Profilbild von tigercat

tigercat

Lesejury Star
offline

tigercat ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tigercat über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2020

Schatten der Welt

Schatten der Welt
0

Thorn 1910 zur Zeit von Preußens Glanz und Gloria sind Carl und Arthur die besten Freunde, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein können, während Carl Friedländer der Sohn des örtlichen Schneiders eher ...

Thorn 1910 zur Zeit von Preußens Glanz und Gloria sind Carl und Arthur die besten Freunde, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein können, während Carl Friedländer der Sohn des örtlichen Schneiders eher ruhig und sanftmütig ist Arthur Burwitz ein Hallodri, der nur Streiche im Kopf hat und sich kontinuierlich Ärger einhandelt, auch mit einem versoffenen Vater der verlangt das sein Sohn die Wagnerei übernimmt, aber Arthur hat andere Pläne. Als sie die aufmüpfige Isi (Luise) Beese, die Tochter des Lehrers kennenlernen sind die Teenager hingerissen von dem Mädchen. Gemeinsam schmieden sie Pläne für die Zukunft, nicht ahnend das nicht das Auftauchen des Halleyschen Kometen alles verändern wird, sondern der Große Krieg, der auch bald seine Schatten vorauswirft.

Mit dem Krieg endet das unbeschwerte Leben der drei unwiederbringlich, Carl und Anton werden eingezogen Isi bleibt in Thorn zurück.



Wir begleiten die drei über acht Jahre, Jahre voller Glück und Freundschaft aber auch voller Trauer, Leid und Tränen.

Wir erleben wie Isi einen Streik anzettelt und scheitert, Carl dreht Propaganda Filme, die Beschreibung einer Vorführung hat mir die Macht der Bilder in Zusammenhang mit den richtigen Worten, eindrücklich vor Augen geführt und es zeigt sich, das man auch früher schon versuchte die Menschen zu manipulieren. Arthur wird von Oberleutnant Falk Boysen auf ein Himmelfahrtkommando geschickt, der Spross einer Gutsbesitzerfamilie, die in Thorn die Geschicke der Menschen lenken und sich für den Nabel der halten, rächt sich damit an Arthur, für Dinge, die längst vergessen sein sollten im Angesicht des Grauens das die Welt beherrscht.



Ich habe schon einige Bücher von Andreas Izquierdo gelesen, seine humorvollen, tiefsinnigen Werke, wie Der Club der Traumtänzer, das Glücksbüro oder auch Apocalypsia eines der großartigsten Fantasywerke, das ich jemals gelesen habe. Um so gespannter war ich auf seinen, meines Wissens nach, ersten historischen Roman. Durch den gewohnt flüssigen und bildhaften Schreibstil des Autors, war ich von der ersten Seite an, direkt bei Carl, ich sah ihn mit seinem Vater bei einer Beerdigung oder bei den morgendlichen Ritualen, ich spürte die Trauer über das was verloren ging in seinem Vater und die Hoffnung auf das was kommt. Und dieses Gefühl des dabei seins hatte ich während des gesamten Buchs.

Ich wurde also nicht enttäuscht, außer in dem Moment als ich das Buch zum letzten Mal schloss, denn damit musste ich Isi, Carl und Arthur verlassen und darauf warten das ihre Geschichte weitererzählt wird. Wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, wird sie das und darauf freue ich mich schon jetzt sehr.

Ich vergebe für

Schatten der Welt : Das Licht der dunklen Tage eine absolute Leseempfehlung.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.07.2020

Vaters Wort und Mutters Liebe

Vaters Wort und Mutters Liebe
0

Ich verzichte auf eine Vorstellung der handelnden Personen, bei 14 Menschen, 14 Schicksalen würde das den Rahmen sprengen. Nina Wähä erzählt uns in ihrem Roman von diesen 14 Menschen, einer Familie die ...

Ich verzichte auf eine Vorstellung der handelnden Personen, bei 14 Menschen, 14 Schicksalen würde das den Rahmen sprengen. Nina Wähä erzählt uns in ihrem Roman von diesen 14 Menschen, einer Familie die im finnischen Tornedal einen Bauernhof bewirtschaftet, die Kinder leben in ständiger Angst vor dem immer unberechenbarer werdenden Vater Pentti und so haben die meisten von ihnen den Hof so bald wie möglich verlassen. Doch sie kehren immer wieder nach Hause zurück, zurück zu der unverbrüchlichen Liebe ihrer Mutter der sanften Siri und den Geschwistern, dem Rattenkönig, wie Annie die älteste Tochter ihre Geschwister Schar nennt.

