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Veröffentlicht am 07.01.2017

Über das Leben nach dem Tod

Solange ich in deinem Herzen bin
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Der Mittdreißiger Will verunglückt tödlich. Das ist besonders tragisch, weil er seine sechsjährige Tochter Ella als Vollwaise zurücklässt, obwohl er ihr hoch und heilig versprochen hat, sie niemals zu ...

Der Mittdreißiger Will verunglückt tödlich. Das ist besonders tragisch, weil er seine sechsjährige Tochter Ella als Vollwaise zurücklässt, obwohl er ihr hoch und heilig versprochen hat, sie niemals zu verlassen. So ist es für ihn ein Glücksfall, als Geist bzw. Seele für weitere zwei Monate auf der Erde verbleiben zu können, um sich erst dann endgültig zwischen dem Übergang ins Paradies oder dem ewigen Verbleib auf der Erde als Seele entscheiden zu müssen. Bis dahin weicht Will nicht von Ellas Seite. Während es anfangs für ihn völlig klar ist, diesen Zustand aufrechtzuerhalten, gerät er nach und nach aufgrund der Ratschläge seiner Lotsin und anderer Seelen mehr und mehr in Zweifel, ob es nicht doch zu Ellas Bestem ist, sie loszulassen. Am Ende eröffnet sich ihm eine perfekte Lösung zugunsten Ellas.

Obwohl es in dieser Geschichte nur so von Schicksalsschlägen wimmelt, braucht sich niemand zu sorgen, bei der Lektüre in eine traurige Grundstimmung zu verfallen. Es gibt durchaus amüsante Passagen. Das Fesselnde ist natürlich, wie die Thematik des Lebens nach dem Tod dargestellt wird. Ob es ein solches gibt und wie es aussehen kann, weiß naturgemäß keiner von uns, wenngleich wir uns hierüber vielleicht schon Gedanken machen. Deshalb erscheint es nicht völlig abwegig, welches Bild uns der Autor zu vermitteln versucht. Das geschieht recht anschaulich. Sehr berührend ist das Vater-Tochter-Verhältnis aufbereitet, wenngleich es manchmal etwas fremd anmutet, mit welchen ernsten Themen die kleine Ella konfrontiert wird und wie erwachsen sie sich zuweilen gibt. Interessant ist auch, wie die Beziehungen der anderen Mitglieder von Wills Familie untereinander geschildert werden, die zusätzlich für Zündstoff sorgen.

Ein absolut lesenswertes Buch.

Veröffentlicht am 07.01.2017

Der ewige Traum vom Fliegen

Unsere Hälfte des Himmels
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Romane, die eine ausgewogene Mischung zwischen Familiengeschichte und Aufarbeitung geschichtlicher Themen enthalten, liebe ich. Und exakt diesem Muster entspricht das vorliegende Buch, so dass ich nach ...

Romane, die eine ausgewogene Mischung zwischen Familiengeschichte und Aufarbeitung geschichtlicher Themen enthalten, liebe ich. Und exakt diesem Muster entspricht das vorliegende Buch, so dass ich nach seiner Lektüre gänzlich zufrieden bin.
Der familiengeschichtliche Teil handelt davon, wie eine Frau (Lieselotte) erst im mittleren Alter und erst am Krankenbett der Mutter (Amelie) deren Vergangenheit nachspürt und auf diese Weise ein Verständnis davon erlangt, warum zwischen ihnen stets ein distanziertes Verhältnis bestanden und sich Lieselotte als ungeliebtes Kind gefühlt hat. Im historischen Teil geht es darum, wie Amelie Mitte der 30er Jahre gemeinsam mit ihrer Freundin Johanna ihren unbedingten Traum vom Fliegen als Beruf verwirklichen will, ihnen das aber durch die nationalsozialistische Ideologie verwehrt wird, nach der Frauen an den Kochtopf und nicht in den Himmel gehörten. Als Amelie und Johanna trotz aller Widrigkeiten ihr Ziel erreichen und sie sogar einen Ausbildungsplatz als Einflieger bei einem Flugzeughersteller erhalten, verliebt sich Amelie in den politisch im Widerstand engagierten Fluglehrer von Johanna – eine Liebe, die letztere als Verrat des Schwures der Freundinnen ansieht, nichts und niemand, insbesondere kein Mann, könne sie vom Fliegen abbringen, und die Johanna deshalb mit entsetzlichen Folgen manipuliert.

