Profilbild von Raeubertochter

Raeubertochter

Lesejury Star
offline

Raeubertochter ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Raeubertochter über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.12.2020

Eindringlich und berührend

Vardo – Nach dem Sturm
0

Inhalt: Am Heiligabend 1617 tötet ein unvermittelt auftretender verheerender Sturm alle Männer der norwegischen Insel Vardø. Ihre Frauen müssen vom Land aus zusehen, wie die Fischerboote der Männer herumwirbeln ...

Inhalt: Am Heiligabend 1617 tötet ein unvermittelt auftretender verheerender Sturm alle Männer der norwegischen Insel Vardø. Ihre Frauen müssen vom Land aus zusehen, wie die Fischerboote der Männer herumwirbeln und schließlich im Meer versinken. Die Trauer der Frauen ist groß, doch von nun an nehmen sie ihr Leben selbst in die Hand und tun alles um ihr Überleben zu sichern. Dafür müssen sie auch Aufgaben übernehmen, die bisher ihren Männern vorbehalten waren und die nicht in die gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit passen.
Fast drei Jahre später soll Commissioner Absolom Cornet auf Vardø für Ordnung sorgen. Begleitet wird er von seiner jungen Frau Ursa. Schon bald nach seiner Ankunft gibt es in der Umgebung die ersten Hinrichtungen angeblicher Wetterzauberer.

Meine Meinung: „Vardø - Nach dem Sturm“ ist ein fiktiver Roman, der auf wahren Ereignissen basiert. Es geht um das Thema Hexenverfolgung, das mich schon immer interessiert hat. Für einen Teil der norwegischen Bevölkerung -die Sámi - waren damals Runen, Wetterzauber, Gespräche mit Geistern oder gebastelte Knochenmännchen ganz übliche Praktiken.
Die Geschichte der Frauen von Vardø ist sehr düster und wird in einem langsamen und eindringlichen Tempo erzählt. Ich brauchte etwas, bis ich mich an den Erzählstil dieser ungewöhnlichen Geschichte gewöhnt hatte, doch als sie mich schließlich gepackt hatte, konnte ich das Buch nur schwer zur Seite legen.
Die ehemals enge Verbundenheit der zurückgebliebenen Frauen wird auf eine harte Probe gestellt, als Absolom Cornet einige von ihnen auf seine Seite zieht. Es entsteht Missgunst und Angst, daraus folgen Denunzierungen und Hexenprozesse.
Die 20 jährige Maren ist eine der Frauen. Bei dem Sturm verlor sie Bruder, Vater und ihren Verlobten. Die bisher friedliche Lebensgemeinschaft mit ihrer Mutter und ihrer sámischen Schwägerin Diinna, gestaltet sich immer konfliktreicher.
Ursa ist ein junges Mädchen, das trotz des frühen Todes der Mutter und der Sorge um ihre lungenkranke Schwester, bisher sehr behütet und umsorgt aufgewachsen ist. Doch ihr Vater hat immer mehr Geldsorgen und verheiratet sie kurzerhand mit dem durchreisenden Absolom. Vom ersten Tag an leidet Ursa sehr unter ihrem harten und gefühlskalten Ehemann. In Vardø begegnet ihr Maren, die ein völlig anderes, hartes und entbehrungsreiches Leben führt. Zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen entsteht eine tiefe Freundschaft.
Ich mochte beide Frauen sehr gern. Maren ist stark und eigenwillig und auch Ursa bekommt im Laufe der Zeit immer mehr Selbstvertrauen und Mut.
Auch alle anderen Charaktere finde ich passend und authentisch.

Fazit: Ein eindringlicher und berührender Roman, der unter die Haut geht.

Veröffentlicht am 21.10.2020

Die Schlafgewohnheiten der Tiere

Die Koalas träumen hoch oben in den Bäumen
0

Alle müden Kinder gehen abends in ihr Bettchen. Aber weißt du auch, wo kleine Koalabären schlafen? Wie kuscheln sich die Elefanten zusammen, wenn sie müde sind? Wo träumt wohl das dicke Nilpferd am liebsten?

„Die ...

Alle müden Kinder gehen abends in ihr Bettchen. Aber weißt du auch, wo kleine Koalabären schlafen? Wie kuscheln sich die Elefanten zusammen, wenn sie müde sind? Wo träumt wohl das dicke Nilpferd am liebsten?

