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Veröffentlicht am 02.08.2020

Hinreißend

Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht
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Ein aufgelockertes Cover in weiß, pink und schwarz mit unterschiedlichen Schriften lädt dazu ein, das Buch in die Hand zu nehmen.

Schon der Titel macht neugierig. "Je größer der Dachschaden, desto besser ...

Ein aufgelockertes Cover in weiß, pink und schwarz mit unterschiedlichen Schriften lädt dazu ein, das Buch in die Hand zu nehmen.

Schon der Titel macht neugierig. "Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht" - Das kann ja nur gut werden, bei diesem Motto. Dann mal los:
Nell lebte 10 Jahre in Amerika, 5 davon mit ihrem amerikanischem Verlobten. Diese Verlobung ging in die Brüche, ebenso wie ihr gemeinsames Lesecafe.

Sie zieht wieder zurück nach England, erstmal aufs Land zu ihren Eltern. Dort bemerkt sie, dass auch hier das Leben weiterging. Ihr Kinderzimmer wird regelmäßig als Fremdenzimmer vermietet. An ihrem 40. Geburtstag bricht sie in eben diesem Zimmer zusammen und stellt fest, ihre gesamt Lebensplanung wurde über den Haufen geworfen. Sie ist eine Versagerin!

Sie zieht nach London, wo sie in einer Wohnung ein Zimmer mietet, mit dessen Vermieter, ihrem Mitbewohner, sie sich arrangieren kann. Es geht ja auch nicht anders, denn für mehr hat sie kein Geld.

Nell hat schnell wieder Kontakt mit ihren Freundinnen, merkt allerdings, dass diese schon soviel erreicht haben, wovon sie nur träumen kann. Aber sie ist ja auch eine Versagerin! Über einen guten Bekannten kann die ehemalige Redakteurin jetzt zumindest Nachrufe schreiben. Gleich beim ersten lernt sie eine reizende über 80-jährige Dame kennen; aus der Bekanntschaft wird eine richtig tiefe Freundschaft.

Um sich alles von der Seele zu reden, hat Penelope (Nell) einen privaten Podcast gegründet "Bekenntnisse - Eine Versagerin über 40 packt aus". Sie ist halt pragmatisch und meint, das ist billiger als zum Therapeuten zu gehen. Ganz wichtig ist es, am Ende eines Abschnittes dieses Podcasts aufzuzählen, wofür sie dankbar ist. Ob ihr jemand zurört, ist erstmal zweitrangig.

Die Autorin Alexandra Potter hat eine den Leser mitreißende Art, uns mit durch dieses Jahr von Nell zu führen, ihre Sicht zu teilen und ihre Höhen und Tiefen mitzuerleben. Sie hat kaum etwas ausgelassen. Die wichtigste Botschaft ist: nicht den Humor zu verlieren und ehrlich zu sich selbst zu sein! Es wird aus Nells Sicht in der Ich-Form erzählt (wie es sich für einen Podcast gehört), die Zuhörer - und wir Leser werden gesiezt.

Der Roman begeistert, nicht zuletzt durch den packenden Witz, der zwischen den Zeilen lauert. Eins sei gesagt, gäbe es diesen Podcast und ich fände ihn, würde ich ihn abonnieren!

Ein herrliches Buch, das unbedingt 6 Sterne auf den einschlägigen Internetseiten verdient, auch wenn nur 5 vorgesehen sind.

Übersetzt wurde das Buch von Karolin Viseneber. Der Roman wird im Verlag Piper veröffentlicht und ist erhältlich als e-Book, Hörbüch und broschiert.

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Veröffentlicht am 25.07.2020

Überwältigend!

Und am Ende werden wir frei sein
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Ein helles Cover - zwei Frauen gehen durch einen großen Eingang, hinter ihnen hohe Häuser. Vor ihnen ist ein Gitter angedeutet.
Mittig lesen wir den Namen der Autorin Martha Hall Kelly, darunter den Titel ...

Ein helles Cover - zwei Frauen gehen durch einen großen Eingang, hinter ihnen hohe Häuser. Vor ihnen ist ein Gitter angedeutet.
Mittig lesen wir den Namen der Autorin Martha Hall Kelly, darunter den Titel "Und am Ende werden wir frei sein" und quer den Namen des Verlages LIMES.

Der Roman gibt Ereignisse vor, im und nach dem zweiten Weltkrieg wieder. Diesmal aus der Sicht dreier Frauen. - Da ist die New Yorkerin Caroline Ferriday, die im Konsulat arbeitet und deren ganzes Herz für vernachlässigte Menschen schlägt. So sammelt sie u.a. Gelder für Waisenhäuser, ihre Mutter näht für die Kinder and andere arme Menschen und sie versetzen ihr Silber, um zu helfen.

Die Polin Kasia hilft im Widerstand, als die deutschen Truppen in ihrem Dorf bei Lublin einmaschieren. Sie und ihre Familie bis auf den Vater werden ins Lager Ravensbrück verbracht, in dem nur Frauen untergebracht sind.