Der eine Teil spielt in der Gegenwart im Jahr 1971 und der andere Teil im Jahr 1935, beide im Wechsel. Allein schon die Darstellung der Geschichte des Frauenfliegens ist lesenswert und sehr informativ, war sie mir doch eigentlich völlig unbekannt mit Ausnahme vielleicht einiger Namen berühmter Pilotinnen. Interessante Hintergrundinformationen sind im Nachwort zusammengefasst. Sehr schön finde ich, dass den im Jahr 1935 angesiedelten Kapiteln Zitate berühmter Fliegerinnen vorangestellt sind, die häufig auf deren Motivation zum Fliegen eingehen. Vervollkommnet wird der geschichtliche Teil durch die Schilderungen von den Anfängen des Nationalsozialismus seit Hitlers Machtergreifung bis in die Zeit vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Der 36 Jahre später angesiedelte Teil zeichnet sich dadurch aus, wie eine Tochter ihre Mutter und deren Träume kennenlernt. Auch hier spielen geschichtliche Elemente eine Rolle, wenngleich sie andersartig sind. Es werden jetzt Themen angeschnitten wie das Verbot der Abtreibung und Demonstrationen der Frauen gegen § 218 StGB, die Rolle der Frau in der Ehe (Unterworfensein unter den Willen des Ehemannes, der ihr sogar die Aufnahme einer Arbeitsstelle verbieten konnte; das nach dem Schuldprinzip ausgestaltete Scheidungsrecht). An allem wird sichtbar, dass die Autorin gut recherchiert hat und die Geschichte der Frauenbewegung sowie die Aufarbeitung des Nationalsozialismus zu den von ihr bevorzugten Themen gehören, worauf auch im Klappentext hingewiesen wird.
Sprachlich eher einfach gestaltet, lässt sich das Buch gut und zügig lesen. Aufgefallen ist mir allerdings, dass einige Begriffe immer wieder aneinandergereiht werden und deshalb zuweilen etwas gestelzt klingen – z.B. ist bei Amelies ungeborenem Kind immer als von ihrem Sohn die Rede, obwohl das Kindsgeschlecht 1935 noch gar nicht bestimmbar war. Oder nach Johannas Verrat wird sie nur noch als Amelies „frühere Freundin“ bezeichnet. Ebenso gestoßen habe ich mich daran, dass alle Vorkommnisse in einen sehr engen zeitlichen Rahmen gepackt sind, was etwas realitätsfern wirkt. Das tut meiner absoluten Leseempfehlung aber keinen Abbruch.

Veröffentlicht am 01.01.2017

Das Trauma von Kindesverschleppung und -missbrauch aufarbeitender Psychothriller

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Dies ist ein wirklich spannender Psychothriller, in dem nichts so ist, wie es anfänglich scheint.

Margot ist Lehrerin an einer Elite-Schule in Cambridge und gibt nebenbei als Amy in der Kolumne einer ...

Dies ist ein wirklich spannender Psychothriller, in dem nichts so ist, wie es anfänglich scheint.

Margot ist Lehrerin an einer Elite-Schule in Cambridge und gibt nebenbei als Amy in der Kolumne einer Tageszeitung Lebensratschläge an Ratsuchende. Sie ist sehr verständnisvoll und kann sich gut in Leute hineinversetzen, vielleicht, weil sie ihr eigenes Päckchen an Problemen mit sich herumträgt – Panikattacken, Scheidung, die eigene Vergangenheit. Als sie unter dem üblichen Stapel von Leseranfragen den Brief eines seit nahezu zwanzig Jahren vermissten und längst für tot gehaltenen Mädchens (Bethan Avery) mit der Bitte um Hilfe findet, stürzt sie sich verbissen in den Fall, zumal seit kurzem eine ihrer Schülerinnen (Katie Browne) unter ähnlichen Umständen verschwunden ist. Unterstützung erfährt sie von einem Kriminologen, der die Echtheit des Briefes beweist.

Eingestreut sind gelegentlich aus der Perspektive von Katie geschriebene Kapitel, die in demselben dunklen Keller gefangen gehalten wird wie einst Bethan, vom selben psychopathischen Entführer. Viele schlimme Dinge geschehen dort mit ihr. Aber sie gibt niemals die Hoffnung auf, gerettet zu werden. Ob sie den Wettlauf mit der Zeit gewinnt, ist eine der entscheidenden Fragen neben denen, warum Bethan so lange Jahre kein Zeichen von sich gegeben hat und warum sie gerade Amy als Adressatin ihrer Hilferufe aussucht. Man lechzt geradezu nach Antworten. Im Laufe der Geschichte lernen wir Margot immer besser kennen und erfahren, dass das Leben sie schwer gezeichnet hat. Sie hilft anderen, weil sie selbst Hilfe braucht. Das psychologische Phänomen, das dahinter steckt, ist höchst interessant. Von Anfang bis Ende gibt es gelungene Wendungen. Nicht so sehr die Aufklärung der Vermisstenfälle rückt in den Vordergrund, sondern die Charaktere der Romanfiguren. Sehr berührend sind die angerissenen Themen Traumata und deren Verarbeitung, Entführung und Missbrauch von Mädchen. Der Autorin gelingt es gut, den Horror, dem Bethan und Katie ausgesetzt waren, nur anzudeuten und nicht zu sehr ins Detail zu gehen. Und trotzdem lassen sich ihre Qualen und Alpträume nachempfinden.

