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Veröffentlicht am 22.03.2020

Ein wenig Glaube

Ein wenig Glaube
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Lyle liebt seine Tochter Shiloh und seinen Enkel sehr. Der kleine Isaac unternimmt gerne etwas mit seinem Opa, egal, ob er mit ihm im Garten Limonade trinkt, oder ihn zu seiner Arbeit auf der Obstplantage ...

Lyle liebt seine Tochter Shiloh und seinen Enkel sehr. Der kleine Isaac unternimmt gerne etwas mit seinem Opa, egal, ob er mit ihm im Garten Limonade trinkt, oder ihn zu seiner Arbeit auf der Obstplantage begleitet. Doch Shiloh entfremdet sich immer mehr von ihrer Familie, findet einen neuen Lebensmittelpunkt in einer zweifelhaften Kirche. Sie entgleitet ihren Eltern, will mit dem Enkel schließlich ausziehen; und bringt diesen dadurch in Gefahr. Peg und Lyle stehen dem machtlos gegenüber.
Nickolas Butler hat sich von dem traurigen Fall der kleinen Madeline Kara Neumann zu diesem Roman inspirieren lassen und zeigt auf erschreckende Weise, wohin der (Irr-)glaube Menschen führen kann. „Ein wenig Glaube“ ist ein Roman der ganzen leisen Töne, dafür umso eindringlicher. Lyles Ohnmacht, seine Angst und Zweifel wirken sehr intensiv im Leser nach. Er scheint in einer ausweglosen Situation zu sein, einerseits will er Isaac helfen, andererseits verprellt er seine Tochter erst recht mit Kritik an ihrer Kirche. Eine Zwickmühle, aus der man nicht so leicht herauskommt. Butler beleuchtet die Situation aus allen Richtungen, nimmt sich Zeit, diese solide aufzubauen. Er geht mit dem Thema Glaube sehr feinfühlig um, verurteilt nicht, lässt dem Leser viel Zeit zum Nachdenken. Ich mochte seinen Erzählstil sehr, er ist gefühlvoll, aber nicht gefühlsduselig. Insgesamt kann ich den Roman nur jedem empfehlen, der sich auf ruhige, aber gehaltvolle Geschichten einlassen mag.

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Der etwas andere Priester

Priest of Bones
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Tomas ist zwar Priester, aber deswegen noch lange kein Chorknabe. Er hat im Krieg gekämpft, und versucht nun nach seiner Heimkehr seinen Besitz wiederzubekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder und den anderen ...

Tomas ist zwar Priester, aber deswegen noch lange kein Chorknabe. Er hat im Krieg gekämpft, und versucht nun nach seiner Heimkehr seinen Besitz wiederzubekommen. Gemeinsam mit seinem Bruder und den anderen Pietyboys stellt er sich den übrigen Banden der Stadt im Kampf um Gasthäuser, Bordelle und Wettstuben.
„Priest of bones“ ist der erste Band einer Fantasyserie, die düster und rau daherkommt, aber trotzdem großen Spaß macht. Die Sprache ist oft deftig, das muss man schon abkönnen; ich fand es aber sehr passend. Die Beteiligten führen ein raues Leben und sind wirklich nicht zimperlich, da muss die Sprache auch entsprechend sein. Auch sonst fand ich den Erzählstil wirklich gut, Mclean hat mit Tomas einen tollen Erzähler gefunden. Den mochte ich sehr schnell, er ist gewitzt, durchsetzungsfähig, manchmal auch hart, hat aber im Kern ein gutes Herz; einen gesunden Humor hat er obendrein. Auch seine Mitstreiter, sei es Bloody Anne oder Ailsa sind gut ausgearbeitet und geben der Geschichte Ecken und Kanten. Prinzipiell fand ich die Handlung wirklich gut, Tomas hat mich schnell für sich eingenommen, und ich habe seine Abenteuer gespannt verfolgt. Leider trat die Handlung zwischenzeitlich doch etwas auf der Stelle, was der Begeisterung einen kleinen Dämpfer verpasst hat. Zudem war in diesem Fantasyroman bisher nur wenig Magie zu finden, da hatte ich eigentlich mit mehr gerechnet. Trotzdem gefallen mir die Pietyboys sehr, sodass ich nächsten Band bestimmt lesen werde.