Das Buch enthält gleich zu Beginn eine deutliche Warnung der Autorin, das es manchmal schwierig sein könnte der Geschichte zu folgen, da so viele Menschen ihren Anteil daran haben, aber sie versichert uns auch das sie uns durch die Zeilen führen wird.
Diese Führung war auch nötig, aber nicht so sehr wie ich nach ihren Zeilen befürchtet hatte. Ich fand mich recht schnell zurecht in dieser Familie. Die Autorin gibt jedem genug Raum, um ihn kennenzulernen. Vor allem konnte Nina Wähä mich gleich auf den ersten Seiten einfangen, als sie Annie erzählen lässt, der ältesten noch lebenden Tochter.
Ich wusste schon zu Beginn, das Vaters Wort und Mutters Liebe, nicht nur die Geschichte einer Familie mit all ihrer Tragik und Liebe ist, sondern auch die Geschichte eines Mordes und so fieberte ich als Krimifan natürlich auch der tieferen Auflösung entgegen.

544 Seiten, scheinen auf den ersten Blick viel zu sein, sehr viel, aber das Buch liest sich fast wie von selbst und die Seiten fliegen nur so dahin.

Die Autorin Nina Wähä wurde 1979 in Stockholm geboren. Sie war Schauspielerin und Leadsängerin der Indieband Lacrosse, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. 2007 debütierte sie mit dem Roman S som i syster (S wie in Schwester), drei Jahre später erschien Titta inte bakåt! (Schau nicht zurück!). Beide Romane wurden von der schwedischen Presse gefeiert. Nina Wähä lebt heute mit ihrer Familie in Stockholm.

Die Übersetzerin Antje Rieck-Blankenburg übersetzt aus den skandinavischen Sprachen und hat unter anderem Arne Dahl, Mats Strandberg und Fredrik Backman ins Deutsche übertragen. Sie lebt in Bühl und Frankfurt am Main.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2020

Puppenspiel

Puppenspiel
1

2040 hat sich das Leben grundlegend verändert, die Menschen sind vollständig und rund um die Uhr vernetzt, vieles im alltäglichen Leben wird von Technik bestimmt, bezahlt wird bargeldlos direkt am Tisch, ...

2040 hat sich das Leben grundlegend verändert, die Menschen sind vollständig und rund um die Uhr vernetzt, vieles im alltäglichen Leben wird von Technik bestimmt, bezahlt wird bargeldlos direkt am Tisch, Computerspiele werden in einer Virtuellen Realität gespielt, Smartphones von Datenbrillen abgelöst und sogar die Polizei arbeitet mit KI.
In dieser Welt ist der Rentner und Privatdetektiv Egidius Stahl ein lebender Anachronismus, er nutzt die moderne Technik, nur soweit es unbedingt sein muss und überlässt das Verständnis dafür seinen Mitarbeitern Bülent und Lizz.
Als die Detektei den scheinbar harmlosen Auftrag bekommt nach einer Katze zu suchen, die nach einem Einbruch verschwunden ist, ahnen sie nicht wie tief das Wespennest ist, in das sie stechen, denn plötzlich ist nicht nur ihr Leben und das ihrer Auftraggeberin Marion in Gefahr, auch der deutsche Außenminister steht auf einer Abschussliste.

Heute sage ich ausnahmsweise gleich zu Beginn etwas über das Cover, es zeigt eine Lumpenpuppe an Fäden, vor einem Orangefarbenen Hintergrund, den Namen des Autors, den Titel und den Verlag, sonst nichts, auf den ersten Blick ist es nicht wirklich ansprechend. Schaut man genauer hin, erkennt man das die Puppe nicht nur aus Lumpen besteht, sondern die Puppe eine Art Cyborg zu sein scheint. Ich kann mich nicht wirklich zwischen: Mag ich oder mag ich nicht entscheiden. Dafür machte mich der Klappentext um so neugieriger.

Egidius ist ein Ermittler der alten Schule, er observiert und recherchiert noch auf die herkömmliche Art, die Technik überlässt er so weit es geht seinen jungen Mitarbeitern und greift selber nur ungern darauf zurück.
Diese Kombination macht das Buch spannend und sehr interessant zu lesen. So manches Mal musste ich schmunzeln, wenn Egidius zum ersten Mal in seinem Leben in die virtuelle Spielewelt abtauchen muss oder Marion versucht eine Straftat zu melden und an dem Bürgernotfallservice scheitert, entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Wir alle kennen die Sprachautomaten am Telefon, die grundsätzlich alles falsch verstehen.
Doch egal wie sehr sich die äußeren Lebensumstände verändert haben, unabhängig von Wegwerfkleidung aus dem 3 D Drucker und Hologrammen die so echt wirken, das man den Unterschied zu echten Menschen erst auf den 2. Blick erkennt, es geht auch in naher Zukunft um Macht, Gier und Geld. Die Methoden um eigene Interessen durchzusetzen mögen andere sein als heutzutage, die Beweggründe für Verbrechen bleiben wohl immer gleich.

