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Veröffentlicht am 06.03.2021

St. Prian probt den Weltuntergang

Der Wal und das Ende der Welt
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Eines Morgens wird der Bankanalyst Joe Haak nackt an den Strand von St. Piran in Cornwall gespült. Ein Finnwal hat den Lebensmüden zurückgeschubst, der anschließend von den Dorfbewohnern aufgepäppelt wird. ...

Eines Morgens wird der Bankanalyst Joe Haak nackt an den Strand von St. Piran in Cornwall gespült. Ein Finnwal hat den Lebensmüden zurückgeschubst, der anschließend von den Dorfbewohnern aufgepäppelt wird. Bei einem Strandspaziergang findet Joe eben diesen Wal. Er mobilisiert die 300 Seelen des Dorfes und gemeinsam schaffen sie den gestrandeten Wal zurück ins Meer. Dieses Erlebnis schweißt die Gemeinschaft zusammen und Joe bleibt vorerst im Dorf. In eingestreuten Rückblenden wird Joes Vorgeschichte in Bruchstücken nach und nach erzählt, so dass man sich erschließen kann, warum er in St. Piran gestrandet ist, wieso er bleibt und weswegen er seine Ersparnisse in Lebensmitteln anlegt, mit denen er den ganzen Kirchturm vollstopft. Ab und an kommen auch Sequenzen aus der Zukunft, die offenlegen, dass man den Enkelkindern noch immer von den Ereignissen erzählt, dass Joe und der Wal sogar einen Festtag haben.
Die Geschichte hat teilweise einen philosophischen Anstrich, der jedoch mit einem lockeren Erzählstil kombiniert wurde, so dass man gut zuhören kann. Johann von Bülow hat das Ganze sehr gut eingelesen und den unterschiedlichen Protagonisten mit unterschiedlichen Stimmlagen Charakter eingehaucht.
Ein märchenhafter Stil kommt hin und wieder durch, dennoch wurden vielfältige Themen mit hineingenommen und gut verarbeitet.
Obwohl es um den Weltuntergang geht, ist es keine Dystopie, ein bisschen Wirtschaftskunde und Bankwesen wurden eingearbeitet, und wie die Hierarchien dort funktionieren klingt an. Über eine zweiwöchigen Quarantäne Joes mit einem Pastor werden biblische Themen und Anschauungen in das Geschehen eingeflochten. Liebe, Freundschaft, Hass, Manipulation und andere menschliche Regungen werden thematisiert, doch die Dorfbewohnen kommen in den schlimmsten Situationen gut miteinander aus und sind füreinander da. Dem Egoismus geschuldete Verfehlungen in Krisensituationen kommen nicht vor und die liebenswerte Naivität der Dorfbewohner zeigt sich immer wieder, wenn sei von Fremden bestohlen werden, Schutzmaßnahmen werden nicht ergriffen.
Die meisten Handlungen/Entwicklungen waren nicht unbedingt nachvollziehbar oder logisch, aber darum ging es dem Autor wohl auch nicht, eher um die Anlage einer Parabel über das Leben in Ausnahmesituationen, ein Apell, das Mitmenschlichkeit ein möglicher Weg ist, mit dem man gewinnen kann und dass man gemeinsam mehr erreicht als allein. Die Krankenschwester Aminata fasst dies sehr schön mit einem Sprichwort aus Senegal zusammen: „Alleinsein ist niemals gut, aber wenn du wirklich allein sein musst, dann sei mit einem Freund allein“. Soweit gefiel mir das originelle Buch sehr gut, leider hat ausgerechnet das Happy End den guten Eindruck kaputt gemacht. Das war einfach eine Nummer zu dick aufgetragen, Schade drum.
Dennoch vergebe ich hier gerne vier von fünf Sternen und bin mir sicher, dass ich in dieses Buch immer mal wieder reinhören werde, um St. Prion und seine liebenswerten, schrulligen Bewohner zu besuchen. Johann von Bülows Stimme transportiert die einzelnen Personen, aber auch die Zitate und Methapern sehr glaubhaft und lebendig, so dass man ihm gerne zuhört.

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Veröffentlicht am 03.03.2021

spannend

Koma (Ein Harry-Hole-Krimi 10)
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Koma ist der zehnte Teil aus der Harry-Hole-Serie von Jo Nesbø. Die Geschichte wurde von Achim Buch super eingelesen, man mag gar keine Pause beim Hören einlegen. Die Handlung schließt eng an den Vorgängerband ...

