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Veröffentlicht am 24.01.2021

Eindrucksvolle Schilderung des Lebens der "Schwabenkinder"

Als wir uns die Welt versprachen
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Edna lebt alleine mit ihrem Papagei in Südtirol. Regelmäßig liest sie die Zeitschrift „Stern“ und eines Tages findet sie dort das Foto ihres Freundes aus Kindertagen. Jacob ist sein Name und wie sie, wurde ...

Edna lebt alleine mit ihrem Papagei in Südtirol. Regelmäßig liest sie die Zeitschrift „Stern“ und eines Tages findet sie dort das Foto ihres Freundes aus Kindertagen. Jacob ist sein Name und wie sie, wurde als Verdingkind auf einem Markt in Ravensburg verkauft. Sie erkennt ihn auch nach vielen Jahrzehnten an seiner markanten Verletzung am Augenlid. Kurzentschlossen macht sie sich auf den Weg nach Radolfzell. Nein, nicht mit dem Auto oder der Bahn, sie reist per pedes und mit Emil, dem Papagei an ihrer Seite. Der hat nämlich für Edna und Jacob eine besondere Bedeutung. Auf dem Weg von Italien nach Deutschland begegnet sie etlichen Menschen, die sie tief in ihrem Inneren berühren und so gar nicht dem üblichen „Schubladendenken“ entsprechen.

„Als wir uns die Welt versprachen“ berichtet von einem Kapitel in der Geschichte, welches nicht viel Beachtung findet. Verding- oder Schwabenkinder wurden von armen Familien in großer Not verkauft. Sie mussten zu reichen Bauern ziehen und dort unter sklavenähnlichen Verhältnissen arbeiten. Immer wieder wird berichtet, dass auch Geistliche für den Verkauf der Kinder einsetzten. Sie wollten ihnen laut eigener Aussagen, doch nur das beste. Wie das tatsächlich war, das kann in Büchern nachgelesen und in Filmen angeschaut werden. Märkte, bei denen die Kinder an meistbietende Bauern verkauft wurden, gab es nicht nur in Ravensburg. Unter anderem wurden die Kleinen auch in Wengen und Friedrichshafen auf ihre erschütternde Reise gebracht.

Das Fatale bei den missbrauchten Kindern war, dass die Familien sich tatsächlich keine andere Lösung denken konnten. Zumal, wie oben geschrieben, auch die Kirchenväter ihnen gut zuredeten. Über ihre Situation berichteten die Kinder kaum. Zu ängstlich waren sie und selbst Missbrauch wurde nicht verraten. Leider gibt es bis heute nur wenige Zeitzeugen, die darüber berichten. Zu lange sind die Untaten an Wehrlosen her und kaum noch jemand interessiert sich dafür. Die Autorin schildert eindringlich das Geschehen damaliger Zeit, verzettelt sich aber meiner Meinung nach dann doch zu sehr. Vier Sterne und eine Leseempfehlung gebe ich aber sehr gerne.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Die Tochter des Papstes

Lucrezia Borgia
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Viele Leute denken, sie sei eine „verhängnisvolle Frau“, die zudem Giftmörderin, Ehebrecherin und Blutschänderin war. Als ich „Femme fatale“ bei Google eingab, wurde mir als eines der vielen Ergebnisse ...

Viele Leute denken, sie sei eine „verhängnisvolle Frau“, die zudem Giftmörderin, Ehebrecherin und Blutschänderin war. Als ich „Femme fatale“ bei Google eingab, wurde mir als eines der vielen Ergebnisse auch Lucrezia Borgia präsentiert. Zum Glück gibt es immer wieder neue Erkenntnisse, die viele Vorurteile entkräften. Es wurden Briefe gefunden und Schriften entdeckt, die ein völlig anderes Bild von Lucrezia Borgia zeigen. Sie lebte von 1480 bis 1519 und war die uneheliche Tochter des Papstes Alexander VI. Auch er benutzte sie im Ränkespiel der Zeit und ja, „verschacherte“ zu eigenen Zwecken.

Die Biographie von Friederike Hausmann zeigt eine Lebensgeschichte, die den aktuellen Ergebnissen der Forschung entspricht. Viele angebliche Fakten vergangener Zeit werde widerlegt und andere belegt. Aber nicht nur das Leben von Lucrezia wird beschrieben. Auch ihre Verwandten, seien es Blutsverwandte oder angeheiratete Familienmitglieder, kommen zur Sprache. Wie es damals normal war, so wurde auch Lucrezia verheiratet, wie es der Politik des Papstes oder der Brüder am besten passte. Frauen galten als Mittel zum Zweck und falls sie das Glück hatten, dass sie einen Ehemann fanden, der ihnen gefiel, war das eine Ausnahme.