Ich mochte das Buch sehr, es war unterhaltsam und brachte mich ab und an sogar etwas zum Nachdenken wie weit ich der modernen Technik erlauben soll, Einfluss auf mein persönliches Leben zu nehmen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.01.2020

Der Garten des Uroboros

Der Garten des Uroboros
0

Die Inhaltsangabe scheint auf den ersten Blick alles wesentliche, was man zu Der Garten des Uroboros wissen muss preiszugeben.

Eines kann ich euch schon vorab vergewissern, dem ist nicht so. Die größten ...

Die Inhaltsangabe scheint auf den ersten Blick alles wesentliche, was man zu Der Garten des Uroboros wissen muss preiszugeben.

Eines kann ich euch schon vorab vergewissern, dem ist nicht so. Die größten Geheimnisse gibt das Buch erst während des Lesens preis.
Und ich stehe nun vor der schwierigen und schönen Aufgabe euch die Geschichte nahezubringen.
Der Garten des Urorboros stand schon lange auf meiner Wunschliste, schon seit ich Der Kanon mechanischer Seelen , das ebenfalls im Amrûn Verlag erschienen ist, gelesen hatte. Ich wusste also um die besonderen sprachlichen Fähigkeiten des Autors.
Hippolyt Krispin stößt bei Ausgrabungen in Mexiko auf seltsame Artefakte deren Herkunft und Sinn er sich zunächst nicht erklären kann, erst in Verbindung mit den alten Mythen und Legenden erschließt sich ihm und auch dem Leser ihre Bedeutung.

Ich mag Hippolyt, er ist in der Lage nicht nur die Fakten zu sehen, er ist auch offen für die Märchen und Legenden der alten Kulturen und er ist bereit die Wahrheit ihn ihnen zu sehen.
Während Miguel Perea im peruanischen Observatorium Arequipa mit seiner Enttäuschung über die nicht optimalen Arbeitsbedingungen zurechtkommen muss, nicht umsonst wird Arequipa Harvards vergessene Sternwarte genannt, machen seine Kollegen in Ecuador eine ungeheuerliche Entdeckung.

Ich muss gestehen, Miguels Rolle im Buch war zwar interessant aber die Abschnitte, die sich mit ihm befassen, haben mir erst im Nachhinein beim Erkennen der Zusammenhänge geholfen.
Am besten gefallen haben mir die Passagen die ganz offensichtlich im Bereich der Fantasy bzw. der Science Fiction angesiedelt sind.
Pangalé vom Stamm der Dogon, lebt in Mali und wird von einem Fremden namens Ambara auf eine abenteuerliche Reise zur sagenumwobenen Hundestadt mitgenommen. Ambara gibt sich schweigsam, er erklärt dem Jungen weder den Zweck der Reise noch dessen Rolle, geschweige denn seine eigene.

Nicht im Klappentext erwähnt wird eine weitere Geschichte, die des jungen Chebal der im Jahr 1455 einem Ritual folgt das sein Volk die Chachapoyas alle 6 Jahre als Initiierungsritus feiert.

Mit dieser Geschichte erklären sich viele Mythen und Legenden alter Völker. Viel ist nicht über das schon lange ausgestorbene Volk der Chachapoyas bekannt, so das Michael Marrak seiner Fantasie keine Grenzen setzen musste.

Die Märchen, die innerhalb des Romans erzählt werden, hingegen sind überlieferte Legenden der verschiedenen Kulturen.

Die meisten Bücher, die ich lese, lese ich einfach nur, es kommt selten vor das ich mich während und nach der Lektüre noch so sehr mit dem Inhalt beschäftige wie es beim Garten des Uroboros der Fall war. Das fing schon mit dem Begriff Apokatastis panton an.
(Apokatastasis ist eine theologische Lehre von der Wiederherstellung aller Dinge am Ende der Zeiten)
Und endet nicht mit den Nommo (Die Nommo sind Ahnengeister, die vom Volk der Dogon in Mali verehrt werden. Das Wort Nommos leitet sich von einem Dogon-Wort ab, das "um ein Getränk zuzubereiten" bedeutet. Die Nommos werden normalerweise als amphibische, zwittrige, fischähnliche Kreaturen beschrieben)

Michael Marrak lässt seine Protagonisten auf ein Ereignis zusteuern, das alles, was wir bisher von der Menschheitsgeschichte wussten, in Zweifel stellt.

