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Veröffentlicht am 27.11.2020

Ich habe gelacht, ich habe geweint, ich habe nachgedacht...

Am Ende der Reise
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"Was ich damit sagen will... Vergesst mal kurz den ganzen Schmerz und das ganze Chaos. Nur ganz kurz."...oder auch für etwa 500 Seiten.
Mit diesen Zitat lässt sich Edward Docxs Buch perfekt zusammen fassen, ...

"Was ich damit sagen will... Vergesst mal kurz den ganzen Schmerz und das ganze Chaos. Nur ganz kurz."...oder auch für etwa 500 Seiten.
Mit diesen Zitat lässt sich Edward Docxs Buch perfekt zusammen fassen, denn obwohl es um die Reise eines Vaters mit seinem Söhnen in die Schweiz dreht, um dort Sterbehilfe zu beantragen, ist es doch ein Roman der das Leben mit all seinen Ecken und Kanten feiert.
Edward Docx hat mit seinem Buch "Am Ende der Reise" eine berührende, tragisch-komische Familiengeschichte erschaffen, die einen zum Lachen und zum Weinen bringt, und zwischen den Zeilen auch zum Nachdenken anregt.Die Handlung selbst ist zwar nicht super spannend, aber das braucht dieser Roman nicht. Durch seine Langsamkeit besticht er, denn das macht den Roman zu etwas besonderem. Würde es hier zuviel Handlung geben, oder würde die Handlung zu schnell vorangehen, würde der Roman viel verlieren.Passend dazu ist er der Schreibstil gewählt. Es gibt viele direkte Reden und viele Situationen werden sehr genau beschrieben. Manchmal gibt es Rückblenden, und manchmal ausschweifende Erzählungen aus dem Leben der Protagonisten. Das gesamte Buch ist eine gelungene Mischung aus Wiederholungen und Abwechslung.
Interessant ist, dass der Ich-Erzähler der Geschichte eigentlich der normalste und "langweiligste" Charakter ist.Sein Vater ist Professor der Literatur, kann Shakespeare zitieren, leidet an ALS, möchte in Würde sterben und vorher noch einmal Zeit mit seinen Söhnen verbringen.Ralph, Halbruder

1, hat ein ziemlich wildes Leben. Als Schauspieler mit sehr philosophischen Anlagen hatte er nie wirklich eine ernst zu nehmende Beziehung.Ganz im Gegenteil zu Jack, Halbbruder

2, der eine Frau, Zwillingsjungs und eine Tochter hat und bei dem das Familienleben gerne einmal Chaos hervorruft.Durch den eher normalen Erzähler geht man ziemlich unvoreingenommen in die Geschichte und ist der stille Beobachter der alles mitbekommt.
Alles in allem ist "Am Ende der Reise" ein Buch, das ich jeder Person empfehlen würde. Der Umgang mit dem sensiblen Thema der Sterbehilfe ist perfekt verarbeitet und es zeigt Perspektiven auf, die einem vielleicht so nicht bewusst sind.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Berührender Roman über das Leben

Ein wenig Leben
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In "Ein wenig Leben" geht es um die 4 Freunde William, JB, Malcom und Jude, die sich auf dem College kennengelernt haben. Diese müssen jetzt das Leben in der Welt der Erwachsenen bewältigen und jeder hat ...

In "Ein wenig Leben" geht es um die 4 Freunde William, JB, Malcom und Jude, die sich auf dem College kennengelernt haben. Diese müssen jetzt das Leben in der Welt der Erwachsenen bewältigen und jeder hat dafür seine eigene Methode.

William ist ambitionierter Schauspieler, der derzeit noch behelfsmäßig kellnert.
JB ist Künstler, der sehr eigenwillige Projekte starten und ganz genau weiß, dass er einmal berühmt werden wird.
Malcom möchte ein angesehener Architekt werden, bastelt und skizziert aber noch Fantasiehäuser und hilft seinen Freunden, wenn sie umziehen.
Jude wird Anwalt und hat eine mysteriöse Vergangenheit über die seine Freunde nicht bescheid wissen.


