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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Serienkiller, eine Insel, ein Mädchen auf der Flucht

Shadowlands
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Rory ist nichts Besonderes. Sie ist nicht wunderschön, geht nicht auf Partys, selbst als Crossläuferin macht sie "nur" dritte Plätze. Und trotzdem ist sie in das Visier eines völlig durchgedrehten, hochintelligenten ...

Rory ist nichts Besonderes. Sie ist nicht wunderschön, geht nicht auf Partys, selbst als Crossläuferin macht sie "nur" dritte Plätze. Und trotzdem ist sie in das Visier eines völlig durchgedrehten, hochintelligenten Serienkillers geraten - und als sie ihm entkommt, fängt das Grauen erst an. Vierzehn Mädchen hat er getötet, und keine, nicht eine einzige konnte fliehen. Rory wird nicht die Erste werden!

Das FBI schätzt den Mann als so gefährlich ein, dass Rory samt ihrer Familie (Vater und Schwester, die Mutter ist vor Jahren an Krebs gestorben) in ein Zeugenschutzprogramm kommen. Unter einem falschen Namen werden sie Einwohner einer Insel, wie sie idyllischer wohl kaum sein könnte. Doch Rory fühlt sich vom ersten Moment an verfolgt und dass die Jugendlichen hier auf der Insel sie zu beobachten, ja regelrecht zu umwerben scheinen, hilft ihr nicht weiter. Und dann verschwinden Leute, sie hört das Lied, das der Killer immer pfiff, jemand hinterlässt "Geschenke". Und dann ist auch ihre Schwester fort, und sie weiß genau, was das bedeutet ...

Wow. Ich habe das Buch vor mehreren Stunden beendet, und es beschäftigt mich noch immer. Eigentlich waren alle Anzeichen vorhanden, immer wieder zeigt uns die Autorin, was tatsächlich passiert, doch das tarnt sie so gut, dass man am Ende das Buch zuklappt und sich denkt: Verdammt, wie konnte ich wirklich alle Anzeichen übersehen? Und überhaupt: Wie genau funktioniert das jetzt alles? Tatsächlich lässt uns die Autorin vieles selbst interpretieren, was wahrscheinlich für einige Leser äußerst unbefriedigend sein dürfte. Alle anderen dürfen sich auf einen Jugendthriller freuen, der zwar einerseits sehr das jugendliche Thema bedient (heiße Jungs, schöne Mädchen), aber auch regelmäßig für Grusel und Gänsehaut sorgt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Welt aus Rot und Silber

Die rote Königin (Die Farben des Blutes 1)
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Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen ...

Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen und sollen zusehen, ob wir instinktiv paddeln können. Ich konnte, aber bestimmt ist das nicht jedermanns Sache.

Wir treffen hier auf Mare, die eine Rote ist. Die Roten sind kaum mehr als billige Arbeitskräfte für die Silbernen, welche die Welt beherrschen aufgrund ihrer überragenden Technologie - und als wäre das nicht genug, beherrschen sie auch noch Magie. Und zwar nur sie, die Silbernen, die Roten nicht. Zumindest ist es das, was Mare ihr ganzes Leben lang erzählt wurde und was sie geglaubt hat. Denn dass das nicht so ganz stimmen kann, wird klar, als sie in Lebensgefahr gerät. Als ein paar Rote mehr oder weniger des Spaßes wegen sie opfern wollen, entkommt sie mit Hilfe von Magie. Natürlich kann die herrschende Familie das so nicht durchgehen lassen, sie kidnappen Mare, nehmen sie mit und geben sie für eine verschollene Verwandte aus. Auf gar keinen Fall darf herauskommen, dass sie keine Silberne ist, denn im Roten Volk brodelt bereits jetzt Rebellion, und wenn jeder wüsste, dass auch sie zu Magie fähig wären ... nicht auszudenken für die Silbernen. Deshalb verloben sie Mare sogar mit dem jüngeren Prinzen, alles, um den Schein zu wahren. Doch man kann ein Volk nur so und so lange unterdrücken, bis es sich auflehnt, und plötzlich sitzt Mare zwischen allen Stühlen.

