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Veröffentlicht am 02.04.2021

Ein winterlicher Krimi zum Mitdenken

Engelschatten
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Inhalt:
Es ist kurz vor Heiligabend und Maxim Charkow sieht sich im weihnachtlich dekorierten Zürich nicht nur mit einem neuen und äusserst komplexen Fall, sondern auch mit ziemlich viel Beziehungskram ...

Inhalt:
Es ist kurz vor Heiligabend und Maxim Charkow sieht sich im weihnachtlich dekorierten Zürich nicht nur mit einem neuen und äusserst komplexen Fall, sondern auch mit ziemlich viel Beziehungskram konfrontiert. Seine Freundin Gabriela möchte nämlich unbedingt mit ihm zur Paartherapie und auch auf dem Präsidium kriselt es. Warum nur ist Kommissar Kummer so mürrisch? Und was läuft schief mit Charkows Assistent Martin? Da kommt es Chefermittler Charkow gerade ziemlich gelegen, dass sein neuer Fall so kompliziert ist. Er kann so einigen Therapiesitzungen entgehen und auch das Mitarbeitergespräch schiebt sich wie von selbst immer weiter hinaus.
Ein brutaler Mord in einer katholischen Kirche passt eigentlich so gar nicht in die Vorweihnachtszeit. Schon gar nicht, wenn man sich nicht erklären kann, wo der Zusammenhang zwischen dem Opfer, einem russischen Bordellbesitzer, und dem Tatort liegt. Auch als eine zweite Leiche in einer Kirche gefunden wird, führen noch zu viele Spuren ins Nichts. Hat am Ende sogar die katholische Kirche etwas mit den Fällen zu tun? Und was hat es mit dem mysteriösen Geheimbund zu tun, dem einige Opfer und ihre Familien angehören?

Meine Meinung:
Ich finde es toll, dass ich dieses Buch auch ca. einen Monat vor Weihnachten gelesen habe und dass ich so die im Buch beschriebene Stimmung viel besser nachvollziehen konnte. In den Sommerferien hätte dieser Krimi wohl nicht dieselbe Wirkung auf mich gehabt, wie jetzt. Natürlich war es auch ein Vorteil, dass ich einige der Schauplätze zumindest in groben Zügen kenne und ich habe es dem Autor auch versprochen, dass ich die Originalschauplätze oder zumindest die Schauplätze in Zürich einmal besuchen gehe und darüber in meinem Blog berichte. Nach Chur reise ich wahrscheinlich nicht so schnell und werde das Bistum wohl aussen vor lassen. Hoffentlich kann ich diese "Krimi-Tour" in Zürich in den Weihnachtsferien machen und hoffentlich liegt dann ein wenig Schnee. So würde das alles natürlich besonders gut in Gesamtbild passen.
Aber nun zum Inhalt dieses Romans. Ganz ehrlich muss ich sagen, dass ich sehr positiv überrascht von der Sprache war. Schweizer Krimis sind leider manchmal ein wenig wie schweizer Filme. Ihnen lastet nicht selten (und leider nicht ganz zu Unrecht) ab und zu das Vorurteil an, zu konstruiert und in sich nicht stimmig aufgebaut zu sein. Dieses Buch hat so gar nichts mit diesem Vorurteil zu tun, im Gegenteil. Eine hochstehende, detaillierte und flüssige Sprache verbindet sich mit einem logischen und nachvollziehbaren Aufbau. Dass einige Klischees dabei ein wenig übertrieben sind (die herum liegenden Spritzen im Niederdorf-Quartier und die unzähligen Bordelle - ist es in Zürich wirklich so schlimm?) dienen dem Handlungsaufbau. Die beschriebenen Kirchen existieren und werden dann wohl auch Teil meiner Erkundigungen sein.
Die Personen gefallen mir sehr gut. Sie sind genau ausgearbeitet und haben alle ihren persönlichen und ausgeprägten Charakter. Charkows Freundin Gabriela mag ich zum Beispiel schon von Anfang an nicht, weil sie Charkow ändern möchte und dies ist vom Autor wahrscheinlich so beabsichtigt. Charkow hingegen ist ein hochintelligenter und konsequenter "Spürhund" mit einem ausgeprägten Instinkt. Ausserdem kann er - wenn er will - sehr gesellig und angenehm sein.
Seine Assistenten Priska und Martin machen einen guten Job und das Verhältnis auf dem Polizeipräsidium wird generell als von Stress geprägt, aber als sehr familiär beschrieben.
Die Geschichte an sich gefällt mir einfach total. Am Anfang dachte ich noch, dass ich es mit einem müden Abklatsch von "Illuminati" zu tun haben könnte, aber eigentlich geht es um etwas ganz anderes. Die Handlung basiert auf einem Drama, welches sich in den 1990-er Jahren in der Schweiz abgespielt hat und welches nun mit neuen Erkenntnissen und Ansätzen wieder aufgerollt wird.

