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Muehlenkind

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2021

Eine bewegende Geschichte über das Leben, das Sterben… und das Leben…

All die ungelebten Leben
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Als bei Jane der Krebs zurückkehrt und ihr nur noch eine kurze Lebenszeit bleibt, entschließt sie sich, ihre beiden Schwestern, zu denen sie seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hat, zu einem Treffen einzuladen.

Im ...

Als bei Jane der Krebs zurückkehrt und ihr nur noch eine kurze Lebenszeit bleibt, entschließt sie sich, ihre beiden Schwestern, zu denen sie seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hat, zu einem Treffen einzuladen.

Im Ferienhaus ihrer Tante, die für Jane mehr Mutter ist, als ihre leibliche Mutter es je war, kommt es zu einer Aufarbeitung von Vergangenheit und schmerzlichen Wahrheiten. Masken fallen und alte Wunden brechen auf – und doch kommen sich die Schwestern in der Geborgenheit des Ferienhauses auf Rømø in einer Weise nahe, wie es nie zuvor möglich war.

Michaela Abresch spannt den erzählerischen Bogen ihres Romans von der emotionalen Vernachlässigung der im 2. Weltkrieg geborenen Generation (und den daraus resultierenden Folgen für deren Familien) über die Anstrengungen (und Nichtwürdigung) häuslicher Pflege, humanitärer Hilfe in den Krisengebieten dieser Welt bis hin zu so heiklen Themen wie Palliativmedizin und -begleitung oder selbstbestimmtem Sterben. Dass dies alles in gleichem Maße sachlich fundiert wie anrührend geschieht, ohne dabei auch nur im Geringsten sentimental oder gar kitschig zu werden und trotzdem eine geradezu sprichwörtliche Leichtigkeit behält, ist einer der großen Verdienste dieses Romans.
Hinzu kommt, dass die poetische und dabei klare und schlichte Sprache Michaela Abreschs Bilder malt, die lange im Kopf verweilen und „All die ungelebten Leben“ zu einem ganz besonderen Leseerlebnis werden lassen, das unweigerlich zur Selbstreflektion führt.

Eine von Herzen kommende Leseempfehlung für Michaela Abreschs wundervollen Roman ist ein unbedingtes Muss!

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Veröffentlicht am 08.01.2021

Ein Regionalkrimi ohne jede Volkstümelei und Behäbigkeit… spannend und vielschichtig!

Die Tränen der Vögel
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Sven Seidelmann, Ornithologe und Mitarbeiter einer pharmazeutischen Forschungsfirma, wird ermordet aufgefunden. Tatmotiv und Täter bleiben vorerst im Dunkeln, ist doch die einzige Zeugin des Verbrechens ...

Sven Seidelmann, Ornithologe und Mitarbeiter einer pharmazeutischen Forschungsfirma, wird ermordet aufgefunden. Tatmotiv und Täter bleiben vorerst im Dunkeln, ist doch die einzige Zeugin des Verbrechens eine Nachtschwalbe und deren Beitrag zur Aufklärung ist vorerst nur ihr blutiger Schnabel…

Während Karola Bartsch gemeinsam mit ihrem Team die Ermittlungen aufnimmt, muss sich ihr Bruder, der ehemalige Drogenfahnder Karsten, mit ganz anderen Problemen nicht minder existenzieller Art herumschlagen: Drogen-Dealer wollen seine als Sozialprojekt konzipierte Strandbar „Strandfurt“ als neuen Umschlagplatz für ihre Geschäfte missbrauchen. Und damit nicht genug, gerät Karsten, der sich eigentlich aus jeglichen kriminellen Machenschaften heraushält, bald unfreiwillig in den Fokus der Ermittler um seine Schwester… und hat alle Hände voll zu tun, Licht ins Dunkel zu bringen…

„Die Tränen der Vögel“ ist der 2. Band einer in Frankfurt am Main (und Umgebung) spielenden Krimiserie mit dem Protagonisten-Geschwisterpaar Karola und Karsten Bartsch.

Die Stärke dieses Krimis liegt nicht nur im spannend konzipierten und mit einigen unerwarteten Twists versehenen Plot, sondern vor allem in seinen authentischen Charakteren, die vielschichtig und jenseits des im Moment üblichen Krimi-Mainstreams gezeichnet wurden. Durchaus menschlich und empathisch gehen die beiden Geschwister ihren Professionen, aber auch ihren Passionen nach – und müssen sich gleichzeitig immer wieder auch den Geistern ihrer Vergangenheit stellen. Das alles geschieht spannend und für einen Regionalkrimi so gar nicht behäbig, sondern im Gegenteil äußerst vielschichtig und auch literarisch durchaus ansprechend.
Und dass der Leser während des Rätselns um Tatmotiv und Täter und dem Bangen um die physische und psychische Gesundheit der Bartsch-Geschwister und den ihnen nahestehenden, oft ziemlich kauzigen Mitmenschen wie nebenbei vieles über die gefiederten Mitbewohner unseres gefährdeten Planeten erfährt, ist schlicht bezaubernd…

Nach der Lektüre dieses Frankfurt-Krimis mit dem etwas sperrigen, aber durchaus passenden Titel haben Karola und Karsten Bartsch in mir jedenfalls einen neuen begeisterten Leser gefunden…
Leseempfehlung? Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 20.12.2020

Schnörkellos spannend und psychologisch fein gezeichnet…

Inseldämmerung
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Nach dem Überfall auf einen Geldtransporter fliehen der gerade aus der Haft entlassene Brockhaus und seine zwei mindestens genauso gewaltbereiten Mittäter auf einer kleinen Jacht trotz Wintersturm über ...