Eine sehr interessante Welt, die hier entworfen wird. Einerseits kommt es einem fast mittelalterlich vor, zumindest, wie die Roten leben müssen, andererseits sind die Silbernen durchaus mit Technik ausgerüstet. Darauf muss man sich einlassen, auch dass es hier keine märchenhaften Geschehnisse sind. Da wird intrigiert, gehasst, Mordversuche unternommen. Das Buch ist durchaus fesselnd geschrieben mit nur wenigen Längen, die sich für mich meist aus der Interaktion mit dem älteren Prinzen ergaben. Das typische Ich-liebe-ihn-ich-hasse-ihn-ich-liebe-ihn, na ja, ist ja ein Jugendbuch, das muss so wahrscheinlich.

Immerhin war nicht alles völlig vorhersehbar, zumindest ich habe die Wendung zum Schluss so nicht kommen sehen, das war clever. Zusammengefasst: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und werde auch den Folgeband lesen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Alice, Wittgenstein und die Philosophie der Morde

Der Tote im Moor
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Alice ist fast zwölf, und das ist schon der zweite Band, in dem sie einen Fall lösen muss. Nachdem sie am Ende von Buch eins ihre Schule verlassen musste, ist sie gezwungen, sich mit neuen Mitschülern ...

Alice ist fast zwölf, und das ist schon der zweite Band, in dem sie einen Fall lösen muss. Nachdem sie am Ende von Buch eins ihre Schule verlassen musste, ist sie gezwungen, sich mit neuen Mitschülern und einer neuen Schule herumzuärgern. Die Einzige, mit der sie Kontakt hat, ist die künstlerisch begabte Lisa Bork, und ausgerechnet die wird eines Tages beschuldigt, ihren eigenen Vater umgebracht zu haben. Die Beweise scheinen klar zu sein: Man hat sie regelrecht auf frischer Tat ertappt, das blutige Messer noch in der Hand. Fall erledigt.

Fall erledigt? Nicht für Alice. Zusammen mit ihrem einzigen Freund, dem dicken, aber treuen Tom, ermittelt sie wieder einmal auf eigene Faust, unterstützt nicht nur von Toms Computerkenntnissen und ihrem eigenen scharfen Verstand, sondern auch von dem Philosophen Wittgenstein, der zwar seit Jahrzehnten tot ist, aber für den das kein Grund ist, nicht mit Alice zu reden.

Klingt alles ein bisschen abgedreht? Klar, ist es auch. Immerhin spielt es im Allgäu (no offence, liebe Allgäuer!), im hinterletzten Dorf der hinterletzten Gemeinde. Und wie das in so abgeschiedenen Dorfgemeinschaften ist, hat dort jeder Zweite eine Leiche im Keller - hier geradezu im wahrsten Sinne des Wortes. Die Geschichte wird aus Alice Sicht erzählt, und die Gedanken des Mädchens zu lesen, war ein wahrer Genuss. Gleichzeitig kindlich und doch extrem frühreif, scharfsinnig bis zur Hochbegabung, selbstverständlich missverstanden von denen, die ihr geistig das Wasser nicht reichen können (also prinzipiell von fast allen!) kommt sie mit ihrer locker-flockig-cleveren Attitüde wirklich hässlichen Verbrechen auf die Spur.

Prädikat: Empfehlenswert, besonders für Leute, die sich bei der großmäuligen Göre Flavia de Luce nur gelanweilt haben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Briefe, Erinnerungsverlust und geheime Schulen

Stadt der Verborgenen (Die Phoenicrus-Trilogie 1)
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Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieses das erste Buch von Impress ist, das ich gut fand. Endlich eines, das sich nicht durch extreme Klischees und höchstens moderatem Schreibstil auszeichnet, ...

Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieses das erste Buch von Impress ist, das ich gut fand. Endlich eines, das sich nicht durch extreme Klischees und höchstens moderatem Schreibstil auszeichnet, sondern tatsächlich mit frischer Schreibe, Originalität und sympathischen Charakteren punktet.