Das Buch empfehle ich Lesern von Psychothrillern, die in die Tiefe gehen.

Veröffentlicht am 30.12.2016

Mathematische Partnersuche

Ausgerechnet wir
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Die Autorin ist bekannt geworden durch ihre dreibändige Reihe rund um „Die Dienstagsfrauen“, von denen mich nur der erste Band überzeugen konnte. Umso zufriedener lässt mich das vorliegende Buch zurück. ...

Die Autorin ist bekannt geworden durch ihre dreibändige Reihe rund um „Die Dienstagsfrauen“, von denen mich nur der erste Band überzeugen konnte. Umso zufriedener lässt mich das vorliegende Buch zurück.
Protagonist ist nunmehr ein Mann, der 29jährige, eigenbrötlerische, mäßig erfolgreiche Unternehmensberater Tom. Zahlen sind sein Ein und Alles. Sein Single-Dasein hofft er über eine auf mathematischen Formeln basierende Datingseite zu beenden. Und tatsächlich wird ihm Lisa vermittelt, die Tom aufgrund 94 %iger Übereinstimmung als perfekte Frau erscheint. Nur stand leider ihre Mutter als Kupplerin dahinter. Fast schon resignierend, beherzigt Tom den Rat seines frauenverstehenden Ex-Schwagers, 28 Tage lang andere mit Geschenken zu beglücken, damit das Leben dann auch ihm Geschenke machen kann. Leider wird Toms Leben damit zusehends chaotischer. Lisa selbst begegnet Tom dann in einer Großbäckerei, die beide in Konkurrenz zueinander auf Vordermann bringen sollen. Ob er jetzt Lisa davon überzeugen kann, die Liebe seines Lebens zu sein?

Für mich ist das Buch Frauenliteratur vom Besten. Es ist kein schnulziger Liebesroman und untersucht auf ungewöhnliche Weise, ob es Liebe nach mathematischen Regeln geben kann. Das Ganze geschieht recht humorvoll. Überraschend ist, dass die als trocken geltende Mathematik für so manchen Lacher sorgt. Die Beschreibung von Tom als Zahlennerd sowie die vielen Zahlenspiele und Bezugnahmen auf die Mathematik sind einfach nur amüsant und nebenbei recht wissenswert. Z.B. schätzt Tom die Größe des Zimmers seines Vaters im Altenheim auf 4,4 mal 3,8 und auf ein Volumen von 38.456 Kubibmetern bei einer Deckenhöhe von 2 Meter 30 oder beschreibt er seinen Vater als den Mann, der die Familie vor 277 Monaten und 25 Tagen verlassen hat oder liest er aus seiner gefalteten Badehosenaufschrift 128√e980 I LOVE YOU. Gelungen ist das Ende der Geschichte, das natürlich ganz anders ist als erwartet.


Veröffentlicht am 13.12.2016

Neues aus dem chaotischen Familienleben der Bundschuhs

Ihr seid natürlich eingeladen
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Dem auf dem Buchrücken abgedruckten Kommentar der Zeitschrift „Bunte“ über das Buch – „Urkomisch!“ – kann ich nur beipflichten. Das Buch reiht sich an seine beiden Vorgänger aus der Serie der vor allem ...

Dem auf dem Buchrücken abgedruckten Kommentar der Zeitschrift „Bunte“ über das Buch – „Urkomisch!“ – kann ich nur beipflichten. Das Buch reiht sich an seine beiden Vorgänger aus der Serie der vor allem als Fernsehschauspielerin bekannten Autorin – „Von Erholung war nie die Rede“ und „Tief durchatmen, die Familie kommt“ -, kann aber ohne weiteres allein gelesen werden. Wiederum findet bei der Berliner Familie Bundschuh ein Familientreffen mit Mutter, Schwiegermutter, Bruder und Schwägerin statt, zu denen sich anlässlich der Hochzeit des Ältesten noch einige Mitglieder seiner künftigen Familie aus Amerika gesellen. Wie es denn bei solchen Familientreffen nicht selten ist, geraten alle Verwandten in den verschiedensten Konstellationen aneinander und beim Hochzeitsfest geht so manches in den Stadien von Vorbereitung bis Durchführung schief, woran auch noch die Nachbarn und Haushunde ihren Anteil haben. Das alles ist so amüsant geschrieben, dass man sich ein Dauerschmunzeln nicht verkneifen kann. Sicherlich, einiges ist überzogen dargestellt. Aber nichts ist so, als dass es nicht im wirklichen Leben auch passieren könnte und so wird der eine oder andere vielleicht Parallelen in seinem eigenen Familienleben finden.

Ohne Wenn und Aber fünf Sterne.