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Veröffentlicht am 01.11.2020

Aus Liebe zum Brot

Lutz Geißlers Almbackbuch
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Was haben wir denn hier? Ein Backbuch? Einen Almanach des Brotes? Eine Liebeserklärung an die Berge und ein einfaches Leben? Alles das und noch mehr.

Ich bin ja ein bekennender Fan von Lutz Geißlers ...

Was haben wir denn hier? Ein Backbuch? Einen Almanach des Brotes? Eine Liebeserklärung an die Berge und ein einfaches Leben? Alles das und noch mehr.

Ich bin ja ein bekennender Fan von Lutz Geißlers Rezepten und seiner Art des Brotbackens und seit ich seinen Blog und seine Bücher kenne, kommen mir so gut wie gar nicht mehr gekaufte Brote ins Haus. Ich war gespannt auf sein neuestes Werk und ich wurde geradezu erschlagen. (Im wahrsten Sinne des Wortes, der Postbote legte das Meisterwerk auf der Fensterumrandung ab und als ich es nehmen wollte, kam mir der 2,5-kg-Klopper von selbst entgegen.)

In diesem Buch finden sich nicht nur unzählige Rezepte aus verschiedenen Mehlen und Sauerteigen. Es gibt eine Einführung in die Bergwelt, in die geologischen Gegebenheiten der Umgebung, die Geißler für seine Schulungen wählte, die Liebeserklärung eines gelernten Geologen. Dazu ein historischer Abriss und viele, viele Panoramabilder sowie Erzählungen der interessantesten Menschen, die bei den Kursen aufschlugen.

Aber dann geht es los. Ob man lieber Sauerteigbrote mag, lieber welche aus Roggen/Weizen/Dingel- oder sonstwelchen Mehlen, Geißler und seine Kursteilnehmer haben für jeden was im Angebot. Auch Kuchen und Feingebäck profitieren von der Art des geduldigen Brotbackens. (Und Art meine ich hier in jeder sprachlichen Hinsicht.)

Ich habe mir für das Buch, die Rezepte, die Brote und Kuchen Zeit genommen. Habe in jedem Unterkapitel mindestens ein Rezept ausprobiert. Und obwohl ich wirklich kein bekennender Fan von Sauerteigen bin, testete ich sogar diese.

Und wisst ihr was? Es funktioniert. Der Vorteil all dieser Brote: Sie brauchen Zeit. Der Nachteil all dieser Brote: Sie brauchen Zeit.

Und Vorbereitung. Und manchmal Geduld. Aber man wird belohnt. Und man kann sich ruhig selbst trauen zu experimentieren, falls man nicht alle Zutaten daheim hat. Vielleicht geht mal ein Brot nicht so perfekt auf wie im Buch. Vielleicht ist es dunkler oder heller. Aber: Sie schmecken. Alle. Und das ist mehr, als man von vielen gekauften Broten behaupten kann.

Gibt es was zu bemängeln? Vielleicht. Vielleicht, wenn man nicht ganz so ein Fan von Sauerteigen ist, dass es in diesem Buch die Mehrzahl der Brote aus Sauerteig besteht. Aber wer sich - wie ich - überwinden kann, sie zu probieren, wird nicht enttäuscht werden. Von daher bekommt dieses Brotbackbuch genau die Liebe von mir, die es verdient.

Veröffentlicht am 30.10.2020

Guten Tag, Genosse!

Die Republik
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1949: Der 2. Weltkrieg ist erst wenige Jahre vorbei, die BRD wird gegründet. Doch nur wenige Tage später gelingt es der UdSSR in einem Coup, das gesamte deutsche Gebiet für sich zu beanspruchen, die Westmächte ...

1949: Der 2. Weltkrieg ist erst wenige Jahre vorbei, die BRD wird gegründet. Doch nur wenige Tage später gelingt es der UdSSR in einem Coup, das gesamte deutsche Gebiet für sich zu beanspruchen, die Westmächte ziehen sich zurück, es entsteht eine gesamtdeutsche DDR.