Zara findet eines Tages einen zerfledderten Brief, dessen Inhalt sie kaum glauben kann: Aus dem Schreiben und einem Foto geht hervor, dass sie eine Schwester hat - doch sie kann sich an keine Schwester erinnern! Was ist das, ein dummer Scherz? Doch der Brief war sehr gut versteckt und für einen Scherz hätte sich jemand zu viel Mühe für zu wenig Erfolg gemacht. Und es gibt noch etwas, das Zara zu denken gibt. Ihr Großvater, den alle für dement halten, weil er seltsame Geschichten erzählt und in letzter Zeit viel verlegt, deutet mit eben jenen Geschichten darauf, dass das, was im Brief stand, mehr als nur ein dummer Scherz sein könnte. Mehr als die Wahrheit sogar, denn es könnte nicht nur Zaras Leben verändern. Sie muss herausfinden, was es damit auf sich hat, und so macht sie sich mit ihrem Großvater (großartig, der alte Herr, ihn mochte ich tatsächlich am meisten!) und dem ebenso arroganten wie (natürlich) unwiderstehlichen Ben auf die Suche: nach ihrer Schwester, der Wahrheit, und einer geheimnisvollen Schule.

Das wird in einem lässig-lockeren, nicht zu übertriebenen Jugendstil erzählt, frisch von der Leber weg, die Interaktion zwischen den Protagonisten ist amüsant und durchaus realistisch und die Geschichte macht in ihrer Mischung aus Realität und Phantasie Spaß. Es ist wohl eine Trilogie, und wenn die nächsten Bände halten, was der Einstieg verspricht, bekommt man klasse Unterhaltung im Jugendbereich.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn Träumer töten können

The Bone Season - Die Träumerin
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Paige lebt in einem England, das noch immer gewissermaßen als das England zu erkennen ist, welches jetzt existiert. Doch es gibt auch große Unterschiede. Es leben dort Menschen, die unterschiedlich magisch ...

Paige lebt in einem England, das noch immer gewissermaßen als das England zu erkennen ist, welches jetzt existiert. Doch es gibt auch große Unterschiede. Es leben dort Menschen, die unterschiedlich magisch begabt sind - und genau diese werden gnadenlos verfolgt und bei Festnahme getötet. Die wenigen freien magischen Leute leben unter dem Schutz von "Denkerfürsten", man könnte sie auch Mafiabosse nennen. Paige ist eine Träumerin, eine der seltensten magisch Begabten, die überhaupt existieren. Sie kann nicht nur in Träume und Unterbewusstsein von Menschen eindringen, sie bekommt irgendwann mit, dass sie mit ihrem "Talent" auch Menschen töten kann. Als sie eines Tages von den Behörden erwischt wird, erwartet sie nichts weniger als den Tod - doch dann wird sie den Rephaims ausgeliefert, Wesen aus einer anderen Welt, die sich in fast allem von Menschen unterscheiden.

Diese Rephaims nutzen die Magie der Menschen, um sich selbst zu nähren. Sie sind grausam, ungerecht, die Gefangenen sind ihnen kaum etwas wert. Paige wird dem "Wächter" überstellt; er ist gleichzeitig einer der höchsten und verachtetsten der Rephaims, und sie wird nicht schlau aus ihm. Warum behandelt er sie nahezu menschlich? Warum trainiert er sie, welche Ziele verfolgt er? Dann erfährt sie, dass es bereits einmal einen Aufstand gegen die Königin der Rephaims gegeben hat, und ihr Entschluss steht fest: Sie wird rebellieren, und sie wird fliehen oder sterben.

Shannon entwirft hier ein wirklich komplexes System, nicht nur im ersten Teil bei den Menschen mit ihren Hierarchien und unterschiedlichen magischen Fähigkeiten, sondern auch und gerade bei den Rephaims, die selbst eine faszinierende neue Rasse im Fantasybereich darstellen. Für eine so junge Autorin hat sie eine bemerkenswert geschliffene Sprache. Die Handlungen ihrer Protagonisten, die meistens gut ausgearbeitet sind, sind nachvollziehbar und man kann sehr gut seine Sympathien verteilen. Ob die angedeutete Liebesbeziehung tatsächlich notwendig oder überhaupt machbar ist, bleibt dahingestellt, aber es gibt ja noch genügend Sequels, die das zu klären vermögen.

Ich hatte jedenfalls Spaß an der Sache, kann dieses Buch jedoch nicht jedermann empfehlen. Zu komplex ist diese Welt, zu fremdartig viele Namen, Gerätschaften, Erfindungen. Das ist Fantasy zum Aufpassen, nicht nur zum Abschalten. Wahrscheinlich eher nichts für Twilight-Fans.