„Die Koalas träumen hoch oben in den Bäumen“ ist ein niedliches Bilderbuch für das abendliche Einschlafritual. Auf den großformatigen Doppelseiten erzählt die Autorin Sabine Ludwig, die schon zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht hat, in kurzen und witzigen Reimen von den verschiedenen Eigenschaften und Schlafgewohnheiten von Krokodil, Koala, Nilpferd, Elefant, Gazelle, Otter und Kolibri. Die großen und farbenfrohen Illustrationen von Kerstin Schoene runden das Buch wunderbar ab. Kerstin Schoene war mir schon gut bekannt von einigen anderen Bilderbüchern, z.B. der „Siebenschläfer-Reihe“. Besonders gut gefällt mir an den Illustrationen, dass auch schon kleine Kinder an der Mimik der Tiere deren Stimmungslage ablesen können. Bei manchen Bildern und Ausdrücken gibt es etwas Erklärungsbedarf, doch beim Betrachten und Lesen von Bilderbüchern finde ich einen Austausch sowieso immer angebracht. Auf dem letzten Bild sind alle Tiere zusammen als Kuscheltiere im Bett des Kindes zu sehen. Eine wirklich schöne Idee, doch die Illustration ist mir persönlich zu kitschig und hat mich etwas enttäuscht. Kinder haben da aber wahrscheinlich eine andere Wahrnehmung, denn mein Enkel (2;3 Jahre) hat sich nicht darüber beschwert.

Fazit: Ein süßes und liebevoll gemachtes Bilderbuch, vom Verlag empfohlen für Kinder ab 3 Jahren.

Veröffentlicht am 27.07.2020

Der Nachtgarten

Der unsichtbare Garten
0

Inhalt: Vincent ist 35, Tennislehrer und plant eine gemeinsame Zukunft mit seiner Freundin Émilie. Doch von einem Tag auf den anderen bricht seine heile Welt zusammen, als seine Augenärztin ihm eröffnet, ...

Inhalt: Vincent ist 35, Tennislehrer und plant eine gemeinsame Zukunft mit seiner Freundin Émilie. Doch von einem Tag auf den anderen bricht seine heile Welt zusammen, als seine Augenärztin ihm eröffnet, dass er an einer seltenen Augenkrankheit leidet und in den nächsten drei bis fünf Wochen fast vollständig erblinden wird. Fassungslos und aufgewühlt durchlebt er die nächsten Tage und Wochen, bis er schließlich auf dem Land in dem kleinen Häuschen seiner verstorbenen Großeltern etwas Ruhe findet. Mit großem Eifer erweckt er den verwilderten Gemüsegarten zu neuem Leben und lernt seine neue Nachbarin Coline kennen.

Meine Meinung: Schon im ersten Kapitel bekommt Vincent seine niederschmetternde Diagnose und man fragt sich unweigerlich: „Wie würde ich in seiner Situation reagieren?“
Karine Lambert beschreibt sehr eindringlich in kurzen Sätzen wie Vincent mit seinem Schicksal umgeht, wie er sich nach dem ersten Schock nur ganz zögerlich mit seiner Blindheit arrangiert. In Vincents erster Phase der Verzweiflung und Rastlosigkeit wirkt auch der Schreibstil knapp und gehetzt. Nachdem er aber etwas mehr zur Ruhe kommt, passt sich auch der Schreibstil an. Zu Beginn vieler Kapitel gibt es Listen / Tagebucheinträge von Vincent, die aus kurzen prägnanten Sätzen bestehen - Gedanken, die ihm im Kopf herumschwirren, oft voller Ironie (Spielen blinde Kinder Verstecken?) . Die Schrift wird bei jedem neuen Eintrag größer.
Sehr schön fand ich, dass Vincent zwei gute Freunde an seiner Seite hat, die ihn nicht bemitleiden, sondern ihm wirklich helfen. Auch die Dorfbewohner, die Vincent schon seit seiner Kindheit kennen, behandeln ihn wie einen alten Freund und wirken alle sehr sympathisch. Und ich glaube, die unterschiedliche Bedeutung der Sätze: „Brauchst du Hilfe?“ und „Ich helfe dir.“ , über die ich mir bisher keine Gedanken gemacht habe, werde ich nicht so schnell vergessen!
Fazit: Auch wenn das Buch nur knapp dreihundert Seiten hat und die Geschichte natürlich noch hätte ausgearbeitet werden können, um noch mehr Tiefe zu bekommen, fand ich die Länge genau richtig. Kurz und knapp, aber aussagekräftig - so wie der Schreibstil, der mir sehr gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 29.06.2020

Orangentage im Juli

Orangenträume
0

Inhalt: Jedes Jahr im Juli treffen sich die vier Freundinnen Lucinda, Michelle, Rosemary und Jennifer für ein unbeschwertes Wochenende auf der Orangenfarm von Lucinda im sonnigen Kalifornien. Schon seit ...

