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Veröffentlicht am 08.07.2020

Ein Vater im freien Fall

Verschollen in Palma
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Mons Kallentofts Krimi-Reihen um Zack Herry und Malin Fors haben mich begeistert und auch „Verschollen in Palma“ hat mich nicht enttäuscht. Worum geht es?
Stockholm, 2015: Tim Blanck fährt seine 16-jährige ...

Mons Kallentofts Krimi-Reihen um Zack Herry und Malin Fors haben mich begeistert und auch „Verschollen in Palma“ hat mich nicht enttäuscht. Worum geht es?
Stockholm, 2015: Tim Blanck fährt seine 16-jährige Tochter Emme zum Flughafen. Sie will mit zwei Freundinnen Party auf Mallorca machen. Aber sie kehrt nie zurück. Überwachungskameras erfassen Emme als sie in den frühen Morgenstunden einen Nachtclub verlässt und im Dunkeln verschwindet.
Drei Jahre später: Die spanische Polizei hat die Ermittlungen eingestellt. Tim, ein ehemaliger Polizist, ist nach Palma de Mallorca gezogen, um die Suche nach seiner vermissten Tochter fortzusetzen, während seine Ex-Frau Rebecka in Stockholm bleibt. Um zu überleben, arbeitet Tim als Privatdetektiv.
Mons Kallentoft hat seinen Mallorca-Krimi atmosphärisch und mit viel Lokalkolorit in Szene gesetzt. Alle beschriebenen Orte existieren zwar auch im realen Palma, aber dies ist ihre dunkle Variante. Es geht um Drogen, Gewalt, Prostitution und Korruption. In einem ganz eigenen Stil schildert der Autor seine Geschichte. Spannend, keine Frage.
„Verschollen in Palma“ ist eine erschütternde Geschichte über Trauer und Verlust und der grenzenlosen Liebe eines Vaters zu seinem Kind. Nichtsdestotrotz bin ich mit Tim bis zum Schluss nicht warm geworden. Sein Handeln konnte ich oft nicht nachvollziehen. Aber auch die dunkelste Reise muss irgendwann zu Ende gehen…

Fazit: Mallorca Noir. Keine locker leichte Urlaubslektüre!

Veröffentlicht am 18.05.2020

MeToo ist überall

No Mercy. Rache ist weiblich
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Camilla Läckbergs Krimis aus Fjällbacka habe ich geliebt. Und auch „No Mercy. Rache ist weiblich“ hat mich nicht enttäuscht. Worum geht es?
Es geht um Missbrauch von Frauen in Schweden: Ingrid, Birgitta, ...


Camilla Läckbergs Krimis aus Fjällbacka habe ich geliebt. Und auch „No Mercy. Rache ist weiblich“ hat mich nicht enttäuscht. Worum geht es?
Es geht um Missbrauch von Frauen in Schweden: Ingrid, Birgitta, Viktoria. Drei unterschiedliche Frauen, ein gemeinsamer Nenner: Rache. Ingrids Mann betrügt sie, Birgittas Mann ist gewalttätig und Viktoria wird von ihrem Mann wie ein Haustier gehalten. In einem Internetforum suchen sie nach Gleichgesinnten und schmieden einen perfiden Plan.
Camilla Läckberg hat eine durchaus spannende Geschichte geschrieben, in der nichts ist, wie es scheint, auch, wenn die Idee nicht neu ist. Wechselnde Perspektiven aus Sicht von Ingrid, Birgitta und Viktoria sorgen für Dynamik. „No Mercy“ ist ein kleines, feines Buch voller Wendungen bis zum überraschenden Ende. MeToo ist überall.

Fazit: Nicht schlecht. Hat frau aber so oder so ähnlich schon einmal gelesen.

Veröffentlicht am 14.05.2020

Starker Tobak

#CrashTag
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Steve McQueen und Ali MacGraw in Getaway, das ist lange her. Doch worum geht es in „#CrashTag: Autonom. Fahren. Tödlich.“ von Martin Brückner?
Ein alter Lamborghini verunglückt auf dem Expressway in Bangkok. ...


Steve McQueen und Ali MacGraw in Getaway, das ist lange her. Doch worum geht es in „#CrashTag: Autonom. Fahren. Tödlich.“ von Martin Brückner?
Ein alter Lamborghini verunglückt auf dem Expressway in Bangkok. Der Tank explodiert. Die Insassen sterben. Ein Unfall? Kurz darauf an der Côte d'Azur zerschellt ein Porsche-Oldtimer in den Klippen. Der Fahrer verbrennt. Zufall?
Frankfurt am Main in der nahen Zukunft: Reporter Fritz Graber hat eine Schwäche für alte Autos. Deshalb hängt er auch gerne bei crashtag ab, „eine Website, auf der ausgebrannte Luxusautos und deren Insassen in allen Graden der Verstümmelung ausgestellt werden“.
Graber wittert den ultimativen Scoop, den er so dringend braucht. Und so führen ihn seine Recherchen neben Frankreich auch nach Thailand und Vietnam. Es geht um Geld und Macht. Bösewichte, die keinerlei Skrupel kennen und auch vor Mord nicht zurückschrecken.
Um es gleich zu sagen, das Buch hätte ein besseres Lektorat verdient. Auf der Rückseite heißt die Asiatin „Grace“, innen dann Gloria. Seite 258: Frankfurt liegt am Main. Somit kann das Orange Beach im Gutleutviertel nicht unterhalb einer „Rhein-Neckar-Brücke“ liegen.
Dem starken Anfang folgt ein schwacher Mittelteil. Ständige Wiederholungen gehen zu Lasten der Spannung. Alte Männer, alte Autos, bisschen Hightech, bisschen Watergate. Viel Marketing-Sprech und flapsige Sprüche.
Die Figurenzeichnung ist gelungen. Grabers Freunde Marie und Titus kommen sympathisch rüber. Nur mit ihm selbst bin ich bis zum Schluss nicht wirklich warm geworden. Ein Unsympath, ein Kotzbrocken. Am Ende mutiert er gar zu Supermann, glaubwürdig ist das nicht.