Heute: Die DDR ist ein mächtiger Staat, hochmodern, hochentwickelt, umweltfreundlich und mit einem engmaschigen Überwachungsnetz ausgestattet. Und dennoch: Über den Alexanderplatz in Berlin wabert eine Giftwolke, die viele Opfer fordert. Nicht nur die DDR-Führung, auch die Westmächte sind alarmiert, denn alles deutet auf eine Kriegserklärung hin. In die Aufklärung der Sache werden durch die Umstände nicht nur ein desillusionierter Stasimann und eine kaltschnäuzige MI-6-Agentin gezogen, sondern auch eine rebellische junge Frau aus der DDR und ihr bis dahin unbekannter französischer Cousin. Auf unterschiedlichen Wegen kommen alle zu demselben Ergebnis und geraten in tödlichste Gefahr.

Ich mag diese Was-wäre-wenn-Szenarien sehr gern. Und hier hat sich jemand die Mühe gemacht, Gepflogenheiten der DDR zu recherchieren und immer wieder in seine schöne neue Welt einfließen zu lassen. Mir fiel es wahnsinnig leicht, in diese Geschichte einzutauchen; sie war spannend und rasant erzählt, aus mehreren Perspektiven, es gab jede Menge Action wie in einer Räuberklamotte. Natürlich war es manchmal ein bisschen ZU unwahrscheinlich, allein, wie es die Agentin in die DDR geschafft hat. Auch nahmen die Protagonisten abgeschlachtete Familienangehörige ein bisschen ZU oft hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Und doch mochte ich diese Geschichte. Man stelle sich vor, Karl May hätte heute einen Roman geschrieben und seinen Old Shatterhand auf vier verschiedene Typen aufgeteilt sowie ein mega Szenario erschaffen - dann hat man eine ungefähre Vorstellung, was einen hier erwartet.

Eine wohlmeinende Warnung zum Schluss: Wer mit mehr als drei handelnden Personen in einer Geschichte überfordert ist, möge bitte nicht zu diesem Buch greifen.

Veröffentlicht am 25.10.2020

Di-dö, di-dö

QualityLand 2.0 (QualityLand 2)
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Auf geht's zur zweiten Runde in der besten aller möglichen Welten, Qualityland! Peter Arbeitsloser hat ein Problem. Ach was, eines. Wenn es nur das wäre - und nein, mittlerweile ist es nicht nur der rosafarbene ...

Auf geht's zur zweiten Runde in der besten aller möglichen Welten, Qualityland! Peter Arbeitsloser hat ein Problem. Ach was, eines. Wenn es nur das wäre - und nein, mittlerweile ist es nicht nur der rosafarbene Delphindings ... ihr wisst schon. (Wenn ihr es nicht wisst, lest oder hört erst mal Qualityland, bevor ihr hier im Nachfolger rumschmut!) Jedenfalls, eines seiner Probleme ist, dass Hendrik Ingenieur beschlossen hat, in die Politik zu gehen und ihn als FreundSchrägstrichBerater auserkoren hat. Ob er will oder nicht. Dann ist da noch Kiki, die in ihrer eigenen Vergangenheit rumschnüffelt und einer erschreckenden Sache auf die Spur kommt. Erschreckend sind auch die Politiker, die alle ihre eigene Agenda verfolgen (Oh? Kommt das irgendwem bekannt vor?) und die absolut vernachlässigbare Kleinigkeit des 3. Weltkriegs, der gerade abseits aller Nachrichten ausgebrochen und innerhalb von 8 Stunden beendet wurde. Wie viele Millionen Todesopfer? Ach, bisschen Schwund ist ja immer, hört euch lieber den Podcast von Dan und Dan an ...

Oh, Mann! Dieser Marc-Uwe oder sein Känguru müssen doch eine Zeitmaschine haben. Mindestens! Was der Mann oder sein Känguru hier an dystopisch-erschreckenden, aber leider realsatirisch-authentischen Dingen auspackt, ist der Wahnsinn. Natürlich ist es lustig - ich meine, Weltkriege sind doch total lustig, oder? Nicht? So geht es bei genauerem Zuhören eigentlich mit allen Dingen, die hier passieren: Das Lachen bleibt im Halse stecken. Und warum? Weil - so überspitzt (ist es eigentlich gar nicht) hier so Sachen dargestellt worden sind, sie sind nicht nur absolut möglich, sondern existieren auf die eine oder andere Art eh schon. Schonungslos, gruselig und dabei hochwitzig steigt Marc-Uwe (oder sein Känguru) aus der Zeitmaschine, schüttelt sich den Smok der Zukunft aus den Händen und präsentiert uns eine schöne, neue Welt, auf die wir immer mehr zusteuern.

