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Veröffentlicht am 05.04.2022

Die Diplomatenallee

Die Diplomatenallee
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Heike hat für ihre dreißig Jahre eine bewegte Vergangenheit und studierte in Bonn Graphologie. Sie war an der Uni für ihre gestochen-scharfe Schrift bekannt. Seit Jahren arbeitet sie mittlerweile mit ihrem ...

Heike hat für ihre dreißig Jahre eine bewegte Vergangenheit und studierte in Bonn Graphologie. Sie war an der Uni für ihre gestochen-scharfe Schrift bekannt. Seit Jahren arbeitet sie mittlerweile mit ihrem Mann im eigenen Schreibwarenladen, nahe der „Diplomatenallee“ in der Bundeshauptstadt. Der Roman spielt in den 1960- und -70er Jahren.

Graphologie war bei der Stasi eine anerkannte Methode, um viel über die Schreibenden herauszubekommen. Man war sich sicher, dass daraus zu erkennen sei, was jemand fühlt, wie sich jemand verhält und vieles mehr. Anfang der 1970-er Jahre zogen die ersten Diplomaten der DDR mit ihren Familien nach Bonn. Und Heikes ehemaliger Professor möchte sie sozusagen für bestimmte, graphologische Zwecke einspannen. Denn obwohl sie keinen Abschluss hat, war sie die bisher Beste ihres Faches in der BRD.

Mit dem Roman tat ich mich schwer. Diese Zeit und auch dieses Thema interessieren mich zwar sehr, aber den Schreibstil fand ich arg gewöhnungsbedürftig. Heike und ihr Schreibwarenladen, in dem sie extra aus der DDR Papier bezieht, weil deren Schulkinder offiziell kein westliches nutzen durften, sowie der Hang möglichst viel Graphologisches mit einzuflechten. Weitschweifig, nur teilweise interessant. Der eigentliche, historische Kern wurde zur gefühlten Rahmenhandlung während Heikes Berufs- und Privatleben dominierten. Und das wirkte auf mich ziemlich weitschweifig. Ich hätte es lieber anders herum gehabt.

Das Buch ist gebunden und hat auch ein Lesebändchen. Die Seiten sind aus relativ festem Papier, das Ganze ist hochwertig. Wobei es mit gut 345 Romanseiten ziemlich dick ist, sich jedoch schnell durchlesen lässt, da sowohl die Schrift als auch der Zeilenabstand vergleichsweise groß angelegt wurden. Zwar kein Großdruck, aber äußerst augenfreundlich.

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Veröffentlicht am 11.12.2021

Erst Krimi, dann Wohlfühlroman

Tiefes, dunkles Blau
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Der Roman beginnt wie ein richtig guter Krimi. Es ist der erste rund um die Polizistin Rosa Zambrano, die normalerweise auf dem Zürisee ermittelt und die Stadt an sich sehr mag.

Die erste Hälfte ist richtig ...

Der Roman beginnt wie ein richtig guter Krimi. Es ist der erste rund um die Polizistin Rosa Zambrano, die normalerweise auf dem Zürisee ermittelt und die Stadt an sich sehr mag.

Die erste Hälfte ist richtig gut. Ein Krimi, der langsam anläuft, die Hinweise verdichten sich. Lesende wissen schon vorab, wie der Frauenarzt ermordet wurde. Das Warum fehlt und das bleibt noch lange so. Dazu wird die Hauptfigur Rosa eingeführt, die mit ihrem Kollegen Martin manchmal auch Tisch und Bett teilt. Nein, Liebe spielt da nicht mit. Die Spannungshöhepunkte sind gesetzt, aber wirkliche Spannung kommt nirgends auf. Mag daran liegen, dass die Autorin sehr viel nebenbei beschreibt. Man lernt Rosa kennen, ihre Routen durch die Stadt und welche Plätze sie in Zürich besonders mag. In der zweiten Hälfte fällt der Krimi diesen Beschreibungen zum Opfer. Stattdessen fühlte ich mich mehr und mehr an einen beschreibenden Reiseführer erinnert, eingebunden in einen Wohlfühlroman. Zwischendrin ermittelt Rosa zwar, aber das geht irgendwie unter. Sehr schade, denn der Beginn war vielversprechend. Der Stil ist locker, etwas weitschweifig und leider nicht auf das Wesentliche bezogen. Die Autorin verlor den Roten Faden deutlich.

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Veröffentlicht am 17.11.2020

Nette Bettlektüre vor historischem Hintergrund

Die Frauen vom Nikolaifleet – Der Traum von Übersee (Die Kolonialwaren-Saga 1)
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So ganz erschließt sich der Titel während des Lesens nicht, er zieht sich nur zum Teil wie ein Roter Faden durch das Buch.

Das Ende legt nahe, dass es noch einen weiteren Band geben könnte. In diesem ...

So ganz erschließt sich der Titel während des Lesens nicht, er zieht sich nur zum Teil wie ein Roter Faden durch das Buch.