Fazit:
Ich empfehle dieses Buch allen Krimifans, die gerne mitdenken und hochwertige Kriminalromane schätzen. Marcus Richmann gilt es auf jeden Fall im Auge zu behalten!

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Selten war "zu viel" so unterhaltsam

Krötensex
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Von allem zu viel:
Wie trashig kann ein Buch sein? Das habe ich mich die ersten paar Seiten fortwährend gefragt und die über vierhundert Seiten doch in zwei Tagen inhaliert. Nicht nur die Protagonistin ...

Von allem zu viel:
Wie trashig kann ein Buch sein? Das habe ich mich die ersten paar Seiten fortwährend gefragt und die über vierhundert Seiten doch in zwei Tagen inhaliert. Nicht nur die Protagonistin Frieda, auch diese ganze Geschichte ist einfach "zu viel". Zu viel Dialekt, zu viele Konversationen, die in englischer Sprache geführt werden, zu viele lustlose Liebesnächte, Alkoholexzesse und zu viel Geschwisterklinsch. Doch hinter der Fassade entpuppt sich "Krötensex" sehr bald als kritischer Roman, der vom Erwachsenwerden erzählt (mit zu vielen Klischees) und die Gefahren von Social Media, den (zu hohen) Ansprüchen an sich selbst und sein Umfeld, Burnout und Esstörungen thematisiert. Das Buch lässt sich lose in drei Drittel unterteilen. Im ersten Drittel realisiert die Protagonistin, dass es sich lohnt, das Kleingedruckte in der Studienordnung zu lesen und absolviert murrend, aber ohne wirklich etwas dagegen tun zu können ihr nicht sehr erfolgreiches Austauschsemester in der deutschen Provinz Amerika, statt in die USA zu reisen. Im zweiten Drittel tut sich Frieda mit ihrer Zwillingsschwester Freia zusammen (und ich sage euch, die Namen in diesem Buch: zu viel, definitiv) und wird zur veganen Öko-Influencerin. Im dritten Drittel ist Frieda am Ende mit ihren Nerven, sie ist haltlos überarbeitet und unterernährt, hat den Kontakt zu ihrer Schwester abgebrochen und kaum noch ein analoges Leben. Gelingt es ihr, den Absprung zu schaffen und sich vom Zwang, zu posten, Kalorien zu zählen und stets verfügbar zu sein, zu lösen?

Wenn "zu viel" so richtig unterhaltsam ist:
Selten hat sich ein "zu viel" in einem Buch so unterhaltsam und zugleich wichtig angefühlt, wie in "Krötensex". Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, ein wenig zu alt und zu geerdet zu sein, für ein Buch. Einzelne Themen darin sind für mich - zum Glück - kein Thema mehr oder waren es nie. Einige Erfahrungen habe ich nie machen müssen und bin froh darüber. Ich stehe an einem anderen Punkt im Leben als Frieda und habe mich trotzdem auf sie und ihr Leben eingelassen und vor ihr realisiert, in welcher Abwärtsspirale sie sich befindet (und mich darüber gefreut, dass sie es auch noch bemerkt hat). Für einige Leser*innen ist dieses Buch genau das, was sie gerade brauchen. Viele von ihnen werden jünger sein, als ich es jetzt bin, mehr auf der Suche, vielleicht ein wenig zu viel (oder zu wenig) und der Inhalt dieses Buches ist vielleicht für einige ein wichtiger Anhaltspunkt: eine Person Mitte Zwanzig, die sie mit Worten an die Hand nimmt und ihnen aufzeigt, was alles schief gehen kann, dass es sich aber auch lohnt, auf sich und die wahren und echten Menschen in seinem Leben zu vertrauen.
Und, wirklich...das WG-Leben in "Krötensex" ist definitiv auch zu viel. Zu schmutzig, zu versifft, zu dramatisch und die Kühlschränke sind alle zu leer und die Drogen definitiv zu einfach zu besorgen. Aber obwohl meine WG-Efahrungen sehr überschaubar sind (und sich darauf beschränken, dass der Liebste und ich zwei Jahre lang einen Untermieter hatten), so kenne ich doch auch einzelne im Buch dargestellten Stereotypen zu genüge, was wiederum für beste Unterhaltung gesorgt hat.