Das Sachbuch schildert nicht nur das Leben der Borgia sondern auch die Entwicklung in Italien. Leider hielt sich die Autorin dabei nicht immer an die chronologische Reihenfolge und das erschwerte für mich den Lesefluss. Trotzdem las ich das Buch sehr gerne und bin davon überzeugt, dass hier eine gründliche Recherche vorliegt. Viele Querverweise gibt es, die im Anhang genau bezeichnet und als Fakten nachzulesen sind. Nein, niemand kann definitiv bezeugen, dass alle Angaben von Historikern stimmen. Aber ich denke, dass hier nur belegbare Schriften als Grundlage zur Biographie dienten. Vier Stern gebe ich daher sehr gerne.

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Veröffentlicht am 19.01.2021

Guter Roman, leider mit vielen offenen Enden

Der silberne Elefant
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Drei Frauen und ihre Schicksale werden in dem Roman „Der silberne Elefant“ beschrieben. Vera, die vor Jahren einen Fehler machte, der ihr keine Ruhe lässt, Emilienne, die während des Bürgerkrieges in Ruanda ...

Drei Frauen und ihre Schicksale werden in dem Roman „Der silberne Elefant“ beschrieben. Vera, die vor Jahren einen Fehler machte, der ihr keine Ruhe lässt, Emilienne, die während des Bürgerkrieges in Ruanda schlimmste Traumata erlebte und Lynn, die mit 58 Jahren sterben wird. Alle drei sind Opfer ihres Lebens beziehungsweise der Erlebnisse. Sie können zwar nicht sofort alles verarbeiten aber lassen irgendwann die Hilfe von außen zu. Das hilft ihnen, zu verarbeiten und vielleicht können sie ja auch ihren Peinigern irgendwann vergeben?

Als die Autorin in einem Interview gefragt wurde, welches Erlebnis den Ausschlag für das Schreiben des Buches war, konnte sie sich sehr genau an den Tag erinnern. Sie besuchte eine Wohltätigkeitsveranstaltung, die sich für die Überlebenden der Massaker in Ruanda einsetzte. Was sie dort hörte, beeindruckte sie tief und sie war so erschüttert, dass sie es nur mit dem Schreiben eines Buches verarbeiteten konnte.

„Der silberne Elefant“ berührt sehr, da die Grausamkeiten drastisch geschildert werden. Ich als Leser sah das Blut vor mir und das Kopfkino bekam mir nicht wirklich gut. Es ist aber Fakt, dass zwischen April und Juli des Jahres 1994 mehr als 800.000 Menschen getötet wurden, die den Tutsis angehörten. Und nein, dieser Genozid wurde nicht von Auswärtigen, sondern von Nachbarn und „Freunden“ verübt. Die gehörten nämlich den radikalen Hutu an.

Ein spannendes Buch, das mich aber nicht völlig überzeugen konnte. Für mich war der Zusammenhang zwischen den Frauen nicht immer ersichtlich und das Ende hatte zu viele lose Fäden. Vielleicht gibt es ja noch eine Fortsetzung? Das wäre schön. Der Freistaat Bayern verlieh für den Roman sogar eine Verlagsprämie und dass es ein Debüt ist, erkennen selbst fleißige Leser kaum. Hier muss aber auch die Übersetzerin gelobt werden. Ihre Arbeit ist aller Ehren wert und das kann noch längst nicht jeder ihrer Kollegen von sich behaupten. Vier Sterne und das nur, weil das Ende für meinen Geschmack zu offen ist.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Von Pferden lernen

Das Glück der Erde
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Bereits im Alter von vier Jahren saß sie auf einem Pony und damit begann ihre Liebe zu Pferden. In dem Buch „Das Glück der Pferde“ beschreibt Jessica von Bredow-Werndl ihren Weg zum Erfolg. Es sind etliche ...