Inhalt: Jedes Jahr im Juli treffen sich die vier Freundinnen Lucinda, Michelle, Rosemary und Jennifer für ein unbeschwertes Wochenende auf der Orangenfarm von Lucinda im sonnigen Kalifornien. Schon seit ihrer Kindheit sind die vier unterschiedlichen Frauen eng befreundet. Doch in diesem Jahr ist die Stimmung nicht ganz so unbelastet wie sonst, denn jede der Frauen hat mit eigenen Problemen zu kämpfen. Dazu kommt die Ungewissheit, ob dies vielleicht die letzten „Orangentage“ sind, denn die Farm steht kurz vor der Pleite.

Meine Meinung: „Orangenträume“ ist bereits der zweite Teil der "Kalifornien Träume Reihe", kann aber unabhängig von den anderen Büchern gelesen werden. Auf den ersten ca. hundert Seiten lernt man erst einmal die vier Frauen kennen und die Handlung plätschert etwas belanglos vor sich hin. Erst danach begann die Geschichte mich zu fesseln.
Der Schreibstil von Manuela Inusa ist wunderbar leicht, humorvoll und flüssig zu lesen und passte perfekt zu meinen Urlaubstagen bei strahlendem Sonnenschein.
Die vier Freundinnen sind sehr unterschiedlich und waren mir von Anfang an sympathisch. Trotz aller Leichtigkeit werden auch die - nicht gerade unwesentlichen - Probleme der Frauen angesprochen, was aber die positive Grundstimmung des Romans nicht drückt. Als Leser kann man sich natürlich denken, dass alle Probleme sich am Ende mehr oder weniger lösen werden.
Die Tragödie, die zunächst nur angedeutet wird und von der in Rückblicken erzählt wird, fand ich allerdings für die Handlung völlig überflüssig.

Fazit: Ein sehr unterhaltsamer und schön zu lesender Sommer- und Wohlfühlroman.

Veröffentlicht am 28.06.2020

Zeit der Erinnerungen

Zwei Wochen im Juni
0

Inhalt: Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter müssen die Schwestern Ada und Toni ihr Elternhaus an der Ostsee verkaufen. Zusammen räumen sie Haus und Bootsschuppen aus, sitzen im herrlichen Bauerngarten ...

Inhalt: Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter müssen die Schwestern Ada und Toni ihr Elternhaus an der Ostsee verkaufen. Zusammen räumen sie Haus und Bootsschuppen aus, sitzen im herrlichen Bauerngarten ihrer Mutter und erinnern sich an längst vergangene Zeiten. Als sie einen persönlichen Abschiedsbrief ihrer Mutter an sie beide lesen, fasst Ada endlich den Mut, neue Wege zu gehen…

Meine Meinung: Es ist eine sehr schwere Aufgabe, die die beiden ungleichen Schwestern bewältigen müssen. Sie sind noch voller Trauer und müssen die gesamten Habseligkeiten ihrer Mutter durchsehen und entscheiden, was sie behalten wollen und was sie wegwerfen. Dabei finden sie immer wieder etwas, das Erinnerungen in ihnen wachruft - positive und auch negative. Ich konnte mich sehr gut in die Schwestern hineinversetzen, denn diese Aufgabe musste ich leider vor ein paar Jahren auch schon bewältigen.
Der ruhige, einfühlsame und unaufgeregte Schreibstil von Anne Müller passt sehr gut zu dieser Geschichte. Und durch ihre bildhaften Beschreibungen hatte ich alles deutlich vor Augen. Ada, aus deren Sicht erzählt wird, mochte ich besonders gerne. Obwohl es keine spannende Handlung gibt, hat mich dieses Buch gefesselt.
Den Mittelteil habe ich persönlich als etwas schwächer empfunden und das Auftauchen von Tonis Tochter Julia hat mich etwas gestört. Das Ende hat mir dann aber wieder gut gefallen.

Fazit: Eine ruhige und berührende Geschichte über Abschied und Neuanfang, die ich sehr gerne gelesen habe.