Das Ende legt nahe, dass es noch einen weiteren Band geben könnte. In diesem Buch dreht sich alles um Leonora, die den Kolonialwarenladen ihres Vaters sehr mag und sehr gerne darin arbeitet. So gerne, dass sie ihn gerne übernehmen möchte. Das Ganze spielt um 1900 in Hamburg. Anfangs besteht die Familie aus dem Vater, der Tochter und dem Sohn Carl. Letzterer hat einige Probleme, entzweit sich mit seinem Vater und baut sich in New York ein neues Leben auf. Seine Schwester soll verheiratet werden, schlägt ihrem Vater allerdings ein Schnippchen. So kommt vieles ins Rollen.

Wer einen gut recherchierten, historischen Roman erwartet, wird hier enttäuscht. Die Geschichte ist rund angelegt als Familienroman, der zwischen 1900 und 1906 spielt. Es wird einiges angerissen, aber er könnte auch zu anderen Zeiten spielen. Angerissen wird besonders zum Ende hin, die Veränderung von Kaufläden hinsichtlich ihres Sortiments. Das ist ganz nett erzählt, aber substanzlos. Die Hintergründe kann man sich denken, recherchiert wurde offenbar nichts. So plätschert die Story mal amüsant, mal etwas dröge vor sich hin. Langweilig wird es zwar nicht, aber es bleibt seicht. Die Figuren sind gut beschrieben. Legt man das Buch allerdings ausgelesen zur Seite, sind die Namen schnell vergessen. Ich fieberte nicht mit. Der Schluss ist kleiner Cliffhanger, aber da die Story eher als nette Bettlektüre taugt, stört es mich überhaupt nicht.

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Der Krimi versandet in der Prairie

Dunkle Wolken über Alberta
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Der Anfang des Krimis liest sich vielversprechend und das erste Drittel las ich an einem Abend. Mich wundernd, dass es schon so spät war, als ich merkte müde zu sein. Das erste Drittel ist der beste Teil ...

Der Anfang des Krimis liest sich vielversprechend und das erste Drittel las ich an einem Abend. Mich wundernd, dass es schon so spät war, als ich merkte müde zu sein. Das erste Drittel ist der beste Teil des Romans.

Danach wird es langweilig, obwohl ein weiterer Mord geschieht, und im letzten Viertel unglaublich zäh. Weder kommt der Krimi voran noch liest man irgendeinen "vernünftigen" Dialog. Vorrangig dreht es sich um das Frühstück von Dreadfullwater, der Hauptfigur und darum, das er - der ehemalige Cop - Hilfssheriff werden soll, weil der Sheriff blöderweise zu einer Konferenz in die Karibik muss. Er will nicht und das liest man auf fast jeder Seite. Zuerst ist das Gemurre noch witzig, später nicht mehr. Die Morde hängen zusammen. Es dreht sich um Wasser, um dessen Privatisierung und die Verletzungen des Stammes und des Landes auf dem dieser lebt durch die jeweiligen Regierungen. Früher und heutzutage. Es dreht sich um Geld, Macht und fehlende Krankenversicherung, (fehlende) Perspektiven. Der Krimi versandet und die Dialoge verlaufen in der endlosen Weite der Prairie.

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Mau

Die Königin des Ritz
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Paris kaufte sich zwar von Bombardierungen und Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg frei. Allerdings bekamen die Pariser durchaus die Gewalt der Gestapo und anderer zu spüren und zu sehen. Sprachlich arbeitet ...

Paris kaufte sich zwar von Bombardierungen und Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg frei. Allerdings bekamen die Pariser durchaus die Gewalt der Gestapo und anderer zu spüren und zu sehen. Sprachlich arbeitet Benjamin diese Zeit des anfänglichen Schocks, der Abstumpfung und auch die des sich regenden Widerstandes sehr anschaulich heraus. Diese Beschreibungen sind wirklich gut geglückt. Ich konnte mir das Hotel zur damaligen Zeit und die Stadt bildlich vorstellen. 

Kopfkino wird erschwert

Die Geschichte an sich fesselt und zeitweise auch gut erzählt. Zwei Handlungsstränge wechseln sich kapitelweise ab. Jeweils aus der Sicht von Claude, dem Direktor, und seiner Frau Blanche erfährt man, wie sich das Ritz nach außen und nach innen wacker schlägt. Verwirrend ist dabei, dass man nicht nur immer zwischen ihren Perspektiven hin und her springt sondern auch noch in die Vergangenheit des Paares. Und zwar bevor und während sie sich kennenlernten. Das hätte ich mir geschmeidiger gewünscht. So rissen mich die Schnipsel zur Vergangenheit jedes Mal aus dem Kontext.  Auch mit den beiden Hauptfiguren wurde ich nicht warm. Ich konnte sie mir weder vor dem inneren Auge vorstellen noch mich in ihre Art zu handeln einfühlen. Das ist total schade! 
Als ungemein nervend empfand ich den Hang der Autorin zu wahnsinnslangen Bandwurmsätzen. Sie gingen manchmal über eine ganze Seite. Wurde am Lektorat gespart? Statt ewiger Kommas hätten einige Punkte und auch Kürzungen etlichem Geschwurbel gut getan. 

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