Meine Empfehlung:
"Krötensex" ist einfach zu viel (es sind auch ca. 100 Seiten zu viel), aber dieses "zu viel" fühlt sich gut an und unterhaltsam und ich denke, dass alle, die gerade von zu Hause ausziehen, volljährig werden oder ihr Auslandsemester (oder die Karriere als Social-Media-Star) antreten, dieses Buch lesen sollten. Und alle anderen dürfen ebenfalls gerne dazu greifen und es sich mit diesem trashigen Roman vom Erwachsenwerden in der Leseecke gemütlich machen und sich an Leid und Freud der Krötenweibchen und ihren Krötenmännchen ergötzen.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

SPOILER: 4. BAND DER REIHE

Glas
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Inhalt:
Roland und sein Gefährten haben sich um Kopf und Kragen gerätselt und dabei in letzter Sekunde gegen Blaine den Mono gewonnen und somit ihr Leben gerettet. Sie landen in einer verlassenen Gegend ...

Inhalt:
Roland und sein Gefährten haben sich um Kopf und Kragen gerätselt und dabei in letzter Sekunde gegen Blaine den Mono gewonnen und somit ihr Leben gerettet. Sie landen in einer verlassenen Gegend in der wohl eine Krankheit alles Leben vernichtet hat. Ihre Reise durch die staubige Landschaft führt sie zu einem Gebäude aus Glas. Bevor sie erkunden, was es damit auf sich hat, erzählt Roland ihnen von seiner ersten grossen Liebe Susan Delgado und der tragischen Geschichte, welche diese jugendliche Erfahrung getrübt hat. Es wird magisch, es wird düster, es wird gefährlich und romantisch.

Meine Meinung:
"Glas" ist der erste Band der Reihe, den ich als Hardcover gelesen habe und die riesigen Seiten und das schwere Buch haben mich wirklich lange beschäftigt. "Glas" ist nämlich auch der erste Teil der Reihe, der vor allem in den Rückblenden in Rolands Jugendjahre - die etwas mehr als zwei Drittel des Buches ausmachen - ein paar Längen aufweist. Zumindest hat es sich für mich so angefühlt und die Geschichte um Susan hat sich immer mal wieder ein wenig gezogen. Insgesamt aber hat mich auch dieser Band wieder begeistern können. Vor allem die ersten 150 Seiten sind unendlich spannend, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und habe wirklich mitgefiebert und um die Sicherheit des Ka-tets gebangt. Auch die letzten 120 Seiten haben mir noch einmal aufgezeigt, weshalb ich diese Geschichte so sehr liebe und das Nachwort des Autors hat mir gleich Lust auf den nächsten Band gemacht. Schliesslich soll nicht wieder mehr als ein Jahr vergehen, bis ich weiterlese.
Aber natürlich bin ich auch im Mittelteil auf meine Kosten gekommen, habe mich gegruselt, mitgefiebert und so richtig magische und gefährliche Stunden mit Susan und Roland verbringen dürfen. Auch muss ich einmal mehr die wundervollen Landschaften loben, die Stephen King für seine Welten geschaffen hat und ausserdem finden sich auch in "Glas" äusserst humorvolle Situationen, gepfefferte Dialoge und ziemlich viel Wildwest-Feeling und machen das Buch zu einer sehr unterhaltsamen Lektüre.

Meine Empfehlung:
Ich kann gar nicht anders, als diese Reihe zu empfehlen. Über die Längen im Mittelteil kann man problemlos hinweglesen - und ich sage das wirklich selten, weil mich Längen in der Regel extremst stören - und die Geschichten sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit, die tief in Rolands Gefühlswelt blicken lassen, haben mich wieder komplett für sich eingenommen.

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Veröffentlicht am 21.02.2021

Lehrreiche Reise nach Ghana

Die Frauen von Salaga
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Inhalt:
Im heutigen Ghana treffen zwei Welten aufeinander: die Welt von Wurche, der Königstochter, die aus politischen Gründen verheiratet wird und die Welt von Aminah, einer pflichtbewussten jungen Frau, ...