Nach dem Überfall auf einen Geldtransporter fliehen der gerade aus der Haft entlassene Brockhaus und seine zwei mindestens genauso gewaltbereiten Mittäter auf einer kleinen Jacht trotz Wintersturm über die Nordsee. Als sie an der Küste Amrums Schiffbruch erleiden, suchen sie Zuflucht in den Ferienhäusern der Insel und geraten so in die Familienweihnacht von Martin, Alexandra, deren beiden halbwüchsigen Kindern Joshua und Daniela und dem jüngsten Spross der Familie, dem kleinen Piet. In kürzester Zeit muss die Familie erfahren, wem Familienvater Martin auf ein Klingeln hin Asyl vor dem Sturm und Hilfe für die Verletzungen angeboten hat. Im Verlauf der Weihnachtsnacht bis hin zum Morgen spitzt sich die Situation immer mehr zu, zumal Brockhaus psychologisch gewieft und überaus manipulativ die familieninternen Spannungen zu nützen weiß. Nur wenige Straßen weiter feiert auch Inselpolizist Nils Petersen mit seiner Familie Weihnachten. Als er im immer wütender tobenden Sturm auf einer Kontrollrunde über die Insel die aufgelaufene Jacht findet und seine Festlandanfrage mit den Ermittlungen der Hamburger Polizei zusammenlaufen, hat sich die Situation im Ferienhaus bereits so entwickelt, dass es für alle Beteiligten um Leben und Tod geht.

„Inseldämmerung“ ist ein durch und durch lesenswerter Krimi, der sich, geradlinig und schnörkellos konstruiert, zum einen durch einen spannenden Plot, aber auch durch das reizvolle Setting auszeichnet. Abgesehen von seinen angenehmen Ermittlerfiguren, die jenseits des aktuellen Zeitgeists nicht mit Depressionen und Alkoholsucht, wohl aber mit ganz normalen familiären Problemen zu kämpfen haben, zeichnet er mit treffendem Blick einen kriminellen Protagonisten, dessen scharfe Intelligenz und Gespür für psychologische Zusammenhänge seine pathologische Persönlichkeit umso interessanter und furchteinflößender wirken lässt.

„Inseldämmerung“ ist der vierte Teil einer Krimi-Reihe um den Inselpolizisten Nils Petersen, den man auch ohne Vorkenntnisse gut lesen kann. Allerdings weckt er im Leser den Wunsch, die ersten drei Teile schnell nachzuholen! Leseempfehlung? Unbedingt!

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Veröffentlicht am 01.12.2020

Erinnern? Ja unbedingt, aber richtig!

Die verratene Generation
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Political correctness ist in. Wer politically correct ist, „hat sich schlau“ gemacht… Leider vergisst der politisch korrekte Mensch heute oft, dass es immer zwei Seiten einer Medaille gibt, und so einiges ...

Political correctness ist in. Wer politically correct ist, „hat sich schlau“ gemacht… Leider vergisst der politisch korrekte Mensch heute oft, dass es immer zwei Seiten einer Medaille gibt, und so einiges zwischen schwarz und weiß. Denn „political correctness“ ist viel zu oft eine Schublade unseres gesellschaftlichen Bewusstseins, die nichts über die Richtigkeit oder Falschheit unseres Denkens und Handelns aussagt, sondern über die Angst vor dem Verlust unseres sozialen Ansehens und über die Angst, uns angreifbar und zum Gegenstand kollektiven Zorns zu machen.

Vielleicht deshalb machen viele Abhandlungen zum Thema der „Frauen im nationalsozialistischen Deutschland“ den weiblichen Teil der Bevölkerung in der Zeit ab 1933 zu glühenden, überzeugten, eifernden Nazis, zu kategorischen Mitwisserinnen und Mittäterinnen, ohne Ansehen der Person, ohne Berücksichtigung der Einzelschicksale, ohne Empathie oder wenigstens den Versuch einer Dokumentation des Leidens, des Grauens und der Entbehrungen, die die meisten Frauen während und nach den Jahren des 2. Weltkriegs in Deutschland durchleben mussten.

Der Geschichts-, Literatur- und Medienwissenschaftler Dr. phil. Christian Hardinghaus nun hat 13 Zeitzeuginnen eine Stimme gegeben und damit einen Raum für ihre Zeitberichte in dem 2. Band seiner Dokumentationsreihe, die sich mit dem 2. Weltkrieg auseinandersetzt (der 1. Band „Die verdammte Generation“ ist mindestens genauso empfehlenswert!), geschaffen.