Die Charaktere waren für mich sofort sympathisch den entweder habe ich Teile von mir ihn ihren Ambitionen und Wünschen für die Zukunft gesehen, oder in ihrer Vergangenheit oder gar in ihrer Persönlichkeit.
Vor allem Jude war für mich wie ein Spiegel in eine meine düstersten Zeiten und ist mir somit sehr nah gegangen. Er hat mich gleichzeitig runter gezogen, weil er mit gezeigt hat wie kaputt ich war und gleichzeitig hat er mich emporgehoben, weil es mir gezeigt hat, wie stark ich aus dieser Zeit hervorgegangen bin und was ich alles gelernt habe.
Jude war dementsprechend ein sehr interessanter Charakter für mich und ich konnte nicht genug über ihn erfahren. Auch der Umgang von Andy, Willem, Harold, etc. fand ich sehr realitätsnah dargestellt, denn in der wirklichen Welt weiß man nun mal nicht immer was man sagen soll, was man tun soll in solchen Situationen und dann macht man auch mal Fehler. Das unterscheidet unser Leben von Büchern oder Filmen, da läuft nun mal nicht alles perfekt ab, man hat kein Drehbuch, das einem vorgibt was man zu tun oder zu sagen hat und man kann auch nicht einfach "Cut" rufen und die Szene neustarten lassen.
Jude ist wirklich ein toller Charakter, er hat so schlimmes durchgemacht, und macht es noch immer, und er ist trotzdem so ein herzensguter Mensch. Er ist das perfekte Beispiel dafür, dass ein schlimmes Schicksal keine Ausrede dafür ist, ein schlechter Mensch zu sein. Auch wenn es sich in den letzten Kapiteln etwas ändert, das zeigt nur, dass in jedem Menschen Wut steckt und, dass man diese rauslassen muss. Jude ist das perfekte Beispiel dafür, was passiert wenn man alles runterschluckt. Die Wut braucht irgendein Ventil und sie muss sich gegen irgendjemanden richten. Entweder gegen die Person die sie (vielleicht) verdient hat, gegen die die einem am nächsten stehen oder eben gegen sich selbst.


Ich habe schon oft gehört, dass dieses Buch so deprimierend sein soll, aber trotz der düsteren Themen strahlt es für mich eine gewisse wohlige Wärme aus. Ich finde die Absätze über Freundschaft wunderschön und auch der Teil als JB darüber nachdachte, dass er das Leben nun nicht mehr so genießen kann weil er eine gute Kindheit hatte ist mir sehr nahe gegangen.
Ich muss sagen, im Nachhinein bin ich ehrlich froh über jeden einzelnen Rückschlag den ich durchleben musste, denn selbst ein ganz normales Leben beinhaltet jetzt für mich soviel besonderes und wunderbares, dass ich gar nicht mehr benötige.
Das Buch beinhaltet genau die Message die ich in gewisser Weise brauche, die mir hilft, wenn es mal wieder schwieriger wird im Leben.
Ich kann mir gut vorstellen, dass mir das Buch eben deshalb so gut gefällt, weil ich Jude so gut verstehe und wirklich mit ihm mitfühlen kann und, dass ist nicht unbedingt eine “gute“ Eigenschaft zeigt es doch nur wie kaputt ich war/bin. Deshalb freue ich mich, wenn jemand sagen kann er versteht es nicht, oder er findet es vielleicht übertrieben oder so. Ein bisschen beneide ich diese Menschen dann doch.


Am Ende noch eine kleine "Weisheit" die mir dieses Buch wieder näher gebracht hat:
Nach so vielen Rückschlägen ziehen sich viele zurück und lassen die ganze Welt mit allen ihren Problemen und Unglücken einfach nicht mehr an sie ran, sozusagen als Überlebensstrategie. Sie sperren ihre Gefühle aus, weil es ihnen sonst zusehr weh tun würde. Aber ich bin der Meinung, dass all der Schmerz und das Leid dazugehören. Ohne Schmerz, ohne Rückschläge würden wir die guten Momente des Lebens nicht wertschätzen. Das Leben besteht nun mal aus hellen und dunklen Zeiten und man muss beide voll durchleben. Man kann sich nicht nur gegen das Negative wehren, denn dann wehrt man sich automatisch auch gegen das Positive. Es ist unmöglich nur die negativen Gefühle auszuschließen.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Von Leben und Tod, von Luft und Wasser!

Das Geschenk des Lebens
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Um 1900 stürzt sich eine junge Frau in die Seine, von ihrem ruhigen Gesichtsausdruck wird eine Totenmaske angefertigt, die bald in ganz Europa bekannt ist und ihr Tod soll bald viele Leben retten.

Sarah ...

Um 1900 stürzt sich eine junge Frau in die Seine, von ihrem ruhigen Gesichtsausdruck wird eine Totenmaske angefertigt, die bald in ganz Europa bekannt ist und ihr Tod soll bald viele Leben retten.

Sarah Leipciger baut rund um diese Unbekannte eine Fiktion ihres Lebens auf. Was könnte sie dazu bewegt haben, den Freitod zu wählen? Weiters erzählt sie die Geschichte des Spielzeugmachers Pieter aus Norwegen und von der kleinen Anouk, die an Mukoviszidose leidet und auf eine Spenderlunge wartet. All diese Geschichten, obwohl sie zeitlich teilweise durch mehr als hundert Jahre getrennt sind, hängen zusammen, durch das Leben, den Tod, die Luft und das Wasser.

Die verschiedenen Handlungsstränge unterscheiden sich nicht nur durch die Zeit in der sie spielen, sondern auch durch deren Erzählweise.
Die Unbekannte präsentiert ihr Leben in der Ich-Form, erzählt dieses dem Leser auf einer sehr persönlichen Ebene und erzählt sogar noch nach ihrem Tod weiter, was mit ihr passiert.
Pieter richtet seine Erzählung an seinen Sohn, den er liebevoll Bär nennt, und spricht ihn auch direkt an. Es ist eine Art "Du"-Form, ähnlich eines Briefromans.
Anouks Geschichte wird von einem außenstehenden Erzähler präsentiert, der trotzdem über die Gefühle und Gedanken Anouks Bescheid weiß.
Dies erleichtert auch das orientieren in der Mitte eines Kapitels.