Fazit: Mehr alte Autos als autonomes Fahren. Nichtsdestotrotz kurzweilige Unterhaltung.

Veröffentlicht am 01.05.2020

Düster und beklemmend

Das Tor
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Lange Warteschlangen, maskierte Gesichter, kein Vorwärtskommen. In Tagen wie diese, bekommt „Das Tor“ der ägyptischen Autorin Basma Abdel Aziz eine erschreckend reale Bedeutung. Worum geht es?
Seit der ...


Lange Warteschlangen, maskierte Gesichter, kein Vorwärtskommen. In Tagen wie diese, bekommt „Das Tor“ der ägyptischen Autorin Basma Abdel Aziz eine erschreckend reale Bedeutung. Worum geht es?
Seit der mit Gewalt niedergeschlagenen Revolution brauchen die Bürger eines nicht genannten arabischen Landes für jede Kleinigkeit die Genehmigung des Staates. Um die zu erhalten, müssen sie sich vor einem riesigen Tor anstellen. Die Schlange der Menschen, die in der Hitze warten, wird länger und länger, ihre Verzweiflung immer größer. Und doch will keiner von ihnen die Hoffnung aufgeben, dass sich das Tor eines Tages öffnen wird.
Auch Yahya reiht sich mit einer blutenden Wunde in die Schlange ein. Denn er trägt eine „staatliche Kugel“ im Körper. Zum Extrahieren und Entfernen der Kugel braucht er eine Genehmigung. Angeschossen wurde Yahya bei Zusammenstößen von Sicherheitskräften und Demonstranten. Yahya ist damit gleichzeitig Kronzeuge und Beweisstück der sogenannten „Schändlichen Ereignisse“, die laut Regierung nie stattfanden.
Basma Abdel Aziz zeichnet in ihrer Dystopie das Bild eines Regimes, in der die Bürokratie und absurde Unterweisungen die Menschen zermürbt. Anhand von diversen Einzelschicksalen schildert die Autorin die Gedanken und Gefühle der Menschen, deren Freiheiten immer mehr eingeschränkt werden sowie die fortschreitende Radikalisierung des islamischen Fundamentalismus.
Mich hat die Geschichte sofort an Ägypten erinnert. 2011: Der Arabische Frühling. Sommer 2012: Mubarak gestürzt, Mursi zum Präsidenten gewählt. Dann 2013 der Militärputsch von as-Sisi. Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen. Auch, wenn mich das Ende etwas zwiespältig zurücklässt.

Fazit: Düstere Vision über Macht und Kontrolle eines fiktiven totalitären Staates. Erschreckend real.

Veröffentlicht am 19.04.2020

Sommer, Sonne, Sonnenschein?

Mitten im August
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„Mitten im August“ ist der Auftakt einer neuen Krimiserie um den Insel-Polizisten Enrico Rizzi und seine Kollegin Antonia Cirillo. Capri, der ideale Ort, um Arbeit mit unnachahmlichem Urlaubsfeeling zu ...


„Mitten im August“ ist der Auftakt einer neuen Krimiserie um den Insel-Polizisten Enrico Rizzi und seine Kollegin Antonia Cirillo. Capri, der ideale Ort, um Arbeit mit unnachahmlichem Urlaubsfeeling zu verbinden? Die Idylle trügt! Das Verbrechen macht keinen Urlaub und kennt kein Sommerloch, sondern schlägt gnadenlos zu.
Mitten im August wird ein junger Mann in einem Ruderboot tot aufgefunden. Schon bald ist klar, es handelt sich um Jack Milani, Student der Ozeanologie und Sohn reicher Eltern aus dem Norden. Von seiner Freundin Sofia fehlt jede Spur. Rizzi und Cirillo ermitteln. Jede Menge Verdächtige, aber weit und breit kein Motiv…
Luca Ventura hat seinen Capri-Krimi atmosphärisch mit viel Lokalkolorit in Szene gesetzt. Wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik. Ab und zu sind Rückblenden in die Vergangenheit eingestreut. Neben dem Kriminalfall geht es auch um Umweltschutz.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Rizzi und Cirillo, die sich noch zusammenraufen müssen, sind mir sofort ans Herz gewachsen. Beide kämpfen mit den Dämonen der Vergangenheit. Das Privatleben der Protagonisten nimmt viel Raum ein.
Am Ende ist alles stimmig aufgelöst. Ein durchaus spannender und tiefgründiger Krimi mit vielen falschen Fährten. Ich habe ich mich gut unterhalten gefühlt und freue mich schon heute auf den zweiten Fall für Rizzi & Cirillo, der bereits in Arbeit sein soll.

Fazit: Mit diesem Capri-Krimi kommen Bella Italia und ein wenig Dolce Vita zu uns nach Hause. Perfekt!