Alle erzählenden Frauen, Geburtsjahrgänge zwischen 1920 und 1931, haben den 2. Weltkrieg auf ihre ganz individuelle Weise erlebt, individuelle Verluste und individuelle Verletzungen, psychischer wie physischer Natur, erlitten. Was sie jedoch alle eint, ist das Vergessen-Werden durch eine Gesellschaft, die zwischen Schuld und Verantwortung nicht (mehr) unterscheiden kann und damit eine Erinnerungskultur praktiziert, die der Vergangenheit nicht gerecht wird.

In vier Kapiteln, beginnend mit „Die deutsche Angst vor der Erinnerung“ über „Frauen im Zweiten Weltkrieg: verführt, verbraucht, verraten und vertrieben“ und „Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten“, endend mit dem Kapitel „Bombenkrieg gegen Deutschland“ schreibt Hardinghaus auf 335 Seiten kenntnisreich und differenziert mit unterstützenden Fakten und viel Hintergrund-Information gegen die Verharmlosung des Holocausts durch sich auf gleiche Stufe mit den Holocaust-Opfern stellenden Impfgegner genauso an wie gegen die Vertreter der Kollektivschuldthese, die die Flächenbombardements auf Deutschland als adäquates Mittel gegen „Nazi-Deutschland“ rechtfertigen.

Einzig ein differenzierter Blick in die Vergangenheit unter Berücksichtigung aller Aspekte macht deutlich, dass es in Kriegen nur Verlierer geben kann, bleiben doch Moral und Humanität auf allen Seiten auf der Strecke.
Christian Hardinghaus und seine mutigen Zeitzeuginnen, die sich im Rahmen ihres Erinnerns auch durchaus ideologischen Unbequemlichkeiten zu stellen bereit waren, machen deutlich, wie wichtig eine Erinnerungskultur ist, die den nachfolgenden Generationen weit über eine „Schuld-Frage“ hinaus ermöglicht, ‚die Vergangenheit dieses Landes verstehen und … daraus Erklärungen für aktuelle Krisen und Spannungen gewinnen zu können‘.

In seinem Nachwort fasst der Autor zusammen, was uns alle bewegen und motivieren sollte: das kollektive Erinnern nicht zu verlernen, weiter aufrichtig an den Holocaust und die vielen Verbrechen der Nazis im Dritten Reich zu erinnern, der Fehlsicht und -interpretation sowohl Rechts- als auch Linksextremer keinen Raum zu lassen und dadurch in uns die Fähigkeit zu fördern, zukünftige Kriegsverbrechen und Verbrechen wider die Menschlichkeit zu erkennen und ihnen entgegenzutreten.

Zu dieser notwendigen, differenzierten Erinnerung trägt dieses wichtige Buch bei und gleichzeitig lässt es die Unsäglichkeiten, denen viele Frauen im 2. Weltkrieg ausgesetzt waren, nicht vergessen werden.

„Die verratene Generation“ ist ein „must read“ und eine Empfehlung für die Schullektüre der nachfolgenden Generationen!

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Veröffentlicht am 08.10.2020

Spannend, schwarzhumorig, zeitkritisch, tiefgründig und sprachlich wirklich ansprechend ... sehr empfehlenswert!

Frau Morgenstern und der Verrat
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Violetta Morgenstern, pensionierte Grundschullehrerin und ehemals Do-it-yourself-Rächerin, wurde in den eliminierenden Staatsdienst befördert. Dort löst sie mit Kollegen Schlunegger Mensch-gewordene Moralproblemfälle ...

Violetta Morgenstern, pensionierte Grundschullehrerin und ehemals Do-it-yourself-Rächerin, wurde in den eliminierenden Staatsdienst befördert. Dort löst sie mit Kollegen Schlunegger Mensch-gewordene Moralproblemfälle auf die finale Art. Dieses Mal allerdings werden sie mit der Aufklärung eines Attentats auf eine aufstrebende Jungpolitikerin beauftragt. Während Miguel Schlunegger das Attentats-Opfer genauer inspiziert, muss Violetta erkennen, dass ihre Familiengeschichte nicht die ist, die sie bisher zu kennen glaubte...
Marcel Huwyler ist ein wundervoller Kriminalroman mit einer einzigartigen Protagonistin und vielen weiteren, liebevoll-detailliert gezeichneten Charakteren gelungen, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient. Der schwarzhumorige Plot zeichnet sich gleichzeitig durch echte menschliche Tiefe und ein gerüttelt Maß Medien- und Polit-Kritik aus und wirkt an keiner Stelle oberflächlich und schnelllebig. Unerwartete Twists halten das Spannungsniveau hoch und garantieren echtes Krimivergnügen, der Handlungsnebenstrang um die Vergangenheit von Violettas Familie vermittelt ein intimes Seelenbild und einen völlig neuen Aspekt ihres so unbeugsam scheinenden Charakters. Man darf schon jetzt auf die folgenden Begegnungen mit der Tellschaft und der Lila-Lady gespannt sein. Und dem, der die Romane um Frau Morgenstern noch nicht kennt, sei empfohlen: Unbedingt lesen - alles andere wäre ein echter Verlust!

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