Koma ist der zehnte Teil aus der Harry-Hole-Serie von Jo Nesbø. Die Geschichte wurde von Achim Buch super eingelesen, man mag gar keine Pause beim Hören einlegen. Die Handlung schließt eng an den Vorgängerband an. Es gibt mehrere Handlungsstränge, Nebenschauplätze und viele verschiedene Personen, so dass man als Hörer gut aufpassen muss, um nicht durcheinanderzukommen.
Ein für den Hörer zunächst unbekannter Mann liegt im Koma und wird von der Polizei streng bewacht. Eine Mädchenleiche wird gefunden, Polizisten werden ermordet. Haben die Fälle miteinander zu tun, eint die Grausamkeit sie? Nimmt jemand Rache? Die Polizisten wurden an Stellen ermordet, an denen sie einst ermittelt haben.
Die Geschichte entwickelt sich sehr temporeich. Es dauert aber ein wenig, bis Harry Hole wieder mit im Boot ist. Er unterrichtet mittlerweile an der Polizeihochschule, hofft dass Rakel bei ihm bleibt und muss sich nebenbei noch eine Stalkerin vom Leibe halten. Keine günstige Ausgangslage, um das Team erfolgreich und tatkräftig zu unterstützen.
Die Morde fand ich heftig brutal und leider bedient Achim Buchs Stimme das Kopfkino noch mehr als Selberlesen. Brrr Die Handlung legte immer wieder Wendungen hin mit denen ich nicht gerechnet hatte. Nesbø gelingt es immer wieder mit dem Unerwarteten zu punkten, selbst auf den letzten Seiten, als man in der Szene in der Kirche an die heile Welt und ein gutes Ende glauben mag, kommt noch ein kleiner Schwenk

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Sir Simon spukt in Canterville

Das Gespenst von Canterville
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Eine amerikanische Familie kauft das britische Schloss Canterville entgegen der Warnungen, dass es dort spukt. Die neuen Besitzer sind unvoreingenommen und begegnen dem Geist Sir Simon mit Höflichkeit. ...

Eine amerikanische Familie kauft das britische Schloss Canterville entgegen der Warnungen, dass es dort spukt. Die neuen Besitzer sind unvoreingenommen und begegnen dem Geist Sir Simon mit Höflichkeit. Anders ihre Zwillingssöhne: sie machen dem Gespenst das Leben zur Hölle und foppen es, wo es nur geht. Die Scherze der Beiden sind aus heutiger Sicht eher harmlos, aber das altehrwürdige Gespenst grämt sich fürchterlich. Die fast erwachsene Schwester Virginia hat Mitleid und hilft ihm schließlich mit dem Leben abzuschließen.

Die Geschichte ist sehr bekannt, hat aber trotz ihres Alters (130 Jahre) nichts von ihrem Charme verloren. Die Sprache ist nicht zu altertümlich oder abgehoben, sondern einfach ein wenig altmodisch. Dies unterstreicht die Vorgänge in Canterville hervorragend. Oliver Rohrbeck hat die Geschichte eingelesen und vermag es alles lebendig wirken zu lassen, insbesondere mit dem Geist kann mit wunderbar mitleiden, wenn er wieder mal gedemütigt in seine Gemächer entschwindet, ohne seine Ziele erreicht zu haben.
Die Geschichte ist mit knapp 80 Minuten gut für einen schönen Abend geeignet, eher lustig als gruselig und kann daher auch von Kindern gut gehört werden.

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Freundschaft auf der Krebsstation

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Zac (17 Jahre) hat Leukämie, er liegt nach einer Knochenmarktransplantion isoliert auf der Krebsstation, nur seine Mutter darf ihm Gesellschaft leisten. Er ist auf der Station ein alter Hase und kennt ...