Die Düsseldorferin Herta Oberheuser tut alles, um Ärztin zu werden, auch wenn sie für die Finanzierung ihres Studiums so einiges über sich ergehen lassen muss. Dann bekommt sie ein mysteriöses Angebot für eine Anstellung in einem Lager. Sie greift beherzt zu.

Der Roman wird aus der Sicht der drei Frauen jeweils in der Ich-Form erzählt. Man kann sich in alle drei Frauen hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Lediglich bei der Ärztin fiel mir das schwer, doch das liegt wohl daran, dass ich niemals verstehen kann, wie so etwas seinerzeit geschehen konnte. Wie verbohrt und stur kann ein Mensch sein, dies alles guten Glaubens mitzumachen!

Mitten im Roman hab ich nachgesehen, ob es einige der angeführten Menschen gab, denn allzu sehr hat mich das alles mitgenommen. Ja, die Handlung ist auf Tatsachen aufgebaut, so gab es den Arzt in Ravensbrück, die Ärztin Oberheuser und - ganz wichtig - Caroline Ferriday tatsächlich. Ihr haben wir es wohl auch zu verdanken, dass die Autorin Martha Hall Kelly das Buch geschrieben hat. Denn sie interessierte sich für diese Frau und ihre Geschichte. Eine Geschichte, die nicht nach dem Krieg aufhört. Denn die Wege der drei Frauen werden sich nach dem Krieg kreuzen.

Das Buch lässt mich nicht los, ich habe Freunden davon erzählt, wie wunderbar es recherchiert ist, wie sehr es mitreisst. Und ich habe meine Rezension erst nach gut zwei Wochen schreiben können, so sehr war ich noch in der Handlung verhaftet. Ganz toll finde ich, dass die Zeit nach dem Krieg mit einbezogen wird. Aber sonst hätte Caroline ja auch keinen Bezug zu den anderen haben können.

Die Autorin schreibt in ihren Anmerkungen, dass sie die Schauplätze der Geschehen aufgesucht hat. Zugleich hat sie Karten hinten im Buch angefügt und Bilder veröffentlicht.

Diesen Roman kann ich nur weiterempfehlen! Er bekommt von mir die höchste Bewertung.

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Veröffentlicht am 15.07.2020

Ein wunderbares Buch über das Leben

Sieben Richtige
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Das Cover ist rosafarben - auch wenn das Leben nicht immer rosarot ist. Von oben nach unten wird das hellpinkfarbene Cover von Kritzeleien unterbrochen. Oben lesen wir in dunkelblau den Namen des Autors ...

Das Cover ist rosafarben - auch wenn das Leben nicht immer rosarot ist. Von oben nach unten wird das hellpinkfarbene Cover von Kritzeleien unterbrochen. Oben lesen wir in dunkelblau den Namen des Autors Volker Jarck, darunter ist ein gezeichneter kleiner Elefant. Und darunter wiederum folgt der Titel des Buches "Sieben Richtige".

Ein Roman über verschiedene Menschen, die irgendwie miteinander zu tun haben. Es geht zu weit, über die einzelnen Protagonisten hier mehr zu sagen, als das nun Folgende, auch wenn das Buch überwiegend von ihnen handelt. Ein kleines Mädchen wird auf seinem Rädchen überfahren. In Rom trennen sich zwei junge deutsche Menschen, die dachten, jetzt sei der rechte Zeitpunkt für eine Gemeinsamkeit. Ein Vater reist aus Amerika zurück zu seiner an Krebs erkrankten, von ihm getrennt lebenden Frau, die ihn aber gar nicht bei sich haben will. Eine Frau trifft ihren ehemaligen Lebensgefährten wieder. - Die Weichen für die Zukunft sind gelegt.

Volker Jarck besitzt die Gabe, in 1-2 Sätzen zu beschreiben, wofür andere mehrere Kapitel benötigen. Das Buch ist unterhaltsam und fesselt ungemein, zumal der Autor ein begnadeter Jongleur der deutschen Sprache ist. Kein Satz des Romans ist überflüssig. Er versteht es, in der richtigen Abfolge zu erzählen und die Protagonisten zu verbinden. (Wobei ich so das Gefühl habe, in einem seiner Protagonisten autobiographische Züge zu erkennen.)

Dies ist ein wunderbares Buch über das Leben im Besonderen und wie es sich entwickelt, ohne dass wir etwas daran ändern können. - Ich persönlich bin begeistert von diesem Roman, aber ganz speziell von diesem Autoren, der so wunderbar mit der deutschen Sprache umgeht.

Der Roman erscheint am 12.08.2020 im S. FISCHER Verlag. Ich durfte es vorab über Jellybooks lesen, was aber meine Bewertung in keiner Weise beeinflusste.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Auch eine Dynastie hat ihre Probleme

Das goldene Palais
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Cover: Wir sehen eine junge dunkelhaarige Frau im grünen Abendkleid, die inmitten eines großen Gartens steht, hinter ihr ist ein großes Gebäude zu sehen, links oben auf dem Cover Flugzeuge - es ist nicht ...