Inhalt:
Im heutigen Ghana treffen zwei Welten aufeinander: die Welt von Wurche, der Königstochter, die aus politischen Gründen verheiratet wird und die Welt von Aminah, einer pflichtbewussten jungen Frau, die beim Überfall auf ihr Dorf versklavt wird. Mitten in einer Zeit des Umbruchs, in der weisse Männer immer mehr Einfluss in zahlreichen Regionen Afrikas gewinnen und sich als Erlöser und Erretter aufspielen, dabei aber ganze Dörfer gegeneinander aufhetzen und damit für noch mehr Leid und Ungleichheit sorgen, kämpfen die beiden Frauen um ihr nacktes Überleben und nähern sich beim Versuch, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, einander an.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mir Jamie vom Blog librovore geschenkt und ich habe mich riesig darüber gefreut. Jamie ist mit dem Buch nicht so ganz warm geworden und dies ist einigen Leserinnen und Lesern vor mir auch so ergangen und ich kann sehr gut nachvollziehen, woran dies gelegen haben könnte. Einerseits tauchen sehr viele Personen auf, deren Namen sich nicht immer ganz einfach merken lassen und andererseits werden auch zahlreiche Sitten und Gebräuche erwähnt, die für westeuropäische Leserinnen und Leser durchaus nicht ganz einfach nachzuvollziehen sind.
Ich selber kann nur von mir sprechen: meine beste Freundin aus Jugendzeiten hat als Kind vier Jahre lang in Ghana gelebt, weshalb ich immer wieder versucht habe, Bücher aus dieser Region und generell aus Afrika zu lesen (war mir natürlich nur ungenügend gelungen ist, die Wände unserer persönlichen Bubble sind oft nicht aus Glas, sondern aus Stahl). Deshalb war "Die Frauen von Salaga" auch schon länger auf meiner Wunschliste und ich wollte unbedingt erfahren, was das Schicksal noch mit Aminah und Wurche vorhatte. Deshalb lag es vielleicht an meinem grossen Interesse oder auch daran, dass ich oft Bücher lese, die viele Personen und deren Geschichte beinhalten und deren Strukturen auf den ersten Blick nicht immer einfach zu verstehen sind, aber ich bin nur so durch die Seiten geflogen und habe das Buch förmlich inhaliert. Ja, einzelne Figuren sind ein wenig blass geblieben und ja, der Klappentext (den ich erst jetzt beim Tippen der Rezension komplett gelesen habe) ist irreführend, aber dieses Buch hat mich mit seiner ganz eigenen, langsamen und beständigen Erzählweise für sich eingenommen.
Bezüglich Klappentext: Im Buch geht es nicht um eine grosse Freundschaft und auch nicht um eine romantische Liebesgeschichte. Es geht um zwei Frauen, die mitten zu einer Zeit des Umbruchs aufeinandertreffen, die auch aneinandergeraten und sich ihren eigenen, neuen Platz in der Gesellschaft suchen müssen. Zwei Frauen, die gegen rassistische und patriarchale Strukturen aufbegehren und dabei zusätzlich mit ungewollten Schwangerschaften, gebrochenen Herzen, homosexuellen (und somit von der Gesellschaft verteufelten) Fantasien und den Erwartungen ihrer Familien jonglieren müssen. Zwei Frauen, die "das Richtige" tun wollen, die aber auch einfach zuerst einmal herausfinden müssen, was das ist.

Schreibstil:
Das Buch liest sich sehr flüssig, was auch daran liegt, dass immer mal wieder scheinbar nüchtern beschrieben wird, was geschieht. Wenn man aber ein wenig zwischen den Zeilen liest, erkennt man sofort die Gräuel der Sklavenmärkte, die Ängste der verschleppten und versklavten Männer und die Unsicherheiten der Frauen, die sich wildfremden Männern ausgeliefert fühlen. Trotzdem lässt sich auch ab und an ein feinsinniger Humor erkennen, der den zwischenmenschlichen Umgang begleitet und mich sehr gut unterhalten hat.
Auch werden zahlreiche Bräuche und Gerichte erwähnt, die mir allesamt fremd waren. Mir persönlich hat es gut gefallen, dass alle diese Details nicht noch ausführlicher erklärt und auseinanderdividiert worden sind. Wenn mich ein Gericht interessiert, oder wenn ich wissen will, was es mit historischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten auf sich hat, bin ich als Leserin in der Pflicht, mich zu informieren, schliesslich will ich ein Buch lesen, das in einer mir komplett unbekannten Region spielt, also kann ich dabei auch durchaus etwas lernen und "Die Frauen von Salaga" lädt wirklich dazu ein. Auch werden die Landschaften mit einer grossen Sprachschönheit beschrieben und ich habe die Liebe der Autorin zu ihrer Heimat förmlich gespürt.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch hat mich in ein warmes, staubiges Ghana entführt, mir die Schönheiten der Lnadschaften und die Gräuel der Sklaverei aufgezeigt und mich zwei Frauen näher gebracht, deren Ausgangslage nicht unterschiedlicher sein könnte, deren Schicksal sie aber zusammenführt. Einige Figuren bleiben blass, manchmal fällt es nicht leicht, den Überblick zu behalten und die im Klappentext angetönten Szenen finden so nie statt (was aber der Fehler des Verlages und definitiv nicht der Autorin ist, was aber verstehen lässt, weshalb einige Leserinnen und Leser wohl nicht so ganz warm geworden sind mit dem Buch), aber der leichte und manchmal aller Gräuel zum Trotz humorvoller Schreibstil sprechen für sich. Ich merke mir die Autorin auf jeden Fall vor und werde gerne wieder etwas von Ayesha Harruna Attah lesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Einfühlsam und sehr bewegend

