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Veröffentlicht am 27.12.2020

Die Macht der Wortlosigkeit

Still!
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Mariella ist zu der Erkenntnis gekommen, das Reden keine Probleme löst. Folgerichtig hat sie sich entschlossen, nicht mehr zu sprechen - mit niemanden. Es ist überraschend, wie umfassend sie diese Entscheidung ...

Mariella ist zu der Erkenntnis gekommen, das Reden keine Probleme löst. Folgerichtig hat sie sich entschlossen, nicht mehr zu sprechen - mit niemanden. Es ist überraschend, wie umfassend sie diese Entscheidung umsetzt und selbst in Situationen, in der klärende Worte alles vereinfachen würden, bleibt sie stumm. Konsequent in allen Lebenslagen.

Ihr Umfeld kommt damit nicht zurecht. Besonders bei ihrer Mutter liegen die Nerven blank. Aber auch in der Schule wird ihr vieles zum Nachteil ausgelegt, und es ist überraschend, wie aggressiv sowohl Lehrer als auch Mitschüler auf die Stille reagieren.
Als Mariella den gehörlosen Stan trifft, scheint sie endlich jemanden gefunden zu haben, der ihre Entscheidung akzeptiert. Sie beginnt Hoffnung zu schöpfen, doch unterschätzt sie die weitreichenden Folgen ihrer Sprachlosigkeit.

Die Geschichte spiegelt Mariellas Innenleben. Stück für Stück durchlebt man ihren Alltag, ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Träume. Es ist bewundernswert wie konsequent sie ihre Entscheidung umsetzt. Und auch in Momenten der Schwäche, bleibt sie dabei. Das hat mich sehr beeindruckt. Gleichzeitig wird gezeigt, wie wenig Bereitschaft im Umfeld besteht, sich auf Mariella einzustellen.

Mir gefällt die Grundidee des Buches sehr. Es wird mir sehr leicht gemacht, in Mariellas Haut zu schlüpfen und die Welt durch ihre Augen zu betrachten. Doch manches hätte ich mir ausführlicher gewünscht. Viele Szenen bleiben bruchstückhaft. Durch die strikte Wahl der Perspektive bleiben leider auch einige Hintergründe, die zu Mariellas Entscheidung geführt haben diffus. Prägende Ereignisse werden nur angerissen. Mariella wirkt an manchen Stellen stur, doch ich denke, es zeigt gut ihre Überforderung.

Erst die drastischen Ereignisse am Ende machen ihr einen Entwicklungsschritt möglich. Zum Ende gibt es einen Hoffnungsschimmer, doch zur Klärung scheint es noch ein langer Weg.

Fazit: Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit liegen dicht beieinander. Doch man sollte sie nicht verwechseln.

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Veröffentlicht am 04.09.2020

Gut und Böse fein säuberlich getrennt

Mehr als die Erinnerung
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Gut Mohlenberg, 1920: Eine Einrichtung, die psychisch kranken Menschen mit einem für diese Zeit untypsichen menschenfreundlichen Ansatz die Möglichkeit bietet, ein gutes Leben zu führen. Als in der Umgebung ...

Gut Mohlenberg, 1920: Eine Einrichtung, die psychisch kranken Menschen mit einem für diese Zeit untypsichen menschenfreundlichen Ansatz die Möglichkeit bietet, ein gutes Leben zu führen. Als in der Umgebung zwei Morde geschehen, ist man mit der Verdächtigung schnell bei der Hand: Es muss einer der „Geisteskranken von Mohlenberg“ gewesen sein.

Friederike von Aalen, die dort als junge Medizinerin ihren Vater bei der Leitung unterstützt und deren Ehemann nach einem Kriegestraumata selbst zu den Patienten gehört, will die Bewohner schützen und stellt eigene Ermittlungen an.

„Mehr als die Erinnerung ist eine dieser Geschichten, bei der man durch die Seiten fliegt, gut aufgebaut und der das fachliche Hintergrundwissen der Autorin Tiefe und historische Glaubwürdigkeit gibt. Der Krimi ist homogen mit dem Setting verwoben und verliert bis zum Ende nicht an Spannung. Gleichzeitig gibt die Geschichte einen guten Einblick in die psychiatrischen Behandlungsmethoden damaliger Zeiten und der Ausgrenzung der Erkrankten.

Die zeittypischen Rollenklischees werden plastisch transportiert und es ist unterhaltsam zu lesen, wenn eine Frau sich dem widersetzt. Der Spaß potentiert sich zum Ende, als es daran geht, den Täter zu überführen.

Einen Stern Abzug gibt es jedoch: Die Charaktere bleiben sehr flach trotz ausreichendem psychischen Konfliktpotenial. Gut und Böse war schnell sortiert. Dies schwächt die emotionalen Bindung an die Protagonisten. Besonders Friederike von Aalen hatte mir viel zu wenig Ecken und Kanten und war zu übertrieben die treusorgende liebende Ehefrau und Menschenfreundin. Dem Thema hätte es gutgetan, wenn die Menschen vielschichtiger gezeigt worden wären.

Fazit: Eine tolle Mischung aus historischen Frauenroman und Krimi mit gut recherchiertem Hintergrund.

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Veröffentlicht am 31.08.2020

Eine Welt wie im Märchen

Yo
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Yo fällt aus ihrem einsamen, unspektakulären Leben in die bunte Märchenwelt Pardalis. Von einem Tag auf den anderen trägt die unsichere und ängstliche 23jährige die Verantwortung fürs das Überleben der ...