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Veröffentlicht am 11.03.2020

Jessup

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
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Der Teenager Jessup führt ein geradezu vorbildliches Leben: in der Schule ist er mit der Beste, er spielt erfolgreich Football, unterstützt seine Mutter bei der Erziehung seiner kleinen Schwester, ist ...

Der Teenager Jessup führt ein geradezu vorbildliches Leben: in der Schule ist er mit der Beste, er spielt erfolgreich Football, unterstützt seine Mutter bei der Erziehung seiner kleinen Schwester, ist immer höflich, zuvorkommend und handelt immer überlegt. Doch trotzdem steht er unter Beobachtung, denn sein Stiefvater und sein älterer Bruder sitzen wegen Mordes an zwei Afroamerikanern im Gefängnis; beide sind Mitglied der Heiligen Kirche des Weißen Amerikas, in der nicht nur das Evangelium, sondern v.a. auch der Rassismus gepredigt wird. Jessup will damit nichts zu tun haben, wird aber trotzdem immer wieder in den Strudel des Hasses hineingezogen.

Zentner wurde durch einen rassistisch motivierten Anschlag auf sein Elternhaus zu diesem Roman inspiriert, man merkt dem Buch durchaus an, dass etwas Persönliches dahintersteckt. Trotzdem wirkt das Geschehen immer wieder sehr distanziert, ich musste mich erst ein wenig einlesen. Seitenweises Nacherzählen eines Footballspiels hat den Einstieg zusätzlich erschwert. Der Erzählstil per se ist relativ leicht, der Autor verwendet einfache Sätze, sodass sicherlich auch jüngere Leser angesprochen werden. Das fand ich sehr gut, handelt es sich doch um ein wichtiges Thema, das hier von allen Seiten beleuchtet wird. Zentner zeigt hier, dass es viele Facetten gibt, und gerade diese Punkte regen zum Nachdenken an. Jessups Stiefvater ist ein Vorzeigevater, würde er nicht seine rassistische Gesinnung pflegen. Auf der anderen Seite tauchen mehrere Afroamerikaner auf, die sich mitnichten vorbildlich verhalten. Idioten gibt es eben bei jeglicher Herkunft bzw. Gesinnung, und gerade das führt der Autor sehr gekonnt vor. Auch mit vielen Vorurteilen räumt Zentner auf, führt an Jessup vor, wie schwer man es hat, wenn man einmal in einer Schublade feststeckt. Überhaupt kann der einem nur leidtun, denn er kämpft auf verlorenem Posten, ist aber trotzdem nicht bereit aufzugeben. Das Buch macht trotzdem auch Hoffnung, immer wieder taucht der sprichwörtliche Streifen am Horizont auf. Mit dem Schluss der Geschichte war ich dann nicht ganz so zufrieden, wirkte vorher alles sehr realistisch, ging da dann wohl doch die schriftstellerische Fantasie etwas durch. Trotzdem habe ich den Roman ganz gerne gelesen, und will ihn gerade jüngeren Lesern ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 09.02.2020

Schweres Erbe

Der Ring des Lombarden
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Aleydis hat gerade ihren älteren und sanftmütigen Mann verloren. Doch sein Tod hinterlässt nicht nur Trauer, ein Geschäft, das geführt werden möchte und einen nicht gerade kleinen Reichtum, sondern auch ...

Aleydis hat gerade ihren älteren und sanftmütigen Mann verloren. Doch sein Tod hinterlässt nicht nur Trauer, ein Geschäft, das geführt werden möchte und einen nicht gerade kleinen Reichtum, sondern auch Zwielichtigeres. Die junge Frau muss erst einmal verdauen, dass ihr Mann der König der Unterwelt Kölns war. Doch nicht nur das, auf einmal wird seine Mörderin selbst Opfer eines Brandanschlags. Die Mörderin, deren Kinder Aleydis liebevoll aufziehen will. Aufregende Zeiten stehen bevor.