Und es hat mich absolut begeistert, gerade weil der Autor es seinen Lesern nicht immer leicht macht, das Buch ist eine Herausforderung, der ich mich sehr gern stellte.

Das vorliegende Buch beruht auf der Kurzgeschichte Das Königreich der Tränen die 2012 in der Apocalypse-Anthologie 2012 T minus Null (Hrsg. Uwe Post) im Begida-Verlag erschienen ist und kann natürlich vollkommen unabhänig von seinem Vorgänger Morphogenesis gelesen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.11.2019

Poppy

Poppy
1

Als die sechsjährige Poppy in einer Nacht und Nebelaktion mit ihrer Mutter, zu deren neuen Freund zieht, scheint sie zunächst im Paradies gelandet zu sein. Der freundliche Mann den die Mutter Pick-Up nennt, ...

Als die sechsjährige Poppy in einer Nacht und Nebelaktion mit ihrer Mutter, zu deren neuen Freund zieht, scheint sie zunächst im Paradies gelandet zu sein. Der freundliche Mann den die Mutter Pick-Up nennt, überschüttet sie mit Aufmerksamkeit und Geschenken und für Poppy beginnt die Hölle auf Erden.


Meine Meinung:

Ihr seht, ich habe euch nicht viel vom Inhalt verraten und ich weiß auch gar nicht wie ich meine Meinung zum Buch in Worte fassen soll.

Wer mich kennt, weiß das ich keine Angst vor Thrillern und Horrorromanen habe, je härter, desto besser, meine Grenzen sind da weit gesteckt. Und dann kommt da, dieses kleine Mädchen, das mich an meine Grenzen gebracht hat, weil diese Geschichte eben nicht erfunden ist, sie ist so passiert und sie passiert immer noch, täglich vielleicht sogar in unserer Nachbarschaft.

Ich wollte das kleine Mädchen aus dem Buch holen, sie in den Arm nehmen und beschützen. Diese Gefühle wird jeder normal denkende Mensch haben.

Aber mich hat nicht nur Pick-Up entsetzt, seine Taten sind widerlich und unentschuldbar, aber er ist nicht der alleinige Täter. Ihr engstes Umfeld, allen voran ihre Mutter schaut weg. Was mich so sicher macht, das sie Bescheid weiß:

Poppy erzählt ihre Geschichte, mit ihren Worten und wir erleben mit wie sie leidet und wie sie mehr und mehr erkennt, das etwas absolut nicht stimmt am Verhalten des Stiefvaters und sie erzählt, wie sich ihre Mutter verhält und ihre Verwandtschaft und die Familie Pick Ups, als Leser wird schnell klar, dass sie alle Bescheid wussten. Meiner Meinung nach verschließt ihre Mutter aus Gier die Augen. Zuerst mag es Naivität gewesen sein, sie gehört eher zu den schlichteren Gemütern aus sehr einfachen Verhältnissen, sie kann kaum ihren eigenen Namen schreiben, da habe ich noch ein kleines bisschen Verständnis aufbringen können, dafür das sie sich dem erstbesten der sie aus ihrem Umfeld herausholt in die Arme wirft, dass sie das Geld mit vollen Händen ausgibt, aber schon am ersten Tag hätten alle ihre Alarmglocken schrillen müssen und sie haben geschrillt, da bin ich mir sicher.Und da war es mit meinem Verständnis schnell vorbei und zurück blieb nur Wut und Trauer.

Astrid Korten hat ein aufrüttelndes Buch geschrieben, Poppy die ihr diese Geschichte erzählt hat,steht stellvertretend für alle Kinder dieser Welt, die unter Missbrauch leiden müssen. Und wenn dieses Buch nur einem von Ihnen hilft, weil ein aufmerksamer Nachbar, Freund oder Verwandter den Mut fasst zu helfen, hat es seinen Sinn erfüllt.

Das Cover steht in krassem Gegensatz zum Inhalt und passt doch so gut. Die Mohnblüte, deren Zerbrechlichkeit das kleine Mädchen symbolisiert und die zarten Farben, sind hervorragend gewählt.


Ich vergebe eine absolute Leseempfehlung, aber das Buch ist wirklich schwer verdaulich.