Vom Atmen unter Wasser
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Inhalt:
Eine ganz normale vierköpfige Familie wird von einem Tag auf den anderen vor das Nichts gestellt. Die bei allen beliebte und hübsche Tochter Sarah wird ermordet und lässt ihre Eltern und ihr Umfeld ...

Inhalt:
Eine ganz normale vierköpfige Familie wird von einem Tag auf den anderen vor das Nichts gestellt. Die bei allen beliebte und hübsche Tochter Sarah wird ermordet und lässt ihre Eltern und ihr Umfeld voller Trauer zurück. Auch ihr Bruder Simon hadert mit dem Schicksal. Als kleines Kind hat er seine Schwester nämlich einmal sogar los werden wollen, weil er immer eifersüchtig auf sie war und nun steht er plötzlich als Einzelkind dar und muss mit dem Verlust der Schwester, der Trauer der Eltern und mit einem unbestimmten Schuldgefühl klar kommen, welches stark an ihm nagt.
Da klingelt bei Simon mitten in der Nacht das Handy, er muss schnell in den Notfall. Dort findet er seine Mutter vor, welche sich die Pulsschlagadern aufgeschnitten hat und nichts mehr vom Leben erwartet und seinen Vater, der hilflos am Bett seiner Frau steht und nicht mehr weiss, wie er weiter machen kann.
Ausgerechnet Simon soll sich nun um seine Mutter kümmern, soll von zu Hause aus lernen und seine Arbeiten schreiben und so versuchen, seine Mutter von weiteren Verzweiflungstaten abzuhalten. Der eigentlich schon längst ausgezogene Sohn findet zurück in seine Familie und beginnt, seine eigene Geschichte und die Geschichte seiner Schwester aufzuarbeiten.

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch aufgrund des Klappentextes gekauft und habe natürlich erwartet, dass es sehr rührend und gut recherchiert sein wird. Dies war auch der Fall, allerdings trotzdem anders, als erwartet. Berührend, statt rührend und so offen und ehrlich, voller Gefühle und Schmerz, dass es genau so gut eine Biografie hätte sein können. Der Autorin muss für ihre Recherchearbeit, ihre genaue Beobachtungsgabe und ihr Einfühlungsvermögen wirklich ein sehr grosses Kompliment gemacht werden.
Die Figuren sind sehr vielschichtig gestaltet. Da ist auf der einen Seite die verzweifelte Mutter, welche keinen Sinn mehr in ihrem Leben sieht und sich krampfhaft an alles klammert, was ihr von ihrer Tochter geblieben ist und der Vater, der seine Frau und seinen Sohn in er Situation nicht mehr erkennt und dabei fast vergisst, dass er auch noch einen Weg finden muss, um glücklich zu werden. Auf der anderen Seite steht Simon, der mit seinem Studium beschäftigt ist, sich verliebt und seine Schwester zwar vermisst, aber nicht genau weiss, wie er mit der neuen Rolle als "Einzelkind" umgehen soll.
Die Vergangenheit wird nicht chronologisch, aber in einer sehr stimmigen Anordnung erzählt und aufgerollt, die Position der verschiedenen Figuren wird genau beschrieben und auch wenn jede Figur immer wieder in der Ich-Form ihre eigene Sicht erklärt, so wirkte es auf mich so, als würden Simon, sein neues Leben und sein Umgang mit der Vergangenheit im Zentrum stehen.
Dies finde ich eine sehr sinnvolle Entscheidung der Autorin. Simon ist nämlich die einzige Figur, die wirklich vorwärts geht, die bereits in der Lage ist, zu reflektieren und die nicht hadert, sondern versucht, einen Weg zu finden.

Fazit:
Dieses Buch ist eine absolut gelungene und sehr einfühlsame Erzählung über das Schlimmste, was einer Familie geschehen kann. Es wird aber nie reisserisch oder gar belehrend, sondern zeigt den Weg der verschiedenen Familienmitgliedern auf und versucht, das Verarbeiten einer solchen Tragödie zu verstehen.

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