Zac (17 Jahre) hat Leukämie, er liegt nach einer Knochenmarktransplantion isoliert auf der Krebsstation, nur seine Mutter darf ihm Gesellschaft leisten. Er ist auf der Station ein alter Hase und kennt sich aus, hat einiges hinter sich. Florian Lukas leiht Zac sehr gefühlvoll seine Stimme, er vermag die Gedankengänge und Gefühle authentisch zu transportieren. Trotz aller Schwere ist Zac immer noch humorvoll und positiv, dabei weiß er als Statistikfreak genau über seine Chancen Bescheid (55%). Die Tage mit seiner Mutter in dem kleinen Zimmer sind lang, dennoch machen Beide das Beste daraus. Er verliert sein Ziel nicht aus den Augen.
Eines Tages kommt ein Neuzugang ins Nachbarzimmer: Mia hat einen Tumor am Bein und kann sich der Krankheit nicht stellen. Sie ist wütend auf die Welt und insbesondere auf ihre Mutter, dies stellt sie auch lautstark zur Schau. Inka Löwendorf trifft den Ton der 17-jährigen sehr gut. Man nimmt ihr die rotzige Art ab. Mia versucht nicht mit ihrer Krankheit umzugehen, sie will sie ignorieren, dabei stehen ihre Heilungschancen sehr gut. Zac und Mia liegen Kopf an Kopf, getrennt durch eine dünne Wand. Sie wären sich normalerweise niemals begegnet, aber nun freunden sie sich allmählich an. Die Initiative geht zunächst von Zac aus, der gut mit Mias Stimmungsschwankungen umzugehen weiß. Er versteht sich darauf, sie so anzunehmen wie sie ist und kann ihrer Wut seinen Optimismus entgegensetzen. Sie kann ihn nicht mit hinunterziehen und so richtet sie sich schließlich an ihm auf, schon um ihn nicht doch noch zu verletzen. Hier bekommt man keine stürmische Liebesgeschichte, sondern das leise Wachsen einer Freundschaft, die beide Seiten bitter nötig haben. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Message „Durchhalten“ für sich und Andere, Akzeptieren was ist und damit umgehen, insofern ist der Titel etwas irreführend.
Der Erzählstil ist recht leicht und setzt damit einen Kontrapunkt zu dem Thema Krebs. Die Gespräche zwischen Zac und seiner Mutter, aber auch die Kontakte mit Mia sind teilweise witzig, teilweise emotional. Betts ist es gelungen mit dieser Geschichte nicht in den Kitsch abzurutschen, leider haben sich sachliche Fehler eingeschlichen, so wurden z.B. die Abläufe auf der Krebsstation nicht gut recherchiert.

Die Geschichte von Zac und Mia wird von den beiden Sprechern sehr glaubhaft intoniert. Ich kann Alles was die zwischenmenschliche Beziehung angeht glauben. Die Krankheitsverläufe haben natürlich nicht die gewünschten Verläufe, schließlich kennt niemand seinen Platz in der Statistik. Für Erwachsene teils vorhersehbare Wendungen, aber gut als Jugendhörbuch gut gemacht und anzuhören.

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Wo ist Nina?

Nordwesttod (ungekürzt)
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Nordwesttod ist ein Regionalkrimi, der in St. Peter-Ording und Umgebung verortet ist. In dem Reihenauftakt werden die Ermittler sehr ausführlich vorgestellt, besonders das Privatleben von Hendrik Norberg, ...

Nordwesttod ist ein Regionalkrimi, der in St. Peter-Ording und Umgebung verortet ist. In dem Reihenauftakt werden die Ermittler sehr ausführlich vorgestellt, besonders das Privatleben von Hendrik Norberg, der kürzlich seine Frau verlor und nun alleine für die beiden Söhne sorgen muss, nimmt viel Raum ein. Er wird von Anna Wagner aus München unterstützt, die in eine schmutzige Scheidung hinter sich hat. In Kiel soll sie eine neue Vermisstenabteilung aufbauen. Die Beiden arbeiten zusammen, weil die Umweltaktivistin Nina Brechtmann vermisst wird. Diese wurde als Baby von einer führenden Hoteliersfamilie adoptiert, von der sie sich jedoch losgesagt hatte. Den Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter hatte sie auch abgebrochen.
Viele verschiedene Verluste prägen diesen ersten Fall. Der Erzählstil ist ruhig, aber dennoch fesselnd. Lange Zeit weiß man nicht, was mit Nina geschehen ist, ob es überhaupt ein Verbrechen gab. Dennoch war es immer interessant, ein solider Krimi, der mich gut unterhalten hat. Julia Nachtmann liest sehr angenehm und ruhig vor, ihre Stimme transportiert die Stimmung gut.
Alle Befragten scheinen etwas zu verbergen, man tappt mit der Polizei im Dunkeln. Es gibt einige unvorhersehbare Wendungen.
Die Charaktere sind authentisch, auch die Nebenfiguren wurden durchdacht angelegt.
Die Orte SPO, Büsum, Friedrichskoog und Umgebung werden beschrieben, wer sich dort auskennt, wird das Eine oder Andere wiedererkennen. Der Umweltschutz wird über die verschwundene Nina immer wieder zum Thema. Die Handlung ist gut konstruiert.
Mir hat dieser Reihenauftakt gut gefallen, auch wenn da noch etwas Luft nach oben war. Ich bin schon gespannt auf Teil 2, der im Mai erscheinen soll.

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