Cover: Wir sehen eine junge dunkelhaarige Frau im grünen Abendkleid, die inmitten eines großen Gartens steht, hinter ihr ist ein großes Gebäude zu sehen, links oben auf dem Cover Flugzeuge - es ist nicht ersichtlich, ob es sich um Kriegsflugzeuge handelt. Mittig in weißen Lettern der Titel des Romans "DAS GOLDENE PALAIS", ganz unten in goldener Schrift der Name der Autorin Natasha Solomons.

1910: Die große Bankendynastie Goldbaum besteht aus einer weitverzweigten jüdische Familie, die über das gesamte Europa verteilt ist. Große Geschäfte und Entscheidungen, die die politische Lage Europas betreffen, werden gemeinsam besprochen. Man bindet sich u.a. durch Eheschließungen aneinander. So wird beschlossen, dass die eigensinnige Tochter des österreichischen Hauses den jüngsten Nachkommen des englischen Zweigs heiraten soll.

Greta wird zunächst mit dem griesgrämigen Einzelgänger Albert so gar nicht warm. Unglücklich und mit Heimweh, besonders zu ihrem großen Bruder, versucht sie durch die einzelnen Tage zu kommen. Erst nach Intervertion ihres Schwagers, der bemerkt, wie es ihr geht, wird dies ihrer Schwiegermutter bewußt und diese hilft ihr durch einen Hinweis, eine Aufgabe zu finden.

Völlig unverhofft findet sie dennoch ihr großes privates Glück, wenn es auch eine längere Zeit dauert.

Vor diesem Hintergrund zeigen sich die Vorzeichen eines nahenden Krieges. Die Goldbaums wurden und werden weiterhin immer wieder von den europäischen Ländern um hohe Kredite gebeten und sind nunmehr ebenso als Finanziers der kriegerischen Länder wie auch politisch darin verwickelt.

Ich möchte wie immer nicht zuviel vom Inhalt preisgeben, doch eins sei gesagt: Natasha Solomons hat eine wunderbare Art, uns am damaligen Leben teilhaben zu lassen. Die Protagonisten erscheinen in der dritten Person Singular. Natürlich erleben wir ganz intensiv Gretas Leben, Entwicklung und Empfindungen mit. Der Roman endet Ende 1917.

Während des Lesens habe ich so manches Mal gedacht: welch eine Dekadenz! Ja, die Goldbaums hatten schon damals zu jeder Jahreszeit Obst jeglicher Sorte, riesige Gärten und Treibhäuser, Diener für jeden Schnickschnack; ihnen selbst ist offenbar ihr Lebensstil gar nicht bewusst. Dem gemeinen Volk ging es nicht gut. Es gab gar die sogenannten Kanaltrotter, die im Kanal unter dem Palais Goldbaum im Schlamm nach Knochenresten für die Seifensieder suchten und an der Küche nach Essensresten anstanden.

Insgesamt ein 605 Seiten umfassender Roman, den man unbedingt lesen sollte. Er wurde veröffentlicht im Verlag Kindler.

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Veröffentlicht am 01.05.2020

Hinreissende Begleitung einer Waage während ihres Daseins

Schwere Zeiten
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Das Cover ist in hellem Braun, um nicht zu sagen hautfarben, oben unüberlesbar der Titel "Schwere Zeiten - Bekenntnisse einer Waage", darunter ist eine solche in orange mit einem roten Teppich abgebildet. ...

Das Cover ist in hellem Braun, um nicht zu sagen hautfarben, oben unüberlesbar der Titel "Schwere Zeiten - Bekenntnisse einer Waage", darunter ist eine solche in orange mit einem roten Teppich abgebildet. Unter ihr lesen wir "Novelle" - eine solche ist es auch, sie hat einen Anfang und ein korrektes Ende.

Die nur 184 Seiten lange Erzählung handelt von der analogen Personenwaage Waagemuth, von ihrem Leben - ihrer - wie wir Menschen es nennen würden - Geburt in Halle 3, der Wiege der Waagen. Dort wird entschieden, was aus den Waagen wird, eine Briefwaage, Goldwaage, etc oder eben eine Personenwaage. Aus Waagemuth wurde nach längerer Zeit eine analoge Personenwaage. Aber er wurde zu einer Personenwaage mit Gemüt, er war oder wurde intelligent, er liebte Worte und Dichter und er machte so einiges durch in seinem Dasein als Personenwaage.

Ich möchte gar nicht viel erzählen, aber eins geb ich euch mit auf den Weg, Waagen haben sehr gute Ohren und feine Nasen. Bedenkt, was ihr von euch gebt, wenn ihr in der Nähe einer solchen seid; außerdem haben sie ein wunderbares Gedächtnis, sonst wäre es nicht zu diesem Buch gekommen. Warmherzig, zu Herzen gewhend, aber auch amüsant sind die Erlebnisse Waagemuths. Ich denke, diese spezielle Waage hat den Autoren Peter Futterschneider getroffen und ihm seine Geschichte erzählt.

Kurz, ich lege euch dieses Buch ans Herz, ihr werdet es nicht bereuen, es zu lesen. Von mir erhält dieser Roman 5 Sterne. Er wurde im Verlag Kelebek veröffentlicht.

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