Bereits im Alter von vier Jahren saß sie auf einem Pony und damit begann ihre Liebe zu Pferden. In dem Buch „Das Glück der Pferde“ beschreibt Jessica von Bredow-Werndl ihren Weg zum Erfolg. Es sind etliche Tiere, die hier erwähnt werden und alle halfen der Reiterin dabei, dass sie mittlerweile etliche Siege im nationalen und internationalen Wettbewerb erringen konnte. Sie lebt und arbeitet auf Gut Aubenhausen und freut sich, wenn sie an künftigen Olympiaden teilnehmen kann. Auch ihr Bruder steht Jessica zur Seite und beide ergänzen sich optimal.

Das Buch ist in der Ich-Form und mit viel Herzblut geschrieben. Frau Bredow-Werndl gehört zu den besten Reiterinnen der Welt. Dabei war die erfolgreiche Isabel Werth ihr stets ein wertvolles Vorbild. Die zählt zu den erfolgreichsten Dressurreiterinnen der Welt und konnte immerhin zehn olympische Medaillen gewinnen. Das ist schön und machte den Reitsport populär.

Ich las die Geschichte von Frau Bredow-Werndl sehr gerne und fand ihre Ausführungen interessant. Und das, obwohl ich unsere Pferde nicht als Sportgerät oder Reittier sehe. Was mir gut gefiel, dass sie eine Beziehung zu den Tieren aufbaut und sie als Partner ansieht. Das ist bei Leistungssportlern nicht gerade normal. Warum sie Vegetarierin wurde, das interessierte mich eigentlich nicht und warum sie das in ihrem Buch beschrieb? Ich weiß es nicht. Wer sich für Leistung und Dressur im Zusammenhang mit Pferden interessiert, wird das Buch mögen. Leser müssen sich allerdings gefallen lassen, dass hier auch Werbung für den eigenen Reitstall gemacht wird. Auch Werbung für gute Trainer gibt es in dem Buch. Da auch ich diese großen und liebenswerten Tiere sehr mag, gebe ich vier Sterne und eine bedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 17.01.2021

Anspruchsvolle Literatur

Der Mann im roten Rock
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Dr. Julian Pozzi war ein Pionier auf dem Gebiet der Frauenheilkunde. Er setzte sich für die minimalistische Operation ein und das hieß schon damals, dass die Dauer des Eingriffs auf ein Minimum reduziert ...

Dr. Julian Pozzi war ein Pionier auf dem Gebiet der Frauenheilkunde. Er setzte sich für die minimalistische Operation ein und das hieß schon damals, dass die Dauer des Eingriffs auf ein Minimum reduziert werden konnte. Zudem war er überzeugt, dass die neuartigen Materialien für Chirurgen nicht nur das Vernähen der Wunden revolutionierten. „Der Mann im roten Rock“ zeugt von einer umfangreichen Recherche und beschreibt die Belle Epoque eindringlich und ausführlich. Pozzi sorgte dafür, dass endlich Hygienevorschriften in die Operationssäle Einzug hielten und ja, der übersetzte auch die damals sehr umstrittenen Aufzeichnungen Darwins in die französische Sprache.

Es war das Bildnis von Sargent, welches den Autor zum Schreiben dieses Buches animierte. Es zeigt den Arzt und „Vater der französischen Gynäkologie“ ganz privat. Er trägt einen roten Morgenmantel und darunter ein weißes Hemd. Seine Hände sind äußerst schmal dargestellt. Sahen so Chirurgenhände in der Vorstellung des Künstlers aus? Pozzi wird in etlichen Abhandlungen über sein Leben als notorisch Sexsüchtig geschildert. Wobei sich nicht nur Herr Barnes die Frage stellt, welchen Wahrheitsgehalt diese Aussagen haben. In dem Zusammenhang schreibe ich auch hier ein Zitat, welches mir in dem Buch „Der Mann im roten Rock“ ausgesprochen gut gefiel: „Warum drängt es die Gegenwart ständig, über die Vergangenheit zu urteilen?“ Wir können in der heutigen Zeit lediglich darauf hoffen, dass Historiker und Autoren gut ermittelten. Und dennoch wissen wir nicht, was damals tatsächlich geschah und in welcher Weise wir den Hauptpersonen wirklich gerecht werden.

Das Buch ist spannend geschrieben und konnte mich fesseln. Aber ich gebe zu, dass ich es nicht permanent lesen konnte. Es gab zu viele Fremdwörter und auch Fakten, die ich immer mal wieder sacken lassen musste. Eine Empfehlung gebe ich auf jeden Fall und die vier Sterne sind meiner Meinung nach angemessen.

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