Veröffentlicht am 21.10.2020

Wortlos, aber eindringlich

Ausflug zum Mond
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Irgendwann in der Zukunft: Eine Schulklasse macht einen Feldtrip zum Mond mit einem fliegenden Schulbus. Sie marschieren im wahrsten Sinne des Wortes durch eine Mondlandschaft, voraus der Lehrer, der etwas ...

Irgendwann in der Zukunft: Eine Schulklasse macht einen Feldtrip zum Mond mit einem fliegenden Schulbus. Sie marschieren im wahrsten Sinne des Wortes durch eine Mondlandschaft, voraus der Lehrer, der etwas erklärt, hinten dran die Schüler. Nur einer von ihnen bleibt zurück, damit beschäftigt, sich umzusehen und dann an - an eine Düne gelehnt - die wunderschöne blau-grüne Erdkugel zu malen. Irgendwann schläft er ein und als er aufwacht, bemerkt er erschrocken, dass all seine Klassenkameraden und der Lehrer fort sind. Gerade noch erkennt er, dass der Schulbus abgehoben ist und davonfliegt. Verzweifelt er? Weint er? Nein. Der kleine Junge setzt sich hin und malt wieder und plötzlich ... ist er nicht mehr allein.

Ich habe ja schon einige süße Kinderbücher gesehen, aber das hier darf sich in die Top-5 einreihen, denn es ist auch noch außergewöhnlich. Die ganze Geschichte wird ohne Worte, nur anhand der Zeichnungen, erzählt. Dabei fängt die Handlung sogar schon auf dem Cover an, beim Einsteigen in den Shuttle-Bus zum Mond. Es enthält Messages, ohne dass ein Zeigefinger erhoben wird und das Ganze wird so kindgerecht rübergebracht, dass es zum Niederknien ist. Dieses Buch ist nicht nur ein Bilderbuch, sondern wahrhaftig auch ein Lehrbuch in Sachen Träumen, Fremdheit, Freundschaft, Akzeptanz. Ganz großes Kino auch für die ganz Kleinen.

Veröffentlicht am 14.10.2020

Klare Himmel, Kinder!

Ember Drachentochter
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Vor zwölf Jahren hat der Magier und Sturmfänger Lionel ein Drachenbaby gerettet und weil Drachen in seiner Welt jagt und getötet werden, hat er sie verzaubert, sodass sie wie ein Mensch aussieht. Jetzt ...

Vor zwölf Jahren hat der Magier und Sturmfänger Lionel ein Drachenbaby gerettet und weil Drachen in seiner Welt jagt und getötet werden, hat er sie verzaubert, sodass sie wie ein Mensch aussieht. Jetzt hat Ember, wie er seine Adoptivtochter genannt hat, das Problem, dass sie sich im Sommer regelmäßig entzündet und etwas abfackelt. Daher gibt er sie in die Obhut seiner Schwester, die eine Forschungsstation in der Antarctika leitet. Doch auch dort bemerkt Ember, dass sich Menschen auf die Jagd nach Drachen machen: der arrogante Prinz Gideon, der hinterhältige Lord Norfall und noch mehr Jäger. Sie beschließt, etwas dagegen zu unternehmen und lernt dabei nicht nur ihre eigenen Fähigkeiten, sondern auch die Freundschaft zu zwei weiteren außergewöhnlichen Kindern kennen.

Das ist echt ein tolles Kinderbuch mit mehr als nur einer anständigen Message. Man lernt hier Jungs und Mädchen kennen, die nicht auserwählt sind, die auch Selbstzweifel haben, denen auch nicht immer alles gelingt, aber die trotzdem nicht aufgeben und weitermachen und vor allem versuchen, das Richtige zu tun. Es geht um Fragen der Ethik, und obwohl viele Drachen und andere Wesen auftauchen, ganz stark um Fragen der Menschlichkeit und Freundschaft. Mir gefiel, dass diejenigen, die auf der richtigen Seite standen, nicht automatisch auch nur sympathisch waren, oder dass der ausgewiesene Antagonist nicht nur böse um des böse seins ist. Er kann genauso gut charmant sein oder gut aussehend oder auch ein freundliches Lächeln haben. Und dadurch bekommen gerade Kinder sehr schnell mit, dass die wahren Monster nicht unbedingt auch wie Monster aussehen müssen. Hier gibt es alles: Abenteuer, Spannung, wichtige Dinge zum Mitnehmen.