht trotzdem auch Hoffnung, immer wieder taucht der sprichwörtliche Streifen am Horizont auf. Mit dem Schluss der Geschichte war ich dann nicht ganz so zufrieden, wirkte vorher alles sehr realistisch, ging da dann wohl doch die schriftstellerische Fantasie etwas durch. Trotzdem habe ich den Roman ganz gerne gelesen, und will ihn gerade jüngeren Lesern ans Herz legen.

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