In allen Kapiteln ist Leipcigers Stil sehr poetisch und leicht, trotz der doch tristen Thematik. Außerdem ist das Buch auch leicht verständlich und schnell zu lesen. Trotzdem büßt es keineswegs an Emotionalität ein.

Der Anfang und das Ende würden einen perfekten Kreis bilden, hätte Leipciger nicht noch einen Epilog angehängt. Dieser wirkt etwas fehl am Platz und wie die mitllerweile sehr beliebten After-Credit-Szenen, die noch irgendwie zum Film gehören, aber irgendiwe auch nicht. Aber dieser Kritikpunkt ist hier Jammern auf höchstem Niveau!

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Tragische Familiengeschichte der Zwischenkriegszeit

Trümmermädchen
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Trümmermädchen ist ein herzerwärmendes Buch über Familie und Verlust im Zweiten Weltkrieg und danach.
Es gibt viele Romane die während der Zeit des Zweiten Weltkriegs spielen, aber kaum ein Roman schreibt ...

Trümmermädchen ist ein herzerwärmendes Buch über Familie und Verlust im Zweiten Weltkrieg und danach.
Es gibt viele Romane die während der Zeit des Zweiten Weltkriegs spielen, aber kaum ein Roman schreibt über die Zeit danach, den harten Winter in Deutschland, die zerstörten Straßen, den Lebensmittelmangel. Dieses Buch zeigt, dass ein Krieg nicht vorbei ist, nur weil ein paar mächtige Männer irgendein Stück Papier unterschreiben. Und das macht es auf sehr eindrucksvolle Weise.
Die Leser verfolgen von Beginn an abwechselnd Anna, die im Krieg erwachsen wird und in der Nachkriegszeit zur Schwarzhändlerin wird, um ihre Familie zu versorgen, und Marie, ihre Tante, die an der Last, die gesamte Familie zu versorgen, nachdem ihr Mann nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist, fast zerbricht. Durch die stark unterschiedlichen Charaktere der beiden Protagonistinnen lernen die Leser die verschiedensten Aspekte der Nachkriegszeit kennen und für Familie Odenthal hält das Schicksal wirklich alles bereit.
Die beschriebenen Geschehnisse sind erschreckend, trotzdem schafft es die Autorin immer wieder schöne Momente entstehen zu lassen, die den Lesern ein Gefühl von Wärme und Hoffnung geben. Das Lesen des Buches ist eine Achterbahn der Gefühle und zeigt einem, wie glücklich man sein kann, über die Zeit in der man gerade lebt.

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Veröffentlicht am 25.02.2024

Eindrucksvoll ruhig

Leuchtfeuer
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Dani Shapiro berichtet in ihrem Roman "Leuchtfeuer" aus den Leben mehrerer Menschen, die in der gleichen Straße in einer ruhigen Vorstadt leben. Die Leser:innen lernen Familie Wilf kennen. Benjamin, der ...

Dani Shapiro berichtet in ihrem Roman "Leuchtfeuer" aus den Leben mehrerer Menschen, die in der gleichen Straße in einer ruhigen Vorstadt leben. Die Leser:innen lernen Familie Wilf kennen. Benjamin, der Vater, Arzt und seine Frau Mimi, deren Kinder Theo und Sarah, die in ihrer Jugend für einen Autounfall verantwortlich sind, bei dem eine Mitschülerin Theos stirbt. Gegenüber der Wilfs wohnen die Shenkmans, deren Sohn Waldo "etwas eigenartig ist", wie sein Vater sagen würde. Die Lebensgeschichten und Schicksale dieser beiden Familien werden durch die Zeit und die Kapitel miteinander verwoben.
Shapiro schafft es, eindrucksvoll von lebensverändernden Momenten zu schreiben, ohne dabei reißerisch werden zu müssen. Sprachlich strahlt der Roman eine wohlige Wärme und angenehme Ruhe aus, die man in kaum einem anderen Buch findet und das obwohl aus den Leben der Protagonist:innen genau die Augenblicke herausgenommen werden, die für sie einschneidend sind, die sie prägen und seelisch belasten. Obwohl wir Leser:innen nur ganz wenige Augenblicke mit Ben, Theo, Sarah, Waldo und den anderen verbringen dürfen, kommt man ihnen ganz nah und baut schnell eine Verbindung auf. Man schließt sie ins Herz und schnell wird einem klar, dass man sie bei so wenigen Seiten viel zu früh wieder verlassen muss.
Leuchtfeuer ist vielleicht nicht das Gute-Laune-Buch, das man in den Sommerurlaub mitnimmt, es bedrückt einen und macht einen nachdenklich, über das Leben, das Schicksal und wie groß kleine Augenblicke sein können. Trotz des einfachen und angenehmen Schreibstils verfehlt es nicht seine Wirkung. Ein vergleichbarer Roman muss erst geschrieben werden!

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