Yo fällt aus ihrem einsamen, unspektakulären Leben in die bunte Märchenwelt Pardalis. Von einem Tag auf den anderen trägt die unsichere und ängstliche 23jährige die Verantwortung fürs das Überleben der Welt mit all ihren wunderbaren Kreaturen. Es bleibt ihr keine Zeit sich einzugewöhnen, denn die dunklen Schatten von Omieda drohen die Welt zu verschlingen. Ein geheimnisvolles Medaillon, die kleine pelzige Suna und der anziehende Vogelmann Miran sind die einzigen, die sie bei ihren Aufgaben unterstützen.

Die Geschichte entspricht einer klassichen Heldenreise, in der die Heldin mit jeder neuen Aufgabe einen Entwicklungsschritt macht. Das Besondere ist die liebevoll erschaffene Welt mit all ihren unterschiedlichen Bewohnern. Ihre Farbenpracht und Vielvalt hat mich des Öfteren an die bunte und atemberaubende Welt von Pandora in dem Film Avatar erinnert.

Immer wieder lernt Yo neue Kreaturen, neue Lebensformen, Gesellschaften und Landstriche kennen, die in einzigartigen bunten Farben der ganzen Geschichte eine märchenhafte Atmosphäre verleihen. Die Bewohner sind mehr als ungewöhnlich, teils bizarr, teils niedlich aber manches Mal auch gruselig. Sie bescheren der Geschichte immer wieder humorige, überraschende und spannende Wendungen. Yos Aufgaben sind sehr gut eingebettet in diese Welt, wenn auch die einzelen Aufgaben manches Mal recht einfach und zufällig gelöst werden.

Eine große Schwachstelle für mich ist die Romanze. Liebe auf den ersten Blick, ohne dass die Anziehung untereinander begründet und nachvollziehbar ist. Es findet keinerlei Entwicklung statt. Yo benimmt sich wie ein 13jähriger Backfisch und hätte mit solch einem Benehmen, niemals eine Chance, bei einer erwachsenen, selbstbewussten Kämpfer Interesse zu wecken. Da große Teile der Geschichte beide aber voneinander trennt, war dieses Ärgernis nicht ständig präsent.

Ein großer Pluspunkt ist das ungewöhnliche und offene Ende. Ein guter Bruch des ansonsten klischeehaften Verlaufs.

Fazit: Leseempfehlung für Fans von Heldenreisen in bunten, innovativen Welten und mit ungewöhnlichen Bewohnern

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Romantisch, lesbisch, leicht ...

Mut ist der Anfang vom Glück
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Die 16-jährige Kim gerät langsam unter Druck. Ihre besten Freundinnen können schon längst einen Freund vorweisen und ihre Eltern warten gespannt, wann sie sich endlich in einen Typen verguckt. Doch der ...

Die 16-jährige Kim gerät langsam unter Druck. Ihre besten Freundinnen können schon längst einen Freund vorweisen und ihre Eltern warten gespannt, wann sie sich endlich in einen Typen verguckt. Doch der Funke will nicht überspringen. Erst als die neue Mitschülerin Ella in Kims Klasse kommt, gerät ihr Herz ins Stolpern und plötzlich ist es nicht mehr so einfach mit der ersten Liebe …

Die Geschichte ist locker leicht erzählt. Es gibt reichlich Hindernisse bis zur ersten großen Liebe ; vor allem Kim selbst steht sich immer wieder im Weg.

Sehr sympathische Charaktere und unterhaltsame Wendungen in einer Erzählung von der Entdeckung der eigenen Sehnsucht und wie viel Mut es braucht, sie nach außen zu zeigen.

Fazit: gelungenes Jugenbuch zum queeren Alltag

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Veröffentlicht am 07.08.2020

humoriges Fantasyabenteuer mit vielen innovativen Ideen

Eiswelt
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Charlie Worthing tritt seine neue Stelle als Novize des Winterkonsul an. Und steht damit vor seinem ersten Winter, den er wach überstehen/überleben will. Zu Beginn scheint er alles falsch zu machen, bis ...

Charlie Worthing tritt seine neue Stelle als Novize des Winterkonsul an. Und steht damit vor seinem ersten Winter, den er wach überstehen/überleben will. Zu Beginn scheint er alles falsch zu machen, bis erst einmal klar ist, das Richtig und Falsch gar nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.

Als Wintergreenhorn hat Charlie seine ganz eigene Art die Dinge zu betrachten und zu gewichten und sich durch den Dschungel an gutgemeinten Ratschlägen und Wintermärchen seinen Weg zu bahnen.

Es entwickelt sich eine temporeiche Geschiche, die fast an einen Politthriller erinnert, wären da nicht die skurrilen Persönlichkeiten in den Machtpositionen, die unvorsehbaren Herausforderungen und die bizarren winterlichen Lebensformen, die oftmals zu einer brüllende Situationskomik führen.

Die Eiswelt ist klasse durchdacht mit wirklich witzigen gesellschaftlichen Regeln - ich sage nur „Fat-Thursday“. Der Autor erschafft mit seinem Humor und seinen innovativen Ideen eine sehr ungewöhnliches Gesellschaft unter eisigen Bedingungen.

Der Einstieg ist mir etwas schwer gefallen und auch die vielen Anmerkungen zu Beginn im Text unterbrechen den Lesefluss. Davon hätte ich mir weniger gewünscht oder am Ende ein Glossar, in dem man nachschauen kann. Das ist aber der einzige Kritikpunkt.
Als die Geschichte erst einmal Fahrt aufgenommen hatte und ich die Orientierung gefunden hatte, wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Fazit: Humor, Spannung und Fantasy verknüpft zu einem ungewöhnlichem Abenteuer

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