Ich mochte Aleydis schon im ersten Band, und so habe ich mich sehr auf ein Wiedersehen gefreut. Ihre freundliche Art und ihre Angewohnheit in jedem Mensch nur das Beste sehen zu wollen, machen sie einerseits natürlich sehr sympathisch, auf der anderen Seite kann das natürlich auch schnell ausgenutzt werden. Wie gut, dass auch in diesem Band Gewaltrichter van Cleve mit von der Partie ist, der ein Auge auf Aleydis hat. Rein beruflich gesehen natürlich ; ) Die kleinen Kabbeleien der beiden erheitern beim Lesen immer wieder, und seine meist besonnene, ruhige Art bilden einen guten Gegenpol zu Aleydis. Die erlebt wirklich turbulente Tage, immer wieder muss sie sich neuen Herausforderungen stellen, und man fiebert als Leser mit. Mit ihrer naiven Art handelt sie ab und an auch etwas blauäugig, was aber nie bestraft wird. Das freut mich einerseits, weil ich sie mag, andererseits wirkt es schon etwas unrealistisch. Ganz im Gegensatz zum Setting, das historische Köln wird mit all seinen Eigenheiten lebendig und greifbar gemacht. Dazu trägt natürlich auch der leichte und doch sehr bildhafte Erzählstil bei, der mir sehr gut gefallen hat. Insgesamt ist die Handlung rund, auch wenn am Ende immer noch einige Fragen offen bleiben (für meinen Geschmack hätte es etwas weniger Cliffhanger sein dürfen). Aber bis zum dritten Band dauert es ja zum Glück nicht mehr gar so lang, und ich werde auf jeden Fall wieder dabei sein, wenn Aleydis die Kölner Geschäftswelt unsicher macht.

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Veröffentlicht am 29.01.2020

Violets Suche nach dem Glück

Violet
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Violet Speedwell hat im großen Krieg ihren Verlobten verloren, ihren Bruder und kurz nach Kriegsende ihren Vater. Doch auch 14 Jahre später hat sie nicht recht ins Leben gefunden, lebt bei ihrer Mutter ...

Violet Speedwell hat im großen Krieg ihren Verlobten verloren, ihren Bruder und kurz nach Kriegsende ihren Vater. Doch auch 14 Jahre später hat sie nicht recht ins Leben gefunden, lebt bei ihrer Mutter und ist als Teil des „Frauenüberhangs“ immer noch unverheiratet. Mit 38! Doch dann wagt sie den Schritt in die Eigenständigkeit, zieht nach Winchester, sucht sich eine Arbeit. Und dann trifft sie auf die Stickerinnen, die die Kathedrale mit ihren Werken verzieren. Violet scheint endlich angekommen.

Violets Geschichte ist eine sehr ruhige, bedächtige Geschichte über eine sehr genügsame Frau, die aber doch auf der Suche nach ihrem ganz eigenen Stückchen Glück ist. Die Autorin versteht es sehr gut, Violets Gefühle, Wünsche und Träume dem Leser nahe zu bringen. Ihre Ansprüche sind geradezu erschreckend bescheiden, und trotzdem scheint ihr oft noch nicht einmal das vergönnt. Mit welcher Gelassenheit und Genügsamkeit sie immer zurücksteckt, ist schon bewundernswert. Trotzdem ist die Stimmung eher hoffnungsfroh, denn traurig oder deprimierend. Dazu tragen auch die Stickerinnen von Winchester bei, die Violet auffangen. Ich habe mit Handarbeit so gar nichts am Hut, trotzdem konnte mich die Autorin mit ihren detaillierten Beschreibungen der Stickereien begeistern. Überhaupt erzählt sie sehr lebensnah, die Atmosphäre ist sehr dicht und es bleibt viel Zeit für Land und Leute, ohne dass es langweilig würde. Die 30er Jahre werden lebendig und man steckt schnell mittendrin. Die Handlung ist wie Violet sehr ruhig, bleibt ohne echten Höhepunkt, trotzdem hat sie mich gefesselt. Ein schöner Roman.

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